Marktplatzangebote
4 Angebote ab € 44,00 €
  • Buch mit Leinen-Einband

Überblick über das gesamte Ouvre des Malers und Zeichners Hans Holbein des Älteren. Dem Tafelbild widmet diese Monographie ebenso ihre Aufmerksamkeit wie der zeichnerischen Vorbereitung der Retabel oder den hervorragend mit sparsamsten Mitteln charakterisierten Bildniszeichnungen, bei denen die Vorliebe für porträthafte Individualisierung ins Auge fällt.

Produktbeschreibung
Überblick über das gesamte Ouvre des Malers und Zeichners Hans Holbein des Älteren. Dem Tafelbild widmet diese Monographie ebenso ihre Aufmerksamkeit wie der zeichnerischen Vorbereitung der Retabel oder den hervorragend mit sparsamsten Mitteln charakterisierten Bildniszeichnungen, bei denen die Vorliebe für porträthafte Individualisierung ins Auge fällt.
Autorenporträt
Katharina Krause ist Professorin an der Philipps-Universität Marburg. Forschungsschwerpunkt sind die Bildkünste in Süddeutschland (15./16. Jh.) sowie französische Kunst und Architektur vom 16. bis zum 19. Jahrhundert.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.02.2003

Aus dem Bilderschatz einer deutschen Reichsstadt
Nüchternheit als Programm: Katharina Krauses umfassende Monografie über Hans Holbein den Älteren
Wer kennt schon Bartholomäus Zeitblom, Barthel Beham, die ungezählten Maler mit Notnamen wie „Meister der Heilgen Sippe” oder Hans Holbein d. Ä.? Als rege Italienreisende kennen wir die italienische Malereikultur der Renaissance in- und auswendig, fahren ins spätmittelalterliche Brügge, um Hans Memling zu bewundern, aber die Altdeutschen Maler, zumal die zweite Garnitur? Das war nicht immer so, hatte doch die Romantik das deutsche Mittelalter wiederentdeckt, als Ursprung der eigenen Kultur gefeiert und die altdeutschen Maler in die Museen geholt. Neuerdings nehmen sich die deutschen Kunsthistoriker des eigenen kulturellen Erbes wieder an, widmen sich in den Museen erneut der Erforschung des altdeutschen Bestands und machen die deutsche Malerei zum Thema von Seminaren. Dies wohl als Folge der wiedergewonnenen Einheit, die das spätmittelalterliche Kunsterbe zur Besinnung auf die gemeinsame Kultur nun endlich aus der Mottenkiste zieht.
Katharina Krause widmet dem Augsburger Maler Hans Holbein der Ältere (1460/70-1524) – von G. F. Waagen 1845 als „größter Maler der augsburgischen Schule, ja meines Erachtens in ganz Deutschland” gepriesen – eine umfassende Monografie. Holbein fristete im Schatten seines bekannteren Sohnes das Dasein eines „Meisters des Übergangs”, bis man ihn in den letzten 40 Jahren fast völlig vergaß. An der Schwelle zur Neuzeit verband er einen spätmittelalterlichen, aus der frühniederländischen Malerei schöpfenden Stil mit italienischen Renaissancemotiven und hinterließ ein umfangreiches Œuvre, das vor allem wegen der Leuchtkraft der Farben besticht. In Augsburg führte er eine große Werkstatt und bediente die bürgerliche, meist anonyme Oberschicht, aber nicht wie Dürer die Fugger und die Humanisten.
Krause äußert ein doppeltes Interesse an dem Maler: Einmal soll das veraltete Holbein-Bild, das den Maler als „letzten großen Naiven der deutschen Malerei” klassifizierte, revidiert werden. Dann will die Autorin eine neue Perspektive auf Leben und Werk des Malers eröffnen. Unter strenger Observanz der wenigen Quellen sollen Holbeins Methoden der Bildfindung untersucht und seine künstlerischen Möglichkeiten im Kontext eines zunftmäßig geregelten Handwerks einerseits, einer Auftraggeberschaft, die ihre eigenen ästhetischen Wünsche und Ansprüche an den Maler stellten, andererseits in den Blick genommen werden. Auch die kunsthistorische Gattung der Künstlermonografie, die immer die Einheit von Künstler und Werk suchte und mehr behauptete, als bewies, will die Autorin am Fall Holbein auf den Prüfstand stellen. Um es vorwegzunehmen: Das Ergebnis der Studie ist nüchtern, aber die Nüchternheit ist Programm und hat Methode.
Krause entdeckt einen Holbein, der sein eklektisches Vorgehen gar nicht verbergen will, sondern aus einem enormen Repertoire an Bildern schöpft, das er sich über das Studium seiner niederländischen Vorbilder angeeignet hat, und der in freier Zitierweise zu seinem ganz eigenen Stil fand. Seine Farbtechnik, etwa die nass in nass verriebenen Changeants der Seidenstoffe, handhabt er virtuos. Alle Beobachtungen der Autorin münden in eine Revision überkommener Meinungen über historisches Stilbewusstsein und systematische Stilbegriffe, wie Individualstil und Nationalstil, wofür Holbeins Malerei ein ausgezeichnetes Material bietet. Holbeins Bilder antworten auf eine Vielzahl von Faktoren: Die vom Augsburger Patriziat gepflegte Interkulturalität mit Italien, die von der Malerzunft gebotenen Reglementierungen, die den Malern Freiräume für Spezialisierungen und Differenzierungen gewährten, die Auftraggeber, die sich entweder modern gaben, wenn sie „welsche” Formen wünschten, oder aber Eigenes, Traditionelles verlangten.
Wahrheit statt Schönheit
Holbein stellte sich perfekt auf seine Auftraggeber ein, arbeitete mit einem Team von Gehilfen, und signierte seine Bilder, nicht etwa um Eigenhändigkeit zu demonstrieren, sondern zum Zeichen dafür, dass er mit seinem Namen für die Qualitätsstandards seiner Werkstatt gerade stand. Mit diesen Argumenten findet Krause eine Erklärung für die eklatanten Stilbrüche und Qualitätsunterschiede, die man dem Holbein-Œuvre bescheinigen muss, und bringt eine Stilkritik zum Schweigen, die nichts mit den Bildern, außer Zuschreibung und Händescheidung, im Sinn hat. Deshalb ist es lässlich, dass die Autorin auf die Untersuchung der Infrarotreflektographien der Gemälde verzichtet, die unter der von Holbein signierten Malschicht die Arbeit eines manchen Gehilfen schon in der Vorzeichnung zu Tage fördern würde.
Ihr methodisches Rüstzeug erprobt und exemplifiziert Krause bei ihrem chronologischen Durchgang durch Holbeins Hauptwerke, der eine Fülle von Informationen über Auftraggeber, Auftragsmodalitäten, Zunftwesen und Sozialstruktur einer oberdeutschen Reichsstadt bietet. In diesem ersten Kernstück der Studie verfährt die Autorin allerdings oft deskriptiv, bringt lange Analysen des Erzählstils und ist um Vollständigkeit bemüht.
Das umfangreiche Konvolut der Zeichnungen zeigt Holbein in seinem eigentlichen Element. Wie befreit von den Zwängen seiner repräsentativen Aufträge experimentiert hier ein Künstler mit immer neuen zeichnerischen Möglichkeiten, in der Technik wie im Erfassen und Chrakterisieren von Physiognomien. Hier befremdet Krauses Sachlichkeit, die das immense Ausdrucksvermögen ihres Protagonisten nicht als seine eigentliche Originalität begreift, sondern ostinat nach Funktionen der verschiedenen Gattungen (Muster, Reinzeichnungen, Studien) für die großen Retabel fragt.
Im eigentlichen Porträtfach zeigt sich ein Maler, der die physiognomischen Eigenarten seiner Kunden nicht schönt. Vielmehr charakterisiert er und geht, etwa im Bildnis des Martin Weiss, bis zur beabsichtigten Karikatur dümmlicher Blasiertheit. Hierin unterscheiden sich die Altdeutschen (nicht nur Holbein) von ihren niederländischen und italienischen Kollegen, die mehr auf Schönheit als auf Wahrheit bedacht sind.
Krauses Holbein-Studie beweist, dass eine historisch fundierte Stilkritik zu profunden Erkenntnissen über künstlerische Arbeitsmethoden führen kann. Das Beispiel Holbein gab der Autorin wegen der Heterogenität des Œuvres berechtigten Anlass zur Kritik der Stilkritik, aber auch der kunstwissenschaftlichen Gattung der Monografie. Nun bedient sich die Autorin trotzdem dieser Gattung, breitet ein vielfältiges Material vor den Augen des Lesers aus, zeigt die künstlerische Variationsbreite, die zu Beginn der Neuzeit unter dem Namen einer Person möglich ist, und streut auch sonst noch allerlei Fragestellungen ein, die die Kunstwissenschaft zu bieten hat.
Vollständigkeit, die der Gattung der Monografie geschuldet ist, und methodisches Problembewusstsein zur Stilkritik stören einander, da letzteres in der Menge der Informationen unterzugehen droht. Die guten und interessanten Argumente der Studie wären in thematisch gebündelter Perspektive besser zur Geltung gekommen.
CHRISTIANE KRUSE
KATHARINA KRAUSE: Hans Holbein der Ältere. Deutscher Kunstverlag, München 2002. 419 Seiten, 88 Euro.
Hans Holbein d. Ä.: Geißelung, Graue Passion.
Foto:
Staatsgalerie Stuttgart / Deutscher Kunstverlag
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Katharina Krauses Monografie über Hans Holbein den Älteren (1460/70-1524) hat Rezensentin Christiane Kruse im großen und ganzen überzeugt. Wie Kruse ausführt, sucht die Autorin das veraltete Holbein-Bild, das den Maler als "letzten großen Naiven der deutschen Malerei" klassifizierte, zu revidieren, um eine neue Perspektive auf sein Leben und Werk zu eröffnen. Dabei hat die Autorin nach Ansicht Kruses Nüchternheit zum Programm erhoben. Die Rezensentin hebt hervor, dass Krause anhand Holbeins Malerei überkommene Meinungen über historisches Stilbewusstsein und systematische Stilbegriffe wie Individualstil und Nationalstil revidiert, denn Holbeins Holbeins Bilder antworteten auf eine Vielzahl von Faktoren. Ihr methodisches Rüstzeug erprobe und exemplifiziere Krause bei ihrem chronologischen Durchgang durch Holbeins Hauptwerke, der eine Fülle von Informationen über Auftraggeber, Auftragsmodalitäten, Zunftwesen und Sozialstruktur einer oberdeutschen Reichsstadt bietet, hält Kruse fest. Wie befreit von den Zwängen seiner repräsentativen Aufträge zeige sich Holbein dagegen in seinen Zeichnungen. Hier zeigt sich die Rezensentin allerdings befremdet von Krauses Sachlichkeit, "die das immense Ausdrucksvermögen ihres Protagonisten nicht als seine eigentliche Originalität begreift, sondern ostinat nach Funktionen der verschiedenen Gattungen (Muster, Reinzeichnungen, Studien) für die großen Retabel fragt." Kritisch sieht Kruse auch die Form, die Krause für ihre Darstellung gewählt hat. Die guten und interessanten Argumente der Studie wären ihres Erachtens in thematisch gebündelter Perspektive besser zur Geltung gekommen.

© Perlentaucher Medien GmbH
…mehr