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»Ohne Davor, ohne Danach, das Jetzt kann morgen zu Ende sein, in fünfzig Jahren oder in fünf Minuten. Das macht es so kostbar ... und so schrecklich.« Im Sommer 1936 vibriert Madrid vor revolutionärer Glückserwartung; zugleich herrscht Angst vor dem, was der Putsch der rechten Militärs dem Land bringen wird. Die Straßen sind voller junger Menschen auf der Suche nach Waffen für den bevorstehenden Bürgerkrieg. Gemeinsam mit ihrem Mann Hipólito hat sich die argentinische Anarchistin Mika Etchebéhère dem bewaffneten Widerstand angeschlossen, um gegen Francos Truppen für eine gerechtere Welt zu…mehr

Produktbeschreibung
»Ohne Davor, ohne Danach, das Jetzt kann morgen zu Ende sein, in fünfzig Jahren oder in fünf Minuten. Das macht es so kostbar ... und so schrecklich.« Im Sommer 1936 vibriert Madrid vor revolutionärer Glückserwartung; zugleich herrscht Angst vor dem, was der Putsch der rechten Militärs dem Land bringen wird. Die Straßen sind voller junger Menschen auf der Suche nach Waffen für den bevorstehenden Bürgerkrieg. Gemeinsam mit ihrem Mann Hipólito hat sich die argentinische Anarchistin Mika Etchebéhère dem bewaffneten Widerstand angeschlossen, um gegen Francos Truppen für eine gerechtere Welt zu kämpfen - so ungleich die Mittel auch sind. Ihre politische Überzeugtheit und ihre Liebe zu ihrem von Krankheit gezeichneten Mann haben Mika unversehens in den Krieg geführt. Als ein Schicksalsschlag ihren Lebenswillen zu erschüttern droht, sind es wieder die Ereignisse, die ihr die persönliche Trauer zu überwinden helfen, und Mika wird mit ihrer starken Ausstrahlung und ihrer Fähigkeit, Menschen zu begeistern, für die schlecht ausgerüsteten Milizen unentbehrlich. Sie ernennen sie zur Capitana, der einzigen Frau, die im Spanischen Bürgerkrieg eine Kolonne führt. Und während sie mit den unter ihrem Befehl stehenden jungen Männern und Frauen in den Schützengräben vor Madrid liegt und kämpft, wird ihnen von den moskauhörigen Kommunisten unterstellt, Feinde der Republik zu sein - ein weiteres Drama beginnt. Mit »Die Capitana« läßt Elsa Osorio, Autorin des Bestsellers »Mein Name ist Luz«, diese außergewöhnliche Frau noch einmal auferstehen. Ein hellwach erzählter, aufwühlender Roman über die Lebens- und Liebesgeschichte einer Frau in Zeiten von Krieg und Revolution.
Autorenporträt
Osorio, ElsaElsa Osorio wurde 1952 in Buenos Aires geboren und lebt seit 1994 vorwiegend in Madrid, wo sie als Journalistin, Dozentin und Drehbuchautorin für Film und Fernsehen arbeitet. Neben zahlreichen anderen Preisen wurde sie 1982 mit dem argentinischen »Premio Nacional de Literatura« für ihr Buch Ritos privados aus dem selben Jahr ausgezeichnet. Für Reina Mugra (1990) erhielt sie den »Premio Sociedad Argentina de Escritores« und 1992 für ihre Komödie Ya no hay hombres den Preis für das beste Drehbuch.A veinte años, Luz (1998, dt. Mein Name ist Luz, 2000) ist ihr sechster Roman. Mit dem Thema der Kinder von »Verschwundenen« hat sie in Mein Name ist Luz ein besonders düsteres Kapitel der südamerikanischen Militärdiktaturen aufgegriffen. Das Buch war Anstoß für viele weitere Nachforschungen, nicht nur in Argentinien.Für Mein Name ist Luz bekam Elsa Osorio 2001 den Literaturpreis von Amnesty International, der aus Anlaß des 40jährigen Bestehens der Menschenrechtsorganisation ers

tmals verliehen wurde.

Gerhold, StefanieStefanie Gerhold, geboren 1967 in München, studierte Romanistik. Seit 1997 ist sie als Übersetzerin tätig und überträgt Texte von spanischen und lateinamerikanischen Autoren ins Deutsche.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Rezensent Jürgen Berger ist sich uneins: Elsa Osorios Schilderung des bewegten und dramatischen Lebens der charismatischen, argentinischen Kommunistin und Stalinkritikerin Mika Echebéhère, die im Europa vor dem Zweiten Weltkrieg gegen den Faschismus agitierte, ist bodenständig dokumentarisch geschrieben, was man zwar "bewundern" könne, aber manchmal auch den Wunsch nach "mehr erzählerischer Freiheit" reifen lässt. Verwunderlich sei diese Methode auch, weil sich "Die Capitana" etwa von Osorios Roman "Mein Name ist Luz" stark unterscheide: Umkreiste die Autorin dort noch ein Leben, wirke es hier nun wie ein Puzzle aus vielen verschiedenen Erzählperspektiven, die einander oft beiläufig ablösen und den Leser damit immer wieder zur Überprüfung des Status des Gelesenen anhalten. Zwar findet der Rezensent das stellenweise "reizvoll", es lässt ihn aber auch nach einer insgesamt offenbar unbefriedigenden Lektüre resignierend darüber seufzen, dass die Autorin mit den Resultaten ihrer anscheinend sehr umfassenden Recherche "nicht freier umgegangen ist".

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.03.2012

Wie man den Grundsätzen Wein einflößt
Von Patagonien bis Berlin: Die argentinische Autorin Elsa Osorio erzählt das Leben der Spanienkämpferin Mika Etchebéhère
Alt geworden, zieht Mika ins Heim, in Paris Montparnasse, ausgerechnet in jenes Zimmer, das zuvor Samuel Beckett bewohnt hat. Als sie die Tür des kleinen Kühlschranks aufzieht, entdeckt sie viele Flaschen Whisky. Und sie erinnert sich daran, dass Beckett bei ihrem ersten Besuch noch am Leben war, sich hinter dem Rücken der Heimleiterin versteckte, ihr zuzwinkerte und dann die Zunge rausstreckte. Zwei große Frauen werden derzeit mit Roman-Biografien bedacht, geschrieben von lateinamerikanischen Autorinnen. Im Herbst ist „Die Capitana“ der Argentinierin Elsa Osorio erschienen, im Mai kommt „Frau des Windes“ der Mexikanerin Elena Poniatowska hinzu. Aber anders als die berühmte Leonora Carrington, die „Frau des Windes“, ist Mika Etchebéhère so gut wie in Vergessenheit geraten.
In Frankreich hat sie 1975 ihre Erinnerungen unter dem Titel „Ma guerre d’Espagne à moi“ veröffentlicht. Als Anarchistin kämpfte sie im Spanischen Bürgerkrieg für die Republik – und befehligte als einzige Frau eine Kolonne. Doch ideologisch war sie, freisinnig von Natur aus, nie recht einzuordnen. Das nahmen ihr jene Linken, die es gerne ordentlich haben, übel und setzten ihr, zumal unter stalinistischem Druck, heftig zu. Bitter notiert sie: „Sie haben mich aus dem Krieg hinausgeworfen.“ Klar, dass sie ihr später jedes Andenken verwehrten.
Als Elsa Osorio unlängst im Berliner Instituto Cervantes gastierte, wurde sie, die eine Fülle von Recherchen unternommen hatte, natürlich gefragt, warum sie Mikas Geschichte als Roman erzähle. Ihre Antwort kam zögerlich, aber nicht ohne Hintersinn: Eine Erzählerin müsse nicht so tun, als wisse sie über alles Bescheid; erst beim Schreiben erschließe sich die Geschichte. Kann also gut sein, dass die Begegnung mit dem verwirrten alten Beckett erfunden ist, wenngleich Becketts Ätsch-Zunge das zerrissene 20. Jahrhundert ziemlich gut kommentiert.
1902 in Moisés Ville, einer jüdischen Kolonie in Argentinien, geboren, starb Mika Etchebéhère 1992 in Paris. Ganz ohne Pathos: ein Jahrhundertleben. Darin ist der Spanische Bürgerkrieg nur eine Episode, wenn auch eine entscheidende. In den zwanziger Jahren schließt sich Mika einer aufrührerischen Gruppe in Buenos Aires an, schreibt für eine Zeitschrift und sie verliebt sich in Hipólito, einen jungen Intellektuellen, der unter Tuberkulose leidet. Daher lotst sie ihn in die frische Luft von Patagonien, vorgeblich mit dem Ziel, Aufstand und Niederschlagung der Landarbeiter zu dokumentieren, das Massaker an 1500 Menschen. Aber er ist von Unruhe erfüllt, er denkt vor großem Horizont und erblickt die revolutionären Chancen der Arbeiterklasse anderswo auf der Welt: „In Deutschland findet der Kampf statt.“
Stilistisch leistet sich Osorio große, wenn auch gut abgefederte Sprünge, von Ort zu Ort, von Zeit zu Zeit, vor und zurück. Zusätzlichen Drive bekommt die Geschichte durch das Umschlagen der Perspektive mitten im Satz: gerade noch distanzierte Erzählung, schon der direkte Gedanke, die direkte Äußerung einer Figur. Kursiv gedruckt, befragt der Text ab und zu seine Heldin. Das wirkt anfangs etwas betulich, aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran. Osorio lastet dieses Anrufen der Toten einer lateinamerikanischen Marotte an. Darauf verzichten aber wollte sie nicht.
Mika und Hipólito gelangen über Paris nach Berlin, 1932, mitten hinein in den Kampf zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten. In tollen, präzisen Berlin-Kapiteln wird deutlich, warum die uneinigen Linken den Rechten unterliegen. Nazis ergreifen die Macht, in den Straßen erklingt das Horst-Wessel-Lied.
Irrtümlich wird der ermordete Gelegenheitsdichter Wessel als Gründer der SA bezeichnet; dabei stieß er erst 1926 dazu. Als die Nazis ihren Saalschutz ins Leben riefen, aus dem sich später die SA entwickelte, war Wessel gerade mal fünfzehn Jahre alt. In Berlin taucht erstmals der zwielichtige Jan Well auf, ein sowjetischer Agent, der die linken, nicht besonders moskauhörigen Gruppen zu zersetzen sucht.
Diese Figur durchkreuzt das gängige, der Identifikation dienende Schema von hier die Guten, dort die Bösen. Well nämlich brennt für die kommunistische Idee, aber nur insoweit, als sie Stalin gefällt. Und weil er ein leidenschaftlicher Mensch ist, verguckt er sich in Mika, immer etwas schmierig, nicht Herr seiner Sinne. Einmal, im Treppenhaus, bedrängt er sie, doch sie stößt ihm ihr Knie in die Eier – von Osorio feiner formuliert, aber genau so ist es gemeint.
In Spanien treffen die beiden wieder aufeinander. Rache ist süß und lässt sich noch dazu mit einer Säuberung in den eigenen Reihen begründen. Well lässt Mika, die erfolgreich an der Front gekämpft hat, in Madrid verhaften und verhören, vor allem aber: fotografieren. Nur durch die Fürsprache von Freunden kommt sie schließlich frei. Sie solle sich aus dem Krieg zurückziehen, am besten das Land verlassen. Wie Elsa Osorio in Berlin mitteilte, hatte sie Mikas Schriftstücke noch in Paris einsehen und kopieren können. Mittlerweile liegt der Nachlass in einer Fachbibliothek in Buenos Aires. Niemandem jedoch sind die Hefte, Briefe, Zeitungsausschnitte zugänglich. Es heißt, und zwar schon seit Jahren, dies alles werde katalogisiert. Wer weiter forschen will, sagt Osorio, dem stelle ich meine Unterlagen gern zur Verfügung.
Darin wird sich bestimmt auch ein Hinweis finden, dass Mika ihre Männer, selbst im Schützengraben, mit Alkohol versorgt hat. Obwohl sie zunächst strikt dagegen war. Hipólito nahm es gelassener. Der schönste Satz des Romans wird ihm in den Mund gelegt: „Wir müssen unseren Grundsätzen etwas Wein einflössen.“
RALPH HAMMERTHALER
ELSA OSORIO: Die Capitana. Roman. Aus dem Spanischen von Stefanie Gerhold. Insel Verlag, Berlin 2011. 331 Seiten, 19,95 Euro.
Wer weiter forschen will,
sagt Osorio, dem stelle ich meine
Unterlagen gern zur Verfügung
Die 1952 geborene Autorin Elsa Osorio. Foto: Basso Cannarsa/LUZphoto/fotogloria
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