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Es ist nicht zuviel gesagt, wenn man Narayan mit Tschechow vergleicht", schrieb die New York Times über den großen indischen Erzähler R. K. Narayan, den John Updike als den "besten indischen Romanschriftsteller in englischer Sprache" bezeichnete.
Die Kleinstadt Malgudi, Schauplatz aller Erzählungen und Romane Narayans, ist die Heimat des jungen Brahmanen Chandran. Mit seinem Markt, dem Tempel, dem Flußufer, den Kaffeehäusern und dem einzigen Kino ist das fiktive Malgudi der Inbegriff südindischen Lebens und zugleich der Mikrokosmos, in dem der Reifeprozeß des jungen Mannes seinen Anfang…mehr

Produktbeschreibung
Es ist nicht zuviel gesagt, wenn man Narayan mit Tschechow vergleicht", schrieb die New York Times über den großen indischen Erzähler R. K. Narayan, den John Updike als den "besten indischen Romanschriftsteller in englischer Sprache" bezeichnete.

Die Kleinstadt Malgudi, Schauplatz aller Erzählungen und Romane Narayans, ist die Heimat des jungen Brahmanen Chandran. Mit seinem Markt, dem Tempel, dem Flußufer, den Kaffeehäusern und dem einzigen Kino ist das fiktive Malgudi der Inbegriff südindischen Lebens und zugleich der Mikrokosmos, in dem der Reifeprozeß des jungen Mannes seinen Anfang nimmt. Der Geschichtsstudent Chandran bereitet sich auf das Examen vor. Doch als er verschiedene, einander auch noch widersprechende Aufträge erhält, gerät sein Zeitplan gründlich durcheinander. Nach dem mit Mühe bestandenen Examen geschieht etwas, das ihn aus seinem beschaulichen Leben herausreißt: Er verliebt sich leidenschaftlich in die junge Malathi. Doch deren Vater weist ihn zurück, da die nach brahmanischer Tradition erstellten Horoskope der beiden nicht harmonieren. Chandran ist verzweifelt und verläßt Elternhaus und Stadt, um als Bettelmönch durch Indien zu ziehen. Nach acht Monaten aber nimmt Chandran einen ganz anderen Weg.
Autorenporträt
Ursula Gräfe, geboren 1956 in Frankfurt am Main, studierte Japanologie und Anglistik und arbeitet seit 1988 als Literaturübersetzerin. Sie hat u.a. Werke von R.K. Narayan, Haruki Murakami, Yasushi Inoue und Kenzaburo Oe ins Deutsche übertragen, ist Autorin einer Buddha-Biographie und Herausgeberin mehrerer Anthologien. Jedes Jahr verbringt sie einige Zeit in Asien, vor allem in Indien. Ursula Gräfe lebt in Frankfurt am Main.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.09.2004

Leerer Wahn der Liebe
Neu übersetzt: R. K. Narayan zeigt, was es bedeutet, Inder zu sein

Nach und nach erscheinen auch in deutscher Sprache die Klassiker der anglo-indischen Literatur. Nach Raja Raos "Kanthapura" aus dem Jahr 1938 (F.A.Z. vom 28. Juni) ist nun R. K. Narayans Roman "Reifeprüfung" von 1937 an der Reihe. Es ist sein zweiter Roman, nach "Swami and Friends", der durch Graham Greenes Empfehlung einen britischen Verleger und durch begeisterte Besprechungen zahlreiche Leser fand. Die Pioniere des indischen Romans in englischer Sprache bedurften damals noch der europäischen Fürsprecher, um beim Publikum anzukommen.

"Reifeprüfung" gehört zwar nicht zu den bekanntesten Romanen des Autors, doch ist er schon das, was man als typischen Narayan bezeichnen darf. Das Szenario liefert, wie in fast allen Werken Narayans, die fiktive indische Kleinstadt Malgudi. Mit ironischem Understatement beschreibt der Roman das Leben des indischen Mittelstandes, sein Verhältnis zu Liebe und Heirat, zu Erziehung und Beruf. Der überaus durchschnittliche Student Chandran büffelt für seine Abschlußprüfung, während er sich mit öffentlichen Debatten und Vereinsmeierei bei seinen Professoren beliebt macht. Alles geht seinen kleinbürgerlich-normalen Gang, bis Chandran sich in ein blutjunges Mädchen verliebt, die fortan seine Einbildungskraft völlig beansprucht. Als das Mädchen verheiratet wird, wie üblich durch die Vermittlung der Eltern, ohne daß er je ein Wort mit ihr hätte tauschen können, ist Chandran verzweifelt. Er flieht sein Zuhause und geht auf eine willkürliche Wanderschaft, wobei er einem dem Bürgerlichen entgegengesetzten Klischee der indischen Gesellschaft verfällt: er wird Sanyasi, Bettelmönch. Auf diese Weise erwirbt er sich ungewollt den Ruf eines Heiligen und wird verehrt und verwöhnt. Als er die Unehrlichkeit seines Lebens erkennt, kehrt Chandran zu seinen Eltern zurück und übernimmt eine Agentur für Tageszeitungen. Hat er dazugelernt? Desillusioniert, wie er ist, glaubt Chandran nicht mehr an die Liebe und das Edle im Menschen. Als ihm ein Heiratsantrag gestellt wird, wirft er eine Münze hoch, um zu entscheiden, ob er ihn annehmen soll. Doch als er das Mädchen sieht, entflammt er für sie. Sein Lebensrad beginnt, sich neu zu drehen.

Im Stil gekonnter Unterhaltungsliteratur malt Narayan entspannt und humorvoll die bürgerliche Gesellschaft am Ende der britischen Kolonialzeit. Er ist nicht politisch (wie jener dritte Klassiker des anglo-indischen Romans, Mulk Raj Anand), er ist auch nicht psychologisch. Er beschreibt die Schüler-Lehrer-Beziehungen auf "Feuerzangenbowle"-Niveau und zögert spürbar, sich auf die Beschreibung des radikalen Lebens eines Bettelmönchs genauer einzulassen. Dennoch funkelt im leichten erzählerischen Fluß indisches Urgestein auf. Graham Greene hat sich zu Recht bei R. K. Narayan mit den Worten bedankt: "Ohne ihn hätte ich nie erfahren, was es bedeutet, Inder zu sein." In den siebziger Jahren erschienen in der DDR drei Narayan-Romane auf deutsch. Nun ist es an der Zeit, sein Werk für das gesamte deutschsprachige Publikum aufzuarbeiten und neu herauszubringen.

MARTIN KÄMPCHEN

R. K. Narayan: "Reifeprüfung". Roman. Mit einem Vorwort von Graham Greene. Aus dem Englischen übersetzt von Ursula Gräfe. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004. 200 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Irene Binal bespricht einen Roman, der aus dem Jahr 1937 stammt und nun endlich in einer deutschen Übersetzung vorliegt. "Reifeprüfung" stammt aus der Feder des 2001 verstorbenen indischen Schriftstellers R.K. Narayan, der, ähnlich wie sein Protagonist Chandran aus der "Reifeprüfung", im Spannungsfeld zwischen alten Traditionen und britischer Lebensart sich bewegte. So schrieb Narayan, teilt Binal mit, zum Beispiel in Englisch, sei aber in Duktus und Sprachmelodie ganz dem Indischen verhaftet geblieben. Narayans Romane seien alle in der fiktiven Stadt Malgudi angesiedelt, erklärt Binal, in welcher der gesamte südindische Kosmos aufscheine. Auch Chandran sei eine für Narayan typische Figur, die anfangs gegen die Konventionen verstoße und aufbegehre, sich aber später damit arrangiere und einen eigenen Weg zwischen Tradition und Moderne beschreite. Narayan hätte sich nie dazu durchringen können, die alten Bräuche zu verurteilen, meint Binal, er hätte lediglich die Identitätskonflikte geschildert. Insofern sei Narayan ein Chronist seiner Zeit und Gesellschaft, aber kein Kommentator. Doch arbeite der Chronist und Erzähler stets mit einer feinen Ironie, so Binal lobend, so dass die Konturen dieser zerrissenen und im Umbruch befindlichen Gesellschaft scharf und deutlich hervorträten.

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