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Mit siebzig Jahren ist Amelia schwer erkrankt. Den nahen Tod vor Augen, lässt sie ihr Leben Revue passieren, erzählt von der ungewöhnlichen Liebesgeschichte ihrer Eltern in Venedig, von der beglückenden Flucht des Mädchens in die Welt der Bücher, vom Entkommen aus der Enge des Elternhauses an die Universität in Rom, von der ersten Liebe und dem Leben als Bibliothekarin mit Mann und Kind. Ein Leben, das schließlich eine dramatische Wendung erfährt, als die Ärzte bei ihr die Nervenkrankheit ALS diagnostizieren. Doch dieses Schicksal meistert Amelia mit scharfzüngigem Witz und ohne jedes…mehr

Produktbeschreibung
Mit siebzig Jahren ist Amelia schwer erkrankt. Den nahen Tod vor Augen, lässt sie ihr Leben Revue passieren, erzählt von der ungewöhnlichen Liebesgeschichte ihrer Eltern in Venedig, von der beglückenden Flucht des Mädchens in die Welt der Bücher, vom Entkommen aus der Enge des Elternhauses an die Universität in Rom, von der ersten Liebe und dem Leben als Bibliothekarin mit Mann und Kind. Ein Leben, das schließlich eine dramatische Wendung erfährt, als die Ärzte bei ihr die Nervenkrankheit ALS diagnostizieren. Doch dieses Schicksal meistert Amelia mit scharfzüngigem Witz und ohne jedes Selbstmitleid. Auch wenn sie all ihre Sinne verliert, ist sie fest entschlossen, sich einen Sinn zu bewahren: den für Humor.
Autorenporträt
Vighy, Cesarina
Cesarina Vighy wurde 1936 in Venedig geboren und lebte bis zu ihrem Tod im Jahr 2010 in Rom. Mein letzter Sommer war ihr Romandebüt, das 2009 in Italien zum gefeierten Bestseller avancierte und mit dem Premio Campiello ausgezeichnet wurde

Pflug, Maja
Maja Pflug übersetzt seit über dreißig Jahren italienische Literatur, u.a. Natalia Ginzburg und P. P. Pasolini. Sie wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, zuletzt 2011 mit dem Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.08.2011

Ich bin die böseste Zunge und der größte Snob

Kurz vor ihrem Tod machte Cesarina Vighy aus ihren Lebenserinnerungen einen anrührenden Roman. Doch "Mein letzter Sommer" ist auch eine Chronik Italiens zur Zeit des Faschismus.

Der Titel ist wörtlich gemeint, denn die 1936 in Venedig geborene Cesarina Vighy hat mit diesem Buch tatsächlich eine Chronik ihres letzten mediterranen Sommers aufgezeichnet. 2009 erschien dieses späte literarische Debüt in Italien, im Mai 2010 erlag die Autorin dem Nervenleiden ALS. Von dieser Krankheit, der unheilbaren, stetig voranschreitenden "Amyotrophen Lateralsklerose", ist in dem Roman viel die Rede, von den zunehmenden Beschwerden - Sprachstörungen, Gleichgewichtsproblemen, wachsender Schlaflosigkeit - und vor allem der progressiven Lähmung, die am Ende alle Gliedmaßen befällt. Das Schreiben blieb Vighys letzte Ausdrucksmöglichkeit.

Das ist eine anrührende Geschichte, und doch handelt es sich bei dem Buch, das ja ausdrücklich als Roman bezeichnet wird, um weit mehr als um das Tagebuch einer Todkranken, das allein aufgrund seiner Entstehungsumstände Respekt verdient. Denn Cesarina Vighy ist es gelungen, einen vielseitigen und geistreichen Rückblick auf ihren Lebensweg zu werfen, der oft durch pointierte Wendungen und scharfe Urteile zu überraschen vermag, dem aber Larmoyanz und Selbstmitleid gänzlich fehlen. Auch wenn man nichts von dem Schicksal der Verfasserin wüsste, wäre die Lektüre des Buches anregend, ja sogar vergnüglich.

Cesarina Vighy ist weit davon entfernt, an das Mitleid ihrer Leser zu appellieren; sie konstatiert nüchtern ihre Misanthropie, ihre Zurückgezogenheit und ihre Skepsis gegenüber der modernen Zivilisation. Für die "lange Nacht der Museen", die jährlich in Rom stattfindet, hat sie nur Spott übrig, richte sich die Veranstaltung doch an die "Zombies, die in kein Museum gehen, selbst wenn du sie dafür bezahlst, die seit der Grundschule kein Buch mehr gelesen haben, die du abends nicht aus dem Haus bekommst, weil sie lieber vor dem Fernseher einschlafen". Eine Erzählerin, die so urteilt, übertreibt sicher nicht, wenn sie sich selbst als die "böseste Zunge, den größten Snob" bezeichnet.

Ihr intellektuelles Selbstbewusstsein verbindet Cesarina Vighy mit der Fähigkeit zur genauen Beobachtung und zur Selbstkritik. Idyllenmalerei liegt ihr fern: "Ich habe geheiratet, eine Tochter bekommen, Flugblätter für die Abtreibung verteilt. Ich glaubte, damit hätte ich meine Pflicht getan, meine Fehler gebüßt. In Wahrheit war ich eine mittelmäßige, eher kalte Ehefrau und vor allem eine nachlässige Mutter." Wer nun freilich Enthüllungen aus dem Ehealltag erwartet, wird enttäuscht werden, denn gegenüber ihrem Ehemann, dem "reizbaren Engel", und ihrer Tochter wahrt die Erzählerin Diskretion. Am Ende des Buches klingt freundliche Versöhnung mit ihren nächsten Angehörigen an.

Ausführlicher erzählt Cesarina Vighy von ihrer eigenen Kindheit, und in diesen Schilderungen liegt der größte Reiz des Buches, entsteht hier doch aus sehr privater Perspektive eine kleine Chronik Italiens seit der Zeit des Faschismus: Die Erzählerin, außereheliche Tochter eines engagierten, linken Rechtsanwalts und eines Dienstmädchens, wuchs trotz der wenig bürgerlichen Verhältnisse - der Vater verließ erst Jahre später seine Ehefrau, um zu seiner neuen Familie zu ziehen - als das "meistgeliebte Kind der Welt" auf. Der Widerstand des Vaters gegen Mussolini spiegelt sich in kleinen Anekdoten - konspirative Botengänge, Gefängnishaft des Vaters, versuchte Erpressungen. Bei allem Hang zur Spitzzüngigkeit lässt die Autorin keinen Zweifel an der Liebe und Bewunderung, die sie bis ins hohe Alter für ihren Vater empfindet.

Ihre Jugend beschreibt sie als eine Geschichte vielfältiger Irrwege. Die frühe Fixierung auf einen windigen "Don Giovanni" endete mit dem Besuch einer "Engelmacherin", die im Schlafzimmer der Familie den illegalen Eingriff vornahm. Stunden später warf der Vater das "winzige Püppchen", das aus der Tochter "herausgeflutscht" war, in den Kanal - dies blieb nach Auskunft der Erzählerin "die einzige böse Tat seines Lebens".

Unbeschwerter verlief ihr Studienbeginn. Cesarina Vighy zeichnet ein lebendiges Bild Roms der fünfziger und sechziger Jahre, mit kleinen Imbissbuden, öffentlichen Bädern, wachsamen Portierfrauen und kauzigen Vermieterinnen. In dieser Umgebung, die noch nicht von Touristen und Modeläden überschwemmt war, erlebte die Erzählerin eine intensive Liebesbeziehung zu einer anderen jungen Frau, unterzog sich dem Ritual einer Psychoanalyse, suchte, wenn auch mit enttäuschenden Ergebnissen, den Anschluss an die Frauenbewegung und pflegte ihre Liebe zur Literatur. Vighy, die bis zu ihrem Ruhestand als Bibliothekarin tätig war, beruft sich gern auf literarische Referenzen, wenn sie die Gestalten ihrer Lebensgeschichte beschreibt: die Herkunft der Mutter - eine "Balzac'sche Kindheit", die Sehnsucht der Venezianer nach Rom - vergleichbar dem Traum, der Tschechows drei Schwestern an Moskau bindet. So geht es fort, und die Großen der italienischen Literatur, Dante, Tasso, Machiavelli, Manzoni, Collodi und Pirandello, vereinen sich mit ihren europäischen Kollegen zu einem Reigen freundlicher Paten, die Cesarina Vighy zur Beglaubigung ihrer Erlebnisse herbeiruft.

In den letzten Kapiteln des Buches verändert sich indes der Ton. Nüchtern schildert die Erzählerin ihren aussichtslosen Kampf gegen die voranschreitende Lähmung und beschreibt, wie sich ihr Bewegungsradius immer mehr verkleinert. Konnte sie zunächst noch Spaziergänge auf dem langen Flur ihrer Wohnung unternehmen, sitzt sie später stundenlang vor dem Küchenfenster, wo sie eine brütende Amsel beobachtet. Und schließlich verbringt sie ihre Tage im Bett, eingeschränkt in ihren Ausdrucksmöglichkeiten, aber noch immer frei und beweglich in ihrem Geist. Auch davon erzählt diese Chronik.

SABINE DOERING

Cesarina Vighy: "Mein letzter Sommer". Roman.

Aus dem Italienischen von Maja Pflug. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2010. 192 S., geb., 17,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Dies Buch von Cesarina Vighy hat Maike Albath tief berührt und beeindruckt. Die Autorin schrieb den Roman, nachdem sie die Diagnose einer zum Tode führenden Nervenkrankheit erhalten hatte, und sie nutzt ihn zu einer autobiografischen Selbsterkundung, die durch ihre Beobachtungsgabe, erzählerische Vitalität und nicht zuletzt durch den "gelassenen", unsentimentalen Ton überzeugt, lobt die Rezensentin. Zwischen Alltagsbetrachtungen, philosophischen Reflexionen und Erinnerungen findet sich auch die Geschichte der Eltern, erfahren wir. So wird dieses Buch, das noch vor Vighis Tod 2010 in Italien Aufsehen erregte, zu einem beeindruckenden Zeugnis schriftstellerischer Kraft in einem zunehmend hinfälliger werdenden Körper, so die Rezensentin ergriffen.

© Perlentaucher Medien GmbH
»L'ultima estate ist ein unnachahmliches Buch.« Avvenire