Marktplatzangebote
7 Angebote ab € 1,20 €
  • Broschiertes Buch

Moderne Gralssuche in der Karibik! Gursky, ehemaliger Star-Moderator bei einem Musiksender in Deutschland, steht an der Schwelle zu einem neuen Leben. Bald wird er seine Freundin heiraten und mit ihr eine Familie gründen. Doch vorher will er sich noch einen Traum erfüllen: Er fährt nach Kuba, um einen Hai zu fangen - ein letztes Abenteuer, bevor er sesshaft wird.Doch als er in Havanna unter mysteriösen Umständen den Schriftsteller Lukas von Schweitzer trifft, sich mit ihm anfreundet und die beiden beschließen, gemeinsam auf die Jagd zu gehen, wird aus der Traumreise schnell eine Fahrt in die…mehr

Produktbeschreibung
Moderne Gralssuche in der Karibik! Gursky, ehemaliger Star-Moderator bei einem Musiksender in Deutschland, steht an der Schwelle zu einem neuen Leben. Bald wird er seine Freundin heiraten und mit ihr eine Familie gründen. Doch vorher will er sich noch einen Traum erfüllen: Er fährt nach Kuba, um einen Hai zu fangen - ein letztes Abenteuer, bevor er sesshaft wird.Doch als er in Havanna unter mysteriösen Umständen den Schriftsteller Lukas von Schweitzer trifft, sich mit ihm anfreundet und die beiden beschließen, gemeinsam auf die Jagd zu gehen, wird aus der Traumreise schnell eine Fahrt in die Finsternis.Ihre Suche nach dem Hai führt sie quer durch das sozialistische Kuba und schließlich auf die Bahamas - in den Kapitalismus, wo für Geld alles zu haben ist.Vom Mythos Hai verzaubert und der zweifelhaften Magie der Jagd völlig verfallen, missachten sie alle Regeln der Zivilisation, um so ihrem Traum näher zu kommen. Dabei geraten sie nach und nach in einen Strudel aus Ill usionen, Enttäuschungen und der Suche nach ihrer wahren Identität.Ein zeitgenössischer Abenteuerroman, ein Roman über Freundschaft, Sinnsuche, falsche und richtige Ideale - und eine kraftvolle Fabel über die Liebe.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.11.2002

Das ist die wilde, verwegene Haifischjagd
Auch Abschied ist ein Abenteuer: Marc Fischer wirft Köder aus und dekonstruiert die Angel / Von Volker Weidermann

Die jüngste deutsche Literatur ist auf Abschiedstournee. Alles scheint erzählt, jetzt wird der Untergang gefeiert, um wenigstens noch ein letztes Mal eine Geschichte zu haben. Christian Kracht hatte vor einem Jahr mit seinem irano-chinesischen Selbsterlösungs-Buch "1979" den großen Anfang gemacht, und viele andere folgten: mit Apokalypseromanen wie Joachim Bessing, Werken der Selbsthistorisierung wie Max Goldt, karger Abmagerungsprosa wie Karen Duve. Abschied, Rückzug, Endzeitstimmung - es war ein kurzer Frühling. Der Herbst droht lang zu werden.

Der junge Hamburger Schriftsteller und Journalist Marc Fischer fügt all den traurigen Beispielen mit seinem zweiten Buch "Jäger" einen Abenteuerroman des Abschieds hinzu. Auch seine Helden sind müde. Auch seine Helden wollen gehen, wollen sich aus der perfekt eingerichteten westlichen Zivilisation davonmachen, weiter in ein anderes Blau hinein. Doch sie suchen es nicht in sich selbst, in karger Selbstkasteiung, Selbstbetrachtung. Sondern sie suchen die Befreiung in der Welt dort draußen. Sie suchen es auf Kuba. Bei der Haifischjagd, dem letzten, großen Abenteuer.

Seine Helden sind Gursky, der zynischste Fernseh-Moderator, den die deutschen Musikkanäle je gesehen haben, der noch die größten Pop-Stars in seinen Interviews lächerlich macht, der alles verlacht und jeden verachtet, und Lukas von Schweitzer, ein junger Schriftsteller, der, nicht zufällig, zahlreiche Kennzeichen Christian Krachts trägt und über den es heißt: "Schweitzer, das war seine Leistung, zerlegte Deutschland so säuberlich wie ein Medizinprofessor die Leiche, die er seinen Studenten zum Sezieren vorlegt - so also, daß nur die Organe und das Skelett zu sehen waren und kein einziger Blutstropfen das Werk befleckte."

Das verbindet die beiden Medienkönige: Sie haben die Welt zerdacht und zerlacht, die sie scheinbar sicher trug. Jetzt sind sie an einem Ende angekommen. Gursky steht die Geburt seines ersten Kindes bevor, was ihm als Schlußstrich unter sein bisheriges Leben mehr Angst macht als alles andere, und Schweitzer hat gerade seine Lebensliebe verlassen, da sie in einem entscheidenden Moment ein falsches Wort benutzt hatte und damit als einziger Hort der Reinheit dieser Welt für Schweitzer nicht mehr in Frage kam. Jetzt sind sie auf Kuba. Jetzt jagen sie Haie. Und es geht zum ersten Mal, zum letzten Mal in ihrem Leben um alles: "Wir müssen unsere Zivilisation ablegen", sagen sich die müden Jäger, "damit wir unsere ursprüngliche Kraft wiederbekommen. Wir müssen uns dekonstruieren. Wir müssen zurück auf Null."

Und Null ist hier, in der antikapitalistischen Karibikwelt, hier in den Fußspuren Hemingways, hier auf dem Meer, allein mit dem Todestier, nach dem sich Gursky schon seit frühester Kindheit sehnt, als er einmal dabeisein durfte, als sein Vater einen Hai aus dem Meer zog. Den Blick des Vaters von damals wird er nie vergessen: "Er strahlte wie ein Mann, der etwas geleistet hat. Er war stolz auf sich, zum ersten Mal seit Jahren." Gursky blieb von diesem Abenteuer die Erinnerung an diesen Blick zurück und ein Zahn aus dem Gebiß des Hais, den er sein ganzes, dreißigjähriges Leben lang als Symbol für die Koexistenz von Liebe und Angst, von Bewunderung und Furcht, von Respekt und Haß mit einer Kette um den Hals getragen hatte. Doch jetzt geht es nicht mehr um Symbole. Es geht um die Wirklichkeit, um die Jagd, um Leben und um Tod.

Fischers Helden sind schwarze Romantiker, sie sind auf einer letzten Reise, einer Suche nach dem Tod. Es sind Kinder des Überflusses, des Reichtums und der Dekadenz. Über Schweitzer heißt es, er sei "ein Glückskind, dem fast alles im Leben gelang und der so gut wie alles besaß: hübsche Sportwagen, hübsche Kleider, hübsche Drogen und die Bewunderung der hübschen Mädchen, wie es hieß". Gursky ist nicht weniger glücklich, und beide sind dieses Glückes mächtig überdrüssig. Alles stimmt in ihrem Leben. Ihr Stil ist vollkommen. Ihre Müdigkeit auch.

Dieser Abenteuerroman erzählt vom Scheitern, der lächerlichen, vergeblichen Suche nach dem großen Fisch. Zwei junge Männer, denen nur die allergrößten Worte für ihre angestrebten Taten groß genug sind, die ständig von "Erlösung von den Sünden", von "Schicksal" und von der letzten "Wahrheit" faseln und die ein gehöriges Vermögen an die sozialistischen Fischer der verwahrlosten Karibikinsel zahlen, fahren auf dem Meer umher und finden - nichts. Die Haie der Gegend haben kein Interesse daran, teures Opfer für verwöhnte Echtheitssucher aus dem reichen Westen abzugeben, und beißen nicht an.

Fischer schildert das präzise, heiter, schnell und spannend. Doch mit der Zeit beschleicht einen beim Lesen der Verdacht, daß all die großen Worte, die er während der großen vergeblichen Haisuche Seite für Seite parabelhaft herbeizitiert, womöglich alle schrecklich ernst gemeint sind: all dies Männergerede, daß ihre "Verbindung zum Kern der Existenz, zum Echten" gekappt sei, daß sie Sünden begangen hätten, drüben in der Heimat, und daß der Hai ihr Richter sei und daß ihre große Müdigkeit, ihre Identitätskrise nicht nur ihre eigene, sondern vielmehr "die der gesamten westlichen Welt" sei. Da knarzt die schöne Abenteuerkonstruktion unter der bedeutungsschweren Tonnenlast und stürzt in sich zusammen. Und der Autor erscheint plötzlich als dürres, lächerliches Bedeutungssucher-Männchen, das den großen Worten atemlos hinterherhechelt wie die von ihm erdachten Helden dem großen Fang. Doch im Gegensatz zu Gursky und Schweitzer, die am Ende ihren Hai bekommen, kann Marc Fischer seine Gewichtsworte leider nicht einfangen. Sie springen immer wieder unkontrolliert in seinen Roman hinein und trampeln tonnenschwer auf der schönen, federleichten Romankonstruktion umher, die sie mit ernster Endzeitmiene unter sich begraben haben.

Einen Roman über die westliche Zivilisation und das Ende dieser Welt hat Marc Fischer nicht geschrieben. Auch wenn er ihn noch so mühsam herbeizitiert. Aber wenn man die unnötigen Lesehilfen einfach überliest, dann ist es ein erstaunlicher Roman über die große Müdigkeit, über das Ende einer sorglosen (Schreib-)Leichtigkeit, über die rasante Selbsthistorisierung der jüngsten deutschen Literatur, über ihre Krise und das Ende der gutgekleideten Selbstzufriedenheit.

Ein stotternder Beobachter der beiden müden Helden lacht am Ende des Romans, als Gursky ihm erläutert, sie hätten einfach etwas Mythisches erleben wollen. Er lacht, spuckt aus und sagt: "Ihr habt Autos, Geld, Warmwasser und Jobs als Schriftsteller oder im Fernsehen - und ihr braucht noch etwas Mythisches? Nein, nein: Wenn du mich fragst, wollt ihr einfach nur etwas zu erzählen haben." Das stimmt. Mehr ist es nicht. Aber es ist mehr, als man verlangen kann in diesem kargen, großen Herbst.

Marc Fischer: "Jäger". Roman. Verlag Kiepenheuer und Witsch, Köln 2002. 250 S., br., 9,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Ein "erstaunlicher Roman" ist Marc Fischer da gelungen, meint Volker Weidermann, auch wenn er nicht das geworden sei, was Fischer sich wohl eigentlich vorgenommen habe: einen Abschiedsroman über die westliche Zivilisation und das Ende der Welt zu schreiben. Fischers Helden nehmen Reißaus von ihrer Medienwelt und gehen nach Kuba, um einen Hai zu fangen. Sie wollen eine letzte Reise machen, die Verbindung mit dem wahren Leben suchen, und damit den Tod. Doch wo Weidermann eine Auflösung erwartet, in der der Autor das Gerede seiner Protagonisten als Illusion entlarvt, findet er nichts und muss erkennen, dass "all die großen Worte ... womöglich alle schrecklich ernst gemeint sind." Unter deren Last bricht die "schöne, federleichte Romankonstruktion" zusammen, befindet der Rezensent, auch wenn Fischer die Geschichte im übrigen "präzise, heiter, schnell und spannend" zu schildern wisse. Und so sei ihm eben ein erstaunlicher Roman gelungen, nur eben eher einer über die "große Müdigkeit, über das Ende einer sorglosen (Schreib-) Leichtigkeit, über die rasante Selbsthistorisierung der jüngsten deutschen Literatur".

© Perlentaucher Medien GmbH"
"Das Besondere an Fischer: Er erzählt nie nur, wie etwas ist, sondern immer auch, wie sich etwas anfühlt." (Stern) "Pop ist tot, und es wird ernst!" ( taz) "Was Marc Fischer über Freundschaft und Liebe zu sagen hat, ist nicht nur klug beobachtet, sondern fast weise." (MAX)