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Eine Literarische Entdeckung in deutscher Erstübersetzung. "Meinerzeit" - Der Titel knüpft an das nostalgische "damals, zu meiner Zeit..." an. Und dieses Damals versuchen die Personen des Romans immer wieder vergeblich zu beschwören. Man trauert der 1918 zu Ende gegangenen Monarchie nach, unterschwellig aber auch dem Freiheitskampf von 1848. Man versucht einen Kreis zu bilden, in dem die alte Zeit aufleben kann, doch das Hier und Jetzt verzieht die scheinbar einfache Handlung zu einer schrägen Geschichte. Krudy zeichnet virtuos ein spannungsgeladenes Personengeflecht: von der insgeheim…mehr

Produktbeschreibung
Eine Literarische Entdeckung in deutscher Erstübersetzung.
"Meinerzeit" - Der Titel knüpft an das nostalgische "damals, zu meiner Zeit..." an. Und dieses Damals versuchen die Personen des Romans immer wieder vergeblich zu beschwören.
Man trauert der 1918 zu Ende gegangenen Monarchie nach, unterschwellig aber auch dem Freiheitskampf von 1848. Man versucht einen Kreis zu bilden, in dem die alte Zeit aufleben kann, doch das Hier und Jetzt verzieht die scheinbar einfache Handlung zu einer schrägen Geschichte.
Krudy zeichnet virtuos ein spannungsgeladenes Personengeflecht: von der insgeheim ergeizigen Lehrerin Vilma und ihren beiden Begleitern über einen "verrückten, nervösen Barbier", einen viel zu präsidialen Präsidenten bis hin zu einem tierbändigenden Hauptmann. Sie alle und noch einige Originale mehr verbringen den letzten Fastnachtstag im Wirtshaus. Vordergründig nüchtern-sachlich beschrieben, in der Wirkung aber geradezu surreal wird die Schilderung eines einzigen Tages unversehen s zu einer vielschichtigen Gesellschafts- und Zeitanalyse des Ungarns der 20er Jahre.
Autorenporträt
Gyula Krúdy (1878 - 1933) war einer der bedeutendsten ungarischen Prosaautoren. Der Sohn eines kleinadeligen Anwalts und einer Bauerstochter konnte wie kaum einer Romantik und Realismus, den nostalgischen Impressionismus des Fin de siècle und feine Ironie verbinden.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.11.1999

Gefüllter Hecht mit dunklem Bier
Wieder gefunden: Gyula Krúdys Roman "Meinerzeit"

Gyula Krúdy (1878 bis 1933) war zu seiner Zeit einer der beliebtesten Schriftsteller Ungarns. Sein Werk ist umfangreich: hundert Bände Romane und Erzählungen, dazu seine vielseitigen journalistischen Arbeiten. "Ich habe in meinem Leben mehr gekritzelt als Balzac", hat er selbstbewusst behauptet und damit seinen Kritikern angedeutet, mit wem er verglichen werden möchte. Der Deutsche Taschenbuch Verlag, der den fast Vergessenen jetzt wiederentdeckt hat, fügt Proust als zweiten großen Geistesverwandten hinzu. In beiden Fällen zu hoch gegriffen. Der Roman "Meinerzeit" jedenfalls lässt in keiner Zeile an Proust oder an Balzac denken - nicht nur, weil Budapester Kneipen weit entfernt sind von Pariser Salons.

Weit entfernt sind sie allerdings auch von der Gegenwart. Franz Joseph selig schwebt als verklärter Heiliger im Bierdunst der Wirtsstube, wo die verrücktesten Typen ihr endloses rituelles Palaver halten. Der Hilfsstuhlrichter und der Trafikbesitzer, der alles in der Stadt weiß, der hoffnungsvolle junge Mann ohne Beruf sowie der nicht unvermögende Herr mittleren Alters - sie alle sind Stammgäste in der "Stadt Wien", ein grantelndes, wichtigtuerisches Publikum, zu dem auch ein Präsident, ein Herzog und, gleichberechtigt, weil sie etwas zu erzählen haben, Portiers und Kellner gehören.

Es geschieht so gut wie nichts in diesem von Essensdünsten gesättigten Panoptikum. Man verzehrt zum Gabelfrühstück Kalbshirn mit Nieren, Rindspörkölt oder gefüllten Hecht, trinkt dunkles Bier und hört als Begleitmusik endlose Anekdoten voller Beziehungen, die der Nichteingeweihte nur teilweise versteht. Das ist überhaupt ein Nachteil dieses wiederausgegrabenen Romans: Viele Anspielungen, ironische oder boshafte Bemerkungen sind nur für den Kenner der ungarischen Verhältnisse Ende der zwanziger Jahre zu entschlüsseln. Dass die einzige schöne Frau in diesem Ensemble aus Padolin kommt, das nach dem Ersten Weltkrieg an die Tschechoslowakei fiel, gewinnt erst Bedeutung, nachdem man das kundige Nachwort der Übersetzerin Christina Viragh gelesen hat.

Diese Vilma mit ihrem federbesteckten Samthut, eine junge Lehrerin mit einem Diplom von den Nonnen von Kassa, wird überraschend zum Schluss die Nachfolgerin der "angenehm molleten Wirtin". Vielleicht hatte da Gyula Krúdy die Lust an seiner gemütlich nörgelnden und räsonierenden Kneipengesellschaft verloren.

MARIA FRISÉ

Gyula Krúdy: "Meinerzeit". Roman. dtv premium. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1999. 240 S., br., 24,- DM.

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"Burleske Komik, präzise Gesellschaftsanalyse und poetische Sprache sind die Gegensätze, die Gyula Krudy meisterlich verbindet." Börsenblatt

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Karl-Markus Gauss bespricht das Buch in einem ausführlichen Artikel über den "habsburgischen Mythos" zusammen mit Gyula Krudys "Die rote Postkutsche" (Suhrkamp-Verlag), Sandor Marais "Die Glut" (Piper-Verlag) und Dezsö Kosztolanyis "Anna Edes" (Aufbau-Taschenbuch-Verlag).
1) Gyula Krudy: "