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Kann tatsächlich ein anderer als Charles Darwin der Urheber der Evolutionstheorie sein? Die Aufzeichnungen eines Jugendfreundes des berühmten Forschers legen diese Vermutung nahe. Jener berichtet von seinem abenteuerlichen Leben, von seinen Expeditionen auf einer Südseeinsel, auf der die eigenartigsten Lebewesen ihren "Kampf ums Dasein" führen und die den sagenhaften goldenen Skarabäus beherbergen soll, der alles erklären könnte.
Der goldene Scarabäus Bekanntlich stammt die Evolutionstheorie von Charles Darwin - jene Theorie, die Wissenschaft, Gesellschaft und Theologie einst in ihren
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Produktbeschreibung
Kann tatsächlich ein anderer als Charles Darwin der Urheber der Evolutionstheorie sein? Die Aufzeichnungen eines Jugendfreundes des berühmten Forschers legen diese Vermutung nahe. Jener berichtet von seinem abenteuerlichen Leben, von seinen Expeditionen auf einer Südseeinsel, auf der die eigenartigsten Lebewesen ihren "Kampf ums Dasein" führen und die den sagenhaften goldenen Skarabäus beherbergen soll, der alles erklären könnte.
Der goldene Scarabäus
Bekanntlich stammt die Evolutionstheorie von Charles Darwin - jene Theorie, die Wissenschaft, Gesellschaft und Theologie einst in ihren Grundfesten erschüttert hat. Aber war Darwin wirklich der Urheber? Nicholas Drayson hat, so versichert er, vor kurzem ein Manuskript gefunden, die abenteuerliche und schier unglaubliche Lebensgeschichte eines namentlich nicht bekannten Mannes. Dieser behauptet von sich, dass er es gewesen sei, der die Theorie vom "Kampf ums Dasein" entwickelt habe; lediglich ihre Veröffentlichung habe er seinem Jugendfreund Darwin überlassen, bevor er zu einer Forschungsreise in die Javasee aufbrach.
Auf einer einsamen Vulkaninsel, auf die es den Unbekannten im Jahr 1879 verschlagen hat, schreibt er seine Geschichte nieder; er erzählt von seiner Kindheit als Waise und von seiner Aufnahme in die Familie Darwin, von seinen Expeditionen und Abenteuern, von der Inselwelt. Als sich ein gewaltiger Vulkanausbruch ankündigt, vertraut er seine Lebensbeichte sowie seine wissenschaftlichen Aufzeichnungen als Flaschenpost dem Meer an, denn die gesamte exotische Insel mitsamt ihrer phantastischen Flora und Fauna droht vernichtet zu werden: Lebewesen, wie sie kein anderer wohl jemals gesehen hat, die eigentümlichsten Populationen, Ziegen mit einem höchst merkwürdigen Sozialverhalten, Vögel, die Tonnen von Tang ans Ufer schleppen, Fische, die nur in kochendem Wasser leben können, wandernde Seerosen, blutsaugende Misteln.
Autorenporträt
Nicholas Drayson wurde 1954 in England geboren. Er lebt seit vielen Jahren in Australien, wo er als Schriftsteller und Naturforscher arbeitet. Er berät das National Museum of Australia in Sachen "Schnabeltiere".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2003

Treibt es wie die Seegurken!
Verfluchtes Fressenmüssen: Nicholas Drayson geht auf Kleinwildjagd / Von Hannes Hintermeier

Es war kein Mord, wie ihn jeder begeht, es war einer der berühmtesten Morde der Wissenschaftsgeschichte. Der ihn beging, Charles Darwin, zielte mit seinem ganz persönlichen Mord auf den Glauben, daß Gott die Welt erschaffen habe. Seine Abhandlung über "Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl" (1859) erschütterte das christliche Weltbild - und Darwin, dies wohl wissend, wählte deshalb für seine Einsichten in die Natur der Evolution diesen drastischen Vergleich. Sein berühmtes Diktum "Confessing a Murder" ist der Originaltitel des 2002 in England erschienenen ersten Romans des englisch-australischen Zoologen und Publizisten Nicholas Drayson. Daß daraus in der deutschen Übersetzung "Der goldene Skarabäus" wurde, läßt die Sache biedermeierlicher klingen, als sie ist.

Darwin hatte das Pech, daß seine Theorie annähernd zeitgleich noch einmal entdeckt wurde: Alfred Russell Wallace schickte 1858 seinen Essay "Über die Tendenz der Varietäten, unbegrenzt vom Original-Typus abzuweichen" an Darwin, die er unabhängig von diesem auf einer indonesischen Insel entwickelt hatte. Darwin, der sich zu diesem Zeitpunkt schon zwei Jahrzehnte mit sich und seiner Theorie quälte, wollte zwar Wallace' Leistung keineswegs in Abrede stellen, aber doch auf dem Markt der Ideen der erste sein. Im Jahr darauf veröffentlichte er eilig eine Zusammenfassung seiner wichtigsten Thesen. Im Vorwort nannte er seine Skizze "äußerst unvollkommen" - die Phantasie müsse sehr "weite Lücken ausfüllen".

Nicholas Drayson hat sich dieser Phantasie hingegeben und erfindet in seinem Debüt einen namenlos bleibenden Erzähler, der im Lauf seines abenteuerlichen Lebens sowohl Darwin als auch Wallace auf die Sprünge geholfen haben will. Eingekleidet ist diese Geschichte in die alte, von der Postmoderne immer wieder gern genommene und inzwischen wieder in die Jahre gekommene Konstruktion einer Herausgeberfiktion. Und so kommt das Memoirenwerk des Erzählers von einer einsamen Insel via Flaschenpost in die westliche Zivilisation. Das Manuskript des Buches soll, so will es die akademische Vorrede, erst 1988 in Groningen aufgetaucht sein, verfaßt von einem unbekannten Schulfreund Darwins.

Der Lebensroman dieses Freundes vermischt - erzählerisch wenig überzeugend - Memoirenwerk, Naturbeschreibung und Wissenschaftsgeschichte aus der Zeit von Lamarck, Malthus und Huxley. Englische Provinz, erstes Drittel des 19. Jahrhunderts: Das Waisenkind mit dem kalten Herzen, das die Liebe nicht zu kennen glaubt, hat ominöse Treuhänder, die für die Erziehung des dem männlichen Geschlecht zugeneigten Knaben aufkommen. Über den Klassenkameraden Charles Darwin, den er "Bobby" nennt, lernt der Jüngling die Fallstricke des Familienlebens kennen; die Leidenschaft für das Käfersammeln teilen beide.

Eine Vernunftehe mit Charles' (real existierender) Cousine Emma wird aus Gründen, die erst viel später aufgeklärt werden, rundheraus verweigert: Emma ist aufgrund verzwickter Seitensprünge ihres Vaters eine Schwester des Möchtegern-Bräutigams. Ausgestattet mit einer großzügigen Appanage und der Auflage, England nie mehr zu betreten, verläßt der junge Mann seine Heimat. In Australien steigt er zum Handelsherren auf, erschließt sich die kaufmännischen Jagdgründe Südostasiens und bleibt stets ein leidenschaftlicher Naturforscher und akribischer Diarist. Daheim wird Emma Charles heiraten und mit ihm (ganz antievolutionär) viele Kinder haben; Charles wird angelegentlich einer Zwischenlandung in Australien den Erzähler wieder treffen und ihm per Brieffreundschaft verbunden bleiben.

Seinem Schicksal begegnet der namenlose Junggeselle, als ihm der Engländer Charley Allen über den Weg läuft. Er verliebt sich in diesen skrupellosen jungen Gott und verkennt lange dessen ziemlich miesen Charakter. Als wäre der Leser dieser zartbitteren eingeschlechtlichen Käfersammelleidenschaft nicht bald überdrüssig, er muß auch bis Seite 247 warten, bis Charley leibhaftig seinen ersten Auftritt hat. Schon bald brennt dieses männliche Koleopterologen-Luder - ein Mann von "wohlüberlegter Grausamkeit" - durch, im Gepäck den goldenen Sehnsuchtskäfer, mit dem er seinen gönnerhaften Anbeter angefixt hat: seit der ägyptischen Hochkultur eines der vielschichtigsten Symboltiere. Sechzehn Jahre irrt der Erzähler auf der Suche nach Charley und dem Mistkäfer durch die Inselwelt Südostasiens (was er in seinen Erinnerungen jedoch mit zwei Sätzen abtut). Es gibt ein Wiedersehen, gar eine gemeinsame Käfersuchfahrt, und am Ende wird Charley tot sein, ermordet vom Erzähler, der alt und allein auf einer Insel dreihundert Meilen südlich von Celebes den bevorstehenden Vulkanausbruch und Inseluntergang erwartet. So weit, so papieren.

Der seit mehr als zwei Jahrzehnten in Australien lebende Drayson hat als Autor seine Qualitäten. Ob sie unbedingt auf dem Feld des Romans liegen, sei nach dieser Talentprobe dahingestellt. Daß man das Buch dennoch nicht zur Seite legt, verdankt sich Draysons Qualitäten als präziser und leidenschaftlicher Naturbeschreiber. Hier ist er ganz unbestechlich und nüchtern, versteht es, die uns ferne, geheimnisvolle Poesie der Insektenwelt aufzuschlüsseln. So wie Darwin und seine Zeitgenossen unermüdliche Empiriker waren, so erschließt sich der Erzähler Fauna und Flora seines abgelegenen Eilands, indem er die Artenvielfalt klassifiziert: Aber im Moment, da er die Tiere benennt, weiß er, daß keine Wissenschaft ihm je dafür danken wird. Er wird anonym bleiben.

Die gedankliche Verschränkung von tierischem und menschlichem Verhalten gelingt Drayson denn auch am beeindruckendsten. Der Kampf ums Dasein, das verfluchte Fressenmüssen, der Fortpflanzungstrieb - all dies studiert der Leser gewissermaßen am eigenen Leibe mit. Nicht ohne Gewinn: "Nach einer ermüdenden Reise weiß ein hungriger Storch nichts höher zu schätzen als eine fette, befruchtete Seegurke." Das hat nicht nur einen sehr trockenen Humor, sondern auch einen wissenschaftlichen Hintergrund: Da Seegurken Hermaphroditen sind, kann Drayson den Erzähler trefflich über das Lustpotential bei der gleichgeschlechtlichen Befruchtung räsonieren lassen. Und da die vielfachen Tricks der Fortpflanzung eines der bestimmenden Themen der Natur und also des Buches sind, gelingt es endlich auch der Seegurke, den ihr längst gebührenden Platz in der Romanliteratur einzunehmen.

Die Insel in der Java-See erinnert nicht von ungefähr an die Galapagosinseln, die Darwin als Mittzwanziger auf der "Beagle" ansteuerte, der Ton von Draysons Prosa evoziert das große Vorbild. Die Insel entpuppt sich als die Heimat jener goldenen Mistkäfer, deren "Leben den Toten gewidmet ist". In einer Fledermausgrotte gehen diese Insekten ihrem Nachtwerk nach. Aber das seltsamste Tier entdeckt der Erzähler in der Form eines Chamäleons, das die erstaunlichsten Verwandlungskünste beherrscht. Ein Reptil, das die Mimikry von Kieselsteinen, Baumrinde und Blättern ebenso beherrscht wie die menschlicher Gliedmaßen. Ein Wesen, das vorgibt, alles sein zu können - Anpassung in ihrer radikalsten Form. Nicholas Draysons Vorstellungskraft übertrifft seinen sprachlichen Formwillen um Längen.

Nicholas Drayson: "Der goldene Skarabäus". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Rita Seuß und Sonja Schuhmacher. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2003. 351 S., geb., 24,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Erzählerisch wenig überzeugend findet Rezensent Hannes Hintermeier dieses Debüt. Dass er das Buch dennoch nicht aus der Hand legen konnte, liegt an den Qualitäten des Autos "als präziser und leidenschaftlicher Naturbeschreiber" und daran, dass Drayson dem Rezensenten auch die ferne und geheimnisvolle Poesie der Insektenwelt aufschlüsseln konnte. Die Geschichte des fiktiven Klassenkameraden Darwins, der Hintermeier zufolge "im Lauf seines abenteuerlichen Lebens sowohl dem berühmten Evolutionstheoretiker als auch Alfred Russel Wallace auf die Sprünge geholfen hat", mische Memoirenwerk, Naturbeschreibung und Wissenschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts. Trotzdem kann das Werk den Rezensenten nicht zufrieden stellen. Zwar verliebe sich der namenlose Erzähler in ein männliches "Koleopterologen-Luder", worunter, wie wir lesen, ein Käfersammler zu verstehen ist. Doch zu seinem Leidwesen muss der Rezensent bis Seite 247 warten, bis besagter Charley Allen leibhaftig seinen ersten Auftritt hat. Auch krankt das Buch für den Rezensenten daran, dass die Vorstellungskraft des Autors dessen sprachlichen Formwillen um Längen übertrifft.

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