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b Meisterin des Daliegens s
Mama macht, von einer Fernreise zurückgekehrt, nur einen Zwischenstopp, um gleich wieder dem neuen Freund, einem tibetanischen Sherpa, nachzusteigen, während Papa zwischen Telearbeit, Thrombosespritze und abendlichem Milchglas im Bett, aus dem er sich nicht mehr erhebt, gleichsam zu wuchern beginnt. Und die Tochter fasst einen plötzlichen Entschluss...
Die Mütter und Väter in Malin Schwerdtfegers Geschichten verhalten sich unberechenbar, anders, als ihre Kinder, die in ihnen einmal Garanten für Ordnung sahen, annehmen mussten. Manchmal nachsichtig, manchmal
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Produktbeschreibung
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Meisterin des Daliegens
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Mama macht, von einer Fernreise zurückgekehrt, nur einen Zwischenstopp, um gleich wieder dem neuen Freund, einem tibetanischen Sherpa, nachzusteigen, während Papa zwischen Telearbeit, Thrombosespritze und abendlichem Milchglas im Bett, aus dem er sich nicht mehr erhebt, gleichsam zu wuchern beginnt. Und die Tochter fasst einen plötzlichen Entschluss...
Die Mütter und Väter in Malin Schwerdtfegers Geschichten verhalten sich unberechenbar, anders, als ihre Kinder, die in ihnen einmal Garanten für Ordnung sahen, annehmen mussten. Manchmal nachsichtig, manchmal böse, aber immer planvoll müssen sie nun selbst die Geschicke in die Hand nehmen. Etwa wenn Mama gegen alle Vernunft und ärztlichen Rat doch noch einmal schwanger wird und die Tochter, spät, aber endlich zur Frau geworden, zu Hause das Regiment übernimmt. Sie werden alle etwas zu früh erwachsen und merken, dass die Welt aufregend, aber nicht gut ist, und so ähnlich agieren sie nun selbst - aufregend, aber nicht unbedingt gut. Wie Imi, die in ihrem nach den Ausdünstungen einer Molkerei stinkenden Dorf schier umkommt, bis eines Tages die "leichten Mädchen" eintreffen, die etwas besser riechen... In ihren schon mehrfach ausgezeichneten Erzählungen findet Malin Schwerdtfeger auf Anhieb einen wunderbaren eigenen Erzählton, komisch, böse, poetisch, ironisch. Ein hinreißendes Debüt!
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.03.2001

Die Tochter ist mit dem Huhn im Bunde
Mädels bei Malin Schwerdtfeger Von Eberhard Rathgeb

Wer jung ist, der fühlt sich schnell überall zu Hause. Kein Schicksal brennt einem unter den Nägeln, und Gedanken zersägen einem noch nicht den karg möblierten Kopf. Malin Schwerdtfeger ist neunundzwanzig Jahre alt und schließt in ihren Erzählungen mit ihren Figuren immer noch im Handumdrehen dicke Freundschaften, egal ob die Mädels in Polen, wie es singt und säuft, oder in Spanien, wie es kifft und kocht, hocken und mit den Hühnern vorm Hackebeil bibbern oder mit rauchenden Asthmatikern den versifften Rucksack teilen. Die aufgeregte Jugend möchte von allem einmal kosten und alles ausprobieren, wenn auch nichts wirklich ratzekahl aufessen.

Kommt das Denken über die Kunst erst nach den Geschichten? Irgendwann - wir verlassen hier die neue, sich über die Verlage ausbreitende schreibende Jungautorenschaft und blicken auf entscheidende Jahrzehnte nach vorne - eilt das Alter heran. Den Asthmatikern unter den Autoren ist lange schon die Luft ausgegangen, und die dichtenden Hühnern sind in alle Winde verteilt. Man dient nun der königlichen Traurigkeit, mancher Kopf ist mit Wissen randvoll, und das Herz ist von Erfahrungen schwer geworden. Das Schicksal hat man kennengelernt - es ist der Mühlstein, der einen in den Brunnen zum einsamen Ersaufen hinabreißen wird.

Das Alter ist die allerhöchste Zeit, über die Kunst und das Leben bis ins Schlupfloch der idealistischen Subjektivität hinein nachzugrübeln. Das kann man sehr gut in Berlin an der Humboldt-Universität machen, und das wurde bewundernswert erratisch vor nunmehr auch schon wieder drei Jahren vom Münchner Philosophen Dieter Henrich dort vorgeführt. Seine Vorlesungen sind in diesem Frühjahr als Buch erschienen. Und wie der Künstler Hans-Peter Litscher bei seiner Führung durch das Hamburger Deutsche Schauspielhaus - eine drollige Inszenierung mit dem Titel "Die tausend Tode der Maria Brettschneider" - der kleinen Gruppe, die ihm durch Gänge, Zimmer und über Treppen nachhechtete, immer wieder ein aufmunterndes "Kommen Sie, kommen Sie" über die Schulter zurief, so möchten auch wir hier nur auf die Versuche über Kunst und Leben mit einem hellen "Schauen Sie, schauen Sie" (auf die folgenden Seiten) hinweisen und noch sagen:

Wäre denn in diesen Berliner Vorlesungen einer unter den jungen Hörern gewesen, der - wenn er sich nicht in einem Fichteschen allerersten, unhintergehbaren Akt als Autor schon erfahren, sondern erst aus freien Agentenstücken und im Vorschußübermut als Autor gesetzt hat - vom Entsetzen über die vertrackten Zusammenhänge der Kunst mit dem Leben gepackt worden wäre und deswegen den Bleistift hingeschmissen und mit dem jugendlichen Schreibkreiseln erst einmal aufgehört hätte? Doch wenn dem so wäre: Noch die zeittypischen klitzekleinen Fragmentchen wären im Kölner Kiepenheuer & Witsch Verlag, der dem jugendlichen Erzählschwung sehr gerne dient, schon am Tag danach veröffentlicht worden.

Und in Polen - Malin Schwerdtfeger weiß das, und damit kommen wir wieder aus dem philosophischen Berlin ins beschwingte Zentrum des jungen und kunstfernen Erzählens zurück - ändert sich auch nichts, wird seit Jahrzehnten beim geselligen Zusammensein der Schnaps ohne rühmliches Ende in den Rachen gekippt und dem Federvieh auf dem östlich heruntergekommenen Hof wöchentlich zu Leibe gerückt. Die Berliner Rochade von Leben und Subjektivität konnte in der Erzählung "Fell und Federn", die beim letzten Klagenfurter Schriftsteller-treffen-auf-Kritiker-Wettbewerb vorgetragen wurde, die ängstlichen Hühner und ihr kurzes Leben vor dem ein Tiermordinstrument schwingenden Arm eines polnischen subjektivitätsversessenen Mannes, der auf die Fürbitten eines Mädchens nicht hören wollte, nicht retten.

Malin Schwerdtfeger erzählt in diesem Bändchen acht Geschichten, und sie wäre besser gefahren, wenn sie nur eine einzige erzählt hätte, zum Beispiel die Geschichte einer Familie ohne Vater, mit der es aus diesem und aus dem weiteren Grund nicht zum besten bestellt ist, weil die Mutter, die mit dem Alter nicht hübscher wurde, schon wieder ein Kind von einem trinkenden Tagedieb und vor dem Fernseher lümmelnden Nichtsnutz bekommt und nun im Krankenhaus liegt, weshalb die Ältere der Geschwister daheim den Laden mit Einkaufen, Kochen und Aufräumen schmeißen muß: "Für gutes Betragen" wird man nicht einmal belohnt.

Treibt die Autorin die Neugierde oder die Unstetigkeit von einem Wohnort zum anderen? Malin Schwerdtfeger trampt mit einem Rucksack, vollgepackt mit etwas abgestumpften Stichwörtern, durchs pubertäre Gelände und wechselt dabei ihre Heldchen und deren Problemchen wie die Spaghettiträger-Hemdchen von H & M. Von wahrhaft nackter Berliner Subjektivität als Bedingung von Kunst fehlt in diesem juvenilen Lebenswelten-Tourismus jede Spur. Es könnte sich aber vielleicht alles zum Besseren hinwenden. Möge Malin Schwerdtfeger doch einmal einen Roman schreiben, sich irgendwo in einer Seele festhaken und mit dem großflächigen Nachdenken beginnen und ihren Helden, den leichten und schweren Mädels, ein wenig Zeit geben, sich anzuziehen, damit sie in eine Geschichte marschieren können, die ihnen an den Fersen der Subjektivität klebenbleibt.

Malin Schwerdtfeger: "Leichte Mädchen". Erzählungen. Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2001. 140 S., br., 15,50 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Edo Reents hat sich scheinbar in den Geruch der acht Erzählungen der jungen Autorin und Klagenfurt-Stipendiatin Malin Schwerdtfeger verliebt, obwohl diese viel atmosphärischen Landluft-WG-Mief verbreiteten. Auch wenn er nicht weiß, worauf die "stilistisch recht homogenen" Erzählungen vom Landleben in Hippiekommunen hinauslaufen sollen, findet er doch, dass ein "eigentümlicher Reiz" über ihnen liegt. Trotz ihres absichtlich kindlich gehaltenen Tonfalls sei die Autorin eine peinlich genaue "Chronistin des Ungepflegten". Reents kritisiert ein paar stilistische Missgriffe, hebt dann aber zu einem hohen Vergleich mit dem jungen Grass an, an den ihn der "zuweilen komische Erzählton" erinnert. Oder doch der Geruch?

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