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1991 hat sich Hildegard Hamm-Brücher aus ihren politischen Ämtern verabschiedet, aber es war kein beschauliches Privatleben, in das sie sich zrückzog. Sie blieb streitbar und aktiv und ging keiner Öffenlichen Diskussion zu den Grundfragen unserer Bürgerdemokratie aus dem Wege. Die Kandidatur für das Amt des Bundepräsidenten brachte ihr viel Zustimmung und Ermutigung für ihr außerparlamentarisches Engagement. Im vorligenden Band sind alle wichtigen Reden und Beiträge aus Hildegard Hamm-Brüchers achtem Lebensjahrzehnt versammelt - mit historischen Bezügen weit in die Vergangenheit, aber auch im…mehr

Produktbeschreibung
1991 hat sich Hildegard Hamm-Brücher aus ihren politischen Ämtern verabschiedet, aber es war kein beschauliches Privatleben, in das sie sich zrückzog. Sie blieb streitbar und aktiv und ging keiner Öffenlichen Diskussion zu den Grundfragen unserer Bürgerdemokratie aus dem Wege. Die Kandidatur für das Amt des Bundepräsidenten brachte ihr viel Zustimmung und Ermutigung für ihr außerparlamentarisches Engagement. Im vorligenden Band sind alle wichtigen Reden und Beiträge aus Hildegard Hamm-Brüchers achtem Lebensjahrzehnt versammelt - mit historischen Bezügen weit in die Vergangenheit, aber auch im Hinblick auf ganz aktuelle Fragen. Kernaussage hinter allen Texten: Lernt aus der Vergangenheit und überlaßt die Demokratie nicht den Politikern, sondern nehmt sie als selbstbewußte Bürger in eure eigenen Hände!
Autorenporträt
Hildegard Hamm-Brücher, geboren 1921 in Berlin, studierte 1940 - 1945 Chemie in München. Nach der Promotion war sie von 1946 - 1949 Redakteurin bei der Münchner "Neuen Zeitung". Seit 1948 in der Politik als Stadträtin, Landtagsabgeordnete, Staatssekretärin und Staatsministerin. 1995 erhielt sie als erste Frau die Ehrenbürgerschaft der Stadt München. Hildegard Hamm-Brücher ist eine der bedeutendsten Frauen der deutschen Politik seit 1945. Die langjährige Abgeordnete, Staatsministerin und Präsidentschaftskandidatin mischte sich auch nach dem Ausscheiden aus ihren Ämtern immer wieder vernehmbar in gesellschaftliche und politische Debatten ein. Für ihr Engagement, vor allem in Demokratie- und Bildungsfragen, wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Die in München lebende Politikerin hat zahlreiche Bücher geschrieben und herausgegeben. 2011 ist Hildegard Hamm-Brücher mit dem "Marion Dönhoff Preis" für ihr Lebenswerk ausgezeichnet worden.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.05.2001

Nach- und Spätlese
In Hildegard Hamm-Brücher glüht noch das pädagogische Feuer

Hildegard Hamm-Brücher: Erinnern für die Zukunft. Ein zeitgeschichtliches Nachlesebuch 1991 bis 2001. Deutscher Taschenbuchverlag, München 2001. 355 Seiten, 36,- Mark.

Was ist ein Nachlesebuch? Soll darin nur nachgelesen werden können, was die FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher in den letzten zehn Jahren geäußert hat? Oder bedeutet Nachlese in diesem Fall so etwas wie ein letzter Gang über ein abgeerntetes Feld auf der Suche nach übersehenen Ähren, eine Art Nachwort zu den vielen Beiträgen, die diese "im politischen Pulverdampf ergraute Altliberale", wie sie sich selbst nennt, im Laufe ihres 45 Jahre währenden aktiven Politikerlebens geleistet hat?

Wie auch immer, Frau Hamm-Brüchers Nachlese zeugt von dem immensen Fleiß, der sie auch im sogenannten Ruhestand auszeichnet, in welchem sie seit nunmehr zehn Jahren lebt, "befreit von allen Ämtern, Würden und Bürden". Oder vielleicht doch nicht ganz befreit? Nicht weniger als 600 Texte hat sie jedenfalls in diesen 120 Monaten verfaßt. 51 Beiträge liegen jetzt gedruckt vor. Das Buch befaßt sich fast nur mit dem Zustand der freiheitlich-demokratischen Ordnung im Westen, der Osten kommt so gut wie überhaupt nicht vor. Es ist, als habe es die DDR nie gegeben. Nur ein einziges Mal, als sie ihr Publikum zu mehr Bürgerengagement auffordert, bemerkt sie mit bewunderndem Unterton, "was Bürgerengagement bewirken kann", hätten die Menschen in der DDR gezeigt.

Wie der Titel besagt, dient das Erinnern der Autorin jedoch auch und vor allem der Vorausschau, der Zukunft. Und diese Zukunft müssen die Deutschen aus Ost und West nun gemeinsam meistern. Die Mahnungen und Ratschläge gehen mithin alle gleichermaßen an. Insofern lohnt es sich vielleicht auch für "Ossis", einen Blick in das Buch dieser "Altliberalen" aus der Schule ihres "Ziehvaters" Theodor Heuss zu werfen. Sie werden darin eine "glühende Demokratin" kennenlernen, die nicht müde wird, für eine "Erneuerung und Vitalisierung unserer Demokratie" zu werben, die von den "demokratiepolitisch engagierten Teilen unserer Gesellschaft ausgehen" müsse.

Im Mittelpunkt von Frau Hamm-Brüchers "demokratiepolitischen Zielen" steht die Umgestaltung des - ihrer Ansicht nach "entarteten" - Parteienstaates in eine wirkliche Bürgerdemokratie, und zwar "nicht gegen die politischen Parteien, sondern gemäß Buchstaben und Geist der Grundgesetzartikel 20 und 21, nach denen ,alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht' und ,die Parteien bei der politischen Willensbildung (nur) mitwirken' sollen". Immer wieder kommt sie auf diesen Kernpunkt als ihr "Ceterum censeo" zurück und spricht damit wohl vielen ihrer Zeitgenossen aus der Seele.

Auch ihr wiederholter Hinweis auf die permanente Mißachtung des Grundgesetzartikels 38 ("Der Abgeordnete ist Vertreter des ganzen Volkes, er ist an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur seinem Gewissen unterworfen") wird viel Beifall finden, aber die Parteiführungen vermutlich wenig beeindrucken. Die Abgeordneten seien "Funktionäre ihrer Partei, die an ,Aufträge und Weisungen' fest gebunden sind"; meistens seien sie, "wider besseres Wissen und Gewissen, der Fraktions- und Parteidisziplin unterworfen". Wer über Politik- und Politiker-Verdrossenheit klage, und das täten viele Deutsche, müsse, wenn er diesen Unmut vertreiben wolle, hier den Hebel ansetzen. Selbstverständlich gehören dazu für Frau Hamm-Brücher "neue Mitwirkungs-, Mitbestimmungs- und Kontrollrechte von Bürgerinnen und Bürgern auf allen parlamentarischen Ebenen, beginnend mit einer Aufwertung des Petitionsrechtes und von Anhörungsrechten zu echten Bürgerrechten bis zur schrittweisen Einführung von Volksbegehren und Volksentscheiden".

Dem Erinnern, ohne das die Zukunft der deutschen Demokratie leicht wieder unsicher werden könnte, sind die eindruckvollsten Kapitel des Buches gewidmet. Besonders die Gedenkansprache für die von den Geschwistern Scholl 1942 ins Leben gerufene Widerstandsgruppe der "Weißen Rose" ist bewegend in ihrer einfühlsamen und selbstkritischen Intensität. Frau Hamm-Brücher studierte in jenen Jahren in München, ohne sich politisch zu betätigen. Nicht jeder war eben zum Widerstandskämpfer geboren. Die Gewissensbisse, die sie sich später deswegen gemacht haben mag, waren für sie vermutlich ein starker Antrieb, sich gleich nach Kriegsende um so intensiver um den Aufbau eines freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaates zu bemühen und an seiner permanenten Weiterentwicklung und Modernisierung aktiv mitzuwirken. Während ihrer Zeit als Stadtverordnete, Landtags- und Bundestagsabgeordnete, als Staatssekretärin und Staatsministerin war sie, wie sie nicht ohne Selbstkoketterie sagt, "fast immer in politische Kontroversen und Spannungen verwickelt". Nun ist sie 80 und schon merklich sanfter in ihrer Altersweisheit. Aber das pädagogische Feuer glüht noch in ihr.

KLAUS NATORP

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Klaus Natorp fragt sich zu Anfang seiner Besprechung, was denn ein "Nachlesebuch" eigentlich sein soll. Wenn man auch zu keiner befriedigenden Antwort komme, zeuge dieses Buch doch von dem immensem Fleiß der Autorin im Ruhestand. Von den 600 Texten, die sie in 120 Monaten verfasst hat, sind 51 in diesem Band zu lesen, der sich, so Natorp, durch einen klaren Schwerpunkt auszeichnet: alle Texte befassen sich - bis auf eine anerkennende Erwähnung der Bürgerbewegung in der DDR - mit dem Zustand der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Westens. Der Rezensent kommt dann auf den Kern der "demokratiepolitischen Ziele" Hamm-Brüchers zu sprechen. Es gehe ihr um die Verwirklichung der Bürgerdemokratie, die schon im Parlament selbst in der Krise sei, denn kaum ein Abgeordneter stimme gemäß Grundgesetzartikel 38 ab, der ihn den Weisungen der Partei enthebt. Lakonisch meint Natorp, dass dieser Hinweis vermutlich generell viel Beifall finden wird, die Parteiführungen jedoch wenig beeindrucken wird. Dem Erinnern seien die eindruckvollsten Kapitel des Buches gewidmet. Natorp lobt besonders die Gedenkansprache für die Geschwister Scholl und zeigt sich beeindruckt von der "selbstkritischen Intensität" des Beitrags. Hamm-Brücher war 1942 ebenfalls an der Universität München, ohne sich jedoch in der Widerstandsgruppe zu engagieren. Dafür habe sie dann aber umso aktiver nach dem Krieg zum Aufbau der Demokratie in Deutschland beigetragen. Schließlich bemerkt der Rezensent die "Selbstkoketterie", wenn Hamm-Brücher auf ihr Leben zurückschaut und konstatiert, dass sie in ihrer Alterweisheit doch sanfter geworden ist, obwohl das pädagogische Feuer noch in ihr glühe.

© Perlentaucher Medien GmbH
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