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Novellen über Gewissenskonflikte
Zwei berühmte Novellen, in denen es um das Verhältnis von Geist und Macht, um Schuld und Gnade, Katholizismus und Gewalt geht. "Einfach glänzend." Der Spiegel
Gut drei Jahrhunderte trennen die Ereignisse dieser beiden Novellen, sie führen nach Spanien und zeigen Menschen in unerträglichen Gewissenskonflikten. Da ist der ehemalige Padre, der als Matrose und Kriegsgefangener in seine einstige Zelle in dem zum Gefangenenlager umfunktionierten Kloster zurückkehrt. Die schöne Phantasiewelt Utopia, ein Traumbild jener Jahre, taucht wieder vor ihm auf. Jetzt…mehr

Produktbeschreibung
Novellen über Gewissenskonflikte

Zwei berühmte Novellen, in denen es um das Verhältnis von Geist und Macht, um Schuld und Gnade, Katholizismus und Gewalt geht. "Einfach glänzend." Der Spiegel

Gut drei Jahrhunderte trennen die Ereignisse dieser beiden Novellen, sie führen nach Spanien und zeigen Menschen in unerträglichen Gewissenskonflikten. Da ist der ehemalige Padre, der als Matrose und Kriegsgefangener in seine einstige Zelle in dem zum Gefangenenlager umfunktionierten Kloster zurückkehrt. Die schöne Phantasiewelt Utopia, ein Traumbild jener Jahre, taucht wieder vor ihm auf. Jetzt aber soll er dem Lagerkommandanten Absolution erteilen für dessen Kriegsverbrechen - und hätte die Gelegenheit, ihn zu ermorden ...

Eine Entscheidung treffen muß auch der in Toledo lebende Maler El Greco, als er vom Großinquisitor Guevara nach Sevilla befohlen wird, um ihn zu porträtieren. El Greco steht nicht nur vor der Frage, wie er diesen Auftrag mit seinem Berufsethos vereinbaren soll - während der Arbeit an dem Bild erkrankt der Kardinal ernsthaft, und nur El Greco weiß, wer ihn heilen könnte ...
Autorenporträt
Stefan Andres, 26. 6. 1906 Breitwies bei Trier - 29. 6. 1970 Rom. Der Sohn eines Müllers wuchs in einer katholisch geprägten bäuerlich-dörflichen Umwelt auf und war von seinen Eltern zur geistlichen Laufbahn bestimmt. Er trat in den Kapuzinerkonvent in Krefeld ein (1926-28), entschied sich aber nach dem Noviziat, den Orden zu verlassen und Germanistik zu studieren (1929- 1932 Köln, Jena, Berlin; kein Abschluss). Da seine Frau, die er 1932 geheiratet hatte, 'Halbjüdin' war, verlor er 1935 seine Stellung beim Reichssender Köln. 1937 gelang es ihm, mit seiner Familie Deutschland zu verlassen und nach Italien überzusiedeln (Positano). 1950 kehrte er nach Deutschland zurück (Unkel am Rhein), seit 1961 lebte er in Rom.

Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter der »inneren Emigration« und war nach dem Zweiten Weltkrieg ein vielgelesener Autor. Zu seinen bekanntesten Werken zählen »El Greco malt den Großinquisitor« (1936), »Wir sind Utopia« (1943) und »Der Knabe im Brunnen« (1953)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.06.2012

Es gibt kein Patentrezept für die Gegenwart und auch nicht für die Zukunft

Von den fatalen Beziehungen zwischen den Menschen und der Politik: Der Wallstein Verlag versucht das Werk des Dichters Stefan Andres dem Gestern zu entreißen.

Dem Namen Stefan Andres sind wohl alle literarisch interessierten Bürger unseres Landes irgendwo, irgendwann begegnet. Aber kennen sie auch die Bücher dieses Schriftstellers? Einige Literaturfreunde gewiss, die Mehrheit möglicherweise nicht. Doch wenn es so wäre, läge das sicherlich nur in wenigen Fällen daran, dass die Bereitschaft zum Lesen geringer war als das Bedürfnis, als Leser eines anerkannten Dichters von dessen Glamour auch ein bisschen abzubekommen.

Man kommt der Realität näher, wenn man sie in des Schriftstellers Lebenszeit sucht: Stefan Andres wurde 1906 geboren, geriet als junger Erwachsener in das politisch-moralische Chaos der Hitler-Ära und vor allem unter den Druck der braunen Zensur. Und er ist 1970 gestorben, ihm blieb nach den verheerenden Kriegs- und den bitteren Nachkriegsjahren nicht übermäßig viel Zeit, vielleicht auch nicht mehr allzu viel Kraft, um auszugleichen, was die Diktatur angerichtet hatte.

Dass er es versuchte, und zwar auch schon in den peinlichen zwölf Hitler-Jahren, davon zeugen jene Buchausgaben, die in unserer Gegenwart erscheinen. Was uns die Herausgeber der Buchausgaben vorlegen, zeugt vom Respekt vor dem Wort- und Gedankenkünstler, den sie betreuen. Und vom Verantwortungsgefühl gegenüber einem Mitmenschen, dem nicht genügend Zeit blieb zu sagen, was er unbedingt noch sagen, auf jeden Fall aber deutlicher als bisher zur Sprache bringen wollte: zum Beispiel die Fülle fataler Beziehungen zwischen Menschenschicksal und Politik. Diese Aufklärungsarbeit und noch viel mehr leisten nun die Herausgeber in ihren Anteilen an den Editionen. Zusammenfassend ließe sich sagen: Wenn man alles sorgsam studiert, was sie dem Leser an Hintergrundwissen bieten, dann kennt man sich in deutscher Politik- und deutscher Literaturgeschichte genügend aus, um sich für den Rest der Lektüre dem eigentlichen Genuss hinzugeben, den ein Buch bereiten kann - nämlich sich durch spannende Fabeln und kluge Metaphern belehren und zugleich gut unterhalten zu lassen.

Die etwas ältere Andres-Ausgabe versammelt "Prosa aus den Jahren 1933 bis 1945", gibt also einen Überblick über jene Zeit, in der das Schaffen deutscher Schriftsteller zum riskanten Balanceakt wurde - wenn es überhaupt noch möglich war. Liest man die Andres-Geschichten, so stößt man immer wieder auf Passagen, die eine funktionierende nationalsozialistische Zensur eigentlich nicht hätte durchlassen dürfen. Dies besonders nicht bei einem Autor, der 1932 eine Halbjüdin geheiratet und sich auch dann nicht von ihr getrennt hatte, als ihm nach 1933 die nun herrschende Weltanschauung schmerzhaft deutlich geworden war. Schließlich verstieß ihn 1937 die Reichsschrifttumskammer, was die Erteilung von Aufträgen, folglich auch die Zahlung von Honoraren nicht eben förderte. Wovon sollten die Eltern Andres und ihre Kinder leben?

Es bot zwar Hilfe, aber beileibe keinen Ausgleich, dass Stefan Andres viele Jahre im Ausland verbrachte, 1934 in Ägypten und in Griechenland, ab 1937 - also nach dem Fußtritt aus der Reichsschrifttumskammer - im italienischen Positano. In jenen Jahren erschien auch in Deutschland hin und wieder eine seiner Geschichten, manchmal begleitet von der Empfehlung eines Literatur-Funktionärs.

Entsprangen solche Freundlichkeiten dem Fehlschluss, des Autors Kritik an Person und Gesinnung gelte immer nur dem Fremden, dem Nichtdeutschen, den seine jeweils neue Geschichte gerade vorführte, und sei kein Spiegelbild deutschen Wesens, gar deutscher Zustände? Eine derartige Blindheit, echt oder vorgetäuscht, konnte es durchaus gegeben haben. Sicherer aber wäre der Schluss, dass Hitlers Diktatur nur über sechs Friedensjahre verfügte, um zum vollendeten Schrecken zu reifen. Andere Politmodelle hatten dafür mehr Zeit. Stalin zum Beispiel blieben siebzehn Jahre, von Lenins Tod 1924 bis zum deutschen Überfall auf die Sowjetunion 1941, um die stählerne Basis für sein Gewaltreich zu schmieden. Hätte - Gott behüte! - Hitler seinen Krieg gewonnen, dann hätte er, nach zwölf Jahren Arbeit daran, in Sachen vollendetes Grauen mit Stalin absolut konkurrieren können.

Die Deutschen mussten zum Glück solchen Wettbewerb, gar Hitlers Wett-Sieg, nicht erleben. Und Stefan Andres musste nicht darüber schreiben, weder verschlüsselt noch offen. Stattdessen hinterließ er uns einen Roman mit dem Titel "Der Knabe im Brunnen", und der füllt das andere Buch, das der Wallstein Verlag jetzt herausbrachte. Die Handlung ist, wie so vieles im Schaffen Andres', aus dem eigenen Leben geschöpft. Das heißt, der Dichter erzählt seine Jugendgeschichte, geschmückt mit den märchenhaften Träumen, die ihm einst durch den Kinderkopf wehten, und angesiedelt in der Realität vor dem Ersten Weltkrieg und zur Kriegszeit. Wann genau Andres seine Schreckmärchen aus der Bauernheimat rund um Trier zu Papier brachte, geht aus den Mitteilungen des Verlages nicht hervor. Die Erstausgabe jedenfalls erschien 1953, also zu einer Zeit, da Hitler nur noch Erinnerung war und Deutschland - wenigstens dessen Westen - ein Ursprungsland, das sich nicht mehr nach Macht sehnte, sondern nach Frieden und Wirtschaftswunder.

Der Roman freilich reicht, wie schon gesagt, noch weiter zurück. Die Erzählweise des Autors, die den Leser durch das Buch begleitet wie ein sanft murmelnder Bach den Wandersmann, führt uns abwechselnd ins Vergangene und wieder ins Jetzt, lässt ferne Kinderwelten neu erstehen und das Kommende teils ersehnen, teils fürchten. Eine Erkenntnis jedoch verkündet diese Lektüre mit dem Nachdruck der Gewissheit: Es gibt kein Patentrezept zur Herstellung einer erträglichen Gegenwart oder einer besseren Zukunft. Diese Werte muss man sich erarbeiten, in jeder Generation neu. Man muss es für sich selbst tun, aber nicht minder für die anderen. Eine Menschengesellschaft, deren Mitglieder einander Hilfe und Sicherheit bieten, ist genau das, was die Roman- und Novellenhelden erstreben, selbst wenn sie das nicht immer vordergründig auszudrücken wissen. Das gilt, wie für alle große Dichtung, auch für die Meistergeschichten von Stefan Andres.

SABINE BRANDT

Stefan Andres: "Der Knabe im Brunnen". Roman.

Hrsg. von Christa Basten und Hermann Erschens. Wallstein Verlag, Göttingen 2011. 314 S., geb., 28,- [Euro].

Stefan Andres: "Wir sind Utopia". Prosa aus den Jahren 1933 - 1945.

Hrsg. von Erwin Rotermund und Heidrun Ehrke-Rotermund. Wallstein Verlag, Göttingen 2010. 314 S., geb., 28,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dass Stefan Andres heute noch ein Begriff ist und als wichtiger Vertreter der inneren Emigration gilt, verdankt sich vor allem den beiden Erzählungen dieses Bandes, teilt Tilman Spreckelsen mit. In "Wir sind Utopia" soll ein Inhaftierter während des Spanischen Bürgerkriegs seinem Wärter die Beichte abnehmen, in der zweiten Erzählung soll ein Maler den Diktator des Landes malen, es geht also um Existenzmöglichkeiten unter Diktaturbedingungen, fasst der Rezensent interessiert zusammen. Er findet es fast unglaublich, dass es Andres gelungen ist, diese Texte im nationalsozialistischen Deutschland zu publizieren, wobei er betont, dem Autor gehe es um mehr, als nur Kritik an den herrschenden Verhältnissen zu üben, nämlich um grundsätzliche philosophische Fragen. Insbesondere die Landschaftsbeschreibungen dieser Texte, die ihn in ihrer "ungeheuren Anspannung" stark an Adalbert Stifter erinnern, beeindrucken den Rezensenten sehr und er sieht in ihnen den Versuch des Autors, eine allzu glatte Rezeption der Geschichten zu verhindern und so die Aufmerksamkeit der Leser für das Eigentliche zu schärfen.

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