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Der Kriminalrat, der seine Freizeit am liebsten in Wirtshäusern und Bordellen verbringt, ermittelt den Fall eines Serienmörders, der seine Opfer nach geschichtlichem Vorbild richtet: An bestimmten Tagen inszeniert er Morde, die sich in Breslau im Lauf der Geschichte ereignet haben, noch einmal, und das auf grausige Weise. Ein spannender Fall - aber Krajewski erzählt noch mehr als diesen Krimiplot, nämlich jede Menge Wissenswertes aus der Geschichte seiner Heimatstadt.

Produktbeschreibung
Der Kriminalrat, der seine Freizeit am liebsten in Wirtshäusern und Bordellen verbringt, ermittelt den Fall eines Serienmörders, der seine Opfer nach geschichtlichem Vorbild richtet: An bestimmten Tagen inszeniert er Morde, die sich in Breslau im Lauf der Geschichte ereignet haben, noch einmal, und das auf grausige Weise. Ein spannender Fall - aber Krajewski erzählt noch mehr als diesen Krimiplot, nämlich jede Menge Wissenswertes aus der Geschichte seiner Heimatstadt.
Autorenporträt
Marek Krajewski, geb. 1966, ist Altphilologe und Dozent an der Universität Wroclaw.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.11.2006

Düster: Marek Krajewskis Breslau-Krimi

In Polen gilt er schon seit langem als der erfolgreichste Krimiautor des Landes, in Deutschland hingegen scheint der Breslauer Altphilologe und Schriftsteller Marek Krajewski ein wenig Pech zu haben: An seiner Idee, einen Krimi-Zyklus zu schreiben, der sich um einen deutschen Inspektor mit zweifelhaftem Ruf rankt (F.A.Z. vom 23. September), fand man schnell Gefallen, allerdings ohne verlegerische Konsequenz zu zeigen. Der erste Band seiner Tetralogie, "Tod in Breslau" (2002 bei btb), fand wenig Aufmerksamkeit, und erst jetzt hat dtv den zweiten Teil herausgebracht, dabei aber den Originaltitel "Weltende in Breslau" in den gattungskonformen "Kalenderblattmörder" verwandelt, wodurch sich der Roman perfekt in das Überangebot jeder Bahnhofsbuchhandlung einreiht.

Dabei sollen gerade die Titel - "Gespenster in Breslau" hieß der dritte, "Festung Breslau" der kürzlich in Polen erschienene vierte Band - die Grundidee des Autors erkennen lassen und außer dem Genre auch den Handlungsort signalisieren - und der hat eben auch für Polen Seltenheitswert. Schauplatz ist nämlich das alte deutsche Breslau (unsere Abbildung zeigt den Marktplatz heute), dessen Geschichte und einzigartiges Klima Krajewski mit der Akribie eines Wissenschaftlers und der Phantasie eines Romanciers heraufbeschwört.

Man schreibt das "goldene" Jahr 1927; politische Intrigen, Sexskandale, Alkoholexzesse, Drogenhandel und die Umtriebe geheimer Sekten sorgen für eine dichte und düstere Atmosphäre; wie schon im Vorgänger geben allerlei Gauner und Spekulanten den Ton an - ein ideales Terrain für den berüchtigten Kriminalrat Eberhard Mock, einen Bonvivant, Zyniker und Säufer, der weder brutale Verhörmethoden noch zweifelhafte erotische Eskapaden scheut.

In diesem Fall muß er gleich eine ganze Serie brutaler Morde aufklären: In einer Schuhmacherwerkstatt findet man die eingemauerte Leiche eines Musikers, in einer Privatwohnung liegen die zerhackten Überreste eines Arbeitslosen, im Bordell ist ein Stadtrat samt Prostituierter erstochen worden. Gemeinsamkeiten weisen weder die Opfer noch die Todesarten auf - bis auf eines: Stets wird am Tatort ein Kalenderblatt gefunden, was den gebildeten Mock auf die richtige Spur - die Breslauer Historie - und schließlich zum Mörder führt.

So spannend diese Verknüpfung von Detektivarbeit und Geschichtserkundung auch ist, dem Handlungsaufbau kommt sie nicht immer zugute. Den Erzählsträngen, Motiven und Figuren kann man manchmal nur mit Mühe folgen - auch weil Krajewski den Ehrgeiz hat, das politische Zeitgeschehen einzubeziehen sowie ein topographisch genaues Bild des alten Breslau und ein Sittengemälde der dekadenten Vorkriegsgesellschaft zu zeichnen. Er legt erneut eine große Erzähllust an den Tag, der man aber hier widerwilliger als sonst erliegt. "Tod in Breslau" war ein einzelner, präzise konstruierter Mordfall, hinter dem ein detailreiches Gesellschaftsporträt hervorlugte. "Der Kalenderblattmörder" hingegen richtet ein blutiges Chaos an, das die Lust auf weitere Gruppenbilder erheblich drosselt.

MARTA KIJOWSKA

Marek Krajewski: "Der Kalenderblattmörder". Kriminalroman. Aus dem Polnischen übersetzt von Paulina Schulz. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2006. 320 S., br., 14,50 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zwar bedauert die Rezensentin Marta Kijowska, dass der in Polen ausgesprochen erfolgreiche Krimiautor Marek Krajewski hierzuland, zum Teil aufgrund von verlegerischen Versäumnissen nicht den verdienten Erfolg hat. Mit seinem neuen Buch, das den ihrer Einschätzung zu allem Überfluss noch den unglücklichen Titel "Der Kalenderblattmörder" trägt, wird sie allerdings selbst nicht allzu glücklich. Das liegt nach ihrer Meinung vor allem daran, dass der Autor zuviel will. Sowohl die Geschichte der Stadt Breslau als auch die Gegenwart der Vorkriegszeit sollen hier zu ihrem Recht kommen. Die Dramaturgie leide hier unter der ja eigentlich spannenden "Verknüpfung von Detektivarbeit und Geschichtserkundung", was zur Folge hat, dass es Kijowska ziemlich mühselig findet, der Handlung zu folgen.

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