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Der Verfasser beschäftigt sich mit 80 StGB und Art. 26 GG. Anders als bisherige Schriften zu dem Thema sind die beiden Paragraphen lediglich der Ausgangspunkt zur Erschließung und Hinterfragung der Begrifflichkeit. Grund für die kritische Betrachtung ist, daß 80 StGB noch nie zur Anwendung kam. Dabei gibt der Autor zunächst einen umfangreichen historischen Rückblick. Von den christlichen Theologen zeichnet er die Entwicklung bis zu den Nürnberger Prozessen nach. Er legt dar, daß die ursprüngliche Idee eines gerechten Krieges mit dem Aufkommen der Nationalstaaten der Idee des gerechten Feindes…mehr

Produktbeschreibung
Der Verfasser beschäftigt sich mit
80 StGB und Art. 26 GG. Anders als bisherige Schriften zu dem Thema sind die beiden Paragraphen lediglich der Ausgangspunkt zur Erschließung und Hinterfragung der Begrifflichkeit. Grund für die kritische Betrachtung ist, daß
80 StGB noch nie zur Anwendung kam. Dabei gibt der Autor zunächst einen umfangreichen historischen Rückblick. Von den christlichen Theologen zeichnet er die Entwicklung bis zu den Nürnberger Prozessen nach. Er legt dar, daß die ursprüngliche Idee eines gerechten Krieges mit dem Aufkommen der Nationalstaaten der Idee des gerechten Feindes wich, bis sie im Zuge des Ersten Weltkrieges durch die Ententemächte wieder eingeführt wurde. Die praktische Nutzlosigkeit des heutigen
80 StGB dokumentiert der Autor u. a. anhand der Debatte zum Kosovokrieg, bei der sich zeigte, daß die Entscheidung über Krieg oder Frieden auch heute ausschließlich von politischen Gesichtspunkten bestimmt und von einer Vorschrift wie der des
80 StGB nicht beeinflußt wird. Angesichts dessen kann die Funktion des Straftatbestandes in erster Linie eine symbolische sein, wobei nicht ausbleibt, daß durch das Gesetz die in Nürnberg geprägte Symbolik von Deutschland als einer Störernation perpetuiert wird. Abgerundet wird die Darstellung mit den Auswirkungen einer solchen Vorschrift auf die staatliche Souveränität.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nach Ansicht von Rezensent Christian Hillgruber kommt dieser als Dissertation verfassten Schrift das Verdienst zu, nochmals auf die Schwierigkeiten einer "rechtsstaatlichen Bestimmungsanforderungen genügenden Angriffsdefinition" samt der daran geknüpften "Pönalisierung des Krieges" aufmerksam gemacht zu haben. Mit kritischem Unterton merkt der Rezensent allerdings an, dass er die Schrift weniger für eine "rechtswissenschaftliche" Dissertation, sondern eher für eine "polemische Streitschrift" hält. Auch hält er "zahlreiche (rechts)geschichtliche Thesen" für problematisch.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2005

Symbolisch

ANGRIFFSKRIEG. Um der Überzeugung Ausdruck zu geben, daß von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen dürfe, erklärt Artikel 26 des Grundgesetzes Handlungen für verfassungswidrig, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten. Außerdem erteilt der Artikel dem Gesetzgeber den Auftrag, dieses Verfassungsverbot strafrechtlich zu bewehren. Die grundgesetzliche Bestimmung und die den Gesetzgebungsauftrag ausfüllenden Paragraphen 80, 80a des Strafgesetzbuches sollen einen innerstaatlichen Schutz des äußeren Friedens gewährleisten. Aber ist die Vorstellung, mit Hilfe von Strafdrohungen Kriege verhindern zu können, nicht humanitäres und juristisches Wunschdenken? Die Schwierigkeiten einer präzisen Definition der Aggression sind jedenfalls immens. Die Definition der UN-Generalversammlung von 1974 enthält lediglich Regelbeispiele, die eine - widerlegliche - Vermutung begründen. Ein universeller Konsens über einen hinreichend bestimmten völkerstrafrechtlichen Aggressionstatbestand besteht bisher nicht. Vermag unter diesen Umständen das deutsche Strafrecht mehr zu leisten? Die Praxis deutscher Strafverfolgungsorgane im Zusammenhang mit der Kosovo-Intervention und dem Irak-Krieg begründet daran erhebliche Zweifel. Entweder wurde die sogenannte humanitäre Intervention in teleologischer Reduktion aus dem Tatbestand des Paragraph 80 StGB ausgeklammert oder aber das zusätzliche Tatbestandmerkmal einer Kriegsgefahr für Deutschland verneint. Die Strafvorschrift entfaltet daher keine rechtspraktische Wirkung und erfüllt wohl auch keine kriminalpolitischen Funktionen, nicht einmal eine generalpräventive. Sie ist vielmehr symbolisches Recht, durch das der (unbedingte?) Friedenswille Deutschlands nach innen wie außen bekundet werden soll. Obwohl die anzuzeigende kleine Schrift weniger rechtswissenschaftliche Dissertation als vielmehr polemische Streitschrift ist und zudem zahlreiche (rechts)geschichtliche Thesen aufstellt, die mehr als problematisch erscheinen, kommt ihr doch ein Verdienst zu: nochmals auf die Schwierigkeiten einer rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen genügenden Angriffsdefinition und die damit verbundene Fragwürdigkeit des Versuchs einer Pönalisierung des (welchen?) Krieges aufmerksam gemacht zu haben. (Björn Clemens: Der Begriff des Angriffskrieges und die Funktion seiner Strafbarkeit. Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2005. 155 Seiten, 64,- [Euro].)

CHRISTIAN HILLGRUBER

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