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Muss es mit Mitte dreißig nicht endlich losgehen?
Vier Frauen, Mitte Dreißig, in Berlin: Yoko, Friederike, Alison und Siri sind auf der Suche nach der Liebe und nach dem richtigen Leben. Und alle vier hadern mit sich, weil sie Angst vor dem Scheitern haben. Haben die Alten etwa mehr Mut als die jungen Leute? Annika Reich erzählt mit Witz und Melancholie, mit Intelligenz und Genauigkeit von einer Generation, die das Neue will und vor den alten Fragen steht. Am Ende merken die vier Frauen: Leben lernen muss jede für sich allein.

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Produktbeschreibung
Muss es mit Mitte dreißig nicht endlich losgehen?

Vier Frauen, Mitte Dreißig, in Berlin: Yoko, Friederike, Alison und Siri sind auf der Suche nach der Liebe und nach dem richtigen Leben. Und alle vier hadern mit sich, weil sie Angst vor dem Scheitern haben. Haben die Alten etwa mehr Mut als die jungen Leute? Annika Reich erzählt mit Witz und Melancholie, mit Intelligenz und Genauigkeit von einer Generation, die das Neue will und vor den alten Fragen steht. Am Ende merken die vier Frauen: Leben lernen muss jede für sich allein.
Autorenporträt
Annika Reich, 1973 in München geboren, lebt in Berlin, ist Schriftstellerin und Künstlerische Leiterin des Aktionsbündnisses WIR MACHEN DAS und WEITER SCHREIBEN, des preisgekrönten Portals für Autor:innen aus Kriegs- und Krisengebieten. Sie ist Teil der Zeit-Online-Kolumne »10 nach 8«. Bei Hanser erschienen die Romane Durch den Wind (2010), 34 Meter über dem Meer (2012), Die Nächte auf ihrer Seite (2015) und ihre Kinderbücher Lotto macht, was sie will! (2016) und Lotto will was werden (2018). Ihr neuester Roman Männer sterben bei uns nicht erschien 2023 bei Hanser Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wird man nun in Berlin anders erwachsen als woanders? Andrea Diener sucht nach einer Antwort in den Geschichten von Annika Reich und kommt zu dem Schluss, dass sich zumindest die Optionen dort vervielfachen. Als Quintessenz eines mit metaphysischen Erscheinungen und Doppelgängern hantierenden Buches ist ihr das allerdings ein bisschen zu wenig. Die von Reich entwickelten Konflikte der vier exemplarisch vorgeführten Thirtysomethings mit ihren beruflichen und familiären Verhältnissen findet sie in den Texten mitunter einfach zu billig aufgelöst. Die den Figuren angepasste Moral erscheint ihr zu schematisch, wie ihr jede der Erzählungen auch insgesamt zu geschlossen und linear vorkommt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.03.2010

Ach, das Leben kann man selbst in die Hand nehmen?

Von der Uneindeutigkeit der Verhältnisse und der Kunst, sie auszuhalten: Annika Reich hat einen Roman über vier Frauen Mitte dreißig in Berlin geschrieben - und alle sind sie "Durch den Wind".

Kaum ein Thema beschäftigt die deutsche Gegenwartsliteratur mehr als das Erwachsenwerden junger Menschen in Berlin. Es scheint dort ein besonders prototypisches Erwachsenwerden stattzufinden, das in harschem Gegensatz zur Provinzsozialisierung steht, der anderen Art des deutschen Erwachsenwerdens, die sich zu erzählen lohnt. Mitunter wird auch beides verknüpft, und Berlin erscheint als Rettung aus der Enge, als Stadt, in der alles möglich scheint, Stadt der Freiheit fernab der kleinen Nester und der Elternhäuser.

Vermutlich werden auch die Protagonisten aus Judith Hermanns Erzählungen "Sommerhaus, später" irgendwann erwachsen, feiern nicht mehr ganz so viel, bekommen Kinder oder resignieren vor ihren einst so hochfliegenden Plänen, den Möglichkeiten und der Freiheit. Man kann es sich gut vorstellen. Man kann aber auch in Annika Reichs Roman "Durch den Wind" einen Eindruck davon bekommen, wie es sein könnte, wenn die Feiern ruhiger und privater werden, das Studium den Beruf ersetzt und erste eigene Familien gegründet sind.

Geblieben ist jedenfalls die Lethargie, das ewige Warten darauf, dass das Leben oder die Stadt endlich etwas mit einem machen. Dass sich irgendetwas ändert und die Dinge sich von alleine zurechtrücken, dass sich alles findet und sich irgendwann ein Zustand einstellt, der das Ende des Suchens bedeutet, Zufriedenheit und Angekommensein.

Vier Protagonistinnen sind es, deren Leben, Familien, Verhältnisse und Wünsche Annika Reich näher beleuchtet. Und ihre Wünsche sind so unterschiedlich wie ihre Ausgangssituationen: Yoko aus Japan flieht vor ihrer Familie und allen engeren Beziehungen, die über One-Night-Stands hinausgehen. Friederike betreibt einen erfolgreichen Laden, aber Beziehung, Doktorarbeit und Schwangerschaft wollen nicht gelingen. Siri hat einen Sohn und einen Mann, den sie nicht mehr liebt. Und Alison hat eine, zumindest ihrer eigenen Ansicht nach, perfekte Beziehung zu Viktor, der jedoch eines Tages in Tokio verschwindet, während eine mysteriöse Doppelgängerin auftaucht.

Alle sind sie jung, gutaussehend, Mitte dreißig, sie arbeiten in kreativen Berufen und haben keine wirklich existenzbedrohenden Probleme. Niemand in ihrem Umfeld ist arbeitslos, niemand krank, niemand süchtig. Es sind bürgerliche Mittelschichtsfrauen, es sollte ihnen gutgehen, denn ihnen stehen alle Möglichkeiten offen. Doch glücklich ist keine von ihnen, und das liegt nicht am Leben, sondern allein an ihnen selbst.

Es sind vor allem die Motive, die den roten Faden durch das Buch und das Dickicht der Figuren bilden. Es ist das Weiß, das immer wieder benannt wird als Farbe von Schnee, Haut, Wänden und unbeschriebenen Blättern, es ist die Farbe, die alle anderen in sich trägt und alle Optionen offenlässt. Gleichzeitig ist da das Motiv des Verschwindens, des unmittelbaren Auftauchens, der Doppelgänger. Keiner kann sich der Existenz des anderen gewiss sein, nicht einmal seiner eigenen, vermeintlich fest umrissene Grenzen verschwimmen, Wahrnehmung trügt, und Tatsachen kommen ins Wanken. Es gibt Momente der Auflösung, in denen es möglich scheint, dass sich alles neu zusammensetzt - doch das geschieht nie.

Siris Welt gerät einigermaßen aus den Fugen, als ihre Großeltern sich nach vielen Jahren trennen und ihre Großmutter mit dem Mann der besten Freundin durchbrennt. Diese so unumstößliche Partnerschaft reißt auseinander, während es Siri nicht wagt, Eduard, den Vater ihres Kindes zu verlassen, stattdessen ständig krank ist und sich umsorgen lässt. Und dann ist es einfach das Leben, das alles für Siri erledigt: Eduard stirbt einen plötzlichen Tod, die Großeltern kommen wieder zusammen, sie trauert. "Dass das Leben selbst die Zügel in die Hand nehmen konnte, damit hatte sie nicht gerechnet", heißt es - und der Leser eigentlich auch nicht. Eigentlich möchte man die lethargische Siri nicht so billig davonkommen lassen und den Konflikt erzählerisch nicht ganz so simpel gelöst sehen.

Zum Motiv werden auch die Räume, in denen die Frauen sich einnisten: "Ich weiß nur, dass die Räume zu eng waren, dass ich sie zu früh abgeschlossen hatte", sagt Alison am Schluss des Buches, wenn sie ihren Viktor wiedergefunden hat. Yoko streicht ihre unentschieden weißen Räume schließlich hellgrün und trägt ein rotes Kleid, als sie den lange verehrten Chef auf dem Arbeitstisch verführt. Alle lernen etwas: die eine das Einrichten in der Uneindeutigeit, die man allgemein als Leben bezeichnet, die andere das Zurechtkommen mit Bindungen. Für jedes Problem hält die unsichtbare Macht namens Leben, die in diesem Fall die Autorin ist, eine Lektion bereit, die es zu verinnerlichen gilt, auf dass die nächste Lebensphase besser gelinge. Allen werden Sätze mit auf den Weg gegeben, die sie als Fazit ziehen können oder in ein Poesiealbum schreiben, und die doch ein wenig zu schematisch nach der Moral der jeweiligen Geschichte klingen. Immerhin gibt es für jede der Beteiligten eine eigene, maßgeschneiderte Moral.

Dafür, dass hier immerhin mit metaphysischen Erscheinungen wie Doppelgängern operiert wird, wie in Alisons Geschichte, und dafür, dass eine strenge Motivik der Farben und Räume durchdekliniert wird, sind der Autorin die individuellen Erzählungen doch sehr geschlossen und linear geraten. Und es geht am Ende um zu simple Probleme, um die großen surrealen Geschütze zu rechtfertigen, die kaum Bezug zum Thema haben und vor allem als Kulisse herhalten müssen. Es ist schade um den Aufwand des Verwirrspiels, das die Autorin mit uns treibt, wenn am Ende nicht viel mehr steht als die Einsicht Alisons, "noch nicht ganz da" gewesen zu sein und sich in eine Traumwelt geflüchtet zu haben.

Wird man nun in Berlin anders erwachsen? Zumindest scheint sich die Multioptionalität zu potenzieren, der Frauen in der Gegenwart ausgesetzt sind. Und es ist vielleicht ein besonders schales Gefühl, in der Stadt, die die große Freiheit und das wilde Leben versprach, einfach zum Alltag überzugehen wie die Generationen zuvor auch. "Viel kann man nicht mehr ändern in unserem Alter", sagt Friederike. "Außer der Farbe seiner Wände und seinem Leben vielleicht." Oder man wartet darauf, dass das Leben einen ändert. Vielleicht fällt ja einfach jemand tot um.

ANDREA DIENER

Annika Reich: "Durch den Wind". Roman. Hanser Verlag, München 2010. 330 S., geb., 19,90 .

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Eine angenehm intelligente Seismographin der heutigen Gesellschaft. Sie bringt die zentralen Fragen dieser Generation auf den Punkt. Ein großes Lesevergnügen." Denis Scheck

"Annika Reich verflicht kunstvoll die Geschichten der vier Freundinnen." Christine Regus, Die Tageszeitung, 17.04.10

"Ein Gegenwartsroman im besten Sinne, intelligent und sinnlich zugleich: 4 junge Frauen stehen vor der alten Frage, wie sich Freiheit und Bindung, Abenteuerlust und Verlässlichkeit vereinbaren lassen." Uwe Wittstock, literaturport.de
"Lavina Wilsons lyrischer Stimme können sich selbst Männer nicht entziehen."