Marktplatzangebote
5 Angebote ab € 1,00 €
  • Broschiertes Buch

In Vilnius wird die Wahrsagerin Julija ermordet - eine elegante, erfolgreiche Frau, bei der die Spitzen der Gesellschaft verkehrten. Stecken politische Kreise hinter dem Mord? Oder etwa die Mafia? Einige von Julijas Freunden versuchen diese Fragen zu beantworten.
Da ist die Journalistin Rita, deren beste Freundin Julija war. Allerdings fühlte sich Rita neben der schönen, erfolgreichen Julija immer häßlich und spießig und irgendwie gescheitert. Die Beziehung des Showstars Maksas zu Julija war von Oberflächkeit geprägt wie sein ganzes Leben: die schillernde Seifenblase des Showbusiness ist…mehr

Produktbeschreibung
In Vilnius wird die Wahrsagerin Julija ermordet - eine elegante, erfolgreiche Frau, bei der die Spitzen der Gesellschaft verkehrten. Stecken politische Kreise hinter dem Mord? Oder etwa die Mafia? Einige von Julijas Freunden versuchen diese Fragen zu beantworten.

Da ist die Journalistin Rita, deren beste Freundin Julija war. Allerdings fühlte sich Rita neben der schönen, erfolgreichen Julija immer häßlich und spießig und irgendwie gescheitert. Die Beziehung des Showstars Maksas zu Julija war von Oberflächkeit geprägt wie sein ganzes Leben: die schillernde Seifenblase des Showbusiness ist für ihn allemal verlockender als die dunklere, grüblerischere Seite seiner Persönlichkeit, die er mehr oder weniger erfolgreich unterdrückt. Seinen sonderbaren Bruder Tadas hatte Julija immer als ihren »Schutzengel« bezeichnet - er ist ein religiöser Asket und Eigenbrötler und hatte für Julijas flatterhaftes, sinnenfreudiges Leben nur Verachtung übrig, was ihn für sie aber nur noch anziehender machte.

Schließlich ist da noch ein geheimnisvoller »Er«, der Repräsentant der mysteriösen Organisation »Placebo«. Deren Ziel ist es, die Menschen der Globalisierung zu unterwerfen, ihnen den Individualismus auszutreiben und den freien Willen zu nehmen. Es wird immer offensichtlicher, daß »Placebo« etwas mit Julijas Tod zu tun hat. »Er« wird dabei zur tragischen Gestalt, denn seine Skrupel erlauben ihm irgendwann nicht mehr, das Spiel mitzuspielen ...
Autorenporträt
Ivanauskaite, Jurga
Jurga Ivanauskaitë wurde 1961 in Vilnius geboren. Sie studierte Grafik und hat bisher sechs Romane, darunter drei über Reisen in Tibet, sowie zwei Erzählungsbände veröffentlicht. Seit der Buchmesse 2002 ist sie auch in Deutschland sehr bekannt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.06.2005

Schutzengel mit Luxuskörper
Kulturkritik auf litauisch: Ein Roman von Jurga Ivanauskaite

Im kleinen Boomland Litauen, nach einem halben Jahrhundert Sowjetokkupation Vollmitglied der Europäischen Gemeinschaft, kann die dynamische Integration in die Weltwirtschaft sich ausnehmen wie eine antiutopische Parodie. Zumal wenn man Jurga Ivanauskaite heißt, litauische Buddhistin und Bestseller-Autorin ist und sich vom Feminismus, östlicher Philosophie und gnostischen Schriften gleichermaßen inspirieren läßt. Im baltischen Kleinstaat ist die Erinnerung an den bürgerrechtlichen Aufbruch während der achtziger Jahre noch frisch genug und zugleich das internationale Eigengewicht schwach genug, daß die Globalisierungsfluten ein apokalyptisches Lebensgefühl zwischen Orwells "1984", Huxleys "Schöner neuer Welt" und dem Kinofilm "Matrix" erzeugen mögen.

Beschworen wird es in Jurga Ivanauskaites zweitem in deutscher Übersetzung bei dtv herausgekommenen Roman, der vorführt, wie nicht nur einstmals authentische Inhalte unseres Lebens systematisch durch Produkte, kommerzielle Ersatzstoffe verdrängt werden, sondern auch die Gesellschaft sich in eine vollautomatisierte Legebatterie verwandeln will. In deren Schaltzentrale plaziert Frau Ivanauskaite eine weltweit operierende Geheimgesellschaft, deren programmatischer Name Placebo, welcher dem Roman den Titel gab, die Substanzlosigkeit aller Dinge zum Ideal erhebt.

Aber noch finden sich selbständig suchende Seelen selbst unter Prominenten der Hauptstadt Vilnius. Das heißt: fanden sich, denn die schillernde Hauptheldin, eine Wahrsagerin, die Verehrer umschwirrten wie Motten das Licht, stirbt gleich zu Beginn des Buches eines unnatürlichen Todes. Ob es Mord oder Selbstmord war, ob das Placebo-Syndikat dahintersteckte, für das die weise Frau eine Zeitlang gearbeitet hatte, erfährt der Leser nach gut vierhundert Seiten, auf denen er eine Boulevardjournalistin bei ihren Recherchen des Falles und bei ihrer Zähmung zur Batteriehenne begleitet, zwei mit der Heldin befreundete Brüder, Placebo-Agenten, aber auch die abschiednehmend umherschweifende Seele der Dahingegangenen.

Mit dem pastosen Pinsel ihrer Frauenzeitschriftsprosa, die Werbesprache, Esoterik und literarische Zitate griffig zusammenrührt, entwirft Frau Ivanauskaite ein Menschheitsgemälde, in dem Gottesdienst von Werbung, Priester von Showmastern und das gelebte Leben von Fernsehkrimis beinahe vollständig ersetzt sind. Ein Sex-Agent führt die charakterschwache Reporterin auf den rechten Pfad des Konsumparadieses. Ein Ex-Freund der Heldin, der sich als Medienstar dem Industriediktat nicht beugt, wird per Persönlichkeitszerstörung entsorgt. Unter großer seelischer Kraftanstrengung versuchte die Heldin sich in die Geschlechtsliebe zu retten, während der von ihr als "Schutzengel" angebetete Mann zur himmlischen Liebe strebt.

Doch der Leser wird den Verdacht nicht los, daß auch hier schon Placebo die Fäden zieht. Allzugut passen das Ableben der verliebten Hellseherin und ihr moralisch zersetzender Einfluß auf ihr Herzblatt ins Konzept des Syndikats, wonach die neue Menschheit frei sein muß von Querdenkern und jeglicher Metaphysik. Vor allem aber stellte die Hauptseele des Romans zu Lebzeiten ihrem Asketen mit dem Luxuskörper mit einer Hoffnung auf die "wahre Liebe" nach, so daß sich der Leser in einen Groschenroman versetzt glaubt. Auswege aus dem Placebo-Kosmos scheinen nicht einmal durch literarische Substanz auf. Das Thema der Substanzvernichtung triumphiert auch über den Text.

KERSTIN HOLM

Jurga Ivanauskaite: "Placebo". Roman. Aus dem Litauischen übersetzt von Markus Roduner. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005. 433 S., br., 16,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eine Boulevardjournalistin in der litauischen Hauptstadt Vilnius recherchiert den unnatürlichen Tod einer Wahrsagerin, des letzten "suchenden" Menschen im mental gleichgeschalteten Konsumland Litauen gewesen, skizziert die Rezensentin Kerstin Holm Handlung und Thema des Romans. Jurga Ivanauskaite sei in Litauen eine Bestseller-Autorin und habe mit dem "pastosen Pinsel ihrer Frauenzeitschriftsprosa" einen negativen utopischen Roman geschrieben, der Huxley, Orwell und dem Film "Matrix" nacheifere. Hinter allem Bösen und Seelenlosen und wahrscheinlich auch dem Todesfall stecke eine mächtige Geheimgesellschaft mit dem Namen "Placebo". Die von dieser ausgehende allgemeine "Substanzvernichtung" in einer selbstbezüglichen Welt von Konsumenten und Produzenten habe aber auch "über den Text triumphiert", urteilt die Rezensentin subtil über die literarische Seite der Utopie.

© Perlentaucher Medien GmbH