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Kein Paradies, nirgends.
Joe Allston - lange erfolgreicher Literaturagent - kehrt, gemeinsam mit seiner Frau Ruth, der exzentrischen Ostküste und dem wirren Treiben der Swinging Sixties den Rücken. Auf der Suche nach Stille aber findet er: kein Paradies, nirgends. Dort, wo er es erhoffte, in den berauschend schönen Hügeln Kaliforniens, wird er abermals in die Unordnung des Lebens gestoßen. Die Begegnung mit einer jungen Frau, die gegen den Tod ankämpft und doch vom Leben, seiner Intensität und Schönheit, durchdrungen scheint, trifft ihn tief. Die herbe, aber verführerische Empfindungsfülle…mehr

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Produktbeschreibung
Kein Paradies, nirgends.

Joe Allston - lange erfolgreicher Literaturagent - kehrt, gemeinsam mit seiner Frau Ruth, der exzentrischen Ostküste und dem wirren Treiben der Swinging Sixties den Rücken. Auf der Suche nach Stille aber findet er: kein Paradies, nirgends. Dort, wo er es erhoffte, in den berauschend schönen Hügeln Kaliforniens, wird er abermals in die Unordnung des Lebens gestoßen. Die Begegnung mit einer jungen Frau, die gegen den Tod ankämpft und doch vom Leben, seiner Intensität und Schönheit, durchdrungen scheint, trifft ihn tief. Die herbe, aber verführerische Empfindungsfülle jener Tage versöhnt Allston schließlich - mit Niederlagen, Verlust und Zweifeln. Er, der Erfüllung in einer Idylle gesucht hatte, findet in ihrer Unvollkommenheit sich selbst.
Autorenporträt
Stegner, Wallace
Wallace Stegner, 1909 - 1993, aus armen und zerrütteten Verhältnissen stammend, darf als die bedeutendste literarische Stimme des amerikanischen Westens im 20. Jahrhundert gelten. 'Crossing To Saftey' von 1983 (als deutsche Erstausgabe 2008 u.d.T. 'Zeit der Geborgenheit' bei dtv) war sein letzter Roman unter insgesamt achtundzwanzig Veröffentlichungen. Stegner, der sich auch als Biograf, Kritiker, Essayist und Historiker einen Namen gemacht hatte, unterrichtete an verschiedenen Universitäten, unter anderem in Stanford. Zahlreiche Auszeichnungen wie der Pulitzer-Preis (1972) und der National Book Award (1977) neben namhaften anderen Ehrungen belegen seinen Rang als Klassiker der amerikanischen Moderne.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.07.2012

Wehe dem, der die Nachtigall von Los Altos stört

Warum Wallace Stegner bei uns so lange unentdeckt blieb, ist nicht zu verstehen. Endlich sind die Romane des amerikanischen Schriftsellers auch hier zu entdecken: "Vor der Stille der Sturm" zeichnet das Porträt kalifornischer Hippies.

Dem pensionierten Literaturagenten Joe Allston sind wir schon in Wallace Stegners tröstlichem Eheroman "Die Nacht des Kiebitz" begegnet. Joe, unverkennbar das Alter Ego seines Schöpfers, hat sich in schöner Eintracht mit seiner Frau Ruth in die Hügel Kaliforniens zurückgezogen - in Los Altos Hills hat auch Stegner bis zu seinem Tod 1993 gelebt. Die alten Leute genießen die Stille, gärtnern, wandern, werkeln und grübeln über die Zeitläufte und die Vergeblichkeit menschlichen Strebens. Die Ruhe wird nur gestört, weil giftiger Efeu, Erdhörnchen, Taschenratten oder Blattläuse Vernichtungsaktionen nötig machen, die Joe jedes Mal in ohnmächtige Wut versetzen.

In diese Idylle, zu der ähnlich wohlsituierte Nachbarn gehören, bricht eines Tages ein bärtiger junger Mann auf seiner knatternden Honda ein. Ein "schwerer Fall von Antiestablishmentarismus". Dieser Jim Peck stellt alle Werte in Frage, die für Joe gültig sind. Bedenkenlos und gesetzeswidrig lässt er sich auf dessen weitläufigem Besitz nieder und verkündet seine Botschaft von freier Liebe und vom freien Leben. Bald versammelt er Gleichgesinnte um sich. Jim ist ihr Guru, halb Sannyasin, halb Provokateur, der alle Konventionen ablehnt. Seine Anhängerschaft wächst, auch unter den Kindern der Nachbarn, und selbst die skeptische Ruth findet ihn zumindest interessant.

Joe fühlt sich herausgefordert und bedroht. Er würde ihn sofort davonjagen, wenn Marian, die neue Nachbarin, nicht an seine Großmut appellierte und sich für diesen struppigen Beatnik einsetzte. Ihr Verständnis für alles und jeden ist grenzenlos. In ihren Augen möchte Joe auf keinen Fall ein Spießer sein, sondern der gütige, väterliche Freund. Denn Marian hat ihn wie alle anderen durch ihre arglose Offenheit und Spontaneität bezaubert. Also schluckt er seinen Widerwillen hinunter und spielt den toleranten Landlord.

Der empfindsamen Nachbarin gilt vom ersten Augenblick seine Liebe und Fürsorge. Marian ist unheilbar krank, ein Grund für ihn, mit dem Schicksal zu hadern, aber auch alles abzuwehren, was ihr schaden könnte. Ihren Tod, den sie klaglos hinnimmt, und die Phase davor beschreibt Wallace mit einer Behutsamkeit, die bei allem Schmerz auch Trost bereithält. Marian findet Kraft durch ihre Philosophie der Bejahung. Bewusst bezieht sie bis zur letzten Minute den Tod in ihr Leben ein. Und sie hat, was in Joe verhärtet war, gelöst. Die Gespräche mit ihr beglücken ihn, obwohl oder gerade weil ihre Wahrnehmung der Wirklichkeit, sie die Idealistin, er der Realist, so unterschiedlich ist. In Marians Gegenwart endlich gelingt es ihm, seine Lebensbeichte aufzuschreiben: Den Tod seines einzigen Sohnes hat er nie verwunden. Der schmuddlige Caliban in seinem Baumhaus am Bach erinnert ihn in bestürzender Weise an den in mehrfacher Weise verlorenen Sohn, der gegen seinen Vater rebellierte und sein Leben in sinnlosen Aktionen verschleuderte. Jim weckt Joes Selbstzweifel und den Vorwurf zu früh aufgegeben und womöglich nicht genug geliebt zu haben. Hätte er den Sohn akzeptieren müssen, so wie er war? Außer den Zweifeln an sich selbst ist auch Bitterkeit, manchmal versteckt hinter beißendem Humor, zurückgeblieben.

Stegners Roman ist in Amerika bereits 1967 erschienen. Die Hippies knieten damals vor Timothy Leary, suchten mit Drogen Bewusstseinserweiterung, übten Yoga und Kamasutra, erfanden ihre eigene Mode und ihre eigenen Folksong-Stars. Sie lebten zwar vom Geld ihrer Eltern, doch sie hatten sich so weit wie möglich von deren Welt entfernt, die für sie nicht nur durch den Vietnamkrieg zum Reich des Bösen geworden war. Stegner zählt ihre Vorbilder auf von Alen Ginsberg bis Henry Miller. Er war in diesen Jahren Hochschullehrer in Stanford und Harvard; unter der Jugend, die glaubte, allein die Wahrheit zu besitzen, muss er sehr gelitten haben. Er war einer der ersten Professoren, die den Studenten unter anderem Kurse für "Creative Writing" anboten, doch weiter konnte er ihnen nicht entgegenkommen.

In "Vor der Stille der Sturm" zeichnet er den struppigen Jim als Prototypen dieser Aussteiger, als heuchlerischen Caliban, der, statt etwas Besseres aufzubauen, Erhaltenswertes zerstört. Ein Verführer, der meditiert und verworrene Parolen verkündet statt dort anzupacken, wo es nötig wäre. Für seine Freiluft-Akademie beutet er nicht nur bedenkenlos Joes Wasser und Strom aus, sondern auch die jungen Menschen, die in Bussen anreisen und, von ihm angeleitet, ihre drogengesättigten Orgien feiern, die Nachbarschaft mit unerträglichem Lärm tyrannisieren und die fast unversehrte Landschaft mit ihrem Müll zur stinkenden Schutthalde machen.

Wallace Stegner gilt als einer wichtigsten und mehrfach ausgezeichneten Chronisten des amerikanischen Westens. Die literarische Qualität seiner Werke ist unbestritten. Einzigartig sind seine Landschaftsbeschreibungen und bewundernswert seine ökologischen Kenntnisse (die Grünen von heute könnten von ihm etwas lernen), die er, ohne dass die Spannung nachlässt, in die Romanhandlung einfügt. Ja, er ist ein Konservativer. Aber ein zeitgemäßer, auch wenn manche Diskussionen zuweilen ein wenig vorgestrig klingen. Er bleibt Moralist.

Sein Alter Ego Joe verurteilt die rücksichtslose Gewinnsucht der kalifornischen Bodenspekulanten und Landzerstörer ebenso wie die halbnackten Wilden, die seine geliebte Prospero-Insel schänden. Mit leiser Melancholie besingt er die Schönheit der durch Menschen gefährdeten Natur. Er warnt vor einer Übertechnisierung wie vor der achtlosen Verwahrlosung und der Zersiedlung. Als einer der ersten Aktivisten in Umweltbewegungen beriet Stegner unter Kennedy die Regierung und setzte sich für Nationalparks und gegen gewaltsame Eingriffe wie den Bau von Stauseen ein.

Warum seine Romane, historische Biographien und Essays bei uns so lange unbekannt geblieben sind, ist nicht zu verstehen. Jetzt hat ihn der Deutsche Taschenbuch Verlag in seine Premium-Reihe aufgenommen und wir dürfen auf weitere brillant erzählte Werke voller Lebensweisheit hoffen.

MARIA FRISÉ

Wallace Stegner: "Vor der Stille der Sturm". Roman.

Aus dem Englischen von Chris Hirte. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2011. 358 S., br., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Endlich kann Maria Frisé den Hippie-Autor und Umweltaktivisten Wallace Stegner auf Deutsch lesen. Stegners im amerikanischen Original bereits 1967 erschienener Roman mit einem im kalifornischen Hippie-Eldorado den Lebensabend genießenden Alter Ego des Autors als Hauptfigur hat ihr gut gefallen. Stegners Schilderung kollidierender Vorstellungen von irdischer Erlösung, seine Landschaftsbeschreibungen und seine ökologischen Kenntnisse machen das Buch für Frisé tatsächlich zum Füllhorn der Lebensweisheit und bestätigen den Autor in ihren Augen als ausgezeichneten Chronisten des amerikanischen Westens.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein leises, ein tröstliches Buch von großer Wahrhaftigkeit - ganz ohne Sentimentalität und Kitsch."
Isa Schikorsky, Lesart 01.12.2011