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Ende des 12. Jahrhunderts beginnt ein Junge aus ärmsten Verhältnissen seinen unaufhaltsamen Aufstieg an die Spitze der Minnesänger, um den sich die Fürstenhöfe streiten und das, obwohl Walther von der Vogelweide mit allen Konventionen bricht und dem Minnesang die Keuschheit nimmt. Was keiner seiner Gönner ahnt, die ihn als "Nachtigall" preisen: Walther dient nur einem Herren, und das ist er selbst. Geschickt sammelt er Informationen und verkauft nicht nur seine Kunst, sondern auch sein Wissen für einen hohen Preis. Dabei kreuzen seine Wege immer wieder die der gefährlich klugen Judith, einer…mehr

Produktbeschreibung
Ende des 12. Jahrhunderts beginnt ein Junge aus ärmsten Verhältnissen seinen unaufhaltsamen Aufstieg an die Spitze der Minnesänger, um den sich die Fürstenhöfe streiten und das, obwohl Walther von der Vogelweide mit allen Konventionen bricht und dem Minnesang die Keuschheit nimmt. Was keiner seiner Gönner ahnt, die ihn als "Nachtigall" preisen: Walther dient nur einem Herren, und das ist er selbst. Geschickt sammelt er Informationen und verkauft nicht nur seine Kunst, sondern auch sein Wissen für einen hohen Preis. Dabei kreuzen seine Wege immer wieder die der gefährlich klugen Judith, einer jüdischen Ärztin, die manchmal seine Gegnerin, manchmal seine Verbündete ist und immer entschlossen, die Welt zu verändern. Für Walther wird sie die Frau seines Lebens. Doch er ahnt nicht, dass er sich für sie auf ein höchst gefährliches Spiel einlassen muss ...
Autorenporträt
Tanja Kinkel, geboren 1969 in Bamberg, gewann bereits mit 18 Jahren ihre ersten Literaturpreise. Sie studierte in München Germanistik, Theater- und Kommunikationswissenschaft und promovierte über Aspekte von Feuchtwangers Auseinandersetzung mit dem Thema Macht. 1992 gründete sie die Kinderhilfsorganisation "Brot und Bücher e.V", um sich so aktiv für eine humanere Welt einzusetzen (mehr Informationen: www.brotundbuecher.de). Tanja Kinkels Romane wurden in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt; sie spannen den Bogen von der Gründung Roms bis zum Amerika des 21. Jahrhunderts. Zu ihren bekanntesten Werken gehören "Die Löwin von Aquitanien" (1991), "Die Puppenspieler" (1993), "Mondlaub" (1995), "Die Schatten von La Rochelle" (1996), "Die Söhne der Wölfin" (2000), "Götterdämmerung" (2003), "Venuswurf" (2006), "Säulen der Ewigkeit" (2008) und "Im Schatten der Königin" (2010).
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Walther von der Vogelweide, der bedeutendste deutschsprachige Lyriker des Mittelalters, ist Held dieses Historienschmökers. Kinkel zeichnet ihn als intelligenten, schlagfertigen jungen Mann, der sein Talent und seine Nachtigall-Stimme geschickt einsetzt. Als Liebling der Fürstenhöfe erlauscht er manches Geheimnis, spürt politische Informationen wie brisante Klatschgeschichten auf. Sein Wissen lässt er sich teuer bezahlen. Sein Gegenpart ist die jüdische Ärztin Judith, eine entschlossenen Frau, die dem berühmten Minnesänger frech die Stirn bietet. Die Begegnungen und Zerwürfnisse, die Wortgefechte und Liebeleien zwischen diesen beiden ambivalenten historischen Charakteren bilden den Kern der Geschichte. Während Nebenstränge der Handlung oft nur halbherzig ausgeführt sind, folgt man der Reise und der Entwicklung von Walther und Judith mit Spannung.

Fröhlich und Teschner geben jeder der vielen Figuren eine unverwechselbare Stimme und sorgen für ein lebendiges Hörerlebnis. Die ansprechende Ausstattung im Papeterie-Look mit Klappdeckelbox und Papierschoner für die CDs sowie einem Booklet mit ausführlichem Personenregister überzeugt.

© BÜCHERmagazin

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.02.2012

Eine unmögliche Liebe
Tanja Kinkel scheitert an Walther von der Vogelweide

Walther von der Vogelweide zählt zu den großen Unbekannten der Literatur. Er hat zwar ein Werk höchsten Ranges hinterlassen, seine Person bleibt hinter seinen Schriften verborgen. Urkundlich gesichert ist einzig, dass er im November 1203 einen Pelzmantel geschenkt bekommen hat. Alles Weitere beruht auf Rückschlüssen aus seinen oder fremden Arbeiten. Da von Mutmaßungen umrankte Gestalten seit jeh die Phantasie angeregt haben, liegt es nahe, den Minnesänger selbst zu einer literarischen Figur zu machen. Exakt dies setzt die Bestseller-Autorin Tanja Kinkel in ihrem neuen Roman "Das Spiel der Nachtigall" um.

Sie beweist damit ein sicheres Gespür für die Auswahl historischer Stoffe. Kinkel gehört zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren der Gegenwart. Vierzehn Romane hat sie bislang veröffentlicht, jeder von ihnen ist ein Bestseller. Die promovierte Germanistin richtet ihr Schreiben nach den Regeln des historischen Romans aus: Erstens sollte dort das Erzählte unter den Umständen der gewählten Zeit möglich gewesen sein. Zweitens legt es die Erzählung auf das Eintauchen des Lesers in die Geschichte an.

Das "Spiel der Nachtigall" aber scheitert an den Ansprüchen seines eigenen Genres. Das liegt nicht unbedingt daran, dass der Roman Walther von der Vogelweide als dichterischen Ehrgeizling, sexuellen Abenteurer und obsessiven Liebhaber darstellt. Vielmehr zeigt ein Blick auf die Liebeshandlung das grundsätzliche Problem des Romans. Der Plot folgt einem bekannten Schema: Ein Paar verliebt sich auf den ersten Blick, wird aber getrennt, um sich Jahre später wiederzufinden. Doch eine Intrige reißt die Liebenden abermals auseinander, bis das Happy End sie endgültig vereint. Problematisch ist diese Handlungsstruktur, weil sie den Vorgaben moderner Liebe folgt. Dieses Liebesmodell, bei dem sich zwei Partner individuell füreinander entscheiden, entsteht jedoch erst fünfhundert Jahre nach Walthers Tod. Sicherlich hat der Minnesänger geliebt, aber in keinem Fall auf die von Kinkel dargestellte Weise. Derselbe Achronismus gilt für Kinkels Vorstellung von Autorschaft. Ihr Walther von der Vogelweide reitet durch das Mittelalter und dichtet dort Erlebnislyrik, als wäre er der junge Goethe, der sich geschwind zu Pferde auf dem Weg nach Sesenheim befindet. Diese Widersprüche zerreißen die Illusion, Kinkel lasse die Welt des Minnesängers auferstehen. Sie degradieren das mittelalterliche Szenario samt seinen Burgen, Königen und Fürsten zur Fassade. Kinkel inszeniert ein modernes Beziehungsdrama vor mittelalterlicher Motivtapete.

Vielleicht könnte man in ihrer Liebesgeschichte dennoch versinken, wenn ihre Figuren und deren Leben nicht derart konstruiert wären. Um im mittelalterlichen Gefüge künstlich Platz für eine individualisierte Liebe zu schaffen, erfindet Kinkel eine Heldin, die ihr zum Klischee des Außerordentlichen gerinnt: Judith ist Jüdin, jung, schön, rothaarig. Früh schon verwaist, lässt sie sich in Salerno zur Ärztin ausbilden. Vor einer potentiellen Heirat flieht sie, weil sie Menschen heilen will und weil sie keine Jungfrau mehr ist. Judith sucht einen Mann, der das akzeptiert. Sie wird Leibärztin am Hofe Philipps von Schwaben, verdeckt ihre jüdische Identität, gerät aber doch in das Visier von Philipps Feinden. Judith wird zu einer Heirat mit einem Christen gezwungen. Der allerdings entpuppt sich als verkappter Homosexueller, mit dem sich aus Judiths Sicht gut leben ließe, würde sie sich nicht in Walther von der Vogelweide verlieben. Die Figur "Judith" muss so viel Außergewöhnliches verkörpern, dass sie vor Überkonstruiertheit in sich zusammenbricht. In einem vergleichbaren Selbstzerstörungsakt zertrümmert der Roman die Beziehung seines Paares. Sie erinnern sich an das Pelzmantelgeschenk? In Kinkels Roman entgleitet diese Szene in vermeintliche Erotik. Walther macht Judith ein verführerisches Angebot: "Wenn du frierst, will ich dich wärmen. Gerne mit, lieber aber ohne meinen neuen Mantel, dafür auf dem teuren Stück." Solche Szenarien machen klar: Es hat sein Gutes, wenn Walther von der Vogelweide der große, als Person aber unbekannte Minnesänger bleibt.

CHRISTIAN METZ

Tanja Kinkel: "Das Spiel der Nachtigall". Roman.

Droemer Verlag, München 2011. 924 S., geb., 24,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dann doch lieber den großen Unbekannten Walther von der Vogelweide anstaunen. Dass es der Bestseller-Produzentin Tanja Kinkel nicht gelingt den Minnedichter in einen historischen Roman zu stecken und ihn so dem Publikum näherzubringen, hat laut Christian Metz gleich mehrere Gründe. Einer ist der Achronismus des Textes. Dass Vogelweide wie weiland Goethe durchs Land reitet und Erlebnislyrik dichtet, geht nicht an, meint Metz, ebensowenig das von Kinkel flugs in Mittelalter gebeamte Liebesmodell zweier Partner, die sich frei füreinander entscheiden. Ein anderer Grund ist laut Metz die Überkonstruiertheit der Dame. So viele wunderbare Eigenschaften wie bei Kinkel kann ein Mensch gar nicht haben, meint der Rezensent, bedauerlich aber wahr. Was ihm in Erinnerung bleibt von diesem Buch, ist ein klischeeschweres Beziehungsdrama vor Burgentapete.

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