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Band 7 nicht mehr lieferbar!

Produktbeschreibung
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Autorenporträt
Prof. Dr. theol. Walter Kardinal Kasper, geboren 1933, von 1989 - 1999 Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, seit 1999 Sekretär und seit 2001 Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, 2001 zum Kardinal erhoben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.01.1997

Aus der dunklen Kammer
"Halbzeit" für ein monumentales Lexikon / Ein Ereignis für den deutschen Katholizismus / Von Heinz-Joachim Fischer

ROM, 5. Januar

Theologie ist die Wissenschaft - von der Theologie. Deshalb brauchen wir sie beide. Was sich da beinahe tautologisch in den Schwanz beißt, ist die große Kulturleistung christlich bestimmter Gesellschaften seit Jahrhunderten. Weil jedoch die christliche Prägung des öffentlichen und privaten Lebens abnimmt, in Deutschland und in allen anderen "westlichen" Wohlstandsvölkern, den einen zur Freude, den andern zum Leid, ist es gut, sich auf Theologie zu besinnen, auf das Sprechen, das "Wort von Gott" als Wissenschaft.

Deshalb ist das große Unternehmen, das traditionsreiche "Lexikon für Theologie und Kirche" in der dritten, völlig überarbeiteten Auflage herauszubringen, nicht nur ein buchtechnischer Vorgang, sondern auch ein Ereignis des deutschen Katholizismus, das man nicht gleichgültig vorüberziehen lassen kann. Daß jetzt dieses respektable Opus "Halbzeit" hat, weil von den geplanten zehn Bänden fünf erschienen sind, von "A" wie "A cappella" - der Gebildete merkt gleich die kulturelle Weite - bis vorerst "K" wie "Kirchengemeinschaft", verdient hohe Anerkennung. Für den Freiburger Herder-Verlag, der dabei seine ganzen Möglichkeiten als bedeutendster katholischer Verlag ausspielen kann, und für die Herausgeber, von dem Rottenburg-Stuttgarter Bischof Walter Kasper über fünf tüchtige Theologen bis zu dem Freiburger Dogmatiker Peter Walter.

Darüber hinaus stellen die fünf gewichtigen Bände die etwas abgewandelte Gretchenfrage: "Deutschland, wie hältst du es mit der Theologie?" Dem Papst könnte so etwas in den Sinn kommen; denn Johannes Paul II. fragte in Frankreich: Wie hältst du es mit deinem Taufversprechen? Die erste Antwort in Deutschland müßte darauf lauten: prächtig. Denn gleich beim Aufschlagen eines Bandes fällt auf, daß neben den sieben Herausgebern und 44 Fachberatern fast tausend Autoren beteiligt sind. Ein vergleichender Blick in das "Adreßbuch für das katholische Deutschland" zeigt, daß da längst nicht alle deutschen Theologieprofessoren erfaßt sind. Also muß der theologische Lehrapparat in deutscher Sprache doch ganz vorzüglich sein, schon mal quantitativ. Wie man von den theologischen Fakultäten und Hochschulen weiß, trifft das auch zu. Manche Bundesländer, Universitäten und Bistümer können gar nicht genug davon haben.

Daraus jedoch den Schluß zu ziehen, vorzüglich ausgebildete Theologiestudenten beiderlei Geschlechts eilten nun, dem deutschen Schülervolk in fesselndem Religionsunterricht die theologischen Grund-und Leistungskenntnisse beizubringen, erscheint jedoch gewagt. An Wissen fehlt es über Kirche und Religion im Volk der religiösen Zweifler; jede Meinungsumfrage belegt es. Daß andererseits deutsche Theologieprofessoren oder Gottes-Wissenschaftler im Konzert des deutschen Geistes ein besonders helles Instrument spielten, wäre auch zuviel gesagt. Zu leicht verleugnet der Beamte für ein kollegiales Schulterklopfen das Besondere des Gottes-Wortes, fügt sich ein in die "Klugheit der Welt", vor der schon die Bibel warnte, und gibt für das Linsengericht rationaler Aufgeklärtheit das Skandalon des Christlichen her.

Was es mit der Theologie auf sich hat, nimmt die Öffentlichkeit scheinbar nur noch wahr, und eben fälschlich, wenn jemand, wie hieß er noch?, besonders kecke Thesen vertritt - wie etwa die revolutionären Entdeckungen, Maria sei doch nicht Jungfrau gewesen oder Jesus nicht in einer Krippe geboren oder nicht auferstanden aus dem Grab. In der katholischen Kirche kann man stets Aufsehen erregen, wenn man gegen "die Institution" aufbegehrt, ihr Versagen anprangert und sich als verfolgter Dissident ausgibt. Da ist es eben gut, ein verläßliches Lexikon zu haben, in dem man sich hätte informieren können. Leider scheuen heutzutage nur noch wenige, sich mit törichten Meinungen über Kirche und deren Geschichte zu blamieren, und behaupten Phantastisches, etwa über Inquisition und Hexenverbrennungen. Da gibt es nun keine Ausrede mehr. Man kann es jetzt besser wissen, jedenfalls von A bis K.

Die Kultur

des Christlichen

Blättert man die ersten fünf Bände durch, nimmt sich das eine oder andere Stichwort vor, so kommt man aus dem Staunen - vor jeder fachtheologischen Abwägung - nicht heraus. Die Kultur des Christlichen in Europa erscheint schöner, die des Katholischen viel weiter, die Stimme der Theologie weiser, als es gewöhnlich tradiert wird und bekannt ist. Sollten die modernen Geisteswissenschaften seit der Aufklärung sich für die ehemalige Vorzugsstellung der Theologie gerächt haben? Hätten die "Mägde", nicht nur die Philosophie, sondern die Humanwissenschaften insgesamt, die frühere "Herrin Theologie" in die dunkle Kammer des Obskurantentums eingesperrt, damit sie nur nicht ihre Schätze herzeigen dürfe? Es ist geradezu kurios, wie in öffentlichen Diskussionen alle möglichen Fachleute, die Erforscher von Affenpärchen für das Sexualverhalten etwa, bemüht, kundige Theologen jedoch häufig ausgespart werden. Oder sind ernsthafte Theologen die Jahrmarktsschreierei leid?

Hilfreich auch für die Nöte unserer Gesellschaft ist es, bei den einzelnen Artikeln zu sehen, wie sich jahrhundertelang Frauen und Männer der Kirche bemüht haben, Vernunft in die rohen Sitten und vagen religiösen Gefühle der europäischen Menschheit zu bringen. Da wird zugleich die Gefahr deutlich, daß Distanzierung von Kirche und Religion auch Verlust an Kultur mit sich bringen kann, einen Schnitt in lebendige Traditionen, eine Trennung von Ursprüngen nach sich zieht. Von Nietzsche und Freud allein kann man wohl nicht leben.

Wer des Lobes voll ist über dieses Meisterwerk deutscher katholischer Theologie, soll sich nicht verpflichtet fühlen, es durch Beckmesserei zu beglaubigen. Kritischer Geist zeigt sich hier in bereitwilliger Aufnahme des Guten und Bewährten. Zwei kleine Wünsche darf man jedoch für die vierte Auflage vormerken, so etwa in 30, 40 Jahren, nach dem bisherigen Rhythmus seit eineinhalb Jahrhunderten, beginnend mit dem "Kirchen-Lexikon". Für ein Lexikon etwas zu stark hat man modische Themen aufgenommen und Akzente gesetzt. Da so etwas mit der Zeit aber ohnehin verschwindet oder sich durchsetzt, braucht man nicht ins Detail zu gehen und kann sich jetzt daran freuen, daß die Herausgeber und Fachberater und -beraterinnen auf der Höhe der Zeit sind. Für Nicht-Deutsche bedeutet das jedoch Provinzialität, Befangenheit in deutschen Sonderlichkeiten.

Zum anderen könnte man hier und da bei längeren Stichwörtern die Spannungen innerhalb der katholischen Theologie und Kirche stärker herausarbeiten, bis zum jüngsten, nicht abgeschlossenen Disput über "Empfängnisregelung". Die Entwicklung von Dogmen und theologischen Meinungen vollzieht sich auch im Katholischen gerade nicht hauptsächlich durch fertige römische Dekrete. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962 bis 1965), zu Recht häufiger Bezugspunkt im Lexikon, hat das ein für allemal dokumentiert. Freilich auch, daß man katholische Theologen nicht allein wegen ihrer Privatmeinung schätzt, sondern, wenn und wie sie die Anbindung an Kirche und Lehramt in ihr Werk integrieren. So soll es sein!

Dazu wäre freilich dem Ambitionierten unentbehrlich, dem Interessierten zu empfehlen: der klassische "Denzinger". Das ist das "Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen" des katholischen deutschen Theologen Heinrich Denzinger (1819 bis 1883), der einfach zusammenstellte, was "gut katholisch" ist, natürlich auf griechisch und lateinisch. Da ist es das Verdienst des Herder-Verlags (und der Deutschen Bischofs-Konferenz) und des Tübinger Dogmatikers Peter Hünermann, daß seit einiger Zeit in der 37. (!) Auflage eine zweisprachige Ausgabe mit deutscher Übersetzung vorliegt, sorgfältig übertragen, eine bemerkenswerte Arbeit. Es ist spannend, darin zu blättern, etwa, wenn man aus dem Jahr 888 einen Brief Papst Stephans V. an den Erzbischof Ludbert von Mainz findet, in dem Gottesurteile verworfen, nicht etwa gebilligt werden - zur Reinwaschung von Eltern, die ihre Kinder bei engen Verhältnissen im Schlaf erdrückt haben; sie sollten vernünftig beurteilt werden. Oder ein Jahrhundert später die Enzyklika Johannes' XV. an die Bischöfe und Äbte Frankreichs und Deutschlands, um die Verehrung des heiligen Bischofs Ulrich zu fördern. Wer das war? Siehe unter "A" wie "Augsburg", und warte auf Band 9 oder 10!

Renaissance

der Theologie

Damit kündet sich in Deutschland noch keine Renaissance der Theologie an. Aber vielleicht wird der Appetit bei den Gebildeten geweckt. Dann jedoch sollte man nicht Schnellkost zu sich nehmen, nicht flache Traktate, in denen angeblich der Vernunft zum Endsieg verholfen wird, sondern die Werke der "Kirchenväter", der großen deutschen Theologen dieses Jahrhunderts. Da sind an erster Stelle Karl Rahner (gestorben 1984) und Hans Urs von Balthasar (gestorben 1988) zu nennen, die zudem schmale Bändchen von hohem Gehalt geschrieben haben, zum Einlesen, bevor man sich in fachtheologische Fragen verstrickt. Da gehört inzwischen auch Joseph Ratzinger dazu, ob man will oder nicht, der junge Konzils-Theologe, der weise Kardinals-Präfekt der vatikanischen Glaubens-Kongregation, wie seine Kritiker nach seinem letzten Buch "Salz der Erde" ihm zubilligen. Vielleicht auch ein relativ Unbekannter, Eric Peterson, der 1890 in Hamburg geboren und evangelisch getauft wurde, der 1960 in Rom als fast vergessener katholischer Theologe starb. Durch ihn lernt man zugleich die protestantischen Kirchenlehrer dieses Jahrhunderts kennen und die Fülle und Vielfalt dessen, was christliche Theologie aus evangelisch-katholischem Geist bedeuten kann. Das erscheint notwendiger denn je.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dieses Lexikon sei eine wahre Arche Noah, meint Klaus Berger, alles Lebende sei darin, "von jeder Sorte zwei, eines katholisch, eines akatholisch". Zwar sei das Fassungsvermögen auch der größten Arche begrenzt, räumt Berger ein, "aber es ist schon großartig, wie weit sich des Herrgotts Tierreich erstreckt". Sehr lobt Berger die katholische Kultur, "eine Kultur, in der Bildung und Urteilsfähigkeit etwas galten", sowie den "ungeheuren Appetit auf die Welt". Namen wie Petrus Chrysologus und Bonaventura, Suarez und Johannes Piscator würden in eine "kulturell völlig ungewisse Zukunft" gerettet. Was ihm allerdings gar nicht behagt, sind die Einlassungen auf die moderne Lebenswelt. Abtreibung, Alleinerziehung, und der Ayatollah Chomeini würden behandelt, nicht aber Byzantinische Theologie. Die Liturgie kommt ihm ebenfalls zu kurz, die Exegese findert er "hölzern langweilig". Ein Problem an Bergers Rezension ist, dass er auch die bisherige Rezeption des Lexikons miteinbindet, so dass man nicht immer genau weiß, wer gerade spricht.

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