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Erika, Laura und Molly sind Halbschwestern. Ihren Vater Isak lieben und fürchten sie gleichermaßen. Mit ihm haben sie immer wieder wunderschöne Sommerferien verlebt – bis zu jenem tragischen Ereignis, über das sie bis heute schweigen.
Jedes Jahr verbringen die drei Mädchen ihre Ferien auf der Insel Hammersö. Auch in jenem Sommer, der für Erika das Ende der Kindheit bedeutet, ist zunächst alles wie immer: Die drei schließen Freundschaften; sie buhlen um die Gunst des Vaters; es gibt eine Mädchenclique, in der Erika um ihren Platz kämpft. Und es gibt Ragnar, einen Jungen, zu dem sich Erika…mehr

Produktbeschreibung
Erika, Laura und Molly sind Halbschwestern. Ihren Vater Isak lieben und fürchten sie gleichermaßen. Mit ihm haben sie immer wieder wunderschöne Sommerferien verlebt – bis zu jenem tragischen Ereignis, über das sie bis heute schweigen.
Jedes Jahr verbringen die drei Mädchen ihre Ferien auf der Insel Hammersö. Auch in jenem Sommer, der für Erika das Ende der Kindheit bedeutet, ist zunächst alles wie immer: Die drei schließen Freundschaften; sie buhlen um die Gunst des Vaters; es gibt eine Mädchenclique, in der Erika um ihren Platz kämpft. Und es gibt Ragnar, einen Jungen, zu dem sich Erika hingezogen fühlt. Als ihre Freundinnen davon erfahren, machen sie gnadenlos Jagd auf ihn. Ragnar kann fliehen, stürzt aber ins Meer, und als die Mädchen mit Steinen nach ihm werfen, wird er getroffen – und stirbt. Jahrzehnte später, als sie sich mit dem mittlerweile betagten Vater treffen wollen, bricht die Schuld von damals wieder auf. Plötzlich erkennen sie, wie sehr sie stets unter Isaks Schweigen zu ihrem Glück, ihren Nöten und Konflikten in der Familie gelitten haben. Auch zu Ragnars Tod hat er sich nie geäußert. Weil dieser ebenfalls sein Kind war?
Autorenporträt
Linn Ullmann wurde 1966 in Oslo geboren. Sie studierte Englische Literatur an der New York University und kehrte nach zehn Jahren 1990 nach Oslo zurück, wo sie sich als Literaturkritikerin und Kolumnistin bei den norwegischen Zeitungen Dagbladet und Aftenposten einen Namen machte. Seit 1998 veröffentlichte Linn Ullmann mehrere Romane (darunter Die Lügnerin und Gnade ), die großen Anklang bei Presse und Lesern fanden und in 30 Sprachen übersetzt wurden. Linn Ullmann lebt mit Mann und Kindern in Oslo.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.12.2006

Weiser Mann, falscher Bart
Linn Ullmann verwandelt Ingmar Bergman in eine Romanfigur
Es ist vermutlich nicht immer ein Honigschlecken gewesen, die Tochter von Ingmar Bergman zu sein. Deshalb überrascht es nicht, dass die Schriftstellerin Linn Ullmann, Spross der Liaison zwischen der schwedischen Regie-Legende und der norwegischen Schauspielerin Liv Ullmann, nach einigen schönen Buch-Erfolgen nun eine Art Abziehbild ihres Vaters als schwierige Romanfigur auftreten lässt. Verschlüsselt zwar, aber dennoch kenntlich: Der alte Schwede Isak Lövenstad trägt die Vokale von „Ingmar” im Vornamen; er verbringt wie Bergman seinen Lebensabend auf einer Insel vor der schwedischen Ostküste; er hat mit immerhin vier verschiedenen Frauen, von denen zwei Norwegerinnen sind, drei Töchter und wahrscheinlich auch einen Sohn gezeugt, während der real existierende Regisseur fünfmal verheiratet war, die Beziehung zu Frau Ullmann nicht mitgerechnet, und nach amtlicher Zählung neun Kinder in die Welt gesetzt hat.
Dass dieser Isak nicht als Filmkünstler mit dem Spezialgebiet Eheprobleme, sondern als Facharzt für Frauenheilkunde berühmt geworden ist, verleiht der Camouflage eine beinahe humoristische Note. Ansonsten ist, was hier erzählt wird, eher düster und problemgeschwängert, wie es sich für eine Patchwork-Familiengeschichte aus den Heimatländern Ibsens und Strindbergs gehört. Hätte Linn Ullmann nicht den typisch skandinavischen, gleichsam naturnahen Ton, der schwere Dinge leichter erscheinen lässt, Dunkles heller und Kompliziertes wie organisch gewachsen, wäre das Buch wohl eine ziemlich quälende Angelegenheit.
Die Halbschwestern Erika, Laura und Molly, die seit jeher um die Gunst des launischen und despotischen, gleichwohl geliebten Vaters buhlen mussten, erkennen plötzlich, wie sehr seine Neigung, Konflikte totzuschweigen, ihr Leben geprägt hat. Die beiden Älteren erinnern sich an die Schuld, die sie vor fünfundzwanzig Jahren auf sich geladen haben, als sie den Nachbarsjungen Ragnar mit Steinen bewarfen und so unglücklich trafen, dass er starb. Zu allem Überfluss häufen sich nun die Hinweise darauf, dass Ragnar ihr Halbbruder war – und Erika, die Älteste, hatte mit dem schmächtigen Außenseiter damals ein Liebesverhältnis.
Das Drama hat sich auf der Insel abgespielt, die dem Vater jetzt als Altersrefugium dient und auf der die Mädchen früher ihre Sommerferien verbrachten. Im zentralen Kapitel des Romans beschreibt Linn Ullmann dieses Eiland so liebevoll, wie wohl nur Nordländer ein karges, felsiges Stückchen Land in der Ostsee schildern können: „Sollte Gott einmal zufällig sein großes, schwarzes Auge aufmachen und einen Blick auf die kleine Insel Hammarsö werfen, wäre er vielleicht überrascht darüber, dass er einmal so einen schönen sturmumtosten Ort erschaffen hat, den er später dann einfach wieder vergaß.” Weiter heißt es: „Von den Menschen vergessen zu werden, ist schmerzlich, von Gott vergessen zu werden, ist für viele gleichbedeutend damit, ohne Gnade zu leben, als starrte man in den Abgrund, doch für die Bewohner von Hammarsö hatte Gottes Gedächtnisverlust hinsichtlich ihrer Insel keine größeren Katastrophen ausgelöst.”
Das Theater und die Einsamkeit
Mit der Frage nach Schuld und Buße, Gnade und Erlösung steht Linn Ullmann fest in der Familientradition, nur tut sie sich als Schriftstellerin schwerer, einen künstlerischen Ausdruck dafür zu finden. Der Roman, der schon im Titel „Ein gesegnetes Kind” religiöse Anklänge trägt, wirkt wie eine nicht ganz durchgegorene Mischung aus persönlichen Erinnerungen, kopflastiger Konstruktion und unterhaltsamer Menschelei. Poetisch kraftvolle Momente wie jener, in dem Isak seiner Tochter Laura vor dem Einschlafen ein Gedicht vorliest, und sympathische Sommeridyllen wechseln ab mit Passagen, die wie das bloße Abwerfen von Ballast wirken, etwa die ausufernde Schilderung von Rivalitäten, Machtspielen und erotischen Experimenten in einer Mädchenclique der siebziger Jahre. Die Einsamkeit des modernen Menschen in Skandinavien samt der rührenden Versuche, sie in den Griff zu bekommen und das Leben vernünftig zu organisieren, ist dagegen ein ergiebiges und nie langweiliges Thema.
Das Theater, das Ingmar Bergmans schöpferische Laufbahn bestimmte, hat auch im Roman eine hintergründige Funktion: Es gibt auf der Insel eine Laienbühne von lokaler Berühmtheit, das sogenannte „Hammarsöschauspiel”, für das ein linker Amateurschriftsteller namens Palle Quist alljährlich ein abendfüllendes Stück verfasst – seit Ende der siebziger Jahre unter Vermeidung politischer Themen, statt dessen inspiriert von Volksgut, Märchen und Sagen. Seit jener Zeit tritt Isak, der früher gemeinsam mit Palle Quist zu inszenieren pflegte, nur noch als Schauspieler auf, worüber alle froh sind, hatte er doch als Regisseur „gewisse tyrannische Tendenzen” gezeigt. In der Rolle des weisen alten Mannes mit falschem Bart, der vor Waldgeistern und Tieren einen prophetischen Monolog halten soll und leider seinen Text vergisst, verschafft Linn Ullmann diesem fiktiven Vater einen unvergesslichen, traurig-komischen Auftritt. Ob die Szene auch als literarisches Denkmal für den großen Herrn Bergman taugt, wird sich noch erweisen. KRISTINA MAIDT-ZINKE
LINN ULLMANN: Ein gesegnetes Kind. Roman. Aus dem Norwegischen von Ina Kronenberger. Droemer Verlag, München 2006. 382 Seiten, 18 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.12.2006

Damals, im letzten Sommer
Das Dreimädelhaus: Linn Ullmann lüftet ein Familiengeheimnis

Wenn drei Schwestern in der Literatur aufeinandertreffen, dann kann es schnell zum Mädchenkrieg kommen, wie Manfred Bieler es 1975 in seinem Roman über den Zweiten Weltkrieg vorgeführt hat. Drei Schwestern lassen dort unterschiedliche Lebensentwürfe und Sehnsüchte miteinander wetteifern wie schon in Tschechows berühmtem Drama aus der russischen Provinz. Bereits seit Shakespeares "König Lear" wissen wir aber auch von einer der möglichen Ursachen solcher Schwesternkriege: Es ist die Liebe zu einem großen und mächtigen Vater, wodurch sie zu Konkurrentinnen werden können.

Die drei Schwestern in Linn Ullmanns jüngstem Roman haben ein wenig von all diesen Vorgängerinnen, und doch entwickeln sie sich freier und finden selbständiger ihre eigenen Wege. Immerhin sind Erika, Laura und Molly auch nur Halbschwestern, und das ist, wie die altkluge Erika erklärt, "ein bißchen wie Pseudokrupp", also nichts Echtes und deshalb wohl mit weniger existentieller Schwere behaftet.

Die drei Mädchen, Töchter verschiedener Mütter, verbringen jedes Jahr die Sommerferien bei ihrem gemeinsamen Vater, dem Arzt Isak, der auf einer kleinen Insel vor der schwedischen Küste lebt. Wie ein biblischer Patriarch versammelt dieser dort seine Nachkommen, von denen es möglicherweise noch mehr gibt als die drei Schwestern; so vermuten es jedenfalls die Dorfbewohner, die den vitalen Mann ebenso bewundern wie fürchten. Für seine Töchter hat ihr Vater die Kraft einer unberechenbaren Naturgewalt, und daß er als Erfinder der gynäkologischen Ultraschalluntersuchungen berühmt geworden ist, verleiht ihm eine machtvolle Aura. Schließlich kann Isak in alle Frauen hineinsehen und kennt die Geheimnisse des werdenden Lebens, noch bevor es sich für andere bemerkbar macht.

Linn Ullmann weiß, was es bedeutet, berühmte Eltern zu haben. Seit sie mit ihren ersten Romanen in Norwegen bekannt wurde, weisen die Kritiker gern darauf hin, daß sie als Tochter von Ingmar Bergman und Liv Ullmann einer der bekanntesten skandinavischen Künstlerfamilien entstammt. So interessant solche biographischen Details auch sind - und sie ließen sich noch vermehren, denn Linn Ullmann ist mit dem norwegischen Schriftsteller Niels Fredrik Dahl verheiratet, ihr Schwager ist der Bestseller-Autor Henning Mankell -, Rückschlüsse auf die Handlung oder Personenkonstellation ihrer Bücher lassen sich daraus nicht gewinnen.

Schon in ihrem ersten Roman "Die Lügnerin" (1999) hatte Ullmann mit großem Erfindungsreichtum eine weibliche Biographie entworfen, die mit den Koordinaten ihres eigenen Lebens nur oberflächliche Berührungen hat. Der von der Kritik gelobte Roman "Gnade" (2004) erzählt von einem Ehepaar, das angesichts der unheilbaren Krankheit des Mannes vor der Frage steht, wer ein Recht hat, über die Grenzen des Lebens zu entscheiden.

Es sind Geschichten aus dem Alltag, mit denen Linn Ullmann in Norwegen und in anderen europäischen Ländern seit etlichen Jahren einen großen Kreis vor allem von Leserinnen gewonnen hat. Auch die drei Schwestern ihres jüngsten Romans führen als Erwachsene ein Leben, wie es typisch für viele Frauen unserer Gegenwart ist. Die Ärztin Erika, die Älteste der drei, hat gerade die Trennung von ihrem zweiten Ehemann hinter sich und versucht, ihren heranwachsenden Kindern eine Mutter zu sein, die sich nicht zu stark einmischt. Laura lebt mit ihrer Familie in der beklemmenden nachbarschaftlichen Enge einer modernen schwedischen Wohnsiedlung, die der albtraumhaften Phantasie übereifriger Sozialpädagogen zu entstammen scheint. Molly, die Jüngste, arbeitet in verschiedenen Theaterprojekten, ohne damit bislang zu reüssieren.

Nach langer Zeit finden die drei Schwestern nun wieder zusammen, um mitten im Winter zu ihrem greisen Vater Isak zu reisen, den sie seit mehr als zwanzig Jahren nicht gesehen haben. In der Erinnerung der drei Frauen entsteht dabei allmählich ein Bild des letzten gemeinsamen Sommers, den die heranwachsenden Mädchen bei ihrem Vater verbracht haben. Schnell wird jedoch deutlich, daß die Insel-Idylle, die anfangs ein wenig an die heitere Atmosphäre von Astrid Lindgrens "Kinder aus Bullerbü" erinnert, auch dunkle Seiten hat. Der häßliche Ragnar spielt dabei eine wichtige Rolle, ein Junge, der genauso alt ist wie Erika und unaufhörlich in Bewegung zu sein scheint. Rennend begegnet er den Schwestern zum ersten Mal, als er bei Isak Schutz suchen will, und rennend flüchtet er am Ende vor einer aufgebrachten Teenager-Clique ins Meer. Die Erinnerung an Ragnar mit dem abstoßenden Muttermal zwischen den Augenbrauen - ein Kainsmal, das den sich ungeliebt fühlenden Bruder kennzeichnet? - beunruhigt die erwachsenen Schwestern ebenso wie die Frage, was sich in jenem letzten Inselsommer tatsächlich ereignet hat.

Linn Ullmann entwickelt freilich keine Detektivgeschichte, sondern fügt die verschiedenen Erinnerungen zu einer beklemmenden Schilderung über die Nöte des Heranwachsens zusammen. Nüchtern beschreibt sie die Quälereien, denen Erika durch die beneideten Nachbarsmädchen ausgesetzt ist, und ebenso unaufgeregt erzählt sie von der Schuld, die die drei Schwestern halb wissend, halb unwissend in der Vergangenheit auf sich geladen haben. Von der geplanten großen Aussprache mit Isak aber erfahren wir nichts; das Buch endet mit der Ankunft der erwachsenen Schwestern auf der Insel ihrer Kindheit und Jugend. Dieser unerwartete Schluß verrät viel über das Selbstverständnis der Erzählerin Linn Ullmann, die wie eine Choreographin Lebenslinien zusammenführt, ohne ihren Lesern die Befriedigung eines eindeutigen Endes zu verschaffen.

Frauenliteratur habe sie nie schreiben wollen, hat die Autorin oft versichert, und sie hat recht mit dieser Selbsteinschätzung, wenn sie dabei an jene fröhlichen Romane voller Superweiber und Klassefrauen denkt, die ihren Leserinnen die Glücksversprechungen der Märchen in neuer Verpackung präsentieren. Von modernen Frauen aber erzählt auch Linn Ullmann und zitiert dabei verhalten die alten Mythen, von der Bibel bis Shakespeare. Daß sie für ihre Version des Mädchenkriegs keine einfachen Lösungen kennt, macht ihr Buch lesenswert.

SABINE DOERING

Linn Ullmann: "Ein gesegnetes Kind". Roman. Aus dem Norwegischen übersetzt von Ina Kronenberger. Droemer Verlag, München 2006. 381 S., geb., 18,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Angetan zeigt sich Rezensentin Sabine Doering von Linn Ullmanns Roman um drei Halbschwestern Erika, Laura und Molly und ein dunkles Familiengeheimnis. Die Erinnerungen der Frauen an den letzten Sommer ihrer Kindheit, den sie bei ihrem Vater, einem berühmten Frauenarzt, verbrachten, füge die Autorin zu einer "beklemmenden Schilderung" über die Nöte des Heranwachsens zusammen. "Nüchtern" und "unaufgeregt" erzähle sie auch von der Schuld, die Erika, Laura und Molly in der Vergangenheit auf sich geladen haben. Doering hebt hervor, dass der Roman kein eindeutiges Ende bietet: vor der geplanten großen Aussprache der Halbschwestern mit ihrem greisen Vater Isak endet das Buch. Sie bescheinigt der Autorin, von modernen Frauen zu erzählen und dabei "verhalten die alten Mythen, von der Bibel bis Shakespeare" zu zitieren.

© Perlentaucher Medien GmbH