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Ri Koran war die legendäre Diva des Fernen Ostens. In China geboren, wurde sie in Shanghai als Filmstar und Schlagersängerin bekannt und bald von Hollywood als asiatische Schönheit entdeckt. 1958 kehrte sie nach Japan zurück und kämpfte dort für die Durchsetzung der Menschenrechte. Ian Buruma erzählt in seinem atmosphärisch dichten Roman die Geschichte des 20. Jahrhunderts, aber aus einem vollkommen fremden Blickwinkel. Der in den USA lebende Autor, mit der östlichen und westlichen Welt gleichermaßen vertraut, schreibt über das Schicksal einer großartigen Frau, die Millionen begeisterte und doch bis zum Ende fremd und geheimnisvoll blieb.…mehr

Produktbeschreibung
Ri Koran war die legendäre Diva des Fernen Ostens. In China geboren, wurde sie in Shanghai als Filmstar und Schlagersängerin bekannt und bald von Hollywood als asiatische Schönheit entdeckt. 1958 kehrte sie nach Japan zurück und kämpfte dort für die Durchsetzung der Menschenrechte. Ian Buruma erzählt in seinem atmosphärisch dichten Roman die Geschichte des 20. Jahrhunderts, aber aus einem vollkommen fremden Blickwinkel. Der in den USA lebende Autor, mit der östlichen und westlichen Welt gleichermaßen vertraut, schreibt über das Schicksal einer großartigen Frau, die Millionen begeisterte und doch bis zum Ende fremd und geheimnisvoll blieb.
Autorenporträt
Ian Buruma, 1951 in Den Haag geboren, lehrt als Henry R. Luce Professor am Bard College und lebt in New York. Er veröffentlicht in zahlreichen amerikanischen und europäischen Zeitschriften.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.10.2011

Drei Leben zu viel

Ian Buruma widmet sich der schillernden japanischen Schauspielerin Ri Koran. Doch sein Roman trägt schwer an dem Versuch, die Biographie der Frau mit einer Kulturgeschichte des Landes zu verbinden.

Silbrig glänzt das Jäckchen, kastanienfarben das Haar. Und auch im Gesicht gibt's keine Spur von den achtundachtzig Jahren, die Ri Koran an dem Festakt im Jahr 2008 zählt. Kein Wunder: Die ehemalige Schauspieldiva und langjährige Politikerin versteht sich auf den schönen Schein; ihren schönen Schein, der einst dazu missbraucht wurde, hässliche Wahrheiten zu verdecken. Und so erinnert sie an ebenjenen Feierlichkeiten rund um die Aufführung des Musicals "Ri Koran", das ihr bewegtes Leben erzählt, an die japanische Aggression gegenüber China, die sie früher, als Star, hatte wegretouchieren sollen. Ri Koran bereut und spricht ihr Bekenntnis zum sino-japanischen Frieden.

2008 hatte nicht nur das Musical Premiere, sondern es erschien auch ein Roman über die Judy Garland des japanischen Films. Der britisch-holländische Journalist und Schriftsteller Ian Buruma, der an der Universität unter anderem japanische Geschichte lehrt, schuf mit "The China Lover" ein knapp vierhundertseitiges Porträt, das nun auf Deutsch unter dem Titel "Die drei Leben der Ri Koran" vorliegt. Es ist eine Charakterzeichnung der Grande Dame des Kinos von außen und ein Bild der Gesellschaft von innen: Für jeden der drei Teile hat Buruma einen Erzähler gewählt, der Ri Koran eine Weile begleitet und dem Leser gleichzeitig die Augen öffnet für die Nachtseiten Japans während und nach dem Zweiten Weltkrieg.

Am Anfang des Romans erinnert sich ein ehemaliger Berater der japanischen Militärpolizei in China an die ersten Auftritte des Teenagers. "Nur der kosmopolitische Boden von Mandschukuo hatte ein solches Goldstück hervorbringen können." Yoshiko Yamaguchi, so ihr bürgerlicher Name, war die Tochter eines japanischen Glücksritters, der sich bei den japanischen Angestellten der Südmandschurischen Eisenbahn als Chinesischlehrer verdingte; so wuchs Yoshiko in der von Japan besetzten Mandschurei in einem multikulturellen Umfeld auf. Man hörte ihre Stimme im Radio, sie bekam 1938 ihre erste Filmrolle, und obwohl der Film floppte, ersang sie sich damit einen Namen. Ihre japanische Staatsangehörigkeit wurde streng geheim gehalten, und als scheinbar chinesischer Star einer japanischen Filmgesellschaft bezirzte sie die unterdrückten Chinesen ebenso wie die Japaner. Die Phantasie eines großasiatischen Reiches fand in Ri Koran, wie ihr Künstlername lautete, ihre vollendete Verkörperung.

Mit dem Film "Chinesische Nächte" trat Ri Koran 1940 denn auch einen regelrechten China-Boom in Japan los; in China allerdings hagelte es scharfe Kritik, gab die vermeintliche Chinesin dort doch eine unterwürfige junge Frau, die sich unsterblich in einen Japaner verliebt. Der berühmte Titelsong "Chinesische Nächte" ist heute ein Renner auf Youtube; die Aktrice dagegen hat sich später geweigert, ihn vorzusingen: Sie schämte sich für ihre Naivität und ihre Rolle im Propagandakrieg Japans. Nach dem Krieg wäre sie in China beinahe als Landesverräterin hingerichtet worden, hätte sie nicht ihre japanische Staatsbürgerschaft belegen können.

Überhaupt legt die Künstlerin 1945 ihre Identität als Ri Koran ad acta und erfindet sich neu als japanische und kurzfristig als Hollywood-Schauspielerin Shirley Yamaguchi. Im zweiten Teil des Romans ist der Erzähler entsprechend ein amerikanischer Filmfan. Er beobachtet, wie Yamaguchi in den Vereinigten Staaten erfolglos an ihrer Karriere bastelt, und berichtet von der Begegnung mit ihrem ersten Mann, dem Bildhauer Isamu Noguchi. Später ist er als Filmkritiker der "Japan Evening Post" rechtzeitig in Tokio, um an Yoshiko Noguchis Leben dort teilzuhaben.

Interessanter aber als die Szenen einer scheiternden Ehe und die Rekapitulation filmischer Stationen der Künstlerin ist die Schilderung der japanischen Kulturszene, der Sehnsucht nach dem verlorenen Japan und der Umarmung des Westens. Buruma scheint der unterlegenen Nation ins Herz zu schauen: Eine ungesunde Mischung aus Untertänigkeit und Überlegenheitsgefühl gegenüber den Amerikanern prägt die kulturellen Kreise im zerbombten Tokio; und der (zweite) Erzähler genießt es, ausnahmsweise mal ganz oben zu schwimmen.

Insgesamt ist Buruma ein facettenreiches Panorama Japans gelungen, während der biographische Anteil des Romans nicht recht überzeugt. Besonders merkwürdig ist die Verquickung im dritten Teil: Yoshiko mausert sich zur Journalistin und schließlich zur Politikerin, also muss ein politischer Beobachter her - und dies ist ausgerechnet ein Angehöriger der Japanischen Roten Armee. Seine Mutter schlägt sich irgendwie durch, er bricht sein Studium ab, landet bei einem Pornoproduzenten und fährt endlich mit der frischgebackenen und geschiedenen Journalistin Yamaguchi nach Saigon und Beirut. Dort verliebt er sich in eine japanische Aktivistin, zieht in ein Trainingslager der palästinensischen Befreiungsarmee, diskutiert mit RAF-Terroristen und wird als einer der japanischen Killer des sogenannten Flughafen-Massakers in Lod zum "revolutionären Helden".

Ian Buruma hat drei Romänchen in einen Roman gepackt; wobei sich die Geschichten der Erzähler nicht immer glücklich mit jener der Titelheldin verknüpfen. Es ächzt im Gebälk der Konstruktion, und oft hört man den Dozenten Buruma, der aus dem manchmal zäh geratenen Romangewebe spricht. "Die drei Leben" sind ein bisschen Roman, ein bisschen Biographie und viel gehobene Unterhaltung.

ALEXANDRA KEDVES

Ian Buruma: "Die drei Leben der Ri Koran". Roman.

Aus dem Englischen von Barbara Schaden. Hanser Verlag, München 2010. 398 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Roman, Biografie, gehobene Unterhaltung - von allem ein bisschen entdeckt Alexandra Kedves in Ian Burumas 400-seitigem Porträt Ri Korans, der "Judy Garland des japanischen Films". Dass der Autor gleich drei Erzähler auffährt, um aus dem vielfältigen Leben der zwischen China und Japan fast zerriebenen Leinwanddiva und späteren Politikerin zu berichten, scheint Kedves gut zu verstehen, schließlich war Koran ein schillernder Star. Auch lernt die Rezensentin eine Menge über die finsteren Seiten der japanischen Gesellschaft während und nach dem Zweiten Weltkrieg, ihre Sehnsüchte und ihre Umarmung des Westens. Leider überzeugt die Konstruktion Kedves weniger. Der Bezug zwischen politischer und gesellschaftlicher Erzählung und der Heldin des Buches leuchtet ihr nicht immer umstandslos ein. Und allzu oft hört sie Buruma im Hintergrund dozieren.

© Perlentaucher Medien GmbH