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Linkskonservativ, europäisch, relevant: alt werden, ohne jung zu bleiben. Matthias Politycki ist als Romancier und Lyriker bekannt; er hat sich aber auch immer den ästhetischen oder politischen Fragen der Zeit gestellt, in Debatten eingegriffen oder sie, dem herrschenden Konsens meist einen Gedankengang voraus, überhaupt erst angestoßen. "Erzählende Essays" könnte man die Texte dieses Bandes nennen, der Polityckis wichtigste Publikationen rund um den Jahrtausendwechsel versammelt: seine viel beachteten Streitschriften wie "Relevanter Realismus" oder "Weißer Mann - was nun?", aber auch stillere…mehr

Produktbeschreibung
Linkskonservativ, europäisch, relevant: alt werden, ohne jung zu bleiben. Matthias Politycki ist als Romancier und Lyriker bekannt; er hat sich aber auch immer den ästhetischen oder politischen Fragen der Zeit gestellt, in Debatten eingegriffen oder sie, dem herrschenden Konsens meist einen Gedankengang voraus, überhaupt erst angestoßen. "Erzählende Essays" könnte man die Texte dieses Bandes nennen, der Polityckis wichtigste Publikationen rund um den Jahrtausendwechsel versammelt: seine viel beachteten Streitschriften wie "Relevanter Realismus" oder "Weißer Mann - was nun?", aber auch stillere Prosastücke, die ihn als notorischen Ausflügler in unsere digitale oder ganz reale Alltagswirklichkeit zeigen. Knapp die Hälfte der Texte hat er für diesen Band neu geschrieben, darunter die fulminante Grundsatzerklärung "Alt werden, ohne jung zu bleiben", die ihn als politischen Autor verortet. Aber als einen, der nicht aus einer weltanschaulich fixierten Ecke heraus schreibt, sondern aus postideologischer Lust an nahezu allem, was der Fall ist.
Autorenporträt
Matthias Politycki, 1955 in Karlsruhe geboren, lebt in Hamburg und München. 1975-87 Studium der Neueren Deutschen Literatur (Nebenfächer: Philosophie, Theater- und Kommunikationswissenschaft) in München und Wien; 1987 Promotion bei Prof. Müller-Seidel (München); 1988-90 Akademischer Rat a.Z. am Institut für Deutsche Philologie, München; seit 1990 freier Schriftsteller; Mitglied des P.E.N. Politycki hält regelmäßig Lesungen, Vorträge, und Literaturseminare und ist als Poetik-Dozent im In-und Ausland tätig, u.a. in USA, Korea, Frankreich. Er wurde mit zahlreichen Literaturpreisen und Stipendien ausgezeichnet. Polityckis Werk umfasst Romane, Essays und Gedichtbände, u. a. die Romane "Weiberroman", "Ein Mann von vierzig Jahren" und den auch als Hörbuch erhältlichen Erzählband "Das Schweigen am andern Ende des Rüssels", den Gedichtband "Ratschlag zum Verzehr der Seidenraupe" und das Hörbuch "Frauen. Naja. Schwierig". Zuletzt erschien bei Hoffmann und Campe der Roman "Herr der Hörner".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.06.2007

Historisch-kritische Ich-Ausgabe
Bierernste Ironie: Matthias Polityckis vermischte Wortmeldungen

Als François Lyotard in den achtziger Jahren den Tod des Intellektuellen diagnostizierte, ließ er offen, ob es die Option einer Auferstehung gebe. Das hat viele, die sich für dieses Rollenfach interessierten, nachhaltig verunsichert. Was Lyotard allerdings klar zu verstehen gegeben hatte, betraf die Unmöglichkeit, sich als engagierter Literat noch auf ideologische Programme berufen zu können: Die traditionelle Figur des Mahners und Propheten war problematisch geworden in einem Umfeld, in dem der Pluralismus den Sinn für die Komplexität und Relativität gesellschaftlicher Angelegenheiten geschärft hatte und linke Legitimationsutopien an Attraktivität verloren. Einen Ausweg aus der Krise kritischen Schreibens wies nur eine Haltung, die mit den Grenzen absoluter Erkenntnis ihr subversives Spiel treibt: die Ironie.

Matthias Politycki, laut Verlagswerbung einer der meistdiskutierten Autoren der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, erklärt die Ironie zum "Weltkulturerbe". Der dreiseitige Essay, in dem er sich zu dessen Sprecher erklärt, findet sich ziemlich genau in der Mitte eines Sammelbandes seiner publizistischen Einlassungen der letzten zehn Jahre. Er skizziert folgende Ideengeschichte: Die Nachkriegsliteratur war pathetisch und erlebte den Gipfel der Humorlosigkeit um 1968. Dann aber kam eine, seine, Generation, die sich als "78er" bezeichnete und aus Protest die "Ironie als achselzuckende Generalverweigerung" pflegte; das ging so lange gut, bis sich ihre "Spottbereitschaft" zum "Terror des Uneigentlichen" entwickelt habe, meint Politycki und denkt dabei an Harald Schmidt. Dass seit kurzem angeblich wieder eine neuerliche Gegenbewegung zurück zu Ernsthaftigkeit und Pathos zu registrieren sei, kann er gut nachvollziehen, findet es aber auch irgendwie etwas schade, wo doch die "Heiterkeit der 78er" den deutschen "Nationalcharakter aufgehellt" und deutsche Schriftsteller zu Virtuosen der Leichtigkeit gemacht habe.

Der Essay greift ein früheres Bekenntnis zur Ironie auf, das Politycki als Reaktion auf den 11. September 2001 formuliert hatte, als einige Popliteraten verlautbaren ließen, im Angesicht des Terrorismus müsse es mit der Ironie ein Ende haben. Diese Kommentierung und Überprüfung eigener Notate aus der Vergangenheit unter dem Stichwort "revisited" ist das eine besondere Merkmal dieser Textsammlung; das andere ist die fortlaufende Glossierung durch erläuternde Fußnoten, die auf Ereignisse oder Stimmungen aus der Entstehungszeit eingehen.

Ob es sich um poetologische Manifeste wie den "Relevanten Realismus" handelt ("wir sehnen uns nach nichts mehr als nach Büchern, die uns ergreifen" - wohl wahr!), um Gedanken über den Zustand der Demokratie ("wir sind fällig für eine elitäre Herrschaft der Besten"), um Sorgen über die Bedrohung der deutschen Sprache durch Anglizismen oder schlichtweg um Reiseimpressionen: Alles ist kritisch ediert, als seien Handschriften aus dem Mittelalter wiederentdeckt worden. Daraus ergibt sich ein grotesker Kontrast zwischen der luftigen Unbestimmtheit der Essays und der philologischen Akribie ihrer Präsentation, zwischen der Banalität ihrer Gegenstände und ihrer angestrengten Aufwertung. Wenn auch das wiederum Ironie sein soll, dann lernt man hier, dass sie mitunter bierernst sein kann. Die Crux der postintellektuellen "78er", als deren Frontmann sich Politycki immer wieder bewirbt, scheint darin zu liegen, dass sie Selbstbewusstsein mit Selbstbezüglichkeit verwechseln.

ROMAN LUCKSCHEITER

Matthias Politycki: "Vom Verschwinden der Dinge in der Zukunft". Bestimmte Artikel. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2007. 253 S., geb., 25,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Viel Lärm um Wenig, macht Matthias Politycki in seinem Buch "Vom Verschwinden der Dinge in der Zukunft", findet Rezensent Roman Luckscheiter. Der Band versammelt Essays und andere Texte des Publizisten aus zehn Jahren. Die Texte reichen von Reiseberichten bis zu Auseinandersetzungen mit der Rolle des Intellektuellen. Politycki sieht sich laut Luckscheiter als Vertreter der "postintellektuellen 78er" die auf das Pathos der Nachkriegsliteratur ironisch antworten. Der Rezensent zitiert einige Passagen und notiert eine "luftige Unbestimmtheit". Zugleich seien die Essays jedoch mit Fußnoten versehen worden, als handele es sich um eine kritische Ausgabe neu entdeckter Handschriften aus dem Mittelalter. Der Rezensent findet das "grotesk". Und: Die Texte und ihr Autor kreisten damit schließlich doch nur um sich selbst.

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