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Religiöse Leidenschaften erweisen sich als Triebkraft der Weltpolitik. Die Bestrebungen, das politische Leben unter Gottes Herrschaft zu stellen, sind wiedererwacht und fordern das moderne Gemeinwesen heraus.
Mark Lilla zeichnet in seinem international viel beachteten Buch den langen und opferreichen Weg zum säkularen, aufgeklärten Staat nach und plädiert für die konsequente Verbannung des Religiösen aus der politischen Sphäre.
Der totgeglaubte Gott ist ein Buch über die Verwundbarkeit der Welt, jener Welt, die aus der intellektuellen Rebellion gegen die politische Theologie des Westens
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Produktbeschreibung
Religiöse Leidenschaften erweisen sich als Triebkraft der Weltpolitik. Die Bestrebungen, das politische Leben unter Gottes Herrschaft zu stellen, sind wiedererwacht und fordern das moderne Gemeinwesen heraus.

Mark Lilla zeichnet in seinem international viel beachteten Buch den langen und opferreichen Weg zum säkularen, aufgeklärten Staat nach und plädiert für die konsequente Verbannung des Religiösen aus der politischen Sphäre.

Der totgeglaubte Gott ist ein Buch über die Verwundbarkeit der Welt, jener Welt, die aus der intellektuellen Rebellion gegen die politische Theologie des Westens geboren wurde. Das Thema mag ein wenig ungewohnt wirken, angesichts der Tatsache, dass die westlichen Nationen augenblicklich in Frieden leben und dass die Normen der liberalen Demokratie, gerade was die Religion angeht, allgemein akzeptiert werden. Heute ist es kaum noch vorstellbar, dass aus unserer Mitte je wieder Theokratien entstehen oder bewaffnete Banden religiöser Fanatiker einen Bürgerkrieg anzetteln könnten. Und doch ist diese Welt verwundbar - einerseits, weil das politische System seine Versprechen nicht mehr einlöst, andererseits, weil unser politisches Denken gar keine Anstrengungen mehr unternimmt, überhaupt noch Versprechen zu formulieren.

Die Geschichte, die im Buch nachgezeichnet wird, soll daran erinnern, dass wir uns als moderne Gesellschaft keineswegs am Scheideweg finden zwischen Vergangenheit und Gegenwart oder dem Westen und "dem Rest der Welt". Es soll klar werden, welche Alternativen es gibt, für die wir uns entscheiden können und wir mit der Konsequenz unserer Wahl leben müssen.
Autorenporträt
Mark Lilla, geb. 1956, lehrt als Professor für Geisteswissenschaften an der New Yorker Columbia University. Schwerpunkt seiner Schriften und Vortragsreisen durch die ganze Welt ist die politische und religiöse Ideengeschichte des Westens.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.06.2013

Der, von dem wieder die Rede ist
Wie tot ist Gott? Der Ideengeschichtler Mark Lilla verteidigt die Trennung von Staat und Kirche, von Wohlstand und Heil - als Errungenschaft der europäischen Neuzeit

Es war die Einladung zur "Carlyle Vorlesungsreihe" der Universität Oxford, die den Autor im Jahr 2003 dazu brachte, seine Forschungen zum Thema "Politische Theologie versus politische Philosophie" zusammenzufassen und in einen ideengeschichtlichen Rahmen zu stellen. Damals erregte der zweite Irak-Krieg die Gemüter, die Parole vom "Krieg gegen den Terror" kursierte in allen Medien, und der politische Islamismus provozierte Debatten über religiös motivierte Politik oder gewalttätigen Fanatismus. Man sprach von "Wiederkehr der Religion", von "Offenbarung gegen Vernunft" oder einfach " Fundamentalismus gegen Liberalismus".

Im Herbst 2007 veröffentlichte Mark Lilla die Ausarbeitung seiner Oxforder Vorlesungen als wohlkomponiertes, verführerisch elegant geschriebenes Buch, dem die "New York Times" seiner provokanten Argumentation wegen kräftig applaudierte. Schon der Titel "The Stillborn God" (Der totgeborene Gott) signalisierte: Hier tritt jemand offensiv für die säkularisierte "liberal democracy" ein, die für angloamerikanische Gesellschaften typische Form moderner politischer Existenz. Mit "totgeborener Gott" meint Lilla den Gott der liberalen Theologie im Deutschen Kaiserreich Ende des neunzehnten Jahrhunderts, also den Versuch von Theologen wie Adolf Harnack oder Ernst Troeltsch, die christliche Botschaft mit der modernen Industriegesellschaft in Einklang zu bringen: ein für ihn nach dem Ersten Weltkrieg völlig gescheitertes Unternehmen.

Wer aber ist Mark Lilla? Es ist ein großes Verdienst des Kösel-Verlages, diesen versierten Ideengeschichtler zum ersten Mal einem interessierten deutschen Publikum näherzubringen. In den Vereinigten Staaten hat der 1956 in Detroit Geborene sich vor allem durch seine Beiträge in "The New York Review of Books", seit fünfzig Jahren Hort liberalen, kritischen Geistes, einen Namen gemacht. Er gehört zu den wenigen amerikanischen Akademikern und Intellektuellen der jüngeren Generation, die sich in der deutschen Geistesgeschichte auskennen, Deutsch lesen und deutsche Intellektuellendebatten verfolgen, etwa die von dem Philosophen Heinrich Meier Ende der neunziger Jahre angeregte über Carl Schmitt, Leo Strauss und den "Begriff des Politischen".

Auch die von dem Münchner Theologen Friedrich Wilhelm Graf ausgelöste Auseinandersetzung über die "liberale Theologie" und die Tradition des deutschen Kulturprotestantismus blieb Lilla nicht verborgen. Luzide Artikel über das Trio Martin Heidegger, Hannah Arendt, Karl Jaspers, über Walter Benjamin oder über Carl Schmitt finden sich in dem Band "The Reckless Mind - Intellectuals in Politics" (2001). Über die in Deutschland zu wenig verstandenen deutschen Emigranten Leo Strauss und Eric Voegelin hat er einfühlsame, unideologische Porträts geschrieben; vor kurzem erinnerte er in einem Aufsatz "Against the Current" an Isaiah Berlin, den Oxforder Philosophen und Meister ideengeschichtlicher Essays. Lillas akademische Karriere wurde von dem Soziologen Daniel Bell und von den Harvard-Professoren für politische Theorie Judith Shklar und Harvey Mansfield gefördert. In den achtziger Jahren arbeitete er als Journalist für Irving Kristols Zeitschrift "The Public Interest". Nach Stationen an der New York University und am "Committee on Social Thought" der Chicago University lehrt Lilla seit 2007 an der Columbia University in New York als "Professor of the Humanities" Ideengeschichte oder "intellectual history".

"Der totgeglaubte Gott" - die deutsche Übersetzerin Elisabeth Liebl meint mit diesem Titel wohl den "schon für tot geglaubten Gott, von dem wieder die Rede ist" - besteht eigentlich aus zwei Geschichten: einer faszinierenden Studie über Deutungen der Religion von Rousseau bis zur protestantischen Theologie der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts und einem weltgeschichtlichen Narrativ von der "Großen Trennung" von Christentum und säkularisierter "Moderne", einem Epocheneinschnitt, der politische Theologie und politische Philosophie, theozentrisches und anthropozentrisches Weltbild polarisiert.

Rousseau, so Lilla, war derjenige, der die politische Philosophie von Hobbes, Locke und Hume konterkarierte, indem er die " Große Trennung" von Politik und Religion und die Abkehr der Frühaufklärer von allem Religiösen hinter sich ließ. Er bestimmte Religion als natürliches Verlangen des Menschen, als untilgbares Bedürfnis nach Vollendung. Rousseau folgen Kant, Hegel und die deutschen Romantiker und weichen damit von der westlichen liberalen Strömung ab. Nach der Amerikanischen und Französischen Revolution und der institutionellen Trennung von Staat und Kirche versucht die "liberale Theologie" die Anpassung an die moderne Zeit. Ihrer Gottesidee fehlt jede Lebendigkeit.

Als Reaktion darauf entfesseln Theologen wie Karl Barth und die jüdischen Denker Martin Buber und Franz Rosenzweig ein radikales, unmittelbares Gottesverständnis, als ob es die moderne, historizistische Theologie nie gegeben hätte. Der theologische Enthusiasmus gipfelt in der Verherrlichung Hitlers als deutscher Messias durch den Theologen Friedrich Gogarten und die Anbetung Stalins durch Ernst Bloch, beides Vertreter einer wild gewordenen politischen Theologie.

Lillas "story" über Rousseau und die deutschen Folgen lebt von der Verkürzung, Zuspitzung und der scharfen, unversöhnlichen Unterscheidung deutscher und angloamerikanischer Denkwege. Darüber lässt sich trefflich streiten. Weniger eindrucksvoll ist die welthistorische Erzählung von der "großen Trennung" geraten, von der Überlegenheit der "Moderne" und der Abgestandenheit christlicher und jüdischer Tradition wie Reformbemühung. Die Erfahrungen des zwanzigsten Jahrhunderts, die Atrozitäten weltlicher, areligöser, aber erlösungssüchtiger Bewegungen haben den Glauben an die "Moderne" so weit ernüchtert, dass einem Lillas Alarmismus angesichts religiöser, gewaltbereiter Fanatiker doch recht einseitig erscheint.

Vielleicht wollte er sein Publikum, das angeblich die Gefahr politischer Theologie vergessen habe, mit steilen geschichtsphilosophischen Thesen wachrütteln. Dennoch: Wir haben es hier mit einem äußerst kontroversen und zum Denken anspornenden Buch zu tun: Endlich geht es um Gedanken - und nicht um Zahlen, mit denen uns zeitgeistorientierte Sachbuchautoren das Dasein erklären wollen.

STEPHAN SATTLER

Mark Lilla: "Der totgeglaubte Gott". Politik im Machtfeld der Religionen.

Aus dem Amerikanischen von Elisabeth Liebl. Kösel-Verlag, München 2013. 304 S., geb., 21,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Stephan Sattler freut sich, dass dank des Kösel-Verlags die Werke des "versierten Ideengeschichtlers" Mark Lilla nun auch dem deutschen Publikum zugänglich gemacht wurden. Der Kritiker schätzt den ehemaligen Journalisten und heute an der Columbia University in New York lehrenden "Professor of the Humanities" insbesondere als einen der wenigen amerikanischen Akademiker der jüngeren Generation, die sich in der deutschen Geistesgeschichte auskennen und deutsche Intellektuellendebatten verfolgen. Und so liest Sattler umso erwartungsvoller das nun unter dem Titel "Der totgeglaubte Gott" erschienene Werk, in dem Lilla zum einen eine "faszinierende" Studie über Deutungen der Religionen von Rousseau bis zur protestantischen Theologie der dreißiger Jahre vorlegt, zum anderen die "Große Trennung" von Christentum und säkularisierter Moderne untersucht. Während der Kritiker Lillas Abhandlung über Rousseau für ihre Zuspitzung und die scharfe Unterscheidung zwischen deutschen und angloamerikanischen Denkwegen lobt, stört ihn an der Erzählung von der "großen Trennung" unter anderem der allzu "einseitige Alarmismus" des Autors gegenüber religiösen, gewaltbereiten Fanatikern. Nichtsdestotrotz: Ein wunderbar streitbares Buch, lobt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH