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Ein Sohn verbringt die Nächte am Kopfende des Bettes seines sterbenden Vaters, und er folgt mit Blicken immer mehr der Pflegerin Laura. Eine Mutter schleicht nachts mit der Taschenlampe durchs Haus und weckt ihre Familienmitglieder mit einem Lichtstrahl ins Gesicht. Ein Liebespaar verlebt das Ende seiner Liebe am Meer, und als einzige Gemeinsamkeit ist Ihnen die Nähe ihrer Füße geblieben. Joseph Zoderer erzählt von Menschen, die mit dem Leben nicht zurechtkommen - in einer klaren, nüchternen und zugleich ungemein starken Sprache.

Produktbeschreibung
Ein Sohn verbringt die Nächte am Kopfende des Bettes seines sterbenden Vaters, und er folgt mit Blicken immer mehr der Pflegerin Laura. Eine Mutter schleicht nachts mit der Taschenlampe durchs Haus und weckt ihre Familienmitglieder mit einem Lichtstrahl ins Gesicht. Ein Liebespaar verlebt das Ende seiner Liebe am Meer, und als einzige Gemeinsamkeit ist Ihnen die Nähe ihrer Füße geblieben. Joseph Zoderer erzählt von Menschen, die mit dem Leben nicht zurechtkommen - in einer klaren, nüchternen und zugleich ungemein starken Sprache.
Autorenporträt
Joseph Zoderer, geboren 1935 in Meran, lebt als freier Schriftsteller in Terenten/Pustertal und Bruneck. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Hermann-Lenz-Preis (2003) und Walther-von-der-Vogelweide-Preis (2005). Er zählt zu den herausragenden Stimmen deutschsprachiger Literatur.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"So elegisch, dass es weh tut", findet Rezensent Herman Kurzke die in diesem Band versammelten sechs Erzählungen des Tirolers Joseph Zoderer. Zusammen ergeben sie für Kurzke eine Art biografisches Stationendrama, eine "Bilanz in sechs Erinnerungsschritten", deren Zufälligkeit durch "eine Grundstimmung von Wehmut und Abschied" zusammengehalten werde. Zoderers Weltschmerz und "Wuttrauer" entzünde sich nicht nur an einem nichtgelebten Leben, am Tod von Verwandten oder verlorenem Glück, sondern "der Bitternis des Lebens überhaupt" , an der "Unfähigkeit, das Rechte zu tun". In der Rolle des radikalen Zweiflers ist Zoderer dem Rezensenten ausgesprochen sympathisch. Auch, dass die Schilderung seines als missglückt empfundenen Lebens ohne Aggressivität und Satire auskommt, macht diese "fiktiven Erinnerungen" für den Rezensenten ausgesprochen authentisch. Mutig findet Kurzke besonders, wie ungeschützt Zoderer in seinen Texten die Sinnfrage stellt, die Kurzke zufolge "literarisch lange als unmodern galt".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.10.2005

Wehmütiger Fatalist
Joseph Zoderers Erzählungen aus Tirol / Von Hermann Kurzke

Als Hitler, um Mussolini zufriedenzustellen, die Südtiroler verriet, die große Hoffnungen auf ihn gesetzt hatten, blieben ihm gleichwohl viele verwirrte Gläubige, die sich mehr oder weniger willig umsiedeln ließen. Man hatte ihnen die vergiftete Frage gestellt: Wollt ihr Deutsche bleiben oder Italiener werden? Wer für Deutschland optierte, riskierte Verschickungen überallhin, wo Hitlers Truppen Lebensraum für deutsche Siedler zu schaffen gedachten.

Joseph Zoderer war damals ein Kind von vier Jahren, und es liegt nahe, zwischen Zoderer und dem sich erinnernden Ich seines Buches wenig Unterschied zu machen, denn die wesentlichen Daten und Orte von Erzählungsbuch und Leben stimmen überein. Der 1935 in Meran geborene Zoderer läßt uns die Freiheit, sein Buch autobiographisch oder als die fiktiven Erinnerungen eines mittlerweise siebzigjährigen Zeitbetrachters zu lesen.

Die sechs Erzählungen bilden zusammen eine Art Stationenroman. Der Lebensfilm wird ungefähr alle zehn Jahre angehalten, so daß eine Bilanz in sechs Erinnerungsschnitten entsteht. Auf die gehorsam hingenommene Umsiedlung nach Graz im Januar 1940 folgen Rückblicke auf den Tod des Vaters und die erste Liebe, auf den Tod der Mutter, auf den Selbstmord der drogenkranken Monika und auf die schmerzhaft fremde Wiederbegegnung mit der einst geliebten Nela. Die Zufälligkeit der Episoden wird durch eine Grundstimmung von Wehmut und Abschied zusammengehalten. In der letzten Erzählung, die in der Gegenwart spielt, sinniert ein vom Nachrichtenmüll unserer Zeit überfüllter Autor über seine Heimat. Er sucht nach dem Zusammenhang seines Lebens, dem großen Warum und nach dem Himmel, der alles überwölbt. Die Sinnfrage, die literarisch lange als unmodern galt, so ungeschützt zu stellen ist mutig, denn dem Erzähler wird ein Urteil über das Lebensganze abverlangt.

Seine Bilanz gerät so elegisch, daß es weh tut. Das Wort "Wuttrauer" fällt und ist am Platz. Der Weltschmerz entzündet sich nicht nur am nichtgelebten Leben und am verlorenen Glück, sondern an der Bitternis des Lebens überhaupt, am Gestoßensein von Zufällen und an der eigenen Unfähigkeit, das Rechte zu tun. "Ich weiß, daß ich die ganze Zeit über traurig war und böse zugleich, ich wollte etwas kaputtmachen und war enttäuscht darüber, daß es sich kaputtmachen ließ, und das machte auch meine Traurigkeit aus, ich war unfähig, es zu verhindern."

Die Schilderung des mißglückten Lebens erfolgt hier ohne Aggressivität, nicht im Geist der Satire. Hier wird niemand angeklagt für Fehler, die er machte, denn niemand hat es in der Hand, sein Glück zu wenden. Zoderer hat sich damit abgefunden. Er nimmt fatalistisch alles hin, das Schöne wie das Häßliche, das seltene Gute wie das häufigere Böse. "Alles ist Teil eines Lebensabenteuers, auch wenn dieses nach Gülle stinkt." Er protestiert nicht mehr. Am Ende gestattet er sich sogar die resignierte, alle aufgeklärte Weltverbesserung hintergehende Formel der konservativen Lebensphilosophie: "Es ist, wie es ist."

Joseph Zoderer: "Der Himmel über Meran". Erzählungen. Hanser Verlag, München 2005. 141 S., geb., 14,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Mit diesem Band hat er seinen vielen Lesern ein besonderes Geschenk gemacht...In wenigen Strichen bringt er Figuren zum Atmen. Sie sind das Markenzeichen dieses echten Romanciers, dessen Kunst sich nicht, wie sonst oft in der Gegenwart, im Monodrama einer Hauptgestalt erschöpft." Beatrice von Matt, Neue Zürcher Zeitung, 25.11.05

"Auch mit diesem Buch meisterhafter Erzählungen erweist sich Joseph Zoderer als unbestechlicher, genauer, poetischer Chronist der Gegend, in die er hineingeboren wurde - und er wird damit einer Art von Bestimmung souverän gerecht." Georg Pichler, Die Presse, 26.11.05

"Zoderers Geschichten haben häufig eine Distanz und Härte, die mit poetischen Bildern eine eigenartige Verbindung eingehen. Daraus entsteht eine Erzählmagie, der man sich schwer entziehen kann." Evelyne Polt-Heinzl, Die Furche, 08.12.05