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  • Broschiertes Buch

Produktdetails
  • insel taschenbuch 2657
  • Verlag: Insel Verlag
  • 2000.
  • Seitenzahl: 257
  • Deutsch
  • Abmessung: 14mm x 108mm x 176mm
  • Gewicht: 195g
  • ISBN-13: 9783458343578
  • ISBN-10: 3458343571
  • Artikelnr.: 08555800
Autorenporträt
Günter Stolzenberger lebt als wissenschaftlicher Autor/Literaturwissenschaftler in Franfurt/Main. Veröffentlichung mehrer Anthologien.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.12.2000

Lesetip fürs Wochenende
Am Morgen eine Amsel
Ein Plädoyer für den langen Schlaf
Franz Kafka liefert das treffliche Motto zu diesem Leseband für alle Langschläfer und solche, die es immer schon sein wollten, sich aber nie recht trauten: „Dies frühzeitige Aufstehen macht einen ganz blödsinnig. Der Mensch muß seinen Schlaf haben. ”
Gerade wird wieder mal darüber gestritten, ob die armen Schulkinder nicht eine Stunde später beginnen könnten, ohne dass damit das ganze Lehrsystem gefährdet wird. So bietet sich dieses Buch nicht zuletzt als Weihnachtsgeschenk für fanatisch früh aufstehende Pädagogen an, denn – so lesen wir im Nachwort – „ein Forscherteam der Universität von Westminster entdeckte, dass Leute, die morgens vor 7. 20 Uhr aufstehen, ausgemachte Frühaufsteher also, eine ungleich höhere Menge des Stresshormons Kortisol aufwiesen als Langschläfer. Eine Folgestudie ergab daraufhin, dass letztere weitaus weniger unter Muskel- und Kopfschmerzen, Erkältungen und schlechter Laune litten. Da haben wir es: Wer früh aufsteht, hat nicht nur mehr Zeit, um Überstunden zu machen; er belastet auch noch das Gesundheitssystem überdurchschnittlich und kommt zu guter Letzt auch noch als ausgemachter Piesepampel daher. Was das gesellschaftliche Zusammenleben angeht, so sind Frühaufsteher zweifelsohne als egoistische Nutznießer zu betrachten, die versuchen, sich gegenüber der Allgemeinheit einen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass sie in betrügerischer Absicht so tun, als ginge die Sonne früher auf. ”
Angesichts von 6500 Tonnen Schlafmittel, die jedes Jahr konsumiert werden, sind es nicht allein die Frühaufsteher, die den Ton angeben, wenn es ums Thema geht. „Nicht Einschlafen, sondern Wiedereinschlafen ist schwer”, schreibt Jean Paul, der vierzehn kundige Ratschläge gibt, wie man den Kopf leer bekommt, damit „das zarte elektrische Lichte der Träume in seinem Äther schimmere”. Natürlich kommt das bekannte Zählen vor, aber es müssen nicht immer Schafe sein, viel besser sei es sowieso, lesen wir bei Tania Blixen, sich einen tiefen Brunnenschacht vorzustellen, und Robert Walser empfiehlt als sicheres „Bett-Laudanum”, sich unbedingt anzustrengen, die Augen offen zu halten.
Bekanntlich gibt es „wirklich erholsamen Schlaf nur mit Träumen”. Der Gedanke, das Leben sei auch nur „ein Traum von größerer Beständigkeit” (Blaise Pascal), beruhigt jedenfalls nicht nur Vielschläfer. Bei Heinrich Heine wird einem Mann schon das ehebrecherische Träumen von der Gattin streng untersagt. Die Existenz verändert ihre Konturen, wenn wir sie aus dem Bett heraus betrachten, zumal wir dort ein Drittel unserer Zeit verbringen. Dem Phänomen, warum wir überhaupt schlafen, wird ebenso nachgegangen wie der besten Methode, aufzuwachen ohne zu leiden. Wilhelm Genazino beschwört die Amsel, Friedrich Nietzsche empfiehlt, beim Erwachen daran zu denken, „ob man nicht wenigstens einem Menschen an diesem Tage eine Freude machen könne”.
Und dann gibt es auch noch die bekannte Viertelstunde, die man unbedingt noch herausschinden will, obwohl das „zum Terror bestimmte Messinstrument” schon geklingelt hat. Warum Langschläfer und Langschläferinnen immer an einen Frühaufsteher geraten, mit dem sie Bett und Leben teilen, das fehlt leider in diesem Schlafbuch ebenso wie Ratschläge, wie man gutgelaunten lebenswachen Babys morgens um sechs die Lust am langen Schlafen beibringt.
Dass die Lage früher besser war, erweist sich einmal mehr, denn „noch vor hundert Jahren verbrachte man durchschnittlich anderthalb Stunden länger im Bett als heute”. Aufs Kopfkissen gehört deswegen dieses Buch – aufgeschlagen bei einem der Kernsätze: „Verschlafe ruhig die volle Hälfte deines Lebens, du wirst dann die andere Hälfte doppelt gelebt haben. ”
MANUELA REICHART
GÜNTER STOLZENBERGER (Hrsg. ): Die Kunst des Schlafens. Bett-Lektüre für Schläfer und solche, die es werden wollen. Insel Verlag, Frankfurt 2000. 263 Seiten, 17,90 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Manuela Reichart hat eindeutig Spaß an dieser Sammlungen von Aufsätzen über das Schlafen, bei der so unterschiedliche Leute wie z.B. Robert Walser, Friedrich Nietzsche, Tania Blixen und Heinrich Heine ihre Tipps und Erkenntnisse teilen. Dabei steht das Buch eindeutig auf der Seite der Langschläfer, so Reichart, denn die leben besser, wie mittlerweile auch die Wissenschaft erkannt hat: `Dies frühzeitige Aufstehen macht einen ganz blödsinnig. Der Mensch muß seinen Schlaf haben`, zitiert die Rezensentin zustimmend Franz Kafka. Nur einen Fehler findet sie an dem Buch: "Warum Langschläfer und Langschläferinnen immer an einen Frühaufsteher geraten, mit dem sie Bett und Leben teilen", das wird hier leider nicht gesagt.

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