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Ein "bekannter Unbekannter": der im ostpreußischen Mohrungen geborene und in Weimar gestorbene Johann Gottfried Herder gehört neben Goethe, Schiller und Wieland zu den bedeutendsten Weimarer Klassikern. Theologe und Philosoph, Pädagoge und Polemiker, Aufklärer und Ästhetiker, Publizist und Übersetzer - Herders Vielseitigkeit und ungeheure Produktivität beeindrucken. Sein Wahlspruch "Licht, Liebe, Leben" charakterisiert sein Schaffen eindrucksvoll. Es gelang ihm, eine Verbindung zwischen Intellektualität und Religion herzustellen, die die Basis seiner humanitären Kulturphilosophie wurde. Für…mehr

Produktbeschreibung
Ein "bekannter Unbekannter": der im ostpreußischen Mohrungen geborene und in Weimar gestorbene Johann Gottfried Herder gehört neben Goethe, Schiller und Wieland zu den bedeutendsten Weimarer Klassikern. Theologe und Philosoph, Pädagoge und Polemiker, Aufklärer und Ästhetiker, Publizist und Übersetzer - Herders Vielseitigkeit und ungeheure Produktivität beeindrucken. Sein Wahlspruch "Licht, Liebe, Leben" charakterisiert sein Schaffen eindrucksvoll. Es gelang ihm, eine Verbindung zwischen Intellektualität und Religion herzustellen, die die Basis seiner humanitären Kulturphilosophie wurde.
Für den Kulturhistoriker Michael Maurer ist Herder einer der bedeutendsten Gelehrten Deutschlands, dessen Errungenschaften bis in unsere Zeit reichen. Herders Bekanntheit jedoch wird seiner Bedeutung nicht gerecht. Maurers zeitgemäße Biografie lädt dazu ein, den Klassiker neu- oder wiederzuentdecken. Pointiert und anschaulich folgt der Biograf den wichtigen Stationen im Leben und Schaffen Herders und vermittelt verständlich die Grundlagen seiner aufgeklärten Kulturphilosophie. Herders von Humanität geprägtes Denken hat auch im 21. Jahrhundert nicht an Aktualität verloren.
Autorenporträt
Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie in Tübingen und London. Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes. Staatsexamen 1980/81. Promotion Tübingen 1986. Assistent an der Universität GHS Essen. Bennigsen-Foerder-Preis zur Förderung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Nordrhein-Westfalen. Habilitation Essen 1993. Heisenberg-Stipendiat in Göttingen. 1994/95 Friedrich-Schiller-Dozent für Geschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Seit 1997 Professor für Kulturgeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Leiter des Projekts Adieu Geschichte, und doch auf Wiedersehen. Eberhard Gothein (1853-1923) zwischen Kulturgeschichte und Nationalökonomie der Fritz-Thyssen-Stiftung. Teilprojektleiter im DFG-Sonderforschungsbereich Ereignis Weimar-Jena. Kultur um 1800. Vizepräsident der International Herder Society.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.02.2015

Der Feuerkopf aus Mohrungen

Er war Theologe, Philosoph, Anthropologe, Volkskundler, Kulturhistoriker und Dichter: Michael Maurer erklärt das Werk Johann Gottfried Herders, bei dem Goethe in die Lehre ging.

Am Ende seiner "Vorschule der Ästhetik" (1804) beschwört Jean Paul wortgewaltig die Figur des von ihm glühend verehrten und ein Jahr zuvor verstorbenen Johann Gottfried Herder: Er habe "nur die großen Ströme, aber aller Wissenschaften in sein himmelspiegelndes Meer" aufgenommen; sein Gesamtwerk führe "als ein philosophisches Epos alle Zeiten, Formen, Völker, Geister mit der großen Hand eines Gottes unparteiisch vor das säkularische Auge". Allerdings muss Jean Paul zugestehen, dass Herders Universalität schon zu dessen Lebzeiten auf Rezeptionsschranken gestoßen sei: "Er wurde überhaupt wenig, nur im einzelnen anstatt im ganzen gewogen und erwogen." Jean Paul hofft deshalb auf die kritische "Demantwaage der Nachwelt".

Doch was Herder in seinem Werk zum Ganzen eines "philosophischen Epos" zusammengeführt hatte, zerfiel in seinem zerklüfteten Nachleben wieder, und so schufen die im neunzehnten Jahrhundert sich ausdifferenzierenden universitären Disziplinen sich jeweils ihren eigenen partikularen Herder: den Theologen Herder und den Philosophen Herder, den Anthropologen und den Pädagogen, den Historiker und den Volkskundler, den Ästhetiker und den Dichter. Es bedarf einer wahrhaft "großen Hand", um all dies wieder zusammenzuführen, und eines genauen Überblicks über das so vielgestaltige wie thematisch vielseitige Werk dieses intellektuellen Feuerkopfs, um dessen innere Einheit sichtbar werden zu lassen.

Maurer gibt eine so knappe wie konzentrierte Einführung in Leben und Werk Johann Gottfried Herders, wie sie nur ein Autor schreiben kann, der souverän mit den Schriften Herders und deren ideengeschichtlichem Kontext vertraut ist. Das Buch ist nach den Lebensstationen des 1744 im ostpreußischen Mohrungen in bescheidenen Verhältnissen geborenen und aufgewachsenen Herder gegliedert. Kindheit, Studium beim jungen Kant in Königsberg, dann das erste Amt in Riga: Der von Kindheit an von einem brennenden Ehrgeiz vorangetriebene Herder schließt diese erste Lebensphase 1769 mit dem Aufbruch zu einer Reise ab, die ihn nach Frankreich führt und auf der er mit dem "Journal meiner Reise im Jahre 1769" die Umrisse seines künftigen schriftstellerischen Lebensprogramms entwirft.

Es folgen die Jahre als Hofprediger und Konsistorialrat in Bückeburg 1771 bis 1776 und danach die Jahrzehnte als Superintendent in Weimar, die unterbrochen werden nur durch eine wenig glückliche Italienreise 1788/89. Das ist durchaus eine ansehnliche Karriere; Maurer lässt aber keinen Zweifel daran, wie wenig sie tatsächlich dem Herderschen Ehrgeiz entsprochen hat.

Der Akzent von Maurers Buch liegt freilich nicht auf dem Leben, sondern auf dem Werk; eine auf dem aktuellen Forschungsstand basierende Biographie Herders ersetzen kann es nicht. Maurer stellt im Anschluss an knappe Skizzen der einzelnen Lebensphasen jeweils die in dieser Zeit entstandenen Werke vor und folgt dabei der Maxime: wenig Leben, viel Werk! Dies ist einer Darstellung Herders, der neben seinen vielfältigen dienstlichen Verpflichtungen unermüdlich Buch auf Buch schrieb - nicht zuletzt auch deshalb, um seine ständig wachsende Familie ernähren und Schulden tilgen zu können - und dessen Leben so in einem riesenhaften Werk aufgegangen ist, auch durchaus angemessen.

Dennoch hätte man sich genauere Einblicke gewünscht in die komplizierte seelische Verfasstheit Herders, der über ein ausgeprägtes Talent verfügte, sich selbst (und freilich auch anderen) das Leben schwerer zu machen als nötig. Wegessicher führt Maurer den Leser durch das von Herder aufgetürmte Textgebirge und erläutert dabei mit klarem Blick dessen gedankliche Tektonik: keine geringe Leistung bei einem Autor, der keine disziplinären Grenzen für sich gelten ließ, weil er immer den "ganzen Menschen" als sein eigentliches Erkenntnisziel vor Augen hatte - und damit die Einheit der Schöpfung und die gesamte Geschichte. Schöpfung, Mensch, Geschichte: dies sind die zentralen Kategorien von Maurers Herderdeutung, die er selbst "holistisch" nennt. So kann für ihn der Theologe Herder nie vom Anthropologen und vom Kulturhistoriker getrennt werden, weil in Herders Geschichtsauffassung die Geschichte nicht allein "die organische Entfaltung der Menschheit im Prozeß der Kultur" repräsentiert, was sie zur herausragenden Quelle für alle anthropologische Erkenntnis erhebt, sondern immer auch "als Offenbarung, als Handeln Gottes im Menschengeschlecht" verstanden wird.

Deshalb erklärt sich für Maurer Herders Universalität, seine "gedankliche Arbeit in allen Wissenschaften", auch aus dem Anspruch, "dass er die Gedanken des Schöpfers nachdenken wollte und seine eigentliche Aufgabe darin sah, seinen Zeitgenossen den Blick zu öffnen für die innere Sinnhaftigkeit alles Geschaffenen". Wenn Maurer Herders Ziel der Erkenntnis des ganzen Menschen und der Ausbildung der Humanität in die Formel des "Evangeliums vom Menschen" bringt, wird er damit der theologischen Fundierung all dieser Wissensansprüche gerecht.

Für Maurer ist "die Rückgewinnung der Sinnlichkeit" Herders "wesentlicher Beitrag zur Leistung seiner Epoche"; dieses Bekenntnis zur Sinnlichkeit des Menschen spiegelt sich in Herders emphatischem Stil. Einem Autor, der Geist und Materie, Erkennen und Empfinden, Vernunft und Sinnlichkeit, Seele und Leib immer als Einheit verstand, musste daran gelegen sein, auch der Sprache ihre Sinnlichkeit zurückzugewinnen. Für Maurer ist Herder deshalb auch "ein Sprachkünstler, ein Sprachspieler, ein vom Wort Begeisterter"; der Leser dieses Buchs kann sich von der Richtigkeit dieses Urteils anhand vieler schöner Zitate überzeugen. Maurers eigener Stil sticht von dem Herders allerdings durch betonte Klarheit, Nüchternheit und Prägnanz ab; er macht es dem Leser leicht, Zugang zu einem nicht immer einfachen Autor zu finden, und auch dies empfiehlt sein Buch als Einführung zu Herders Werk.

Gelegentlich kann Maurers Bemühen um leichte Zugänglichkeit allerdings auch ein wenig irritieren - etwa wenn er schreibt, es habe sich in Weimar "so etwas wie ein ,Exzellenzcluster'" gebildet. Vermutlich ist das als Lob gemeint. In Zeiten, in denen eine bildungspolitische Aufgabe darin bestehen könnte, unter all den Exzellenten die wirklich Guten zu identifizieren, muss man daran erinnern, dass es zwar viele Exzellenzcluster gibt, aber nur ein klassisches Weimar gegeben hat.

ERNST OSTERKAMP

Michael Maurer: "Johann Gottfried Herder". Leben und Werk. Böhlau Verlag, Wien, Köln, Weimar, 2014. 195 S., Abb., br., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ernst Osterkamp empfiehlt Michael Maurers Herder-Buch als Einführung in Herders Werk. Für das Buch sprechen laut Rezensent Mauerers klarer, prägnanter Stil sowie der Versuch, den Philosophen, Theologen, Anthropologen, Historiker, Pädagogen, Volkskundler und Ästhetiker Herder wieder zusammenzuführen. Über den nötigen Überblick, auch über den ideengeschichtlichen Kontext, verfügt der Autor, versichert Osterkamp. Dass er im Buch vor allem mit Herders Werk, weniger mit seinem Leben bekannt gemacht wird, scheint dem Rezensenten also verzeihlich, auch wenn er sich mitunter genauere Einblicke in Herders Seelenverfasstheit gewünscht hätte.

© Perlentaucher Medien GmbH