Marktplatzangebote
11 Angebote ab € 4,50 €
  • Gebundenes Buch

»Wollt ihr einen Star sehn, seht mich an!« So beginnt das Lied, mit dem Zarah Leander in Schweden berühmt wurde, und sie verkörperte es perfekt: mit ihrer Schönheit, ihrer Ausstrahlung und der unverwechselbaren Stimme. Auch für die Deutschen sang sie und fiel dadurch in ihrer Heimat in Ungnade. Für die Lebensgeschichte der Künstlerin wurden erstmals schwedische Quellen konsequent genutzt. Es ist eine wahrhaft europäische Geschichte, und sie handelt von der Gier nach Ruhm und Geld, von großen Triumphen und vom Ausgestoßensein, von Lampenfieber, Alkohol und Depressionen, von anhänglichen Fans…mehr

Produktbeschreibung
»Wollt ihr einen Star sehn, seht mich an!« So beginnt das Lied, mit dem Zarah Leander in Schweden berühmt wurde, und sie verkörperte es perfekt: mit ihrer Schönheit, ihrer Ausstrahlung und der unverwechselbaren Stimme. Auch für die Deutschen sang sie und fiel dadurch in ihrer Heimat in Ungnade. Für die Lebensgeschichte der Künstlerin wurden erstmals schwedische Quellen konsequent genutzt. Es ist eine wahrhaft europäische Geschichte, und sie handelt von der Gier nach Ruhm und Geld, von großen Triumphen und vom Ausgestoßensein, von Lampenfieber, Alkohol und Depressionen, von anhänglichen Fans und gehässigen Journalisten, von nie enden wollenden Spionagegerüchten und einer grandiosen Selbstinszenierung: als Diva.

Zum 100. Geburtstag: Die Geschichte von Aufstieg und Fall eines der letzten großen Stars des 20. Jahrhunderts.
Autorenporträt
Jutta Jacobi, geboren 1955, studierte Germanistik und Theaterwissenschaft in München. In Wien absolvierte sie eine Ausbildung zur Feldenkrais-Pädagogin. Sie lebt, schreibt und unterrichtet in Hamburg. Ihr Radiofeature "Der Reigen zu Rad" ist eine Hommage an Arthur Schnitzler zu dessen 150. Geburtstag.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.03.2007

Eine Diva aus Babylon
Zarah Leander, vor 100 Jahren geboren, in einer Biographie von Jutta Jacobi
Am Ende gab es offensichtlich doch so etwas wie Versöhnlichkeit. „Die Oscarskirche in Stockholm war voll, als die große Sopranistin Birgit Nilsson zu Zarah Leanders Beerdigung sang. Sie sang Beethovens ,Die Himmel rühmen des ewigen Ehre‘ und Schuberts ,An die Musik‘. Und sie sang falsch. Wer die Ohren dazu hatte, konnte es hören. Was wäre eine Veranstaltung zu Zarahs Ehren ohne einen kleinen schrägen Ton?”
Auf eben diese schrägen Töne horcht Jutta Jacobi in ihrer schönen kleinen Leander-Biographie, auf die Misstöne, von denen dieses Leben, diese Karriere so übervoll waren. Eine Hellhörigkeit, die das Buch so angenehm lässig macht – wie in einem Kaleidoskop werden die einzelnen Facetten angeklickt, kein Plädoyer für das korrekte Leander-Bild, sondern Material für eine europäische Karriere in einer schwierigen Zeit – die mehr und schnellere Entscheidungen verlangte, als mancher treffen konnte. Respekt- und verständnisvoll, aber nicht beschönigend, bietet dieses Buch eine passende Lektüre zum 100. Geburtstag der Diva an diesem Donnerstag.
Zarah Leander wollte eine Diva, wollte erfolgreich und beliebt werden, und sie hat energisch darauf hingearbeitet, gemeinsam mit ihren Freunden und Kollegen, mit ihrem Mann – dem zweiten, denn Vidar Forsell, der erste, Nils Leander, hat ihr nichts als zwei Kinder und den Namen hinterlassen und die Qual finsterer Erinnerungen. Die Zwanziger und frühen Dreißiger waren Jahre hektischer Mobilität, politisch, sozial, im Showbusiness. Hollywood war immer noch stark an Stars aus dem alten Europa interessiert – der Garbo-Effekt, von dem auch die Schwedin Leander ganz natürlich zu profitieren hoffte. Ebenso natürlich aber auch, dass sie 1934 ein Couplet sang, das Karl Gerhard, der König der schwedischen Operetten- und Kabarettseligkeit ihr schrieb – damals, als man zwischen der hohen und der populären Kunst so noch nicht unterschied, als man durchaus hin- und herschalten konnte zwischen Zarah und Sarah, nach der großen Sarah Bernhardt, einem anderen Vorbild. Ein Couplet gegen die Judenverfolgung der Nazis, und darüber, wie sie sich in die bittere Tradition dieser Verfolgungen einreiht: „Ich stehe im Schatten eines Stiefels / Gefesselt von einer groben Truppe / Verschleppt von preußischem Ungeist / Und Sklaverei / Aus dem alten Babylon / zwischen den Märtyrern in Rom / In Kaiser Neros Stadion / Erlitt ich die gleiche Not / Starb ich den gleichen Tod / Aber über das Land / Und über das Meer / Flog mein Name von Neuem / Denn der Atem der Freiheit / Lässt sich nicht begraben . . .”
Ich will kein Schwede sein
Ein paar Jahre später sang sie dann andere Lieder, von einer anderen Melancholie: „Ich steh im Regen, und warte auf dich . . .” So klang es in „Zu neuen Ufern”, ihrem ersten großen Ufa-Erfolg, den Detlef Sierck inszenierte, ein Theaterregisseur, ein Intellektueller, der kurz darauf in die USA emigrierte, dort als Douglas Sirk mit seinen Melodramen Erfolg hatte. Sierck hat so deutlich wie keiner Leander gleich zu Beginn als Frau mit den zwei Gesichtern präsentiert, ihren Zwiespalt zwischen Bodenständigkeit und mondänem erotischem Auftritt. Ein Zwiespalt, der auch Goebbels gehörig zu schaffen machte, der anfangs überhaupt nicht von Leander überzeugt war: „Ich halte die Frau für sehr überschätzt”, schrieb er ins Tagebuch: „Ich möchte kein Schwede sein. Nur Mitglied einer Weltmacht.” Man muss an Deleuze/Guattaris Kategorie der minoritären Literatur denken – erst durch den Kassenerfolg und durch die internationale Reputation merkte der Reichsminister, was die Ufa an Leander hatte.
Und Zarah spielte mit, aber zu ihren Bedingungen. Über 50 Prozent der Gage ließ sie sich in schwedischen Kronen auszahlen. Auf Nazi-PR-Aktionen ließ sie sich nur sehr begrenzt ein, jedes Mal setzte sie sich nach den Dreharbeiten erst mal in die Heimat ab. Ihre Filme, von „Heimat” bis zu „Die große Liebe” – der vom aktuellen Krieg erzählen sollte und von dessen Entwicklung 1941 immer wieder überrollt wurde – waren Kassenerfolge. Als sie schließlich beim Wunschkonzert auftrat – sie wusste nicht, dass es sich dabei um Front-Propaganda handelte –, hielt sie ein irritierendes weißes Tuch in der Hand. Dem Angebot der Einbürgerung widersetzte sie sich. 1942 verließ sie Berlin, mogelte sich durch die letzten Monate ihres Ufa-Vertrags hindurch.
Naivität und Geschäftstüchtigkeit halten sich in diesem Verhalten die Balance, es entbehrt nicht der Konsequenz. Den Schweden galt sie gleichwohl als Verräterin – eine Agentin womöglich? „Ich war eine politische Idiotin”, bekannte sie und zog sich auf ihr Gut Lönö zurück, wo sie viele baltische Flüchtlingenaufnahm: „Wir waren Selbstversorger . . .” Natürlich konnte sie es dabei nicht lassen, Jahrzehnte der Volkspark- und Operetten- und Kaffeefahrten-Auftritte schlossen sich an. Autarkie war nicht denkbar, sie war abhängig vom elektrischen Strom des Publikums. FRITZ GÖTTLER
JUTTA JACOBI: Zarah Leander. Das Leben einer Diva. Hoffmann und Campe, Hamburg 2006. 287 Seiten, 22 Euro.
Bodenständig und mondän: Zarah Leander, fotografiert um 1940. Foto: Imagno/Getty Images
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Erfreut zeigt sich Fritz Göttler von Jutta Jacobis Biografie Zarah Leanders, die pünktlich zum hundertsten Geburtstag der Diva erschienen ist. Das Buch wirkt auf ihn "angenehm lässig", nicht zuletzt deshalb, weil die Autorin hellhörig für die Misstöne in Leanders Leben sei. Mit Zustimmung quittiert er Jacobis Verzicht, für das korrekte Leander-Bild zu plädieren. Stattdessen findet er hier eher Material einer europäischen Karriere in schwieriger Zeit. Jacobis Umgang mit dem Filmstar, der in Nazi-Deutschland Karriere machte und darüber hinaus zu Weltruhm gelangte, ist nach Ansicht Göttlers von Respekt und Verständnis getragen, ohne das die Autorin jemals Schönfärberei betreibe.

© Perlentaucher Medien GmbH