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Ein namenloser Fremder kommt nach Winthrop, einer verschlafenen Kleinstadt im Mittleren Westen. Der erfolgreiche Werbetexter soll der Stadt zu einem neuen Namen verhelfen. Für einen Mann, der einen Anflug von Unsterblichkeit verspürt, wenn er am Boden eine Plastikbechers den von ihm erfundenen Slogan liest, sollte die Aufgabe nicht allzu schwer sein. Doch lässt sich die Vergangenheit mitsamt den alten Kränkungen und Wunden nicht einfach durch cleveres Marketing verdrängen. Eine scharfsinnige Geschichte über das zeitgenössische Amerika in all seiner Abstrusität.

Produktbeschreibung
Ein namenloser Fremder kommt nach Winthrop, einer verschlafenen Kleinstadt im Mittleren Westen. Der erfolgreiche Werbetexter soll der Stadt zu einem neuen Namen verhelfen. Für einen Mann, der einen Anflug von Unsterblichkeit verspürt, wenn er am Boden eine Plastikbechers den von ihm erfundenen Slogan liest, sollte die Aufgabe nicht allzu schwer sein. Doch lässt sich die Vergangenheit mitsamt den alten Kränkungen und Wunden nicht einfach durch cleveres Marketing verdrängen. Eine scharfsinnige Geschichte über das zeitgenössische Amerika in all seiner Abstrusität.
Autorenporträt
Whitehead, Colson
Colson Whitehead, 1969 in New York geboren, studierte an der Harvard University und arbeitete für die New York Times, Harper's und Granta. Whitehead erhielt den Whiting Writers Award (2000) und den Young Lion's Fiction Award (2002) und war Stipendiat der MacArthur "Genius" Fellowship. Für seinen Roman Underground Railroad wurde er mit dem National Book Award 2016 und dem Pulitzer-Preis 2017 ausgezeichnet. Für seinen Roman Die Nickel Boys erhielt er 2020 erneut den Pulitzer-Preis. Bei Hanser erschienen bisher John Henry Days (Roman, 2004), Der Koloß von New York (2005), Apex (Roman, 2007), Der letzte Sommer auf Long Island (Roman, 2011), Zone One (Roman, 2014), Underground Railroad (Roman, 2017) und Die Nickel Boys (Roman, 2019). Der Autor lebt in Brooklyn.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.06.2007

Mit diesem Namen werden Sie siegen
Wozu Berater so raten: Colson Whiteheads nominalistischer Roman „Apex”
Der Berufsstand des Beraters ist einer der schillerndsten. Wenn sich alle kompetent fühlen, und keiner so richtig, dann kann sich alles hinter der Berufsbezeichnung verbergen. Berater äußern sich zu Kleiderkauf, zu Unternehmensführung, Ernährung, Sex. Der Held von Colson Whiteheads Roman „Apex” berät Kunden bei der Wahl von Namen. Meistens handelt es sich um Shampoos, Medikamente oder Wattestäbchen, denen „der Beste seines Fachs” einen Namen gibt. Doch nun bekommt der Berater, dessen klischierte Gedankenwelt Whitehead mit Sätzen wie „Wenn er . . . die Flure des Büros entlangging, wären Anglerstiefel von Vorteil gewesen – er watete durch einen spürbaren Sumpf von Neid” illustriert, einen besonderen Auftrag. Der Computerunternehmer Lucky Aberdeen heuert ihn an, damit er der kleinen Stadt Winthrop im mittleren Westen Amerikas einen neuen Namen gibt. Der von Aberdeen favorisierte Name lautet New Prospera.
Noch trägt die Stadt den Namen des großen Stacheldrahtherstellers, durch den sie einst zu Wohlstand gelang, denn außer dem Gewehr und der Eisenbahn war es der Stacheldraht, der die Eroberung des Wilden Westens möglich machte. Zumindest dem Namen nach ist der alte Industriepionier überall, Hotels, Plätze, Straßen und der ganze Landkreis sind nach ihm benannt. Doch von der Winthrop-Sippe ist nur noch der Urenkel Albie übrig, der auf dem Stacheldraht sitzen bleibt und darauf besteht, dass die Stadt ihren Namen behält. Schließlich mischt sich die schwarze Bürgermeisterin Regina Goode in den Namensstreit ein. Sie erinnert daran, dass die Stadt von freigelassenen Sklaven gegründet wurde und von ihnen den Namen Freedom bekam. Kann der hinzugezogene Experte, der selbst schwarz ist, eine andere Entscheidung treffen, als die Stadt Freedom zu nennen? Bevor er sich entscheidet, stellt er eine Bedingung: Die Stadt muss den Namen, den er ihr gibt, mindestens ein Jahr lang tragen.
Mindestens ebenso viel Platz wie die Stadt Winthrop räumt der Autor dem Dilemma des Helden ein, dessen Namen er niemals nennt. Dessen größter beruflicher Erfolg ist die Umbenennung eines minderwertigen medizinischen Pflasters in „Apex” („Apex zaubert Wunden weg”) gewesen. Das Besondere an Apex ist, dass es in unterschiedlichen Farbtönungen auf den Markt kommt, je nach Hautfarbe der Zielgruppe: „Was man wollte, war keine vollständige Tarnung, sondern etwas, was der Verletzung nicht noch die Kränkung hinzufügte.” Apex ist der Punkt, in dem sich die Diskurse des Romans kreuzen: Das englische Wort heißt so viel wie „Höhepunkt” und ist in diesem Sinn auf die Karriere des Beraters zugeschnitten. Zweitens symbolisiert das Pflaster den Prozess der Namensgebung: Etwas einen Namen geben, heißt bei Whitehead, es überkleben und zu verstecken, besonders, wenn eine unschöne Sache benannt wird. Drittens macht das nach Hautfarben differenzierte Pflaster die besondere Brisanz deutlich, die Namen und Namensgebung haben, wenn es um die „anderen” und konkret um den Umgang mit der Unterdrückung der Schwarzen geht.
Was wir benennen, gibt es nicht
Colson Whitehead wendet sich damit abermals dem Verhältnis zwischen Schwarzen und Weißen zu, indem er den Kern der Probleme in der Vergangenheit sucht. Der 1969 in Manhattan geborene Autor, der in Harvard studierte und heute in Brooklyn lebt, ist vor einigen Jahren mit seinem Roman „John Henry Days” bekannt geworden. Darin nahm er den Mythos um den schwarzen Volkshelden John Henry auseinander, der in einem Zweikampf mehr Felsgestein zertrümmerte als ein gegen ihn angetretener Dampfhammer, danach aber mit dem Hammer in der Hand tot umfiel. In „Apex” nimmt Whitehead wieder eine historische, zugleich aber fast linguistische Perspektive ein, pendelt zwischen soziologischer Betrachtung und Andeutungen zu philosophischen Fragen des Nominalismus und Essentialismus. „Farbiger, Neger, Afroamerikaner, afrikanischer Amerikaner. Nicht, dass man überhaupt Schritt halten konnte. Alle paar Jahre kam jemand mit irgendetwas an, das uns seinen Zentimeter näher an die Wahrheit brachte. Als ob es das, dem wir uns zu nähern glaubten, tatsächlich gäbe.”
In der klaren Aufgabenstellung des Romans und in seinem Ehrgeiz, das Thema von verschiedenen Seiten anzugehen, liegt jedoch sein Problem. Die langen Einlassungen machen ihn behäbig. Altkonservativer, Yuppie und schwarze Bürgerrechtlerin reden genau so, wie man es von jedem anderen Vertreter ihrer Gruppe erwartet hätte, und wenn der Held vom Computerunternehmer zur Bürgermeisterin über die Straße geht, dann wirkt das, als ginge er von einem Haus mit der Aufschrift „These” zu einem anderen mit der Aufschrift „Antithese”. Whiteheads Gedanken sind dabei gut, die Darstellung eines Geistes, der ständig damit beschäftigt ist, Dingen und Menschen Etiketten anzuheften, ist gewitzt, und die Verwendung des Apex-Motivs sogar virtuos, aber das dünne Fädchen der Geschichte hält die Reflexionen kaum zusammen.
Vielleicht hat Whitehead deshalb das, was von ihr übrigbleibt, grell eingefärbt: Eines Tages stößt sich der Berater den Zeh blutig. Er greift zu einem Apex-Pflaster, um ihn zu kurieren. Der Zeh beginnt zu eitern, aber statt zum Arzt zu gehen, wechselt der Mann bloß das Pflaster. Am Ende muss der Zeh amputiert werden, und die Geschichte um Apex spitzt sich zu der allzu klaren Botschaft zu, dass ein schöner Name unschöne Tatsachen nicht wegzaubern kann. KAI WIEGANDT
COLSON WHITEHEAD: Apex. Roman. Aus dem Amerikanischen von Nikolaus Stingl. Carl Hanser Verlag, München 2007. 191 Seiten, 17,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Zu dünn findet Rezensent Kai Wiegandt die Geschichte in Colson Whiteheads neuem Roman "Apex". Withehead erzählt darin von einem schwarzen Mann, der dem Beruf eines Namensberaters nachgeht. Seinen Erfolg verdankt der selbst namenlose Protagonist dem Namen "Apex" - so hatte er einst ein minderwertiges Pflaster umbenannt. Im Namen dieses Pflasters verdichten sich für Wiegandt mehrere Motivstränge des Romans: Einerseits stehe er als "Höhepunkt" bildlich für die Karriere des Beraters und andererseits entlarve er den Vorgang der Namensgebung als das Verstecken einer "unschönen Sache". Die Verwendung dieses vielschichtigen Motivs findet Kai Wiegandt zwar virtuos. Jedoch mache ansonsten gerade der offensichtliche Anspruch der Vielschichtigkeit den Roman vorhersehbar. Der Rezensent stört sich dabei insbesondere an zahlreichen Klischees und ausführlich ausgebreiteten Thesen, die Whiteheads Figuren offenbar zum besten geben müssen. All dies legt für den Rezensenten offen, dass die Geschichte die Reflexionen nicht tragen kann.

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" ... wunderbar eingefädelte Satire auf die einträgliche Scharlatanerie der Werbebranche." Thomas David, Die Zeit, 22.03.07 "Colson Whiteheads wunderbarer neuer Roman 'Apex' erzählt von einer schönen neuen Welt, in der sich alles nur um Geld dreht." Welf Grombacher, Hamburger Abendblatt, 03./04.03.07 "Mit detektivischem Spürsinn entwirft Whitehead das Diagramm einer Provinzmentalität, die sich in den Bann einer trügerischen Vision begibt."Andrea Köhler, Focus, 07.04.07 "Mit manchmal zynischem Witz und mit Hilfe eines Phantomzehs als Symbol einer Identitätskrise hat Whitehead eine Satire auf die Warenwelt geschrieben." Frankfurter Rundschau, 12.05.07 "Wieder einmal erweist sich Whitehead als hervorragender Beobachter in jenem Naturschutzgebiet, das sich weiße Mittelschicht nennt." Silja Ukena, Kultur-Spiegel, 05/07 "Whiteheads Gespür für die Widersprüche des amerikanischen Traums sowie die Fähigkeit, seine Erkenntnisse witzig zu formulieren, haben ihm einen prominenten Platz unterden amerikanischen Schriftstellern seiner Generation erobert." Thomas Leuchtenmüller, Neue Züricher Zeitung, 30.06. - 01.07.07