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Die authentischen Briefe einer jungen Frau, die in den frühen sechziger Jahren als Ehefrau des deutschen Botschaftsattachés in Bagdad lebte. Ursula Gräfin von Schlieffen lebte von 1959 bis 1963 als Frau eines Attachés der deutschen Botschaft im Irak. Bagdad galt schon damals als einer der unwirtlichsten und aufreibendsten Aufenthaltsorte für Botschaftsangehörige. In dichter Folge, fast tagebuchartig, schickte die Autorin ihre Berichte an die Mutter in Deutschland. In diesen Briefen erzählt sie von den Strapazen der abenteuerlichen und gefährlichen Anreise, von der Wohnungssuche, den…mehr

Produktbeschreibung
Die authentischen Briefe einer jungen Frau, die in den frühen sechziger Jahren als Ehefrau des deutschen Botschaftsattachés in Bagdad lebte.
Ursula Gräfin von Schlieffen lebte von 1959 bis 1963 als Frau eines Attachés der deutschen Botschaft im Irak. Bagdad galt schon damals als einer der unwirtlichsten und aufreibendsten Aufenthaltsorte für Botschaftsangehörige. In dichter Folge, fast tagebuchartig, schickte die Autorin ihre Berichte an die Mutter in Deutschland.
In diesen Briefen erzählt sie von den Strapazen der abenteuerlichen und gefährlichen Anreise, von der Wohnungssuche, den Eingewöhnungsschwierigkeiten und der politisch instabilen Lage: Attentate und Aufstände waren im damals kommunistischen Irak an der Tagesordnung. Ursula von Schlieffen entwickelt eine eigene Art von Freundschaft zu den beiden Hausangestellten und muß wiederholt staunen, wie groß die Unterschiede zwischen mitteleuropäischen und arabischen Sitten sind.
Autorenporträt
Ursula Gräfin von Schlieffen wurde 1930 geboren, machte eine Ausbildung zur Keramikerin. Sie arbeitete als freie Künstlerin in München und Düsseldorf und heiratete 1958 Hans-Ulrich Wilke, damals Attaché im Auswärtigen Amt, mit dem sie mehrere Jahre in Bagdad, Guatemala und Ankara lebte. Der Ehemann starb früh, sie blieb mit drei Kindern zurück und heiratete 1976 erneut. Nach dem Tod des zweiten Ehemannes begann sie zu schreiben.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Das alte Bagdad ist ein orientalischer Mythos, dessen Wandlungsprozess von einer sinnlichen, reichen Stadt in eine bedeutungslose Ruine kaum nachvollziehbar erscheint, räsonniert Hussain Al-Mozany. Kein Wunder jedenfalls, meint er, dass Verleger unbekannte Aufzeichnungen oder Memoiren ausgraben, um auf der aktuellen Bagdad-Welle mitzuschwimmen. Im Fall der Briefe der deutschen Diplomatenehefrau Ursula Gräfin von Schlieffen sieht sich der Rezensent doppelt enttäuscht: weder literarisch noch inhaltlich sei die Veröffentlichung gerechtfertigt. Urssula von Schlieffen war 1959 bis 1963 in Bagdad, zur Hochzeit des Kalten Krieges; doch die politische Entwicklung scheint das diplomatische Corps nur am Rande interessiert zu haben, stellt Al-Mozany fest, stattdessen ergehe sich von Schlieffen in ihrem Alltag mit den Bediensteten und unzähligen Diplomatenfeiern. Den innerhäuslichen Mitteilungscharakter der Briefe erklärt sich Al-Mozany mit der Tatsache, dass man damals noch nicht ins Ausland telefonieren konnte. Für die Leser ist das alles ohne Belang und Gewinn, hält er fest und verweist positiv auf die Erinnerungen der Britin Gertrude Bell, die eine ausgezeichnete Kennerin des arabischen Raums und der mesopotamischen Kulturen gewesen sei. Und nicht einmal das Cover des Buches stimme, kritisiert Al-Mozany den Verlag: es zeige die Hafenpromenade von Basra und nicht von Bagdad.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.02.2004

Herr Botschafter, deine Frau ist da
Party im Umsturz: Die Bagdader Briefe der Gräfin Schlieffen

Der Nachwelt ist das islamisch-mittelalterliche Bagdad stets als eine Art Märchenstadt erhalten geblieben - fast so, als habe es dieses Bagdad in Wirklichkeit niemals gegeben. Dennoch wurde die Welt mehrfach erschüttert von der Brutalität, Grausamkeit und Brandschatzung, die die Abbasidenmetropole jüngst erlebt hat und auch weiterhin erlebt: ein außergewöhnlicher Prozeß der Verwandlung dieser sinnlichen, sagenhaften Stadt in eine bedeutungslose Ruine, die die Welt dennoch nach wie vor in Atem hält. Wo es einst im Westen nur karge Schriften über diese Stadt gab, häufen sich nun die Informationen und sind nicht selten im Moment ihrer Niederschrift bereits wieder veraltet. Außerdem werden Memoiren, Aufzeichnungen oder Briefe ausgegraben, um unbekannte Seiten Bagdads zu beleuchten.

Ursula Gräfin von Schlieffen, Ehefrau eines deutschen Diplomaten, der von 1959 bis 1963 in Bagdad tätig war, also zur Hochzeit des Kalten Kriegs, wählte den richtigen Augenblick zur Veröffentlichung jenes, wie sie es nennt, "vierzig Jahre alten, guten Kilos Papier" über Bagdad. Politisch wurde der Irak damals umworben und gleichzeitig massiv umkämpft. Die Feinde der jungen "Republik" waren unzählig. Alle Nachbarn Mesopotamiens waren mehr oder weniger in geheime Umsturzpläne verwickelt. Diese Großwetterlage warf ihre Schatten auf das junge deutsche Ehepaar, das zum ersten Mal arabischen Boden betrat. Der Schock war dementsprechend groß.

"Draußen weht ein sengend heißer Wind, die Temperatur ist unvorstellbar, die Stimmung feindselig", schrieb Ursula von Schlieffen zu Beginn ihrer Zeit in Bagdad an ihre Mutter. "Wir warten. Ich schreibe. Rutba ist der Platz, an dem Aladin seine Wunderlampe gerieben hat. Hätten wir doch auch eine!" In immer wieder eingeschobenen Kommentaren versucht die Autorin, dem heutigen Leser diese Feindseligkeit durch den Aufstand der Kommunisten, der zum Jahrestag der Revolution in der Ölstadt Kirkuk ausgebrochen war, zu erklären. "Die Bundesrepublik wollte natürlich verhindern", so notiert sie außerdem, "daß der Irak kommunistisch werde."

Trotz solcher Sätze scheint es, daß die politische Entwicklung im Irak damals weder die deutsche Botschaft in Bagdad noch die Autorin in erster Linie interessierte. Ihre Briefe sind privater Natur. Wohl auch, da es damals keine Möglichkeit des Telefonierens ins Ausland gab, schildert sie in erster Linie ihre innerhäuslichen Erlebnisse, insbesondere mit ihrem assyrischen Diener Latchin und seiner Frau Marlene, später auch mit dessen Bruder Ormes.

Ursula von Schlieffen schloß Latchin und Marlene ins Herz und hielt ihnen über vierzig Jahre hinweg die Treue, im Gegensatz zu ihrem muslimischen Gärtner Mohammed, der, wie sie schreibt, immer nur betete, oder auch zum "Kochersatz" für Latchin, dem einäugigen Mahdi, "der alle Leute duzt" und offenbar lange Zeit nicht die richtigen Umgangsformen fand: "Herr Botschafter, deine Frau ist da, bittschön." Diese kommentiert dies trocken: "Mahdi hat wenig Verstand, aber sieben Kinder." Ihr Ehemann Hans-Ulrich Wilke versucht, den disziplinierten Latchin in diplomatischer Etikette zu unterweisen. Er solle sich nicht an die Wand lehnen oder die Hände in die Taschen stecken. Er müsse vielmehr zigarettenlos, aufrecht und mit hängenden Armen auftreten, außerdem müsse er Gästen einen Stuhl und ein Getränk anbieten.

Bemerkenswert ist es, daß Marlene, eine sehr junge, ungebildete Dienerin, die einzige irakische Frau gewesen zu sein scheint, zu der die Autorin eine Art persönlicher Beziehung aufbaute. Diese merkt selbst an, daß es ihr nicht gelungen sei, eine ebenbürtige Irakerin als Freundin zu gewinnen - vielleicht auch, weil sie keine Versuche in dieser Richtung unternommen hat. Ihr Mitteilungsdrang gilt vielen häuslichen Angelegenheiten, beschäftigt sich mit Wetterberichten und den unzähligen Partys der ausländischen Vertretungen, so daß man geradezu den Eindruck gewinnen muß, als hätten die Diplomaten nichts anderes im Sinn gehabt, als von einer Feier zur anderen zu eilen. Was die Nachrichten aus Deutschland angeht, so sind diese ebenfalls wenig erquicklich - von ihrer Mutter hört man vor allem von der "ewig kranken Gallenblase".

Auf einem Empfang der britischen Vertretung in Bagdad wurde das deutsche Diplomatenpaar dem irakischen Machthaber Abdul Karim Qassim vorgestellt. Von dieser Begegnung existieren allerdings keine Fotografien, es gibt auch keine nähere Beschreibung des Herrschers; er wird in der Korrespondenz lapidar als "Führer" bezeichnet, eine nicht zu verhüllende Anspielung auf Adolf Hitler.

Ihr Schriftverkehr mit der Mutter endet mit der Schilderung des blutigen Sturzes von Qassim und dessen brutaler, im irakischen Fernsehen gezeigter Hinrichtung. Was ihr aber in diesen Tagen der politischen Umsturzversuche Sorgen bereitet, ist vor allem die Furcht, daß die "Packer nicht weiterpacken" könnten, die Grenzen geschlossen würden, die Lufthansa nicht fliegen und die Familie vermutlich tagelang in einem geräumten Haus zwischen Kisten und Holzwolle festsitzen würde.

Bei der Lektüre dieser Briefe stellt sich weniger die Frage nach der zweifelhaften literarischen Natur dieser Korrespondenz, sondern eher nach dem Gewinn für den Leser - inwieweit soll dieser einen Nutzen ziehen aus der Beschreibung alltäglicher, banaler Begebenheiten wie des Strickens eines Pullovers oder der schlammverdreckten Hosen und Röcke der Partygäste?

Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang etwa der Vergleich mit den Briefen der Informantin im Arab Bureau des britischen Nachrichtendienstes und Begründerin des irakischen Museums, Gertrude Bell, an ihren Vater ("Miniaturen aus dem Morgenland", 1997). Nicht nur beherrschte Gertrude Bell die arabische Sprache und sprach überdies ausgezeichnet Irakisch, sondern verfügte außerdem über hervorragende Kenntnisse der Geschichte Mesopotamiens, seiner Völker, Stämme und geopolitischen Beschaffenheit. Außerdem war sie eine Entscheidungsträgerin höchsten Grades, galt überspitzt sogar als Königmacherin. Und wenn diese Frau ihrem Vater mitteilt, wie der Orient sich um ihr Herz schlingt, bis sie nicht mehr weiß, wo sie endet und er beginnt, um am Ende für sich selbst zu dem Schluß zu kommen, daß sie mehr Bürgerin Bagdads ist als viele geborene Bagdader, stellt sich keinen Moment lang die Frage nach der Relevanz ihrer Betrachtungen. Ein Satz wie "Ich wette, daß keinem die Schönheit des Flusses oder der Palmengärten mehr bedeutet und daß keiner mehr an den Bürgerrechten hängt, die ich erworben habe" sagt wesentlich mehr über ihre Bindungen zu diesem Land aus als die zusammengestellten Mitteilungen der Gräfin Schlieffen, die sich schmalspurig in einer Pufferzone zwischen Klatsch und Tratsch der frühen sechziger Jahre und privater Erinnerungslektüre bewegen. Im übrigen zeigt das schwarzweiße Titelbild nicht wie angegeben eine Szene aus dem Bagdad der sechziger Jahre, sondern die berühmte Promenade am Schatt al-Arab in der 550 Kilometer weiter südlich gelegenen Hafenstadt Basra.

HUSSAIN AL-MOZANY

Ursula Gräfin von Schlieffen: "Briefe aus Bagdad". Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2003. 320 S., br., 15,- [Euro].

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