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Über drei Jahrhunderte deutscher Zeichenkunst aus den Beständen des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle werden in diesem kommentierten und vollständig bebilderten Bestandskatalog präsentiert. Eindrucksvoll illustriert das zweibändige Werk die schöpferische Bandbreite dieser Gattung in Deutschland vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. Unter den nahezu 1500 Zeichnungen befinden sich Werke berühmter Künstler wie Albrecht Dürer, Hans Holbein, Hans Burgkmair und Albrecht Altdorfer, die die Epoche des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Renaissance in Deutschland auf einzigartige Weise…mehr

Produktbeschreibung
Über drei Jahrhunderte deutscher Zeichenkunst aus den Beständen des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle werden in diesem kommentierten und vollständig bebilderten Bestandskatalog präsentiert. Eindrucksvoll illustriert das zweibändige Werk die schöpferische Bandbreite dieser Gattung in Deutschland vom 16. bis zum 18. Jahrhundert.
Unter den nahezu 1500 Zeichnungen befinden sich Werke berühmter Künstler wie Albrecht Dürer, Hans Holbein, Hans Burgkmair und Albrecht Altdorfer, die die Epoche des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Renaissance in Deutschland auf einzigartige Weise präsentieren. Das 17. Jahrhundert ist mit Arbeiten von Adam Elsheimer und Johann Liss vertreten, aber auch mit weniger bekannten Blättern von wichtigen Künstlern wie Wenzel Hollar, Daniel Seiter oder Joseph Werner. Im 18. Jahrhundert bilden Zeichnungen von Künstlern des süddeutschen Barock wie Johann Georg Bergmüller, Johann Wolfgang Baumgartner oder Georg Anton Urlaub eine bemerkenswerte Gruppe, während in der zweiten Jahrhunderthälfte Landschaftszeichnungen von seinerzeit berühmten Künstlern wie Jacob Philipp Hackert, Johann Sebastian Bach oder Adrian Zingg genauso vorherrschen wie bürgerliche Genreszenen eines Daniel Nikolaus Chodowiecki.
Einen besonderen Schwerpunkt bilden im Hamburger Bestand die Zeichnungen von Hamburger Künstlern des 17. und 18. Jahrhunderts, vor allem von Matthias Scheits und Balthasar Denner, die mit zahlreichen und besonders qualitätvollen Werken vertreten sind.

Der Bestandskatalog der deutschen Zeichnungen ist der erste Band einer Reihe, in der das Kupferstichkabinett in den nächsten Jahren seine Zeichnungsbestände vorstellen wird. Als nächster Band erscheint 2008 der Bestandskatalog der italienischen Zeichnungen. Ebenfalls
in Vorbereitung ist der Bestandskatalog der niederländischen Zeichnungen, der als dritter Band voraussichtlich 2009 erscheinen wird.
Die wissenschaftliche Bearbeitung der Zeichnungen im Hamburger Kupferstichkabinett und deren Publikation hat die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius ermöglicht.
Autorenporträt
Peter Prange war Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.11.2007

Die Rache der verschmähten Mänaden
Lauter Sterne erster Größe: Das Hamburger Kupferstichkabinett erforscht seine deutschen Zeichnungen
Ob Ovid den Sänger Orpheus, dessen Lieder sogar Steine, Bäume und wilde Tiere gerührt haben sollen, als „Knabenschänder” angesehen hat, wissen wir nicht. In seinen „Metamorphosen” beschreibt Ovid als poetischer „Chronist” mythischer Ereignisse lediglich, dass sich der große Zauberer mit der Lyra nach dem Tod Eurydikes von den Frauen ab- und der Knabenliebe zugewandt habe. Wesentlich bestimmter, das mythische Geschehen eindeutig interpretierend, ist der Zeichner Albrecht Dürer gewesen, der auf einer dem „Tod des Orpheus” gewidmeten Federzeichnung aus dem Jahr 1494 ein Spruchband mit der Aufschrift „Orfeus der Erst Puseran” wehen ließ. Das für uns unverständliche Wort lernte Dürer wahrscheinlich während seiner ersten Reise nach Venedig als „buzerone” (buggerone) kennen, mit dem ein nicht näher spezifizierter „Schänder” bezeichnet wurde.
Die verschmähten und gekränkten Mänaden, die bei Dürer sehr irdischen Italienerinnen des späten 15. Jahrhunderts gleichen, nahmen daraufhin grausame Rache und töteten den Sänger. Ein abwehrend die Hände hebender und zugleich zurückschauender und das Geschehen neugierig verfolgender Putto läuft aus einem sehr germanischen Buchen- und Eichenhain hinaus, in dem Dürers Orpheus mit angstgeweiteten Augen zu Boden gestürzt ist.
Weitere Auskünfte zum Inhalt und den Hintergründen des vieldeutigen, traumverlorenen Blattes, das zu den bedeutendsten im Besitz des Hamburger Kupferstichkabinetts gehört, erhalten wir in dem Bestandskatalog der altdeutschen Zeichnungen der Hamburger Kunsthalle.
Ebenfalls auf Ovids „Metamorphosen” bezieht sich eine Gouache Adam Elsheimers, die die „Verspottung der Ceres” durch den Knaben Stellio schildert. Auf Elsheimers Zeichnung, die heute als Vorstufe einer malerischen Behandlung des Themas angesehen wird, erleuchten nur der Mond und eine Fackel mit senkrecht aufragendem Flammenkegel auf den Knien der Ceres das düstere Geschehen. Nach dem frühen Tod Elsheimers in Rom (1610) schrieb Peter Paul Rubens, der zu seinen wenigen Freunden gehört hatte: „Nach einem solchen Verlust sollte sich unsere ganze Zunft in tiefe Trauer hüllen. Es wird ihr nicht leicht gelingen, einen Ersatz für ihn zu finden.” So hoch im Kurs Elsheimers Bilder auch stehen – seine wenigen überlieferten und eindeutig ihm zugeschriebenen Zeichnungen sind in der Regel nur Fachleuten bekannt. Das Hamburger Blatt gehört zu den wenigen, deren Autorschaft heute uneingeschränkt anerkannt wird.
Mit einem Umfang von ungefähr 100000 Zeichnungen und Graphiken gehört die Hamburger Sammlung rein quantitativ nicht zu den ganz großen musealen Sammlungen. Doch die besondere Qualität und Seltenheit vieler Blätter verleiht ihr dennoch einen bedeutenden internationalen Rang. Einen Schwerpunkt bilden dabei die vor 1800 entstandenen Zeichnungen der italienischen, deutschen und niederländischen Schule, die der Hamburger Kunsthändler, Auktionator und Forscher Georg Ernst Harzen (1790-1863) zusammengetragen und 1856 der „Städtischen Gallerie” als der Vorgängerin der Kunsthalle übereignet hatte. Unter diesen Blättern befanden sich nahezu 200 Zeichnungen von deutschen Künstlern, „welche wenn auch nicht an Zahl, doch an Auswahl und innerem Werthe, denen der vorzüglichsten öffentlichen Sammlungen an die Seite gesetzt werden dürfen”.
Bis zum Vorabend des Ersten Weltkrieges hat Alfred Lichtwark als erster wissenschaftlicher Direktor der Hamburger Kunsthalle (1886-1914) hochkarätige Zeichnungen Piranesis und ein seltenes Konvolut spanischer Zeichnungen von Luis de Vargas bis zu Goya hinzugekauft. Sein Hauptaugenmerk galt jedoch der Wiederentdeckung weitgehend vergessener Hamburger Künstler des 17. und 18. Jahrhunderts, wie Matthias Scheidt und Balthasar Denner sowie den Zeichnern der Goethezeit.
Mangels fehlender öffentlicher Mittel konnten die Hamburger Sammlungen jedoch weder zu Lichtwarks Zeiten noch unter dem Direktorat von Wolf Stubbe (1933-1969), der ebenfalls wichtige altdeutsche Zeichnungen erwarb, wissenschaftlich erschlossen werden. Erst seit 2001 wurde es dank der „Zeit-Stiftung” Ebelin und Gerd Bucerius möglich, Bestandskataloge der deutschen, italienischen und niederländischen Zeichnungen zu erarbeiten. Detailforschungen wie die mühsame Identifikation der Wasserzeichen und die Untersuchung der Provenienzen konnten nun erstmals in breitem Umfang unternommen werden. Im Fall von Dürers „Tod des Orpheus” lassen sich die Besitzverhältnisse seit dem Tod des Malers im Jahr 1528 fast lückenlos zurückverfolgen. Kein geringerer „Kunsthistoriker” als Joachim von Sandrart gehörte zu den Vorbesitzern. 1869 gelangte das Blatt in den Besitz des Hamburger Kupferstichkabinetts.
Neben einer Vielzahl von engagierten, Zuordnungen untersuchenden und interpretierenden Kollegen und Mitarbeitern ist vor allem Peter Prange als unermüdlicher Herausgeber, Koordinator und Autor erfreulich lesbarer und fundierter Texte im Bestandskatalog der „Deutschen Zeichnungen” zu loben. Einziger Wermutstropfen ist die nur über die Katalognummern mögliche Zuordnung von Texten und Abbildungen. Hier wären Seitenverweise hilfreich gewesen. Doch das kleine Manko lässt sich in den für die kommenden beiden Jahre geplanten italienischen und niederländischen Bestandskatalogen sicher ausgleichen.
ANDREAS KÜHNE
PETER PRANGE: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. (Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett, Band 1.) Böhlau Verlag, Köln, Weimar, Wien 2007. 2 Bände 908 Seiten, 198 Euro.
Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, Penelope und Odysseus (1790/1800), Feder und Pinsel, mit weißer Deckfarbe Abbildung aus dem besprochenen Band
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Weniger wegen ihres Umfangs als wegen der Güte und der raren Stücke unter den Zeichnungen der Sammlung des Hamburger Kupferstichkabinetts begrüßt Andreas Kühne den Bestandskatalog mit deutschen Zeichnungen zwischen 1450 und 1800 von Peter Prange. Ebenso erfreulich findet der Rezensent die gute Lesbarkeit der Katalogkommentare, in denen der Autor kenntnisreich und erhellend über Provenienzen, Inhalte und Hintergründe der Zeichnungen informiert. Nur dass die Orientierung innerhalb des Bandes durch die Zuordnung von Texten und Bildern lediglich durch die Katalognummern erschwert ist, findet Kühne etwas lästig, ansonsten aber ist er von diesem Band begeistert.

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