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1941: Menschen in Berlin In einem Telefonbuch steckt der Roman einer Stadt. Hartmut Jäckel erzählt die Geschichten von 250 Menschen, deren Name, Berufsbezeichnung und Adresse er im Berliner Fernsprechbuch von 1941 gefunden hat. Ihre Lebenswege fügen sich zum Bild einer Stadt in einer besonderen Zeit, die oft nur unter den Vorzeichen von Diktatur und Krieg gesehen wird. In diesem Buch steht das alltägliche Leben und Überleben im Vordergrund. Die Wege dieser Menschen kreuzten sich auf der Straße, in Theatern, Ämtern oder in Gefängnissen. Sie verschwanden mit Ende des Dritten Reiches oder…mehr

Produktbeschreibung
1941: Menschen in Berlin
In einem Telefonbuch steckt der Roman einer Stadt. Hartmut Jäckel erzählt die Geschichten von 250 Menschen, deren Name, Berufsbezeichnung und Adresse er im Berliner Fernsprechbuch von 1941 gefunden hat.
Ihre Lebenswege fügen sich zum Bild einer Stadt in einer besonderen Zeit, die oft nur unter den Vorzeichen von Diktatur und Krieg gesehen wird. In diesem Buch steht das alltägliche Leben und Überleben im Vordergrund. Die Wege dieser Menschen kreuzten sich auf der Straße, in Theatern, Ämtern oder in Gefängnissen. Sie verschwanden mit Ende des Dritten Reiches oder begannen ihren Aufstieg. Ein besonderes Buch in schöner Ausstattung: ein Buch zum Anfassen, Festhalten und Festlesen.
Neben vielen anderen:
Manfred Baron von Ardenne, Gottfried Benn, Carl Diem, Hans Frank, Eugen Gerstenmaier, Otto Grotewohl, Ernst von Harnack, Robert Havemann, Erich Kästner, Maria Gräfin von Maltzan, Emil Nolde, Ludwig Mies van der Rohe, Carl Schmitt, Clara Viebig, Ernst von Weizäcker
Autorenporträt
Hartmut Jäckel, geboren 1930, studierte Rechtswissenschaften und war Professor für Politische Wissenschaften an der Freien Universität Berlin. Neben seiner Tätigkeit in vielen Ehrenämtern war er von 1977 bis 1981 Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung. Er veröffentlichte zahlreiche Schriften zu politischen und juristischen Grundsatzfragen und engagierte sich besonders für Leben und Werk Robert Havemanns.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.02.2001

In Verbundenheit
Berliner Geschichte, nach dem
Telefonbuch von 1941 erzählt
Telefonbuch der Reichspostdirektion Berlin, „Stand vom 1.  Februar 1941” . . . Ein atemberaubender Fund, 1600 Seiten stark, den der Berliner Politologe Hartmut Jäckel auf dem Flohmarkt machte. Mit dem dicken, unerschöpflichen Verzeichnis begibt er sich auf die Suche nach der Welt von gestern. Berlin während des Zweiten Weltkriegs – Menschen sind auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden, telefonieren um Leben und Tod. Die einen versuchen ihr jüdisches Kind zu retten, andere wollen Leben vernichten. Opfer und Täter des Dritten Reichs handeln nach konträren Maximen, aber ihre Namen sind im gleichen Telefonbuch vereint.
315 000 Berliner verfügten 1941 bereits über einen eigenen Telefonanschluss – jeder dritte. Wo das Register das reine Datenmaterial auflistet, wo es die nähere Auskunft verweigert, da beginnt der Wissbegierige mit seiner historischen Spurensuche. Jäckel geht den – mal gradlinigen, mal verschlungenen – Lebenswegen nach, die sich hinter den Einträgen verbergen. Sich in eine Vielzahl autobiografischer Quellen und wissenschaftlicher Studien vertiefend, entwirft er mehr als 200 Porträts. Und ruft die „Menschen in Berlin” – prominente wie vergessene – wieder ins Gedächtnis.
Ein Totenbuch
Jäckel schärft den Blick für das Nebeneinander von Opfern und Tätern, von Helden, Mitläufern und Normalbürgern im Hitler-Staat. Er erzählt von einer verkabelten Berliner Gesellschaft, die keineswegs mit einer einzigen Stimme spricht. Im Telefonbuch begegnen sich die Politiker Theodor Heuss und Otto Grotewohl, die nach dem Krieg in entgegengesetzte Richtungen gehen werden, der eine wird erster Bundespräsident der BRD, der andere erster Ministerpräsident der DDR. Die Künstler Gottfried Benn, Erich Kästner, Käthe Kollwitz und Emil Nolde stehen neben den „furchtbaren Juristen” Hans Frank, Roland Freisler, Hans Globke. Der Ball ist rund – unerwartet begegnet man dem unpolitischen Fußball-Reichstrainer Josef („Sepp”) Herberger. Auch er ist verkabelt. Telefoniert wiederholt mit dem OKW, um seine Schützlinge von der Front zu holen. Ein Spiel hat 90 Minuten – der Krieg dauert länger.
Nach 1945 wird das Telefonverzeichnis zunächst weiterverwendet – ein Totenbuch: Jeder Zehnte ist an der Front, im Bombenhagel oder in den Konzentrations- und Vernichtungslagern umgekommen. Das Verzeichnis verschweigt das Gesetz vom 29. Juli 1940, das Juden den Telefonanschluss entzogen hatte, es verschweigt die Schicksale der Entrechteten. Dennoch weist es noch etwa 400 „privilegierte” jüdische Ärzte und Rechtsanwälte aus. Zum Beispiel den Arzt Gustav Israel Held, der nur Juden behandeln darf. Von den Nürnberger Gesetzen als „Nicht-Arier” definiert, rettet ihn allein der Umstand, dass er mit einer „arischen” Frau verheiratet ist, vor der Deportation. Zu den wenigen, die den Holocaust überleben, zählen auch der Rabbi Leo Baeck und Moritz Israel Henschel, der letzte Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Berlins.
Der Autor verzichtet darauf, die Lebensläufe an einer simplen Täter-Opfer-Zuschauer-Matrix zu messen. Dies schafft Raum für Fragen. Hartmut Jäckel ist ein kenntnisreiches Hand- und Lesebuch geglückt, das historisches Verstehen ermöglicht.
MARCUS SANDER
HARTMUT JÄCKEL: Menschen in Berlin. Das letzte Telefonbuch der alten Reichshauptstadt. Deutsche Verlags-Anstalt. Stuttgart und München 2000. 400 Seiten, 49,80 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Den Beweis, dass Telefonbücher alles andere als langweilig sein müssen, tritt Hartmut Jäckel mit seiner Auswertung des letzten Telefonbuches der Reichshauptstadt an, findet Iring Fetscher. Sie stößt in "Menschen in Berlin" auf viele Generäle und Minister, aber auch auf Berühmtheiten aus Film und Theater, Kunst und Wissenschaft, die, wie er vermutet, heute alle Geheimnummern hätten. Der Band habe ihn zu stundenlangem Blättern verführt, verrät Fetscher, er biete eine lebendige Anschauung der deutschen Geschichte von Kaiserzeit bis beinahe zur Gegenwart. Da die Kurzbiographien alphabetisch geordnet sind, eigne sich das Buch auch als Nachschlagewerk. Besonders verweist er auf die damals noch existierenden Telefonanschlüsse von Berliner Juden, d.h. auf die Schicksale, die sich hinter den Nummern verbergen, aber auch auf die Informationen zur Kennzeichnungspflicht der bürokratischen Judengesetzgebung in jener Zeit.

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