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"Dein Werk ist ein Wunder", schrieb Antonio Tabucchi über Tullio Pericoli, "du bist der wahre Erzähler!" Ja, die Porträts dieses wundervollen Zeichners und Malers ergeben, zusammengestellt wie in diesem Band, eine Geschichte ganz eigener Art: eine Erzählung über die Menschen, die Literatur-, Musik- und Geistesgeschichte geschrieben haben.

Produktbeschreibung
"Dein Werk ist ein Wunder", schrieb Antonio Tabucchi über Tullio Pericoli, "du bist der wahre Erzähler!" Ja, die Porträts dieses wundervollen Zeichners und Malers ergeben, zusammengestellt wie in diesem Band, eine Geschichte ganz eigener Art: eine Erzählung über die Menschen, die Literatur-, Musik- und Geistesgeschichte geschrieben haben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.10.2003

Von der großen Kunst der kleinen Abweichung
Lauter Gezeichnete: Die gesammelten Porträts des italienischen Karikaturisten Tullio Pericoli fügen sich zu einem Lexikon des berühmten Gesichts / Von Robert Gernhardt

Georg Christoph Lichtenberg hat das menschliche Gesicht als "die unterhaltsamste Fläche der Welt" bezeichnet, und die bildenden Künstler aller Zeiten haben dafür gesorgt, daß zumindest einige dieser Flächen für anhaltende Unterhaltung sorgen. In so dauerhaften Techniken wie Stein, Bronze und Öl haben sie die Abbilder ihrer Zeitgenossen ebenso auf die Nachwelt gebracht wie mit Hilfe scheinbar so flüchtiger Materialien wie Kohle, Kreide und Bleistift. Alle drei sind wenig mehr als notdürftig gebundener Staub, und doch erzählen Kohle-, Kreide- und Bleistiftzeichnungen bis auf den heutigen Tag davon, wie unterhaltsam längst zu Staub zerfallene Gesichter einst gewesen sind und was die ebenfalls Staub gewordenen Porträtisten an ihnen gefesselt hat - man denke an Dürers Kohleporträt seiner betagten Mutter, an Holbein des Jüngeren Kreidezeichnung der jungen Jane Seymour oder an die Bleistiftzeichnung, welche Ingres von Monsieur Bertin angefertigt hat, jenem zupackenden Unternehmer im besten Mannesalter, den er dann auch in Öl verewigt hat.

Wer sich darauf einläßt zu porträtieren, sollte zeichnen können. Jedermann, der beide vor Augen hat, den Abgebildeten und das Abbild, kann jedwede Zeichnung überprüfen, und das "So sieht der X aber nicht aus!" des erstbesten Lausers hat schon so manchen Meister alt aussehen lassen.

Trotzdem waren noch im vorigen Jahrhundert immer wieder Künstler dazu bereit, die Herausforderung des Porträts zu schultern: Picasso, Beckmann, Dix, Grosz, Giacometti - sie alle haben Gesichter gezeichnet trotz der Möglichkeit, sie zu fotografieren; nach Hockneys und Janssens Alleingängen freilich scheint die Porträtzeichnung in der Hochkunst so gut wie ausgestorben - schon wenn sich jemand in den sechziger oder siebziger Jahren nach allen Regeln der Pop-Kunst verewigen lassen wollte, lieferte Warhols Factory das Gewünschte: farbig verfremdete Siebdrucke nach möglichst beliebigen Fotos.

Schlechte Zeiten für das gezeichnete Porträt. Nicht nur, daß jeder sich und andere knipsen kann, das Zeichnenkönnen steht nicht besonders im Kurs, seitdem die Hochkunst platter Gegenständlichkeit und blanker Wiedererkennbarkeit mit zunehmender Schärfe die Tür weist - und das schon seit gut hundert Jahren. Was aber machen jene Unterhaltungssüchtigen, die trotz hilfreicher Technologien und folgenreicher Ungegenständlichkeit nicht auf das Vergnügen verzichten wollen oder können, sich zeichnend auf das menschliche Gesicht einzulassen? Sie gehen in den Untergrund. Die Hochkunst streicht das Porträt aus der Liste ihrer Sujets? Dann gibt es ja noch die Karikatur, mittels derer unerschrockene Porträtisten ihre Künste erproben und ihre Lösungen zu Papier bringen können. Porträtkarikatur, Fotografie und Presse sind nicht zufällig in ein und demselben Jahrhundert groß geworden: Nur wer das Abbild eines Zeitgenossen vor Augen hat, wird auch dessen Spottbild goutieren können.

Daumier in Frankreich, Gulbransson in Deutschland, Levine in den Vereinigten Staaten - sie alle haben die Fackel des komischen Porträts durch die Jahrzehnte und über Ländergrenzen hinweg weitergereicht, bis Anfang der Sechziger ein noch junger Italiener sie ergriff und eine Zeichner-Karriere startete, die je nach Blickpunkt beispiellos oder beispielhaft genannt zu werden verdient.

Behauptungen, die sich überprüfen lassen. Auf rund sechshundert Seiten versammelt der "Die Porträts" betitelte Band die von Tullio Pericoli Gezeichneten, ein ungewöhnlich beredtes respektive ungewohnt stummes Buch - eine Behauptung, die der Erklärung bedarf.

Sprechend sind die über fünfhundert versammelten Bildnisse; sie berichten von Schein und Sein der Porträtierten ebenso wie von den Fähigkeiten und Vorlieben des Porträtisten. Ungemein wortkarg dagegen die Informationen über die Dargestellten und den Darsteller: Da wird nicht mehr verraten als die Namen der Gezeichneten; zum Zeichner finden sich zwanzig Zeilen Klappentext. Den Abschluß des Buches aber bildet ein siebenundzwanzigseitiges Abbildungsverzeichnis, das seinerseits mehr Rätsel aufgibt denn löst. Es nennt sich "Indice delle Tavole" und führt neben Entstehungsjahr und Größe des jeweiligen Blattes auch die Techniken an: "matita, carboncino, pastelli". Sprich "Bleistift, Kohle, Pastell" - wollte der Hanser Verlag diese Angaben nicht übersetzen? Konnte er es nicht?

"Die Originalausgabe erschien unter dem Titel ,I Ritratti' bei Adelphi in Mailand", lese ich im Impressum; die deutsche Ausgabe wurde in Italien gedruckt, höre ich - da scheint einiges durcheinandergeraten zu sein, fürchte ich.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, heißt es, doch manchmal sind einige Worte ja auch ganz bildend. Versuchen wir also, die kargen Angaben des Buches nach allen Regeln der Informationskunst anzureichern, bevor wir uns Gedanken darüber machen, worin die besondere Kunst des Zeichners Pericoli besteht. Wer? Was? Wie? Warum? Darüber habe ich mich bei jemandem schlau zu machen versucht, der es wissen muß, bei Tullio Pericoli.

Wer? Der Zeichner wurde 1936 in Colli del Tronto, einem kleinen Ort in der Marche, geboren. Er besuchte die Schule in Ascoli, dem größeren Nachbarort, in welchem er 1960 seine ersten Porträts veröffentlichen konnte, auf der Regionalseite der Zeitung "II Messaggero". Spätestens Anfang der Achtziger wurde Pericoli auch in Deutschland bekannt: Der Prestel Verlag brachte seinen ersten Porträtband heraus, "Woody, Freud und andere". Zugleich zeigte Herwig Guratzsch, damaliger Direktor des Wilhelm-Busch-Museums in Hannover, Originale des Italieners.

Was? Das Buch enthält 577 Porträtzeichnungen in alphabetischer Reihenfolge, von Anna Achmatova bis Elémire Zolla, was nicht mit der Zahl von 577 Porträtierten gleichgesetzt werden darf. Häufig liefert Pericoli zwei und mehr Versionen ein und desselben Dargestellten, oft liegen Jahre zwischen den Blättern. Sigmund Freud hat er erstmals 1981 gezeichnet, das vierte Freud-Blatt stammt aus dem Jahre 2002. Beckett tritt uns fünfmal entgegen, Spitzenreiter wie Kafka bringen es auf sechs Porträts in diversen Techniken. Die Porträtierten stammen aus fünf Jahrhunderten, von Shakespeare bis Handke, aus verschiedenen Kontinenten, vorzugsweise aus Europa und den Vereinigten Staaten, und aus unterschiedlichen Berufen. Literatinnen und Literaten überwiegen, doch finden sich auch Komponisten von Bach bis Ligeti, einige wenige Maler, fast alles Italiener, Regisseure von Eisenstein bis Fellini, Denker wie Foucault und Wissenschaftler wie Einstein. Die deutschsprachige Kultur ist gut vertreten, von Adorno, dreimal, über Bernhard, dito, Goethe, zweimal, Thomas Mann, dreimal, bis Christa Wolf, einmal, reicht das Personal, das auch weniger bekannte Namen enthält, Lernet-Holenia etwa oder Lou von Salomé.

Wie? Ergänze: kam es zu dieser Auswahl? Durch Nachfrage und Vorliebe. Von Beginn an hat Pericoli Aufträge für Zeitungen und Zeitschriften ausgeführt, von "Il Giorno" bis "La Repubblica". Seit früher Jugend war er ein passionierter Leser, und das Gelesene hatte ein oft geradezu investigatives Interesse für den Schreibenden zur Folge. Der Robert Louis Stevenson - was ist denn das für einer gewesen? Sechsmal hat der Italiener den Engländer in den Jahren 1986 bis 1992 dargestellt, in die Betrachtung imaginierter Landschaften versunken oder geradewegs in ihnen versinkend. Stevenson sei jemand, der ihn weniger durch seine Themen als vielmehr durch seinen Blick auf die Welt fasziniere, sagt Pericoli: "Mit dem würde ich mich gerne einmal ein Wochenende lang unterhalten können."

Bertolt Brecht dagegen ist nur einmal vertreten: Zu diesem sicherlich wichtigen und bedeutenden Autor habe er ganz einfach keine engere Beziehung, gibt Pericoli zur Erklärung an, und zum Buch führt er aus, die Idee des Werks sei ein veritables "Gesichterlexikon" gewesen, weshalb er das in Jahren angesammelte Material noch um vierzig neue Zeichnungen angereichert habe. Auch der Verzicht auf Informationen zu den Dargestellten sei sein Wunsch gewesen: Laßt Gesichter sprechen!

Warum? Was den Zeichner zum Zeichnen anhielt, haben wir bereits erfahren. Doch weshalb sollte sich ein Betrachter die Zeichnungen anschauen? Weil sie das sind, was bemerkenswerte Kunst auszeichnet: nützlich und erfreulich.

Obwohl Pericoli seine Porträts alphabetisch und nicht chronologisch präsentiert, wird selbst dem oberflächlichen Betrachter auffallen, daß die Zeichnungen verschiedenen Perioden zuzuordnen sind. Das älteste Blatt von 1980 zeigt einen Umberto Eco in klassischer Karikaturistenmanier: Knopfäugig, großköpfig und kleinleibig hockt der Verfasser von "Der Name der Rose", als mönchischer Schreiber drapiert, in einer dekorativ gefaßten mittelalterlichen Majuskel - einem U selbstredend -, so, als beginne mit ihm das "Buch Umberto". Als Technik gibt der "Indice" an "aquarello e inchiostro su carta", "Aquarell und Tusche auf Papier" also - wir haben uns das Blatt demnach farbig vorzustellen, da die Reproduktionen des Buches aus Kostengründen leider durchweg in Schwarzweiß gehalten sind.

Neunzehn Jahre später hat Pericoli den Eco erneut porträtiert, diesmal unter Verzicht auf Farbe, illustrative Einbettung und bewährte Karikierungstechniken: Die schnörkellose Federzeichnung zeigt eine Halbfigur mit Büchern und konzentriert sich auf ein Gesicht, das weniger belustigen soll, als vielmehr den Betrachter belustigt mustert.

Eine Entwicklung, die Pericolis Porträtwerk durchzieht. Hatte er seine Helden anfangs gern ganzfigurig in sehr beredte Zusammenhänge gestellt - Kafka wandelt über einen unendlichen, äußerst kafkaesken Schreibtisch. Einstein radelt mit Karacho über die Welt und durch den Raum -, so beschränkt er sich mit den Jahren auf das immer rascher erfaßte Gesicht, greift er statt zur kläubelnden Zeichenfeder immer häufiger zu Kohle, Bleistift und, wenn er farbig arbeiten will, zum Pastell.

Kein Zweifel: Der Pericoli von heute traut sowohl den Gesichtern mehr zu als auch seiner Fähigkeit, diese Gesichter auszuhorchen. Nicht mehr um augenzwinkernde, an den Kenner gerichtete Pointen geht es ihm, sondern um größere Zusammenhänge. Seine Vorlagen seien so gut wie immer Fotos, sagt er, doch jedes Foto halte nur einen Augenblick fest, während das gezeichnete Abbild eine Erzählung beinhalte. Richtiger: Es könne zu einer Erzählung auswachsen, wenn der Zeichner das Gesicht zu deuten verstehe. Das einzelne Foto sei stumm, erst eine Vielzahl helfe weiter. Zusätzlich aber sei die Kenntnis der Texte des jeweiligen Models vonnöten, sie vor allem trügen dazu bei, die Fotos zu entschlüsseln. Nur nach solcher Vorarbeit könne er darangehen, ein Gesicht zum Sprechen zu bringen, indem er zeichnend versuche, darin Ideen aufzustöbern und Lebensgeschichte freizulegen.

Nicht mehr um Porträtkarikaturen bemühe er sich, sondern um karikierende Porträts - es macht sicherlich nicht den geringsten Reiz dieser Sammlung aus, daß sie den Betrachter von Blatt zu Blatt mit den unterschiedlichsten Mischungsverhältnissen von respektvollem Abbild und liebevollem Spottbild konfrontiert: Ist der beleibte Bach an seiner Zwergorgel, 1986 gezeichnet, noch schiere Karikatur, so blickt uns auf der folgenden Seite eine Ingeborg Bachmann von 2003 an, festgehalten in einer fast ganz und gar der Realität verpflichteten Zeichnung, wäre da nicht dieser Gegensatz von lachendem Mund und stechendem Blick, der Bände spricht. Doch worüber?

Das Vergnügen an Pericolis Blättern speist sich aus vielerlei Quellen. Da er viel kann, kann er in vielen Zeichner-Rollen brillieren. Als Kenner der Kunstgeschichte zitiert er locker, von Lorenzo Lotto bis David Hockney, als Wanderer zwischen Karikatur und Hochkunst betritt er fortlaufend Neuland, als Virtuose reduziert er William Faulkner auf einige wenige schöne Linien, als Realist registriert er jede einzelne Falte im durchfurchten Gesicht des Samuel Beckett - doch wäre all dieses Maskenspiel nur halb so unterhaltsam, überließe Pericoli dem Betrachter nicht ebenfalls eine tragende Rolle, die des Richters.

Sieht der X wirklich so aus? Ist das tatsächlich die Y?" Vor den meisten Zeichnungen wird der Betrachter dem Zeichner vorbehaltlos oft begeistert zustimmen - "Das isser!" -, sofern er ein halbwegs verfestigtes Inbild des Abgebildeten bestätigt, wenn nicht übertroffen sieht: Was Pericoli beispielsweise aus John Updike macht, eine Art Updike-Essenz, läßt alle vage erinnerten Updike-Fotos weit hinter sich. Was gelingen kann, kann jedoch auch schiefgehen: Hin und wieder - selten genug - meldet sich auch Widerspruch: Dieser formelhafte Rokoko-Monsieur soll Voltaire sein? Dieser unfertige Schönling Paul Celan darstellen?

Ein Gesicht ist nicht nur die unterhaltsamste, sondern auch die heikelste Fläche der Welt, und niemand weiß das besser als der Porträtzeichner. Kleinste Proportionsverschiebungen können die größten Unähnlichkeiten zur Folge haben, während andererseits die heftigsten Entstellungen typischer Züge ebenso gesteigerte Kenntlichkeit nach sich zu ziehen vermögen. Besagte Züge aber müssen erst einmal von Gesicht zu Gesicht gefunden und durch Versuch und Irrtum auf ihre Brauchbarkeit hin überprüft werden - wie ungemein häufig Pericoli fündig geworden ist, kann wiederum jeder Betrachter des Buches überprüfen.

Pericoli hat es Carlo Paci gewidmet, "dem Chefredakteur des ,Messaggero', in Ascoli seit 1960". Diesem ersten Auftraggeber sind viele weitere gefolgt, einen von ihnen, Fugenio Scalfari, den Gründer und langjährigen Chefredakteur der Tageszeitung "La Repubblica", hat Pericoli auch gezeichnet und ins Buch aufgenommen. Kunst kommt eben nicht nur von Können, sondern auch von Unter-Beweis-stellen-Können, und wenn etwas angesichts der "Porträts" nachdenklich stimmt, dann die Tatsache, daß es keinem deutschen Zeichner beschieden gewesen ist, in den letzten vierzig Jahren eine auch nur annähernd vergleichbare Karriere zu durchlaufen - Volker Kriegel, Hans Traxler, F. W. Bernstein, Manfred Bofinger, Greser und Lenz, Hilke Raddatz -, sie alle haben ihre karikierenden Porträtistenqualitäten in abgelegenen Publikationen erproben können, keiner von ihnen wurde im überregionalen Feuilleton einer breiteren Öffentlichkeit mit schöner Regelmäßigkeit vorgestellt: Italien, du hast es besser . . .

Trösten wir uns also damit, daß Pericoli seine Recherche so glanzvoll hat betreiben können, und schließen wir mit einem Gruß an diejenige, die ihn jahrzehntelang Porträts machen ließ und hieß: Auch die Presse sei bedankt, sie hat sie ihm abverlangt.

Tullio Pericoli: "Die Porträts". Hanser Verlag, München 2003. 577 S., br., 36,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Für Rezensent Robert Gernhardt speist sich das Vergnügen an diesem "Gesichterlexikon" aus vielen Quellen. Da der Zeichner Tullio Pericoli seiner Ansicht nach viel kann, sieht er ihn in vielen Zeichnerrollen brillieren und aus der Kunstgeschichte "locker zitieren": von Lorenzo Lotto bis David Hockney. 577 Porträts enthält das Buch Gernhardt zufolge, "von Anna Achmatowa bis Elemire Zolla". Allerdings ist die Zahl der Porträts nicht identisch mit der Zahl der Porträtierten, liest man auch, da manche Persönlichkeit gleichzeitig mit mehreren Porträts vertreten ist. Besonderen Spaß macht es Gernhardt, die Entwicklung von Freud-, Kafka- und Umberto Eco-Porträts über die Jahre zu verfolgen. Virtuos findet er William Faulkner auf wenige Linien reduziert, realistisch jede Falte in Becketts Gesicht registriert und John Updike zur "Updike-Essenz" gerinnen. Gelegentlich meldet er Widerspruch an ("Dieser formelhafte Rokoko-Monsieur soll Voltaire sein?"), und auch das Fehlen von editorischen Informationen zu Buch, Bildern und Abgebildeten wird bemängelt. Das ändert nichts daran, dass Pericoli in Gernhardts Augen ein großer Künstler ist, der allerdings auch die Möglichkeit hatte, sein Können zu entwickeln. Anders als in Deutschland, wo Zeichner wie Kriegel, Traxler oder Bernstein nur in "abgelegenen Publikationen" regelmäßig veröffentlichen können, so Gernhardt, wurden hat die italienische Presse Pericoli jahrzehntelang Porträts "abverlangt".

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"Ein wortloser Schmöker, eine wahre Phänomenologie des Geistes und ein wunderbares Buch der Menschenkenntnis." Wolfgang Schneider, Literaturen 1/2 2004 "Brilliante Striche für die Genies...Ein vergnüglich-intellektueler Genuss!" Kölnische Rundschau, 05.01.04