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Aldous Huxley hatte recht. In seinem Roman "Schöne neue Welt" entwarf er die Vision von einer Gesellschaft, in der alle zufriedengestellt sind - um den Preis, daß Menschlichkeit verloren ist. Die Menschheit steht an einem Scheideweg. Immer mehr Menschen wünschen sich schon jetzt, ihre Intelligenz, das Gedächtnis, ihre emotionale Empfindungsfähigkeit und Sexualität zu stärken. Noch wählen sie nicht die Gentechnik, sondern nehmen Psychopharmaka, Drogen, um sich den Wunsch nach einem sorgen- und angstfreien Leben zu erfüllen. Fukuyamas These ist, daß sich eine Mehrheit der Menschen mittels…mehr

Produktbeschreibung
Aldous Huxley hatte recht. In seinem Roman "Schöne neue Welt" entwarf er die Vision von einer Gesellschaft, in der alle zufriedengestellt sind - um den Preis, daß Menschlichkeit verloren ist. Die Menschheit steht an einem Scheideweg. Immer mehr Menschen wünschen sich schon jetzt, ihre Intelligenz, das Gedächtnis, ihre emotionale Empfindungsfähigkeit und Sexualität zu stärken. Noch wählen sie nicht die Gentechnik, sondern nehmen Psychopharmaka, Drogen, um sich den Wunsch nach einem sorgen- und angstfreien Leben zu erfüllen. Fukuyamas These ist, daß sich eine Mehrheit der Menschen mittels Gentechnik perfektionieren möchte. Dies wirft dramatische Fragen nach der politischen Ordnung zukünftiger Gesellschaften auf. Fukuyama warnt eindringlich davor, Menschen bedenkenlos gentechnisch zu designen, und mahnt die politisch Handelnden zur Umkehr.
Autorenporträt
Francis Fukuyama, geboren 1952 in Chicago, gehört zu den herausragenden geschichtsphilosophischen Denkern unserer Zeit. Sein Buch über das "Ende der Geschichte" fand weltweit breites Echo. Fukuyama lehrt Politische Ökonomie an der Johns Hopkins Universität in Baltimore.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensent Helmut Mayer zeigt sich wenig beeindruckt von Francis Fukuyamas Essay "Das Ende des Menschen". Wie Mayer darlegt, vermag die Biotechnologie nach Fukuyama, was alle ideologischen Versuche, alle politischen Programme, ja die Geschichte selbst nicht vermochten: die grundlegende Umgestaltung der menschlichen Natur. Damit bricht für Fukuyama die "posthistorische" und "posthumane" Phase der Geschichte an, erklärt Mayer. Und dagegen hat Fukuyama etwas, meint Mayer süffisant, "nur leider kaum gute Gründe." So tadelt er Fukuyamas "unbeholfenes Hantieren" mit dem Begriff der "menschlichen Natur", die für ihn zwar biologisch-naturhaft bestimmt sei, zugleich aber normative Bestimmungen zulassen solle. Diese "argumentative Verlegenheit" findet Mayer im Buch auf eine "quälende Länge" gestreckt. "Der posthistorische Zustand mag durch und durch banal sein", resümiert Mayer, "aber seine finale Diagnose darf es nicht".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.05.2002

Was auch immer Philosophen sagen
Im Sauseschritt durch die Biotechnologie: Francis Fukuyamas prekäres "Ende des Menschen"

Droht das Ende des Menschen? Mit dieser Frage brettert jetzt auch Francis Fukuyama in die inzwischen schon weitverzweigte Debatte um die Biotechnologie. Wer seinen Stoff mit einer solchen "Alle mal herhören"-Frage hochrüstet, sollte zunächst einmal auf Verständnis rechnen dürfen. Schließlich wird, einschlägigen Erhebungen zufolge, das Lesezeit-Budget immer knapper, und vielleicht ist der Leser von heute ja wirklich so gebaut, daß er ein Buch um so lieber in die Hand nimmt, je mehr Autor und Verlag wild damit herumgestikulieren. Vielleicht ist der Leser aber auch anders gebaut, und er schöpft angesichts der Verrenkungen, ihn zu locken, nicht Muße, sondern Verdacht: Was mag mit diesem Buch nicht stimmen?

Was nicht stimmt, ist schnell erzählt. Der Autor, Professor für internationale politische Ökonomie in Baltimore, hat das psychologische Pech, nach seinem vor zehn Jahren ausgerufenen "Ende der Geschichte" nun wieder mit einem ähnlich großkalibrigen Gegenstand aufwarten zu müssen. Etwas Geringeres als das "Ende des Menschen" konnte es da kaum sein, was aber wiederum bedeutete, daß sich Fukuyama im Sauseschritt nicht nur über alle Aspekte der biotechnologischen Debatte schlau machen mußte - politische, philosophische, biologische -, sondern zugleich gezwungen war, alles bisher zu dem Thema Gesagte mit irgendeiner sehr starken Megathese noch zu übertreffen. Nur wenn man einen solchen, wahrhaft erdrückenden Regieplan zugrunde legt, versteht man dieses Buch, die logistische Überforderung, unter der es ächzt, auf beinahe jeder Seite.

Posthumaner Meisterdenker

Herzstück von Fukuyamas Argumentation ist ein philosophisches. Genauer: die Ankündigung eines solchen. Von Kapitel zu Kapitel wird man neugieriger auf das, was Fukuyama stets aufs neue zu explizieren verspricht: worin die "Natur", die "Essenz" des Menschseins besteht, die durch die biotechnologische Revolution bedroht werde. "Es geht hier um die Furcht, daß die Biotechnologie uns auf irgendeine Art dahin bringen wird, unser Menschsein zu verlieren, also eine wesentliche Qualität, die stets unserer Auffassung zugrunde gelegen hat, wer wir sind und wohin wir gehen . . . Es kann also dahin kommen, daß wir uns eines Tages auf der anderen Seite der Wasserscheide zwischen humaner und posthumaner Geschichte befinden und nicht einmal bemerkt haben, wie wir den Kamm überschritten haben, weil wir es versäumt haben, diesen elementaren Faktor ernst zu nehmen." Das sind interessante Fragen: wohin es kommen kann, wer wir sind, wohin wir gehen, wie der elementare Faktor der menschlichen Natur beschaffen ist, wo die Kämme und Wasserscheiden vom humanen zum posthumanen (!) Menschen verlaufen. Durch schlichtes Augenglänzen gibt Fukuyama all diesen Fragen einen doppelten thrill: als würden sie durch ihn zum ersten Mal gestellt und als seien sie beantwortbar.

Statt nun aber irgendwann, wie fortlaufend angekündigt, mit der Antwort herauszurücken, verliert er sich quer durch alle Kapitel in dem Versuch, eine menschliche Natur als solche und damit verbunden ein Naturrecht zu rehabilitieren. Ein Anliegen also, über das sich diskutieren läßt und das in der fachphilosophischen Debatte neuerdings ja auch tatsächlich wieder beraten wird - man erinnere sich an die Auseinandersetzungen, die unter dem Stichwort der Naturalisierung der Erkenntnistheorie oder der Normativität des Wirklichen derzeit mit höchster Präzision von so unterschiedlichen Denkern wie McDowell, Habermas und Spaemann geführt werden.

Statt nun respektvoll den Voraussetzungsreichtum dieser Debatte zur Kenntnis zu nehmen, krempelt Fukuyama die Ärmel hoch und bietet der umständlich abwägenden Zunft eine erstaunlich versimpelte Stirn: "Was auch immer Philosophen und Sozialwissenschaftler vom Begriff der menschlichen Natur halten mögen, die Tatsache, daß es im Laufe der menschlichen Geschichte eine konstante menschliche Natur gegeben hat, hat jedenfalls gewaltige politische Konsequenzen." Das nennt man eine petitio principii, wie sie sich nur ein Meisterdenker leisten kann, einen Antiintellektualismus der bekennenden Art, welcher schon die bloße Behauptung einer "dringenden Notwendigkeit, Rechte und Ethik aus der Natur zu begründen", als Begründung selbst ausgibt und jeden, der das nicht einsehen will, in die "reduktionistische" Ecke stellt.

Bei einem solch burschikosen Zugriff wird alles vermengt, was die Fachdebatte gerade fein säuberlich auseinanderzuhalten trachtet. Den deontologischen Denkern, die den weltanschaulichen Pluralismus in einem liberalen Gemeinwesen reflektieren, wird vorgehalten, den Menschen "nicht substantiell" zu denken; den Naturwissenschaftlern, daß sie das Geheimnis von Geist und Seele nicht erklären. John Searle, Charles Taylor und der Papst sollten nicht glücklich sein, in diesem schiefen Kontext als Kronzeugen aufzutreten. Auch Kant wird laufend flott und falsch zitiert, etwa wenn er gesagt haben soll, der Mensch dürfe nie als Mittel zum Zweck gesehen werden, statt, wie es korrekt wäre und philosophisch einen großen Unterschied macht, "nur" als Mittel.

Perfekt allein die Dramaturgie, mit der in Zwischenüberschriften, zuletzt mit der Schlüsselzwischenüberschrift "Was ist also unter menschlicher Natur zu verstehen?" auf die Nullaussage vorbereitet wird: "Wir sehen Farben, reagieren auf Gerüche, lesen in Gesichtern, analysieren die Sprache nach Hinweisen auf Unglaubwürdigkeit, gehen bestimmten Gefahren aus dem Wege, streben nach Gegenseitigkeit, üben Rache, spüren Enttäuschung, sorgen für unsere Kinder und Eltern, spüren Abscheu vor Inzest und Kannibalismus, schreiben Ereignissen eine Kausalität zu und vieles andere, weil die Evolution den menschlichen Verstand programmiert hat, sich in dieser gattungstypischen Weise zu verhalten." Jetzt, nachdem die Natur des Menschen mit allen Farben, Gerüchen und Gesichtern also endlich aus dem Sack und die Klimax der Zwischenüberschriften beendet ist, bleibt die Frage, was sich aus einer so gewonnenen Natur für das biotechnologische Sollen und Dürfen ableiten läßt. Doch dazu später, später.

Einstweilen ersetzen summarische Suggestionen die dringend gebotenen genauen Gründe: "Unter der Überschrift Bewußtsein kommt also eine ganze Menge zusammen, was dazu beiträgt, menschliche Besonderheiten und damit Menschenwürde zu definieren." Wer auch nur annähernd die diffizile Debatte über Menschenwürde im Zusammenhang mit der Biotechnologie verfolgt hat, ihre rechtlichen und philosophischen Implikationen, der staunt über die nonchalante Art, mit der Fukuyama hier mal eben so eine Privatphilosophie der Menschenwürde hinschlabbert. Ob ein Titel und ein Name die Peinlichkeitsschwellen wirklich so hoch heben können, daß Fukuyama so leicht unter ihnen durchzuwischen glaubt?

Bitte etwas preiswerter!

"Das utilitaristische Ziel, das Leiden zu minimieren, ist an sich bereits fragwürdig." Nach diesem Satz steht Fukuyama vor einer analogen Herausforderung wie Theologen, die ihrem Publikum die Theodizee begreiflich machen sollen. Statt dieses Unternehmen nun aber mit dem geschuldeten pastoralen Feingefühl anzugehen, holzt Fukuyama drauflos: Zwar wolle er kein Plädoyer für Elend und Leid vortragen, "und doch ist es in der Praxis so, daß jene Eigenschaften, die wir für die besten und bewundernswertesten des Menschen halten, oft mit der Art und Weise zu tun haben, wie wir auf Leid, Elend und Tod reagieren, wie wir uns ihnen entgegenstellen, wie wir sie überwinden, wie wir aber auch unter ihnen zusammenbrechen, wenn derlei Schläge uns oder andere treffen". Ob eine solche offene Pädagogisierung des Leids ein überzeugender Weg ist, um gegen die Heilungsversprechen zu argumentieren, mit denen die Biotechnologie zivilisatorische Dämme einreißen möchte? Und ist es richtig, alle Bioethiker in Bausch und Bogen als gekaufte Alibi-Denker zu bezeichnen, wenn man selbst so wenig Klares zu bieten hat, sobald die Frage auftaucht, was denn bioethisch nun zu tun und zu lassen ist?

Da der philosophische Rahmen verzogen ist, läuft trotz der vehementen Natur-des-Menschen-Rhetorik Fukuyamas die normative Vorstellung leer. Auf die Frage "Was tun?" dröhnt es, daß "die moralische Ordnung aus dem Inneren der menschlichen Natur selbst hervorgeht", wonach aber außer Klonen und dem Herstellen von Mischwesen im Grunde alles möglich sein soll, wenn es nur, wie im Fall der Stammzellforschung, "kontrolliert" und zu "therapeutischen Zwecken" geschieht oder, wie im Fall der Präimplantationsdiagnostik, "zwischen legitimem und illegitimem Gebrauch" unterschieden wird. Im übrigen brauchen wir "Institutionen mit wirklichen Durchsetzungskompetenzen". Hätte man dieses winzig kleine Ergebnis nicht auch preiswerter haben können? O menschliche Natur, geschundene!

CHRISTIAN GEYER

Francis Fukuyama: "Das Ende des Menschen". Aus dem Amerikanischen von Klaus Kochmann. Deutsche Verlags-Anstalt, München, Stuttgart 2002. 352 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Fünf vor zwölf?
Francis Fukuyama hat sich mit Prophezeiungen für die Zukunft nie zurückgehalten. Seine vor einigen Jahren veröffentlichte These vom Ende der Geschichte ist vielen Lesern auch außerhalb der Historikergilde immer noch sehr präsent. Das Ende des Menschen gibt sich ebenfalls prophetisch. Angesichts eines immer rasanteren Fortschritts in der Biotechnologie sieht Fukuyama das Wesen des Menschen, seine Würde und seine Freiheit zunehmend in Gefahr. Ihm graut vor der Vorstellung, dass sich der Mensch zu seinem eigenen Schöpfer aufschwingen könnte. Gleichzeitig hält er es aber für wahrscheinlich, dass die Gentechnologie Wege findet, Unerwünschtes aus dem Genom zu entfernen und damit Menschen nach Maß herzustellen, "Designerbabys" eben. Damit, so Fukuyama, gehe die Vielfalt, die die Menschheit wesentlich ausmache, verloren. Immer wieder zitiert er Aldous Huxleys Schöne neue Welt, um zu zeigen, dass die heutige Menschheit von diesem Horrorszenario nicht mehr weit entfernt ist.
Kontrolle tut Not
Fukuyama sieht nur eine Möglichkeit, den Menschen vor sich selbst und einer entfesselten Technologie zu schützen: Kontrolle, Kontrolle und nochmals Kontrolle. Er fordert, dass sich die "Parlamentarier in demokratischen Gesellschaften ihrer Verantwortung stellen" und Gesetze erlassen, die die moderne Wissenschaft beherrschbar machen. Er warnt ausdrücklich davor, gegenüber dem vermeintlich Unabwendbaren zu resignieren. Genau darin, den Leser für die Gefahren und Abgründe der Biotechnologie zu sensibilisieren und ihn in eine aktive Rolle zu drängen, liegt der Wert dieses Buches. Ob die düsteren Prophezeiungen des Autors tatsächlich eintreffen, ist demgegenüber zweitrangig.
(Eva Hepper, literaturtest.de)
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