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In fast allen Religionen erscheinen sie, die Mittler zwischen Himmel und Erde, die Boten, Kundschafter und Wächter. Jakob sieht sie im Traum, bei der Opferung des Isaak greift ein Engel ein, und der Engel des Herrn erscheint Moses im brennenden Busch. In den Psalmen sind sie gegenwärtig, im Talmud, in den Midraschim, in der Liturgie und in der mystischen Tradition. In den Evangelien verkünden Engel die Geburt Jesu, sie verleihen ihm bei seinen Versuchungen Kraft, sie sind bei seiner Auferstehung zugegen und werden ihn bei seiner Wiederkunft begleiten. Im Islam protestieren sie vor Allah gegen…mehr

Produktbeschreibung
In fast allen Religionen erscheinen sie, die Mittler zwischen Himmel und Erde, die Boten, Kundschafter und Wächter. Jakob sieht sie im Traum, bei der Opferung des Isaak greift ein Engel ein, und der Engel des Herrn erscheint Moses im brennenden Busch. In den Psalmen sind sie gegenwärtig, im Talmud, in den Midraschim, in der Liturgie und in der mystischen Tradition. In den Evangelien verkünden Engel die Geburt Jesu, sie verleihen ihm bei seinen Versuchungen Kraft, sie sind bei seiner Auferstehung zugegen und werden ihn bei seiner Wiederkunft begleiten. Im Islam protestieren sie vor Allah gegen seinen Plan, menschliche Wesen ins Leben zu rufen. Eine ihrer Aufgaben ist es, gute und schlechte Taten aufzuzeichnen.Dionysius Areopagita hat die Hierarchie der Engel festgelegt: die Seraphim, die Gott am nächsten stehen, die Cherubim als Beschützer des Gartens Eden sowie die Thronoi ("erhabene Gestalten"). Darunter stehen die "Herrschaften", "Mächte" und "Gewalten", auf welche die "Fürstentümer", "Erzengel" und die "Engel" (Schutzengel) folgen; sie sind den Menschen am nächsten. Die Analogie zu einem königlichen Hofstaats, in dem Höflinge und Beamte zwischen König und Volk vermitteln, ist unverkennbar.Giorgio Agamben folgt in seinem Essay den verschiedenen Interpretationen und Funktionszuschreibungen, die Engel in ihrer Deutungsgeschichte erfahren haben. Dabei steht die Frage nach ihrem Verhältnis zur Macht im Mittelpunkt, sind sie es doch, die in der trinitarischen Ökonomie des Himmels und deren säkularen Erscheinungsformen als »Beamte des Himmels« die Macht in all ihrer Herrlichkeit repräsentieren. Das Weltliche und das Heilige fallen zusammen im Begriff der Hierarchie, und steht diese erst einmal, genau wie in Kafkas Universum, im Zentrum, neigen Engel und Bürokraten dazu, sich zu vermischen: Zuweilen ist die Verwaltung der irdischen Monarchie das Muster für die englischen Ministerien, umgekehrt kann die himmlische das Urbild für die irdische Bürokratie bilden.
Autorenporträt
Agamben, GiorgioGiorgio Agamben wurde 1942 in Rom geboren. Er studierte Jura, nebenbei auch Literatur und Philosophie. Der entscheidende Impuls für die Philosophie kam allerdings erst nach Abschluß des Jura-Studiums über zwei Seminare mit Martin Heidegger im Sommer 1966 und 1968. Neben Heidegger waren seitdem Michel Foucault, Hannah Arendt und Walter Benjamin wichtige Bezugspersonen in Agambens Denken. Als Herausgeber der italienischen Ausgabe der Schriften Walter Benjamins fand Agamben eine Reihe von dessen verloren geglaubten Manuskripten wieder auf. Seit Ende der achtziger Jahre beschäftigt sich Agamben vor allem mit politischer Philosophie. Er lehrt zur Zeit Ästhetik und Philosophie an den Universitäten Venedig und Marcerata und hatte Gastprofessuren u.a. in Paris, Berkeley, Los Angeles, Irvine.

Hiepko, AndreasAndreas Hiepko, geboren 1963 in Berlin, studierte Germanistik und Romanistik in Berlin und Barcelona. Heute ist er als Publizist und freier Übersetzer tätig.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.12.2007

Zwischen Gott und Mensch
Andrei Plesu und Giorgio Agamben erkunden die Engel
Warenhäuser, Friedhöfe und Kinos sind Orte, an denen man den Engeln heute am häufigsten begegnet. Mit den Rauschhaarfiguren zur Weihnachtszeit und dem steinernen Grabschmuck haben die Nachfolger der Himmelsgestalten sich im bürgerlichen Leben heimisch gemacht. Die schwebenden Schönheiten und pausbackigen Putten stellen aber nur einen kleinen Ausschnitt aus der bunten Schar dar, die durch Fresken, Bilder und Skulpturen aus der Vergangenheit überliefert ist. Die flügelbewährte antike Siegesgöttin Nike, die flammenschwertbewaffneten Erz- und furchteinflößenden Racheengel, die würdigen Gestalten an der Seite der Jungfrau oder Christusfigur, die prächtig gekleideten Verkündigungsengel, die am Barockhimmel Schwebenden und die traurigen, gar verwundeten oder erschreckten Engel der modernen Malerei – der Variationsreichtum der Gattung erweckt den Eindruck, als stünden die Engel als Verkörperung unterschiedlichster Ideen bereit. Daher ist Büchern, die mit Sätzen wie „Die Engel sind . . .” beginnen, mit Vorsicht zu begegnen.
Tatsächlich gehören die Engel zu den ältesten Erscheinungen, mit denen die Menschen sich den Zugang zu Sphären bildlich erschlossen haben, die ihrem Blick verborgen bleiben. Wenn man wissen möchte, welche Fragen eine bestimmte Kultur oder Epoche umtreiben, dann sind die jeweiligen Engelsbilder recht gute Indikatoren dafür. Beispielsweise sind jene Gestalten, die in ägyptischen Gräbern die Toten und den Eingang zum Totenreich bewachen, Anzeichen einer Kultur, deren Sorge vor allem einem sicheren Übergang ins Totenreich galt. Mit den monotheistischen Religionen, in deren Zentrum eine unsichtbare, unkörperliche Gottesgestalt steht, kam eine andere Bedeutung des „Jenseits” zur Geltung; es ist „da droben” im Himmel lokalisiert. Dort sind nun auch die Engel beheimatet, als Mittler zwischen dem Reich Gottes und der irdischen Welt.
Als Symptom und Zeichen von Jenseitskonzepten sind die Engel zu einem herausragenden Gegenstand religions- und kulturgeschichtlicher Forschung geworden. Doch ungeachtet solcher historischer Erkundungen besitzen die Engel selbst eine unverminderte Anziehungskraft. Der Boom entsprechender Buchtitel signalisiert, dass derzeit eine ähnliche Engelsbesessenheit herrscht wie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als Dichter wie Rilke und Maler wie Paul Klee und Max Ernst den Engel zu einem Protagonisten der Moderne stilisierten, bis hin zu Walter Benjamin, der die Gegenstellung des Totengedenkens zum Fortschritt in der Historie in seinem geschichtstheoretischen Denkbild vom Engel der Geschichte verdichtet hat.
Angesichts der zahllosen Deutungen, die dieses komplexe Denkbild hierzulande erfahren hat, überrascht es, dass Andrei Plesus Buch „Das Schweigen der Engel” Benjamin als einen wenig gelesenen Autor empfiehlt. An dieser Stelle scheint kurz der kulturelle Horizont auf, aus dem sich der Gestus der Engelskunde erklärt, die der vormalige rumänische Außenminister und Philosoph aus dem Umfeld von Mircea Eliade vorlegt. Das 2003 publizierte Buch wurde jetzt für die neugegründete Berlin University Press übersetzt. Adressiert an „theologisch ungebildete Leser”, möchte Plesu „der Angelologie die kulturelle Würde und existentielle Prägekraft” wiedergeben, „die sie verdient”. Sein Anliegen ist aus einem Verlust motiviert. Dieser ist nicht nur durch die Randstellung der Religion im realen Sozialismus begründet, sondern auch durch den Mangel jener Engel, die eine zentrale Reflexionsfigur für Philosophie und Kunst der Moderne darstellen: Verkörperungen der Grenzen des Wissens und der Auseinandersetzung mit dem Transzendenten, dem Nichtdarstellbaren, dem Anderen des Humanen, mit denen Ästhetik und Erkenntnistheorie die theologische Engelskunde beerben.
Das Buch beginnt mit einem Bekenntnis. Er sei zu der Einsicht gelangt, dass es Engel gibt. Sein Schreibstil ist geprägt durch den Zauber der Zwischenwelten. Zentrum des Interesses ist die Verwandtschaft von Engeln und Menschen als Zwischenwesen. Während die Engel im leeren Raum zwischen Gott und den Menschen sich aufhalten, werden die Menschen als Mischwesen zwischen Heiligem und Dämon lokalisiert. Daraus ergibt sich für Plesu die Frage nach der Über- oder Unterlegenheit der Menschen gegenüber den Engeln, die mit Rückgriff auf theologische und philosophische Quellen erörtert wird.
Zwei Drittel des Buches sind eine Einführung in die Angelologie. Die Kapitel entsprechen den Leitmotiven des Engeldiskurses: die Körperlichkeit und das Bild der Engel, ihre Schutzfunktion. Ausführlich kommt hier Thomas von Aquin zu Wort, der sich als Begründer einer wissenschaftlichen Theologie intensiv dem Problem der Engelskörper gewidmet hat, eine für die Kirche prekäre Frage. Obwohl Attribut der geistigen, unkörperlichen Gestalt Gottes, müssen die Engel sich zeigen, um seine Botschaft an die irdische, menschliche Welt zu vermitteln. Als Medium zwischen dem Geistigen und Sichtbaren hausen die Engel am Ursprung von Visualisierung und Inkarnation. Im Kapitel über das Bildhafte der Engel bezieht sich Plesu nicht nur auf christliche Autoren, sondern auch auf arabische und persische Quellen und Etymologien. Hier finden sich schöne Passagen zu einer imaginativen Epistemologie, – wenn er etwa im Anschluss an den Sufismus des Sohrawardi zwischen imaginär, imaginal, eingebildet, durch das Bild bekannt und bildhaft unterscheidet.
Ebenso wie zum Bild unterhalten die Engel eine besondere Beziehung zur Musik. Man denke nur an die Vorstellung der Himmelschöre und die engelsgleiche Sphärenmusik. Bei Plesu steht das Konzept der musica coelestis im Mittelpunkt. Wenn die Vollkommenheit der Schöpfung musikalischer Natur ist, dann ist die weltliche Musik, die musica mundana, „nur” ein Reflex der himmlischen Musik. Die Begrenzung, die Plesus Engelskunde sich mit ihrer Glaubensperspektive einhandelt, wird an solchen Stellen deutlich. Sein Buch verfolgt die Linien der Angelologie bis zu jenen Punkten, an denen erst durch einen Wechsel zum kunst- oder geschichtsphilosophischen Diskurs sich ein anderer Horizont eröffnete. Beispielsweise in den Büchern von Michel Poizat, der eine faszinierende Geschichte der Opernstimme geschrieben hat, gerade indem er sie aus dem Begehren der menschlichen Musik, die Transzendenz der himmlischen Musik wiederzugewinnen, ableitet.
Die Angelologie des Thomas von Aquin, auf die sich Plesu stützt, ist eine gänzlich andere als diejenige, die im zweiten Teil von Giorgio Agambens im Verlag der Weltreligionen publizierten Büchlein „Die Beamten des Himmels. Über Engel” abgedruckt ist. Obwohl doch beide derselben „Summa Theologica” (1265-1273) entstammen, mit der sich Thomas von Aquin den Beinamen „doctor angelicus” erwarb. Nachdem die Engel schon bei Augustinus einen ätherischen Leib hatten, von Dionysios Areopagitas als noes, griechisch Geist, definiert wurden und vom vierten Lateranskonzil 1251 noch einmal der geistigen Schöpfung zugeordnet wurden, hat Thomas’ Summa die christliche Sicht in einem Abschnitt zur Schöpfung, der der Engelswelt gilt (50.-64. Frage), kanonisiert: Die Engel sind Zwischenwesen, stofflose Verstandeswesen ohne Leib, die die reine Form darstellen; die Erkenntnisweise, die sich mit ihnen verbindet, ist die Ähnlichkeit, nicht die Abstraktion.
All das interessiert Agamben nicht. Sein Essay, der ein vorab publiziertes Kapitel aus seinem Buch „Die Macht und die Herrlichkeit” darstellt, stützt sich auf die Untersuchungen 107 bis 112, in denen Thomas im Anschluss an seine Überlegungen zur Weltregierung (Frage 103) das Wirken der Engel darin diskutiert. Es geht Agamben also um die gouvernementale Rolle der Engel – oder anders gesagt: darum, den Engeln einen Ort in seiner politischen Theologie zuzuweisen. Angeregt sind seine Überlegungen von einem Traktat über die Engel von Erik Peterson, dem Autor von „Monotheismus als politisches Problem” (1935), gegen den Carl Schmitt mit seiner Widerlegung einer „Legende von der Erledigung der politischen Theologie” heftig polemisierte. Hatte Peterson die politische Theologie Schmittscher Prägung zurückgewiesen, weil allein der Kirche – und nicht dem Staat – ein theologisch-politischer Charakter zustehe, so scheint Agamben in Petersons Traktat einen Ausweg aus dem Dilemma gefunden zu haben. Petersons Beschreibung einer angelologisch-kultischen Beziehung der Kirche zum Himmelreich wird für Agamben zum Ausgangspunkt, die Engel als Diplomaten im Außendienst, als Beamte des Himmels zu bestimmen. Der Essay dient der Sicherung dieser Charakterisierung der Engel durch Zitate aus nachpaulinischen antiken Quellen und Texten der Kirchenväter, vor allem aber durch die Abschnitte über die Engel in der Weltregierung des Thomas von Aquin.
In dem Buch „Das Reich und die Herrlichkeit” will Agamben die These entfalten, dass „diese beiden Funktionen zwei Seiten ein und derselben Regierungsmaschine sind, die man als die ‚Ökonomie‘ und ‚Herrlichkeit‘ beziehungsweise ‚Regierung‘ und ‚Reich‘ bezeichnen könnte”. Dafür sind ihm die Engel als Akteure einer himmlischen Bürokratie unverzichtbar. Die Engel, die sich als Mittler jedweder Art bewährt haben, vermitteln hier nicht nur zwischen Himmel und Erde, sondern auch zwischen dem derzeit hoch im Kurs stehenden Foucaultschen Konzept der Gouvernementalität und der politischen Theologie.
Als Agamben sich vornahm, die Nachfolge Foucaults anzutreten, entschied er sich schlau für jene Themen, die in Foucaults Denken eine Lücke bilden: die Religion und die Ökonomie. Mit dem neuen Projekt versucht er gleichsam, sein Foucaultsches Erbe mit seinem Vorhaben einer politischen Theologie zu versöhnen. Indem Agamben die „Gouvernementalität” in die himmlischen Sphären verlagert, stattet er das Konzept in Gestalt der Engel mit jener „Herrlichkeit” aus, die ihm in heutigen Zeiten mangelt, da die Religion auf die Bühne von Politik und Theologie zurückgekehrt ist. SIGRID WEIGEL
ANDREI PLESU: Das Schweigen der Engel. Berlin University Press, Berlin 2007. 224 Seiten, 24,80 Euro.
GIORGIO AGAMBEN: Die Beamten des Himmels. Über Engel. Verlag der Weltreligionen, Frankfurt am Main 2007. 153 Seiten, 15,80 Euro.
Andrei Plesu ist zu der Einsicht gelangt, dass es Engel gibt
Sie sind die herrlichen Akteure der himmlischen Bürokratie
Stofflose Verstandeswesen ohne Leib, die die reine Form darstellen
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Das vorliegende Buch ist eigentlich bloß ein Kapitel aus der unter dem Titel "Die Macht und die Herrlichkeit" geplanten politischen Theologie von Giorgio Agamben, erläutert Thomas Macho. Dementsprechend widmet sich Agamben den Engeln auch nur in der Hinsicht, in der sich in ihnen eine Hierarchie des Himmels ausdrückt. In einer Art "machtpolitischer translatio dei" interessiere sich aus Rechtfertigungsgründen besonders die Kirche für die vertikale Machtstruktur der "Beamten des Himmels", wie der Rezensent erfährt. Macho klingt insgesamt aber ein wenig unbefriedigt, wenn Agamben die Engel als "bloße Assistenten Gottes" behandelt. Immerhin gesteht er ihm einen "gelehrten" Kommentar zur Angeologie des Thomas von Aquin zu. Mehr aber auch nicht.

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