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Ein Dokument, das erschreckt und aufrüttelt: Das Manifest der Khanssaa-Brigade, einer rein weiblichen Einheit der Terrororganisation IS, beschreibt den Alltag und die Rolle der Frauen im selbst ernannten Kalifat. Das Buch enthält die erste deutsche Übersetzung sowie das arabische Original und erlaubt so einen exklusiven Einblick in das Innere des IS. Kommentiert von der islamischen Theologin Hamideh Mohagheghi entlarvt es die falsche Ideologie des IS und zeigt, weshalb so viele Frauen aus Deutschland in den Dschihad ziehen und welches Leben sie in Syrien oder im Irak erwartet. Das Buch ist…mehr

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Produktbeschreibung
Ein Dokument, das erschreckt und aufrüttelt: Das Manifest der Khanssaa-Brigade, einer rein weiblichen Einheit der Terrororganisation IS, beschreibt den Alltag und die Rolle der Frauen im selbst ernannten Kalifat. Das Buch enthält die erste deutsche Übersetzung sowie das arabische Original und erlaubt so einen exklusiven Einblick in das Innere des IS. Kommentiert von der islamischen Theologin Hamideh Mohagheghi entlarvt es die falsche Ideologie des IS und zeigt, weshalb so viele Frauen aus Deutschland in den Dschihad ziehen und welches Leben sie in Syrien oder im Irak erwartet. Das Buch ist eine Absage an jede "Dschihad-Romantik". Aufwühlend und aufklärend zugleich.
Autorenporträt
'Hamideh Mohagheghi, geboren in Teheran, ist islamische Theologin an der Universität Paderborn. Als Mitbegründerin des islamischen Frauennetzwerkes Huda und Mitglied der Islamkonferenz ist sie eine der wichtigsten weiblichen, muslimischen Stimmen Deutschlands. Mohagheghi ist bekannt von zahlreichen Veröffentlichungen und der Sendung "Forum am Freitag" (ZDF).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.07.2015

Kinder, Küche
und Islam
IS sucht den Superstar:
Das Manifest des Islamischen Staates für die Frau
VON STEFAN WEIDNER
Nicht nur Männer, auch Frauen schließen sich der Terrormiliz Islamischen Staat (IS) an. Womit sie gelockt werden, verrät das Manifest der IS-Frauenbrigade al-Khansa, das mit einem ausführlichen Kommentar jetzt im Herder Verlag erscheint. Vor allem für Musliminnen mit wenig Bildung hält der IS eine auch im Westen bekannte Lösung bereit: Kinder, Küche und Islam!
  Wenn der IS die Männer mit der Aussicht auf teure Autos und die Heirat mit vier Frauen anzuwerben sucht, wie unlängst der Syrien-Rückkehrer Ebrahim B. erzählt hat, was lockt dann die sogenannten Dschihad-Bräute? Dass es die Männer sind, die sich zu Hause keine Autos leisten können, oder die Aussicht, drei Frauen neben sich zu haben, trauen wir selbst den fanatischsten Musliminnen nicht zu. Nimmt man als Anhaltspunkt die Schrift, mit der der Islamische Staat Anfang dieses Jahres selbst junge arabische Frauen anzulocken suchte, so wird nicht mit Konsum und Ausschweifung geworben, sondern mit dem glatten Gegenteil: Abkehr vom westlichen Rollenverständnis, Erfüllung durch Sittsamkeit und die Tugenden als Hausfrau und Mutter.
  Das jetzt vom Herder Verlag auf Deutsch (und dankenswerterweise im arabischen Original) veröffentlichte Manifest der Frauenbrigade al-Khansa bietet auf rund fünfzig Seiten, klug kommentiert und eingeordnet von der Herausgeberin Hamideh Mohagheghi (SZ vom 23. Juli), einen Einblick erster Hand in die Vorstellungen, Zielgruppen und Methoden, mit denen der IS auch – wir würden sagen, sogar – junge Frau anzulocken hofft.
  Sehr voraussetzungsreich ist der Text nicht. Niemand soll zum Islam bekehrt werden, vielmehr sollen die bereits gläubigen Musliminnen zum Islamischen Staat bekehrt werden. Nur dort, so heißt es, erhalte die Frau ihre wahren, vom Islam verbrieften Rechte, werde sie geachtet, wie es ihr gebührt, und habe keine Unterdrückung zu befürchten, sofern sie ihren Pflichten nachkommt. Das Frauenbild des IS unterscheidet sich wenig von dem, das bis weit ins 20. Jahrhundert auch in konservativen Kreisen im Westen vorherrschte.
  Natürlich wird das Leben im Gebiet des Islamischen Staates kräftig geschönt. Die Brutalitäten gegen Abweichler und Nicht-Muslime bleiben unerwähnt, ebenso die Misshandlungen all jener, Muslime oder nicht, die sich dem IS nicht fügen wollen. Überraschend ist jedoch, dass nicht nur gegen den gottlosen Westen und die verräterischen Schiiten polemisiert wird, sondern (nicht ohne Komik für westliche Ohren) auch gegen Saudi-Arabien: „Wir möchten nicht unerwähnt lassen, dass die einzige Angelegenheit, mit der sie (die Saudis) jetzt angeben, darin besteht, der Frau zu verbieten, Auto zu fahren.“
  Tatsächlich scheinen die saudischen Frauen zu den primären Zielgruppen zu zählen, denn auf deren oftmals prekäre Lage wird direkt angespielt: „Geh zu den Armenvierteln im Süden von Riad oder zu den Häusern der Notdürftigen in der Umgebung von Dschiddah (. . . ), so wirst Du sehen, was Deine Überprüfung zur Wahrheit führt.“ Auffällig ist auch die offenbar sehr gute Kenntnis der Diskussionen über die Rolle der Frauen im Westen. Es gibt im Text eine direkte Anspielung auf das umstrittene Betreuungsgeld: „Wir sehen sogar, dass die Regierungen einiger Staaten Gehälter und Prämien anbieten, damit die Frauen in ihr Haus zurückkehren und ihre Kinder erziehen.“
  An solchen Stellen, aber auch an der dürftigen, für die Frauen vorgesehenen Bildung – religiöse Erziehung, Haushaltskunde, ein bisschen Rechnen und Schreiben – erkennt man, wer die eigentliche Zielgruppe darstellt: Es sind genau die Frauen, die ohnehin keinen Zugang zu einer irgendwie gearteten höheren Bildung haben und keinen angesehenen Job bekommen könnten. Es ist ein Programm für junge muslimische Frauen der Unterschicht, vor allem in der arabischen Welt, aber ebenso im migrantischen Prekariat im Westen.
  Nun ist es allerdings die britische Quilliam-Stiftung (www.quilliamfoundation.org) und nicht der IS gewesen, die diesen Text erstmals in eine westliche Sprache übersetzen ließ. Quilliam versteht sich als Think-Tank und Informationsportal gegen Radikalisierung und verkündet, mit dieser Schrift die Rückschrittlichkeit des IS-Frauenbildes enthüllen zu wollen. Doch der Schuss geht nach hinten los und liefert eher ein Beispiel dafür, wie weit die Verblendung liberaler Denkfabriken mittlerweile gediehen ist. Abgesehen davon, dass sich vergleichbare Frauenbilder auch unter Fundamentalisten der anderen Weltreligionen finden, ist es nicht gerade eine Neuigkeit, dass das Frauenbild des IS extrem konservativ ist. Der IS versucht jedoch , bei arabischen Frauen Punkte zu machen, indem er die prekäre soziale Situation, die Identitätskrise und Überforderung von Musliminnen der Unterschicht thematisiert und auf seine Weise zu lösen verspricht.
  Dank der Quilliam-Foundation, muss man ironisch sagen, werden jetzt aber auch Musliminnen angesprochen, die unter ähnlichen Problemen im Westen leiden, bislang aufgrund mangelnder Hocharabisch-Kenntnisse von den Versprechen des IS aber noch nichts ahnten.
  Schlimmer ist noch, dass sich Musliminnen im Westen nun genötigt sehen könnten, sich vom kruden Frauenbild des IS zu distanzieren, das der Islamkritik die besten Argumente in die Hände spielt. Man spürt die Not und das Bedürfnis nach Abgrenzung am gründlichen Nachwort der deutschen Herausgeberin. Doch kein Muslim, gleich welcher Herkunft und welchen Geschlechts, muss sich genötigt fühlen, Manifeste des IS zu widerlegen. Durch die Erklärungsnot, in welche die Quilliam-Foundation in diesem Fall die Muslime gebracht hat, fördert sie indirekt deren Ausgrenzung.
  Das Manifest der IS Frauenbrigade al-Khansa, deren Name sich übrigens keinem muslimischen Heimchen, sondern einer berühmten frühislamischen Dichterin verdankt, ist interessant nicht als Aussage über das Frauenbild im Islam, sondern als Ausdruck der ideologischen Spannungen und Brüche, die den politischen Islam zwischen Saudi-Arabien, Islamischem Staat und Islamischer Republik Iran vor die Zerreißprobe stellen.  
Hamideh Mohagheghi (Hrsg.): Frauen für den Djihad. Das Manifest der IS-Kämpferinnen. Herder Verlag, Freiburg 2015. 144 Seiten, 14,99 Euro.
Im Manifest findet sich auch
eine direkte Anspielung auf das
umstrittene Betreuungsgeld
Westliche Musliminnen könnten
sich genötigt sehen, auf Distanz zu
gehen zum Frauenbild des IS
Screenshot eines Propagandavideos der IS-Frauenbrigade al-Khansa.
Foto:  dpa
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.07.2015

Ist Allah gelobt, bleibt noch die höchste Erfüllung als Ehefrau
Fundamentalistisches Gegenbild zu verworfenen westlichen Lebensstilen: Ein Manifest von Kämpferinnen des "Islamischen Staats"

Zu den vielen Rätseln, die der "Islamische Staat" der Welt aufgibt, zählt auch das seiner ausländischen Unterstützer: Hunderte junge Menschen aus dem europäischen Westen sind nach Syrien und in den Irak gezogen, um für eine terroristische Gruppe zu kämpfen, die der Werteordnung in ihren Heimatländern den Kampf angesagt hat. Was versprechen sie sich davon? Sinnhaftigkeit vielleicht, Anerkennung, Orientierung. Was erwartet sie? Ein Leben im Krieg, was nach Aussagen etwa des französischen Islamismusexperten Gilles Kepel für die Männer bedeutet, dass sie je nach Kampftauglichkeit und Cleverness in zwei Gruppen eingeteilt werden: "Wer Plattfüße hat oder im Kopf nicht ganz klar ist, kommt zu den Selbstmordattentätern. Die anderen in die normalen Kampftruppen." Die Frauen würden derweil sofort verheiratet. Wenn ihr Mann im Kampf falle, warte man vierzig Tage, um sicherzugehen, dass sie nicht schwanger seien. "Dann werden sie mit einem anderen verheiratet."

Da klingt das "Manifest der IS-Kämpferinnen", das von der Al-Hansa-Brigade verfasst und nun in deutscher Übersetzung erschienen ist, ganz anders. Um die genauen Modalitäten einer Heirat geht es in ihm zwar nicht. Aber in dem fünfzig Seiten langen Text ist viel von den "Rechten" der Frauen die Rede, die hier in enger Anlehnung an einzelne Koran-Suren und die aus dem zehnten Jahrhundert stammenden Überlieferungen von Ibn Hibban sowie deren "korrigierte Fassungen" aus dem vergangenen Jahrhundert interpretiert werden. Konkret bedeutet das für die Frau: "Wenn sie ihre Pflicht gegenüber Allah erfüllt, hat sie keine andere großartigere Aufgabe, als ihrem Ehemann zur Seite zu stehen." Frauen sollen das Heim nur verlassen, wenn es unbedingt notwendig ist. Lernen sollen sie jenseits der "religiösen Scharia-Wissenschaften" möglichst gar nichts, wobei die Verfasserinnen des Manifestes genau klarstellen, wann auch diesem Lernen ein Ende zu setzen ist - nämlich mit fünfzehn Jahren, wenn die Mädchen "in der Blüte ihres Alters" heiraten können.

Um den Frauen das Leben im "Islamischen Staat" schmackhaft zu machen, wird dieses Leben dann am Beispiel der Städte Ninive, Raqqa und Mossul beschrieben. Kurz zusammengefasst, heißt das: Wo früher Armut war, soll jetzt reges Treiben auf den Märkten herrschen; über die Einhaltung der Scharia und die Trennung der Geschlechter werde wieder streng gewacht, was den Frauen Schutz und Versorgung garantiere; nachts leuchteten die Straßenlaternen, es gebe Strom, und der Müll werde entsorgt. Kuriose Zitate von angeblich in diesen Städten lebenden Frauen sollen belegen, wie gut der IS seine Anhänger behandelt, auch "Migrantenfamilien", denn das Kalifat, heißt es, "macht keinen Unterschied zwischen Arabern und Nichtarabern, Schwarzen und Weißen".

An dieser und vielen weiteren Stellen wird deutlich, wie wenig das Manifest ein Text ist, der aus eigenem Recht, aus eigener Logik besteht. Sondern wie sehr er zu seiner Gedankenführung der Abgrenzung von einem westlichen und weltlichen Lebensstil bedarf, den er als widernatürlich brandmarkt. Das führt mitunter zu unfreiwillig komischen Beweisführungen: Dass etwa der natürliche Platz der Frauen am Herd sei, hätten nun auch westliche Regierungen erkannt, die den Frauen sogar Geld böten, wenn sie zu Hause blieben! Häufig liest sich das nicht ungeschickt formulierte Pamphlet, das sich direkter Anrede und rhetorischer Fragen bedient, aber auch wie ein simpler Sirenengesang, der einfache Antworten auf komplexe Fragen bietet und so versucht, Mitkämpfer zu gewinnen.

Die Legitimation, die der Text für das gewalttätige Vorgehen des IS aus dem Koran und der Überlieferung von Ibn Hibban zieht, wird in einem ausführlichen Kommentar von der islamischen Theologin Hamideh Mohagheghi untersucht. Dabei verweist Mohagheghi zum einen auf die Notwendigkeit, den Koran und seine Überlieferungen im zeitlichen Kontext ihrer jeweiligen Entstehung zu lesen. Zum anderen zeichnet sie bei einzelnen Begriffen, wie dem des Kalifats und des Dschihad, ausführlich nach, was sich zu ihnen tatsächlich aus dem Koran destillieren lässt und was nicht. Dem "wahren Islam", wie ihn der IS propagiert, stellt sie so das Bild einer Religion entgegen, die im Laufe ihrer Geschichte eine Vielzahl von Meinungen in sich vereinen konnte. Diese Klarstellungen sind deutlich - auch wenn sie stellenweise erratisch wirken und sich mit Mutmaßungen zu sozialen und psychologischen Ursachen von Radikalisierung vermischen. Zusammen mit den doch ärgerlichen, weil unnötig zahlreichen grammatikalischen Fehlern in dem Kommentar weisen diese Schwächen denn auch auf eine gewisse Eile hin, mit der das schmale Buch herausgebracht wurde. Das ist insofern schade, als sich mit einer ausgeruhteren theologischen Widerlegung der Ideologie des IS dem überwiegend friedlichen Teil der Muslime, aber auch den westlichen Sympathisanten nach wie vor ein wichtiger Dienst erweisen ließe.

LENA BOPP

"Frauen für den Dschihad". Das Manifest der IS-Kämpferinnen. Mit einem Kommentar von Hamideh Mohagheghi.

Arabisch und deutsch. Herder Verlag, Freiburg 2015. 144 S., br., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Kinder, Küche
und Islam

IS sucht den Superstar:
Das Manifest des Islamischen Staates für die Frau

VON STEFAN WEIDNER

Nicht nur Männer, auch Frauen schließen sich der Terrormiliz Islamischen Staat (IS) an. Womit sie gelockt werden, verrät das Manifest der IS-Frauenbrigade al-Khansa, das mit einem ausführlichen Kommentar jetzt im Herder Verlag erscheint. Vor allem für Musliminnen mit wenig Bildung hält der IS eine auch im Westen bekannte Lösung bereit: Kinder, Küche und Islam!

  Wenn der IS die Männer mit der Aussicht auf teure Autos und die Heirat mit vier Frauen anzuwerben sucht, wie unlängst der Syrien-Rückkehrer Ebrahim B. erzählt hat, was lockt dann die sogenannten Dschihad-Bräute? Dass es die Männer sind, die sich zu Hause keine Autos leisten können, oder die Aussicht, drei Frauen neben sich zu haben, trauen wir selbst den fanatischsten Musliminnen nicht zu. Nimmt man als Anhaltspunkt die Schrift, mit der der Islamische Staat Anfang dieses Jahres selbst junge arabische Frauen anzulocken suchte, so wird nicht mit Konsum und Ausschweifung geworben, sondern mit dem glatten Gegenteil: Abkehr vom westlichen Rollenverständnis, Erfüllung durch Sittsamkeit und die Tugenden als Hausfrau und Mutter.

  Das jetzt vom Herder Verlag auf Deutsch (und dankenswerterweise im arabischen Original) veröffentlichte Manifest der Frauenbrigade al-Khansa bietet auf rund fünfzig Seiten, klug kommentiert und eingeordnet von der Herausgeberin Hamideh Mohagheghi (SZ vom 23. Juli), einen Einblick erster Hand in die Vorstellungen, Zielgruppen und Methoden, mit denen der IS auch – wir würden sagen, sogar – junge Frau anzulocken hofft.

  Sehr voraussetzungsreich ist der Text nicht. Niemand soll zum Islam bekehrt werden, vielmehr sollen die bereits gläubigen Musliminnen zum Islamischen Staat bekehrt werden. Nur dort, so heißt es, erhalte die Frau ihre wahren, vom Islam verbrieften Rechte, werde sie geachtet, wie es ihr gebührt, und habe keine Unterdrückung zu befürchten, sofern sie ihren Pflichten nachkommt. Das Frauenbild des IS unterscheidet sich wenig von dem, das bis weit ins 20. Jahrhundert auch in konservativen Kreisen im Westen vorherrschte.

  Natürlich wird das Leben im Gebiet des Islamischen Staates kräftig geschönt. Die Brutalitäten gegen Abweichler und Nicht-Muslime bleiben unerwähnt, ebenso die Misshandlungen all jener, Muslime oder nicht, die sich dem IS nicht fügen wollen. Überraschend ist jedoch, dass nicht nur gegen den gottlosen Westen und die verräterischen Schiiten polemisiert wird, sondern (nicht ohne Komik für westliche Ohren) auch gegen Saudi-Arabien: „Wir möchten nicht unerwähnt lassen, dass die einzige Angelegenheit, mit der sie (die Saudis) jetzt angeben, darin besteht, der Frau zu verbieten, Auto zu fahren.“

  Tatsächlich scheinen die saudischen Frauen zu den primären Zielgruppen zu zählen, denn auf deren oftmals prekäre Lage wird direkt angespielt: „Geh zu den Armenvierteln im Süden von Riad oder zu den Häusern der Notdürftigen in der Umgebung von Dschiddah (. . . ), so wirst Du sehen, was Deine Überprüfung zur Wahrheit führt.“ Auffällig ist auch die offenbar sehr gute Kenntnis der Diskussionen über die Rolle der Frauen im Westen. Es gibt im Text eine direkte Anspielung auf das umstrittene Betreuungsgeld: „Wir sehen sogar, dass die Regierungen einiger Staaten Gehälter und Prämien anbieten, damit die Frauen in ihr Haus zurückkehren und ihre Kinder erziehen.“

  An solchen Stellen, aber auch an der dürftigen, für die Frauen vorgesehenen Bildung – religiöse Erziehung, Haushaltskunde, ein bisschen Rechnen und Schreiben – erkennt man, wer die eigentliche Zielgruppe darstellt: Es sind genau die Frauen, die ohnehin keinen Zugang zu einer irgendwie gearteten höheren Bildung haben und keinen angesehenen Job bekommen könnten. Es ist ein Programm für junge muslimische Frauen der Unterschicht, vor allem in der arabischen Welt, aber ebenso im migrantischen Prekariat im Westen.

  Nun ist es allerdings die britische Quilliam-Stiftung (www.quilliamfoundation.org) und nicht der IS gewesen, die diesen Text erstmals in eine westliche Sprache übersetzen ließ. Quilliam versteht sich als Think-Tank und Informationsportal gegen Radikalisierung und verkündet, mit dieser Schrift die Rückschrittlichkeit des IS-Frauenbildes enthüllen zu wollen. Doch der Schuss geht nach hinten los und liefert eher ein Beispiel dafür, wie weit die Verblendung liberaler Denkfabriken mittlerweile gediehen ist. Abgesehen davon, dass sich vergleichbare Frauenbilder auch unter Fundamentalisten der anderen Weltreligionen finden, ist es nicht gerade eine Neuigkeit, dass das Frauenbild des IS extrem konservativ ist. Der IS versucht jedoch , bei arabischen Frauen Punkte zu machen, indem er die prekäre soziale Situation, die Identitätskrise und Überforderung von Musliminnen der Unterschicht thematisiert und auf seine Weise zu lösen verspricht.

  Dank der Quilliam-Foundation, muss man ironisch sagen, werden jetzt aber auch Musliminnen angesprochen, die unter ähnlichen Problemen im Westen leiden, bislang aufgrund mangelnder Hocharabisch-Kenntnisse von den Versprechen des IS aber noch nichts ahnten.

  Schlimmer ist noch, dass sich Musliminnen im Westen nun genötigt sehen könnten, sich vom kruden Frauenbild des IS zu distanzieren, das der Islamkritik die besten Argumente in die Hände spielt. Man spürt die Not und das Bedürfnis nach Abgrenzung am gründlichen Nachwort der deutschen Herausgeberin. Doch kein Muslim, gleich welcher Herkunft und welchen Geschlechts, muss sich genötigt fühlen, Manifeste des IS zu widerlegen. Durch die Erklärungsnot, in welche die Quilliam-Foundation in diesem Fall die Muslime gebracht hat, fördert sie indirekt deren Ausgrenzung.

  Das Manifest der IS Frauenbrigade al-Khansa, deren Name sich übrigens keinem muslimischen Heimchen, sondern einer berühmten frühislamischen Dichterin verdankt, ist interessant nicht als Aussage über das Frauenbild im Islam, sondern als Ausdruck der ideologischen Spannungen und Brüche, die den politischen Islam zwischen Saudi-Arabien, Islamischem Staat und Islamischer Republik Iran vor die Zerreißprobe stellen.  

Hamideh Mohagheghi (Hrsg.): Frauen für den Djihad. Das Manifest der IS-Kämpferinnen. Herder Verlag, Freiburg 2015. 144 Seiten, 14,99 Euro.

Im Manifest findet sich auch
eine direkte Anspielung auf das
umstrittene Betreuungsgeld

Westliche Musliminnen könnten
sich genötigt sehen, auf Distanz zu
gehen zum Frauenbild des IS

Screenshot eines Propagandavideos der IS-Frauenbrigade al-Khansa.

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