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Jürgen Teller war ein außerordentlicher Briefschreiber. Die vorliegende Sammlung enthält Briefe an seine Familie, an Ernst und Karola Bloch und ihren Sohn Jan Robert; an Sigrid Damm, Volker Braun, Friedrich Dieckmann, an Freunde und Schüler. Die in den Briefen geäußerte Kritik an Politik und Gesellschaft der DDR und auch der Bundesrepublik beruht auf dem Glauben an die Unzerstörbarkeit humanistischer Traditionen.Jürgen Teller wurde 1926 bei Leipzig geboren. Nach Krieg und Gefangenschaft gaben Literatur und Philosophie und neue Freundschaften seinem Leben eine andere Richtung. Die Begegnung mit…mehr

Produktbeschreibung
Jürgen Teller war ein außerordentlicher Briefschreiber. Die vorliegende Sammlung enthält Briefe an seine Familie, an Ernst und Karola Bloch und ihren Sohn Jan Robert; an Sigrid Damm, Volker Braun, Friedrich Dieckmann, an Freunde und Schüler. Die in den Briefen geäußerte Kritik an Politik und Gesellschaft der DDR und auch der Bundesrepublik beruht auf dem Glauben an die Unzerstörbarkeit humanistischer Traditionen.Jürgen Teller wurde 1926 bei Leipzig geboren. Nach Krieg und Gefangenschaft gaben Literatur und Philosophie und neue Freundschaften seinem Leben eine andere Richtung. Die Begegnung mit Ernst Bloch war für ihn bestimmend, sie wurde ihm zur »Kopernikanischen Wende«. »Ernst hatte einen Assistenten«, schreibt Karola Bloch, »Jürgen Teller, den wir besonders schätzten. Als die Kampagne gegen Bloch entbrannt war, verlangte die Parteileitung der Universität auch von Teller eine negative Stellungnahme. Doch Teller weigerte sich, seinen Lehrer zu verleumden. Er wurde aus der SED ausgeschlossen und entlassen. Er fand Arbeit in einem Stahlwerk. Dort verunglückte er und verlor seinen linken Arm. Der Fall Teller führte zu erheblicher Unruhe in Kreisen der Intelligenz.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.01.2008

Dazu braucht es Zeit
Bildungsbürger in der DDR: Jürgen Tellers „Briefe an Freunde”
Ernst Bloch war für ihn „mein Lehrer, mein Vater” oder schlicht „der größte Philosoph unseres Jahrhunderts”. Jürgen Teller blieb zeitlebens ins Verehren verliebt. Das hat damit zu tun, dass ihm der Lehrer früh entzogen wurde, als Bloch 1961, nach dem Bau der Mauer, im Westen blieb. Zwölf Jahre dauerte es von da, bis Teller telefonisch die Stimme seines Meisters noch einmal hören durfte, ein Ereignis, das ihn geradezu überwältigte, wie er ihm anschließend schrieb. Tellers „Briefe an Freunde”, an die Familie, an Ernst und Carola Bloch und an DDR-Intellektuelle wie Volker Braun, Friedrich Dieckmann oder Sigrid Damm, lassen nicht nur einen deutschen Lebenslauf erkennen. Sie zeigen auch, wie die Geschichte in ein Leben hineingreift.
Teller, Jahrgang 1926, war zunächst ein typischer Vertreter seiner Generation, kein Nazi, aber doch ein begeisterungsbereiter Jugendlicher, der noch Anfang 1945 den Fronteinsatz „glühend” herbeisehnte und den Eltern eine „zackige Weihnachtsfeier” im Kameradenkreis meldete. Ende 1947 kehrte er aus britischer Gefangenschaft zurück. Ein Jahr später trat er in die SED ein und traf als Student in Leipzig bald auf den Philosophen Ernst Bloch, zu dessen Assistenten er wurde. Es gehört zu den Merkwürdigkeiten dieser Biographie, wie es gelingen konnte, sich binnen Jahresfrist aus den Abgründen unpolitischer Nationalschwärmerei in die Höhen eines marxistisch grundierten utopischen Denkens zu schwingen. Vielleicht ist das orgelnde Pathos die Verbindungslinie. Dennoch bleibt die auch sprachlich sichtbar werde Transformation erstaunlich.
Ab in die Produktion
Auch nachdem Bloch in der DDR in Ungnade fiel, hielt Teller treu zu ihm. Er wurde aus der Partei ausgeschlossen, von der Uni entlassen und „zur Bewährung in die Produktion” geschickt. In einem Stahlwerk verlor er kurz darauf bei einem Arbeitsunfall den linken Arm. Doch zur Larmoyanz fehlte ihm jedes Talent. Das Prinzip Hoffnung war für ihn mehr als nur Philosophie. Er machte aus sich selbst ein Hoffnungs-Exempel, als müsse in ihm Bloch gegenwärtig bleiben. Statt der verwehrten Universitätslaufbahn wurde er Cheflektor bei Reclam Leipzig und begegnete in dieser Funktion auch denen wieder, die an der Uni Karriere machten. Seine Lektoratsbriefe lassen etwas davon ahnen, wie das Bildungsbürgerliche als Habitus und Lebensart ausgerechnet im Sozialismus überdauern konnte, weil es mit Zeithaben und Gründlichkeit zu tun hat. Teller war ein großer Briefschreiber. Als verhinderter Akademiker – erst nach der Wende erhielt er die verdiente Professur in Leipzig, bis er 1999 starb – sind die Briefe vielleicht sein eigentliches Werk, boten sie doch eine Möglichkeit, sich jenseits der Zensur und abseits aller Moden auszudrücken. Es ist durchaus wohltuend, in diesen Tonfall der Aufrichtigkeit und Ernsthaftigkeit einzutauchen.JÖRG MAGENAU
JÜRGEN TELLER: Briefe an Freunde. Herausgegeben von Hubert Witt und Johanna Teller. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2007. 612 Seiten, 29,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Für Jörg Magenau präsentiert sich in den "Briefen an die Freunde" das "eigentliche" Oeuvre von Jürgen Teller, dem eine akademische Laufbahn in der DDR verwehrt war. Teller, erinnert Magenau, arbeitete zunächst als Assistent Ernst Blochs, dann zwangsweise in der "Produktion" und schließlich als Cheflektor bei Reclam Leipzig. Der Band zeigt Teller als einen grandiosen Briefschreiber, der trotz seiner Wandlung vom unpolitischen Mitläufer unter den Nazis zum überzeugten Anhänger des Sozialismus sich das "Bürgerliche" bewahrt habe, so der Rezensent. Ihm stellt sich in den Briefen an das Ehepaar Bloch, an Volker Braun, Friedrich Dieckmann und anderen eine faszinierende deutsche Biografie dar, deren ernsthaften und aufrichtigen Tonfall er zu schätzen weiß.

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