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Als "Gespenster-Hoffmann" ist Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann (1776-1822), der seinen dritten Vornamen aus Verehrung für Mozart in "Amadeus" umwandelte, in den Kanon der Weltliteratur eingegangen. Doch Hoffmann, der sich selbst lange Zeit mehr als Komponist denn als Schriftsteller sah, ist keineswegs nur der Schöpfer der modernen Kriminalerzählung und ein Meister des Skurrilen und Unheimlichen. In der Vielseitigkeit seines Schaffens und in seiner poetologischen Reflektiertheit ist er einer der größten Universalkünstler der europäischen Romantik. Hartmut Steinecke trägt dem Rechnung und…mehr

Produktbeschreibung
Als "Gespenster-Hoffmann" ist Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann (1776-1822), der seinen dritten Vornamen aus Verehrung für Mozart in "Amadeus" umwandelte, in den Kanon der Weltliteratur eingegangen. Doch Hoffmann, der sich selbst lange Zeit mehr als Komponist denn als Schriftsteller sah, ist keineswegs nur der Schöpfer der modernen Kriminalerzählung und ein Meister des Skurrilen und Unheimlichen. In der Vielseitigkeit seines Schaffens und in seiner poetologischen Reflektiertheit ist er einer der größten Universalkünstler der europäischen Romantik.
Hartmut Steinecke trägt dem Rechnung und entwickelt sein Bild von Hoffmanns Persönlichkeit vom Werk her. Dabei beschränkt er sich nicht auf "Hoffmanns Erzählungen" wie Der goldene Topf oder Der Sandmann, sondern berücksichtigt auch seinen hindernisreichen Werdegang als Tonkünstler, Theatermacher und Theatermaler sowie die Briefe, Tagebücher, Musikrezensionen und juristischen Arbeiten. So werden Verbindungslinien innerhalb des eigenen Werks, aber auch zu Schriften anderer Autoren und zur zeitgenössischen Wissenschaft sichtbar, die unerwartete Einblicke in Werkstatt und Leben Hoffmanns ermöglichen.

Autorenporträt
Hartmut Steinecke ist Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Paderborn. Er ist der Autor zahlreicher Bücher über Literatur der Romantik, Romantheorie, klassische Moderne, Gegenwartsliteratur.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.02.2005

Wanderers Spätwerk
Spieltrieb: Hartmut Steineckes Biographie E. T. A. Hoffmanns

Jede Biographie über E. T. A. Hoffmann sieht sich mit dem Problem einer extremen Disproportion von Leben und Werk konfrontiert. Den biographisch interessanten Jahren des Wanderns und mehrfachen Scheiterns steht über weite Strecken kein adäquates Werk zur Seite, und die literarisch ungemein fruchtbaren letzten Jahre in Berlin sind biographisch unergiebig, wenn nicht langweilig. Sollen die einzelnen Lebensstationen in etwa gleich gewichtet werden, so fehlt einem Großteil der Lebenserzählung eine begleitende Werkanalyse, während die Vielzahl an Spätwerken nur gedrängt abgehandelt werden kann - ein für eine Schriftstellerbiographie mißlicher Umstand, mit dem Eckart Kleßmann und Rüdiger Safranski, Hoffmanns große Biographen der achtziger Jahre, auf je eigene Weise umgegangen sind.

Hartmut Steinecke, der bereits 1997 eine Einführung zu Hoffmann vorgelegt hat und als Mitherausgeber der Werkausgabe des Deutschen Klassiker Verlags einschlägig als Experte ausgewiesen ist, umgeht dieses Problem, indem er den nahezu ausschließlichen Akzent auf das Werk legt. Fast zwei Drittel seiner Darstellung gelten den letzten acht Jahren E. T. A. Hoffmanns und hangeln sich chronologisch von Werk zu Werk. Insofern ist der Untertitel des Buches mißverständlich: Geboten wird keine Zusammenschau von "Leben und Werk", sondern eher eine sich an ein breiteres Publikum wendende Werkmonographie, in der Biographisches eine allenfalls rudimentäre Rolle spielt.

Damit vermeidet es Steinecke zwar, Hoffmanns Texte vornehmlich als Ausdruck seiner Weltanschauung zu lesen, was die Schwäche von Kleßmanns Biographie war, oder altbekannte Klischees fortzuschreiben - wie die Überbetonung des oft Biographen wie Schriftsteller gleichermaßen affizierenden Bamberger Julia-Erlebnisses -, aber vergibt zugleich die Chance, dem Menschen E. T. A. Hoffmann näherzukommen. Was ist das für einer, der als Assessor in Posen Karikaturen auf die Spitzen der Gesellschaft in Umlauf setzt, als gelernter Jurist Musikdirektorstellen in Bamberg und Dresden antritt, seiner vierzehnjährigen Klavierschülerin Julia Mark hinterherschwärmt oder in seinen Werken die nächtlichen, abgründigen, dämonischen Seiten der menschlichen Existenz auslotet? Diese Frage muß ein Biograph jenseits von Sensationslüsternheit oder spekulativem Psychologisieren anders als ein Literaturwissenschaftler durchaus zu beantworten suchen.

Fantasie und Humor sind die beiden Leitbegriffe Steineckes bei der Analyse von Hoffmanns Werken. Als Dichter des Fantastischen beginnt er seine Laufbahn, wie sich schon im Titel seiner ersten Erzählsammlung, der "Fantasiestücke in Callot's Manier" (1813/14), niederschlägt, und die Fantasie sieht Steinecke auch als zentrale Kategorie für sein Erstlingswerk "Ritter Gluck" (1809) an. Bereits hier sei das Fantastische, über die Frühromantik hinausgehend, eng mit der zeitgenössischen Realität, der modernen Großstadt, verknüpft, und schon hier mache Hoffmann deutlich, daß sie ihre Ergänzung und ihr Widerlager in Form der "Besonnenheit" braucht. Bleibt das Fantastische ein durchgehender Zug von Hoffmanns Werk, so sieht Steinecke den Humor als Spezifikum seiner späten Texte an, sei es in Form eines verwirrenden Capriccios wie im Falle des "Roman-Märchens" "Prinzessin Brambilla" (1820) oder sei es in Form der kontrastästhetischen Konfiguration des letzten Romans, "Lebens-Ansichten des Katers Murr" (1819/21).

Einen besonderen Akzent legt Steinecke auf die vielfach unterschätzten oder mißbilligten, auch von der Forschung stets vernachlässigten späten Erzählungen E. T. A. Hoffmanns, wie etwa "Der Elementargeist" oder "Die Doppeltgänger" (beide 1821). Er nimmt sie vor dem Vorwurf, übereilt geschrieben und eklektizistisch beziehungsweise formelhaft komponiert zu sein, in Schutz und stellt dabei besonders ihre Form in den Mittelpunkt der Analysen. Diese lasse oftmals ein raffiniertes und wohlüberlegtes, häufig selbstreferentielles literarisches Spiel erkennen und könne einem betulichen oder klischeehaften Inhalt durchaus zuwiderlaufen. Eine Annäherung des späten Hoffmann an biedermeierliche oder frührealistische Tendenzen, wie es eine beliebte These der älteren, speziell der DDR-Forschung war, wobei insbesondere die kurz vor seinem Tod entstandene Erzählung "Des Vetters Eckfenster" (1822) als eine Art Vermächtnis gelesen wurde, sieht Steinecke nicht.

Sein Verfahren, jedem der über fünfzig Texte Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und sie eigens zu würdigen, macht seine Darstellung zwar zu einem nützlichen Handbuch für jeden am Werk Interessierten, ist aber weder besonders leserfreundlich noch erkenntnisfördernd. Die großen Zusammenhänge gehen auf diese Weise eher verloren, und wer sich die Kompliziertheit der Hoffmannschen Plots vor Augen hält, kann leicht nachvollziehen, daß über weite Strecken schlichtweg Inhalt referiert werden muß. Statt akribischer, stets um ein ausgewogenes Urteil bemühter Einzelanalysen, die den Laien ermüden und dem Experten selten Spektakuläres offerieren, hätte man sich oftmals forciertere Thesen, thematische Bündelungen oder diskursive Erörterungen gewünscht, so beispielsweise zu Hoffmann als Leser, zu seiner philosophischen und naturwissenschaftlichen Bildung, zum Zusammenhang seines Werks mit der Literatur der Zeit oder zu seiner Arbeitsweise und "Figurenwerkstatt".

Daß Steinecke allerdings auch den Zeichner beziehungsweise Maler, den Komponisten wie Musikkritiker und schließlich den Juristen E. T. A. Hoffmann ausgiebig würdigt, spricht für sein Buch und seinen Anspruch auf Vollständigkeit. Und so sind nicht zuletzt dessen Abbildungen hervorzuheben, die nicht nur Hoffmanns berühmte Zeichnungen wie die Titelvignetten zu "Meister Floh" und "Kater Murr" oder seine Darstellung des Kapellmeisters Kreisler, sondern auch seine wenig bekannten frühen Versuche als Maler wiedergeben.

THOMAS MEISSNER

Hartmut Steinecke: "Die Kunst der Fantasie". E. T. A. Hoffmanns Leben und Werk. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004. 645 S., geb., 32,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.01.2005

Der populäre Exzentriker
Wenig romantisch: Hartmut Steinecke über E.T.A. Hoffmann
In den Jahren nach der Französischen Revolution hatten einige ungestüme Intellektuelle in Jena und Heidelberg eine literarische Revolution eingeleitet, indem sie philosophische Reflexion zu paradoxen Ideen zuspitzten und eine poetische Religion in träumerischen Wohlklang kleideten. Was diese Provokationen der frühen romantischen Generation bewirken wollten, blieb den deutschen Zeitgenossen unverständlich, den europäischen unbekannt. Weder den originellen Begründern noch den originären Dichtern der deutschen Romantik, weder den Brüdern Schlegel noch Novalis und Brentano fiel daher die Gunst der deutschen Leserschaft und der Erfolg bei einem europäischen Publikum zu. Erst Hoffmann und Heine gelang es, Romantik populär zu machen.
Befremdliches wird genießbar
Eine ungefähre Vorstellung von Romantik hatte sich auch in den prosaischen Köpfen festgesetzt, denen Schlegels Athenäums-Fragmente oder Novalis’ Hymnen an die Nacht unfassbare Rätsel blieben. Als romantisch galt und gilt seither das Rätselhafte selbst, der Zauber der Ferne und des Vergangenen, die Verherrlichung der Kunst und Vergöttlichung der Künstler. Die Philister fanden Gefallen an den Romantikern und sogar an ihrem Spott. Sobald keine politische Revolution die hergebrachte Lebensweise bedrohte, überließen sich die unromantischen Bürger bereitwillig der Lektüre romantischer Bücher, wenn sie nur verständlich geschrieben waren. In Eichendorffs und Heines Liedern, in Hoffmanns Erzählungen schien das Unfassliche fasslich, das Befremdliche genießbar, das Romantische einfach und brauchbar geworden zu sein. Gerade Hoffmann vermochte es, Wackenroders und Novalis’ Spekulationen auf schlichtere Formeln zu bringen und bündig zu sagen, was „das Wesen der Romantik ist”: „unendliche Sehnsucht”. Jeder konnte nun etwas vom „Wesen der Romantik” in sich entdecken.
E.T.A. Hoffmanns erstes Buch, „Fantasiestücke in Callot’s Manier” (1814), traf bereits auf Leser, die das geordnete Leben am Tage von der ungeordneten Phantasie bei der abendlichen Lektüre wohl zu trennen wussten und sich daher dem Vergnügen einer folgenlosen Imagination hingeben durften. Der Autor selbst hatte eine solche Zweiteilung der bürgerlichen Existenz vorgelebt. Er machte als Jurist im preußischen Staatsdienst Karriere; seine Vorgesetzten lobten ihn als Muster des fähigen und fleißigen Beamten. Dennoch verstand sich dieser gewissenhafte Regierungsrat als Künstler: In der freien Zeit dichtete, malte und komponierte er (nur während der napoleonischen Besetzung wurde daraus ein Beruf: von 1808 bis 1813 war er Kapellmeister in Bamberg und Dresden). Auch bei dieser Demonstration mehrfacher Begabung ging ein romantisches Konzept auf: die Vereinigung aller Künste im Universalvermögen des künstlerischen Genies.
In einem jedoch übertraf Hoffmann die Vorgaben der Frühromantik: An die Stelle des frechen Scharfsinns und krausen Tiefsinns setzte er eine exzentrische Phantastik, die gleichwohl zu handfesten, unterhaltsamen Erzählungen fand. Hoffmann renommiert damit, „daß es zuweilen etwas exzentrisch in meinem Gehirnkasten zugeht”. Nicht in Hoffmanns Leben, sondern im Leben seiner Künstlerfiguren nimmt Exzentrik Gestalt an, in Ritter Gluck, im Kapellmeister Kreisler, in Rat Krespel, in Salvador Rosa und vielen anderen. Erst Hoffmanns Erzählungen schufen das vulgärromantische Bild vom Künstler als Sonderling, Provokateur und unverstandenem Genie, dessen Ausschweifungen in der Liebe und beim Trunk gerechtfertigt, ja geheiligt waren als exzentrische Mittel, dem Zentrum idealer Kunst näher zu kommen.
Leicht jedoch ließ sich die in diesen Novellen so einladend errichtete Schranke zwischen furiosem Künstler und pedantischen Bürgern überwinden. Zwar postuliert Hoffmann, „nur der poetisch exaltierte Geist, der mitten im Tempel die Werke empfing,” könne „verstehen, was der Geweihte in der Begeisterung ausspricht”, aber eine Erzählung lang hält auch der gewöhnliche Leser diese poetische Exaltation durch. Er versteht recht gut die Formeln der romantischen Kunstverehrung, da sie längst ihren Weg vom Tempel auf den Markt gefunden haben.
Kaum hatte die deutsche Literatur im späten 18. Jahrhundert die erste Etappe ihres unverhofften Aufstiegs erreicht, schon schloss die nachfolgende Generation aus dem Ansehen Goethes, Schillers, Jean Pauls, dass sich auf deren Erfolge eine literarische Karriere gründen lasse (Jean Paul fand sich sogar dazu bereit, ein Vorwort zu Hoffmanns erstem Buch zu schreiben). Nach den napoleonischen Kriegen etablierte sich in Deutschland ein profitabler Literaturbetrieb, den Autoren wie Hoffmann, Hauff, Wilhelm Müller, Heine zu nutzen suchten. Ungescheut spricht Hoffmann, noch ehe er etwas publiziert hat, von den „frohen Aspekten zur literarischen Laufbahn”, von seiner „literarischen Karriere”, wenngleich er auf ihren Beginn bis 1814 warten musste. Schmeichelei in Briefen an Redakteure, Selbstlob in Briefen an Verleger gehören zum Geschäft.
Um Vorteile auf dem Markt nicht zu verpassen, bedarf es der Fähigkeit zu prompter Produktion. Bereits an der Geschwindigkeit, mit der Hoffmann Opern, Sinfonien und Sonaten komponierte, Novellen und Romane schrieb, zeigten sich sein Talent und sein Wille zum Erfolg. Das Prestissimo seiner Schriftstellerei ließ Hoffmann keine Zeit für die originelle und sorgfältige Formulierung des einzelnen Satzes. Doch die bedenkenlose Verwendung verfügbarer Klischees wird der Leser, von der spannenden Geschichte gebannt, kaum bemerken. Hoffmann, dem mit dem „Fräulein von Scuderi” eine der ersten Kriminalgeschichten gelungen ist, rechnete mit der modernen Art von Lektüre, die über die Seiten fliegt, um - vom Schauder des Unheimlichen getrieben - zu des Rätsels Lösung zu gelangen, die oft noch abgründiger ausfällt als die rätselhafte Handlung selbst.
Man wird solche Skrupel über E.T.A. Hoffmanns literarischen Rang, der im Abwägen von ungewöhnlicher Erfindung und abgegriffener Prosasprache entschieden werden müsste, nicht bei einem 645 Seiten langen Buch über diesen Autor erwarten. (Kommen alle Schriftsteller und Künstler in der öffentlichen Beurteilung zu gut weg, weil Enthusiasmus leichter zum Schreiben führt als Skepsis?) Hartmut Steineckes „Kunst der Fantasie” ist aus den Einleitungen und Kommentaren zur Ausgabe von Hoffmanns „Sämtlichen Werken” im Deutschen Klassiker Verlag hervorgegangen. Diese Herkunft aus einer dienenden Aufgabe merkt man dem Buch an. Es befasst sich wenig mit der Biografie Hoffmanns; vielmehr berichtet es von Entstehung, Inhalt und Wirkung seiner Schriften, chronologisch und vollständig, von den Jugendbriefen über die Erzählungen bis zu juristischen Gutachten.
Ästhetische Charakteristik des Gesamtwerks und riskante Interpretationen einzelner Werke hat sich Steinecke nicht zum Ziel gesetzt. So kann er Handlung, Motive und Erzählperspektive in Hoffmanns „Sandmann” referieren, ohne auf die prominenten psychoanalytischen Deutungen dieser Erzählung durch Freud, Lacan und Kittler einzugehen. Auch über Hoffmanns musikalische Kompositionen unterrichtet Steinecke, allerdings aus zweiter Hand: Er zitiert die Urteile der Musikwissenschaftler.
Die Fantasie trägt Grauschleier
Verlässlich und minutiös sind alle Umstände von Hoffmanns literarischer Tätigkeit zusammengetragen; selten nur überschreitet ihre Darstellung das Referat der Einzelheiten auf leitende ästhetische Begriffe hin. Doch auch dann geht die Paraphrase nicht zur Analyse weiter. Das „Exzentrische” umschreibt Steinecke als das, „was außerhalb des Durchschnittlichen liegt”, als „das Abseitige, Abartige”; sein Gegensatz sei „das Traditionelle, Dogmatische, Alteingefahrene” - richtig gewiss, doch wer hätte es sich je anders gedacht? Selbst der Begriff der „Fantasie”, den das Buch im Titel führt, wird weder kunsttheoretisch noch psychologisch geklärt. Schärfere Erkenntnis wird durch Steineckes leicht lesbaren, aber von einem verbrauchten Wissenschaftsvokabular geprägten Stil verhindert. Lieblose Lieblingswörter wie „Ansatz”, „Aktivitäten”, „Basis und Ausgangspunkt”, „positive Zukunftsaussichten” überziehen die historische Ferne von Hoffmanns Zeit mit dem Grauschleier heutiger Verwaltungsrhetorik. „Da Reichardt in diesen Jahren engste Beziehungen nicht nur zum Musikleben, sondern auch zur romantischen Literatur besaß - Friedrich Schlegel, Ludwig Tieck, Novalis -, konnten sich hier durchaus Beziehungen ergeben haben.” Irgendwie muss das anders gewesen sein.
HEINZ SCHLAFFER
HARTMUT STEINECKE: Die Kunst der Fantasie. E.T.A. Hoffmanns Leben und Werk. Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 2004. 645 Seiten, 32,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"Irgendwie muss das anders gewesen sein", seufzt Heinz Schlaffer am Ende seiner Besprechung von Hartmut Steineckes Schilderung von Leben und vor allem Werk E.T.A. Hoffmanns. Das Buch ist aus den Einleitungen und Kommentaren zur Ausgabe von  Hoffmanns "Sämtlichen Werken" im Deutschen Klassiker Verlag hervorgegangen, und diesen "dienenden" Charakter hat es sich erhalten, meint Schlaffer. Chronologisch und vollständig seien alle literarischen Erzeugnisse Hoffmanns aufgelistet, "verlässlich und minutiös" die Umstände des Schaffens zusammengetragen. Aber eben auch nicht mehr, wie der Rezensent kritisiert. "Selten" komme Steinecke in seinem "Referat der Einzelheiten" auf übergeordnete ästhetische Begriffe zu sprechen, und "auch dann geht die Paraphrase nicht zur Analyse weiter". Schlaffer ärgert sich auch über Steineckes Sprache, den großzügigen Einsatz "liebloser Lieblingswörter" und die nicht mehr als durchschnittlichen Begriffserklärungen, die über Hoffmanns historische Ferne den "Grauschleier heutiger Verwaltungsrhetorik" legen. Schlimmer noch: "Schärfere Erkenntnis wird durch Steineckes leicht lesbaren, aber von einem verbrauchten Wissenschaftsvokabular geprägten Stil verhindert."

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