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Auf der Grundlage der Lebenszeugnisse von u. a. Schlegel, Tieck, Novalis, Brentano, Hoffmann, Eichendorff, Friedrich, Runge, Carus und von Weber beschreibt Richard van Dülmen die Lebenswelt der Romantiker, deren Mythos bis heute nachwirkt, im soziokulturellen Kontext der Zeit um 1800.
Die deutsche Romantik zählt mit ihrer unglaublichen Phantasie, ihrer mächtigen Ausdrucksgewalt und philosophischen Breite zu den bemerkenswertesten Kulturen der Neuzeit. Unendlich vielschichtig ließ sie keinen Bereich aus: Natur und Kunst, Wissenschaft und Geschichte, Musik und Politik, Gefühl und das…mehr

Produktbeschreibung
Auf der Grundlage der Lebenszeugnisse von u. a. Schlegel, Tieck, Novalis, Brentano, Hoffmann, Eichendorff, Friedrich, Runge, Carus und von Weber beschreibt Richard van Dülmen die Lebenswelt der Romantiker, deren Mythos bis heute nachwirkt, im soziokulturellen Kontext der Zeit um 1800.
Die deutsche Romantik zählt mit ihrer unglaublichen Phantasie, ihrer mächtigen Ausdrucksgewalt und philosophischen Breite zu den bemerkenswertesten Kulturen der Neuzeit. Unendlich vielschichtig ließ sie keinen Bereich aus: Natur und Kunst, Wissenschaft und Geschichte, Musik und Politik, Gefühl und das Unbewusste. Diese Kulturgeschichte zeigt die Romantik in ihrer ganzen Vielfalt, schöpferischen Breite und sozialen Dimension: Herkunft und Ausbildung, weibliche Lebenswelten, Lebensplanungen und Schriftstellerleben, Freundschaftsbünde, Briefwechsel und Selbstbekenntnisse, die Bedeutung der Französischen Revolution, Liebe, Ehe und Scheidung, Glaube, Religion und Konversionen werden beschrieben. Hochbegabte Männer und Frauen erträumten und erdichteten sich ein neues Leben, indem sie es zu einem Kunstwerk zu gestalten suchten. Selbstverwirklichung durch Dichtung und Wissenschaft stand nun im Vordergrund, künstlerisch und emotional ging man neue Wege. Gemessen an ihren Wünschen und S ehnsüchten sind die Romantiker gescheitert. Doch wurde das neue Liebes- und Geselligkeitsideal zur Lebensmaxime einer ganzen Generation.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Geradezu entsetzt ist Rezensent "Rh" über diesen dilettantischen Band. Die Frage "Was ist Romantik?" bleibe vollkommen "unbeantwortet", da Richard van Dülmen sich darauf beschränke, Texte kommentarlos nachzuerzählen oder abzudrucken. Auch der Anhang befinde sich in einem "desaströsen Zustand": hier fänden sich neben regelrechten "Absurditäten" und "Ungereimtheiten" auch horrende Druckfehler und schlampige bibliografische Angaben. Die Frage, schließt der Rezensent, laute hier wohl kaum "Was ist Romantik?", sondern vielmehr "Wie konnte dieses Buch überhaupt erscheinen, ohne noch einmal gründlich lektoriert und korrigiert worden zu sein?" Zu allem Überfluss stehe auch noch ein zweiter Band in den Startlöchern, der in "voller Breite" (die spöttischen Anführungszeichen stammen vom Rezensenten) die "Denkwelten" der deutschen Romantiker erfassen soll.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.12.2002

Selbstversorgerseelen
Richard van Dülmens traurige Romantik / Von Gustav Falke

Man muß nicht unbedingt gute erste Sätze finden können. Aber die angeblich einzige populärere Gesamtdarstellung der deutschen Romantik seit Ricarda Huch damit zu beginnen, daß die Romantik zu den bemerkenswertesten Kulturen der Neuzeit gehöre, deren unglaubliche Phantasie, mächtige Ausdrucksgewalt und philosophische Breite nach wie vor faszinierten, ist schon ein ziemliches Stück.

Nach ein paar allgemeinen Bemerkungen zur deutschen Vielstaaterei, zu Aufklärung und bürgerlicher Emanzipation folgen vierzehn Kapitel, die unter Rubriken wie Eltern, Ausbildung, Freundschaften oder Religion die Lebensläufe der einzelnen Romantiker wieder und wieder durchlaufen, sprachlich reizlos und auf einer erstaunlich schmalen Basis von Forschungsliteratur. Nun ist van Dülmen Historiker. Und durch die glanzlose Oberfläche eines offenbar rein kommerziellen Unternehmens schimmert durchaus ein eigenes Anliegen. Es nennt sich "kulturgeschichtlich", teils weil das zeitgemäß ist, teils um die Stoffballen von Salonkultur, Universitätsreform oder Judenemanzipation in den vorhandenen Regalfächern unterbringen zu können. Besser sollte es "individualisierungsgeschichtlich" heißen.

Der richtige und wichtige und kluge Grundgedanke dürfte folgender sein: Wenn Individualität überhaupt eine Geschichte hat, kann diese nur auf doppeltem Wege erfaßt werden. Zum einen müssen die Möglichkeiten und Schwierigkeiten einer eigenen Lebensplanung und Lebensgestaltung rekonstruiert werden: Welche Wahl hatte jemand zu einer gewissen Zeit an einem gewissen Ort? Zum anderen gilt es, die Modelle zu untersuchen, die Tradition, Kunst, Religion und Philosophie für die Lebensführung anbieten: Welches Selbstverhältnis konnte jemand zu einer gewissen Zeit an einem gewissen Ort entwickeln? Da van Dülmen diesem auf Max Weber zurückgehenden Projekt im Prinzip zugehört, möchte er "die Lebenswelt der Romantiker aus dem soziokulturellen Kontext der Zeit" und "den Zusammenhang von Wissenschaft, Kunst und Religion aus den Lebensinteressen der Romantiker" begreifen.

Realhistorisch hebt van Dülmen hervor, daß die Romantiker in der Regel aus bürgerlichen Verhältnissen kamen, einen erfolgreichen und eher autoritären Vater hatten, während die Mütter eher eine geringe Rolle spielten; daß sie meist eine universitäre Ausbildung in Richtung auf einen bürgerlichen Beruf erhielten und erst während des Studiums ihr Studienziel änderten, wobei sie sich weiterhin von der Familie finanzieren ließen; daß Freundschaften und Geselligkeit und Briefwechsel für sie eine große Rolle spielten; daß sie zumal im zwischengeschlechtlichen Umgang unkonventionell waren - und daß viele von ihnen Professoren wurden.

Was dagegen die Selbstverhältnisse angeht, hat van Dülmen ein knappes, etwas oft wiederholtes Interpretament. Die Romantiker seien keine Reaktionäre, keine Nationalisten und keine christlichen Fundamentalisten gewesen. Wenn überhaupt, hätten sie an den kosmopolitischen und liberalen Idealen der Französischen Revolution festgehalten. Im Grunde aber hätten sie sich nicht für Politik interessiert, sondern einzig für die Poetisierung des Lebens, für die Ästhetik der Existenz. Die Romantiker waren Kinder bürgerlicher Eliten, die auf Selbstverwirklichung aus waren und später in einer Art Bourdieuschem Kapitaltransfer diese Sorge um sich selbst zum Beruf machen konnten.

Teils sind die Ergebnisse zu allgemein, teils zu spezifisch. Freundschaften und Briefwechsel spielen schon das ganze achtzehnte Jahrhundert über eine große Rolle. Und was hätten die Väter denn sonst sein sollen, wenn nicht überwiegend bürgerlich und autoritär? Umgekehrt fordert die Bestimmung der lebensgeschichtlichen Chancen den Vergleich. Die umständlich ermittelten Charakteristika hätten erst dann einen Erkenntniswert, wenn sich etwa bei den Klassikern und den Idealisten irgend etwas deutlich anders verhielte. Vor allem aber könnten Lebensgeschichte und Selbstverhältnis erst aufeinander bezogen werden, wenn der Ausdruck des Selbstverhältnisses eine eigenständige Untersuchung erführe. Für van Dülmen verlangt dagegen "die Einbindung der künstlerischen und wissenschaftlichen Werke in die Lebenswelt einer Generation den Verzicht auf scharfe Begriffe und Vorstellungen. Andernfalls würden zentrale Sachverhalte verzerrt." Statt sich anzusehen, was Literatur-, Kunst-, und Musikwissenschaft, Philosophie- und Theologiegeschichte ermittelt haben, redet er immer wieder vom Programm der Poetisierung der Existenz und gelegentlich auch von der Entdeckung der Nachtseite des Lebens. Daß Poetisierung und Nachtseite quer zueinander zu stehen scheinen, beunruhigt ihn nicht.

Wer so redet: "Die große Fähigkeit zur Selbstanalyse und seine prägnante Beschreibungskunst - er wollte stets mehr als Unterhaltung - machten Kleist zum Vertreter einer dichterischen Botschaft, die im Selbstmord endete", der hat in der Tat auf die Auseinandersetzung mit den Fachwissenschaften "bewußt verzichtet". Das Buch durchziehen Bemerkungen, daß es Freundschaften oder unsichere Berufsziele natürlich immer gegeben habe. Sicher, wenn man die Individualität genügend unscharf ansieht, dann hat sie keine Geschichte mehr: Schon Plato gibt Rechenschaft über seine Lebensführung. Nur folgt daraus eben, daß man genauer hinsehen müßte. Die Fähigkeit zur Selbstanalyse etwa dürften die Romantiker den protestantischen Praktiken der Gewissensprüfung verdanken. Da könnte man dann die religiöse Erziehung der Romantiker untersuchen - zumal der Fall Novalis wäre aufschlußreich - und umgekehrt die Transformation bekehrungsgeschichtlicher Topoi in autobiographische Erzählmodelle verfolgen. Auch das unterbleibt. Aber steckt im Gedanken, daß ein einziges Individuum die ganze Geschichte des Individuums umfassen könnte, nicht eine romantische Verabsolutierung des Ichs?

Richard van Dülmen: "Poesie des Lebens". Eine Kulturgeschichte der deutschen Romantik 1795-1820. Band 1: Lebenswelten. Böhlau Verlag, Köln, Weimar, Wien 2002. V, 350 S., 120 S/W-Abb., 8 Farb-Abb. auf Tafeln, geb., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.11.2002

Aus der Hauptverwaltung geistiges Leben
Intensiviert das Bedürfnis nach Gasthausgeselligkeit: Richard van Dülmen ist eine philiströse Gesamtdarstellung der deutschen Romantik gelungen
An einer Stelle seines ehrgeizigen Buches über die deutsche Romantik gelingt dem Historiker Richard van Dülmen unbeabsichtigt ein Witz, an dem Philister wie Schwärmer ihre Freude haben dürften. Die Rede ist von Sophie Mereau, die Clemens Brentano 1798 kennen lernte, die sich 1801 scheiden ließ und den liebessüchtigen Dichter im November 1803 heiratete. Brentano hat mit ihr jene Hetzjagd nach Nähe veranstaltet, die er nur aus der Distanz ertrug; er hat von ihrer Liebe Erlösung verlangt, ein Wunsch, dem kein Zusammenleben gewachsen sein konnte. Sophie Mereau gehört in die Reihe stolzer romantischer Frauen, die mit mehr Stärke und weniger Sicherheit als ihre dichtenden Verehrer durchs Leben gingen, ohne sich den Anspruch auf Eigenständigkeit abhandeln zu lassen. „Allerdings”, schreibt van Dülmen über Sophie, „starb sie, als es zu neuen Konflikten kam. Vielen anderen Frauen wurde dieser Schritt nicht so leicht gemacht.”
Man hat in diesen zwei Sätzen Anspruch und Elend dieser Gesamtdarstellung der deutschen Romantik beieinander. Das Ziel ist es, aus etwa achtzig eigentümlichen Lebensläufen die Quintessenz zu finden, aus den reichlich sprudelnden biographischen Quellen die Lebenswelt der Romantiker zu erschließen. Selten aber fällt auf jeder Seite eines Buches die Inkongruenz von Autor und Gegenstand so ins Auge wie hier. Van Dülmen beschränkt sich auf Vergleiche – hier war es so, dort anders, das gibt es mehrfach. Und er findet keine Sprache, dem Besonderen des romantischen Lebens, das hauptsächlich auf dem Papier statt fand, Ausdruck zu verleihen. „Ihre Besonderheit”, heißt es über die Briefe Brentanos, „gründet in der Einflechtung vieler Gedichte.” E. T.A. Hoffmanns Trunksucht wird mit diesen professoralen Worten berichtet: „Die Freundschaft mit einem Weinhändler, der später auch sein Verleger wurde, intensivierte sein Bedürfnis nach Gasthausgeselligkeit.”
In Fall Sophie Mereau ist van Dülmen außerdem nicht korrekt informiert. Sie starb nicht an der krisengeschüttelten Ehe, sondern am 31. Oktober 1806 bei der Totgeburt ihres dritten Kindes. Aber was will man erwarten in einem Buch, in dem der Naturphilosoph Gotthilf Heinrich Schubert, ohne dessen „Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaften” viele romantische Motive unverstanden bleiben müssen, regelmäßig „Gottfried” genannt wird.
Wer mehr sucht als Stilblüten und kleine Ungenauigkeiten, wird in diesem Band durchgehend enttäuscht. Dabei verspricht van Dülmen die erste populäre Gesamtdarstellung seit Ricarda Huchs zwei Bänden über „Blütezeit”, „Ausbreitung und Verfall” der Romantik (1899/1902). Eine Kulturgeschichte will er liefern, den „soziokulturellen Kontext der Zeit” darstellen, den „Zusammenhang von Wissenschaft, Kunst und Religion” aus den Lebensinteressen heraus begreifen und die „Poetisierung des Lebens” beschreiben, „bei der die Selbstverwirklichung durch Dichtung und Wissenschaft im Vordergrund steht”.
Eben im Streben nach der Poetisierung des Lebens sieht van Dülmen das Besondere der deutschen Romantik, in der Suche nach einem Leben „in Harmonie, Phantasie und künstlerischen Aktivitäten”, frei von den Zwängen der alten Ordnung. Dass die Befreiung von diesen Zwängen mit einem Zusammenbruch der alten Ordnung einherging, in die Zeit eines gesamteuropäischen Krieges fiel, erwähnt er nur am Rande.
Er beschränkt sich auf die Jahre zwischen 1795 und 1820, was zu groben Verkennungen führen muss. Der Raffael-Kult ist gerade nicht, wie van Dülmen uns glauben machen will, eine romantische Besonderheit. Der Maler der „Sixtinischen Madonna” war schon ein Abgott des 18. Jahrhunderts. Eine Gesamtdarstellung, die die Romantik als geistige Bewegung ernst nehmen wollte, müsste spätestens mit Johann Joachim Winckelmann beginnen – dem Vorbild des jungen Friedrich Schlegel – und dürfte erst mit Richard Wagner enden. Mit tausend Fäden hängt die romantische Poesie des Lebens an den tollkühnen Experimenten der Aufklärung, an der neuen Sinnlichkeit des achtzehnten Jahrhunderts. Ihre Ideen und Schemen haben das neunzehnte wesentlich geprägt, das so oft versuchte, der romantischen Versuchung zu entkommen und ihre Motive als gesunkenes Kulturgut der aufkommenden Unterhaltungsindustrie überließ.
Brav rekapituliert van Dülmen die Unvermeidlichkeiten eines Lebenslaufs: Elternhaus, Schule, Universität, Frauen, Beruf, Freundschaften. So erscheint des Lebens wilder Kreis im Zettelkasten. Aus unerfindlichen Gründen geht van Dülmen typologisch vor, ist dann aber doch gezwungen, in zeitlicher Folge die Tatorte Revue passieren zu lassen: Jena, Berlin, Heidelberg, Dresden. Über weite Strecken wird man den Eindruck nicht los, hier seien lediglich Lexikon- und Handbuchartikel in fortlaufenden Text, gestelzte Prosa übertragen wurden.
Ein Bazillenträger
Über eine bedenkenlos biographisch verfahrende Geschichtsschreibung der deutschen Romantik hat der Literaturwissenschaftler Josef Nadler schon 1921 gespottet: „Die Brüder Schlegel, hannoversches Bildungsgewächs, machen eine Schule auf für Literatur, schönen Geist und so. Die jungen Leute lassen sich einschreiben. August Wilhelm lehrt Vers und Reim, Friedrich Genie und Philosophie. Dann wechseln sie die Frauen und streiten sich. Und dann ist die Schule aus.” Neben dieser Platitüde behauptet sich hartnäckig die – wie Nadler sie nennt – „Ansteckungstheorie”: „Friedrich Schlegel so eine Art Bazillenträger. Wer ihm zu nahe kam, hatte es weg. Man konnte es aber auch von August Wilhelm kriegen, nur nicht so stark.”
Da hielt man wenigstens etwas in den Händen, mag der Leser dieses Buches denken, in dem die Sehnsucht nach dem „ganzen Menschen” die disparaten Fakten zusammenhalten muss. Was der zweite Band, der 2003 unter dem Titel „Denkwelten” erscheinen soll, aus den romantischen Selbstversuchen machen wird, will man sich lieber nicht ausmalen.
Bis dahin werden uns viele Verleger weiterhin mit Einführungen und Gesamtdarstellungen beglücken, die das Unbegriffene in handlicher Form verabreichen. Für den Leser ist das ein Angebot, das zu teilen, was Nietzsche das Romantiker-Schicksal nannte: Am Wiederkäuen von Absurditäten zu ersticken. Vielen wird dieser Schritt nicht so leicht gemacht.
RICHARD VAN DÜLMEN: Poesie des Lebens. Eine Kulturgeschichte der deutschen Romantik. Band 1: Lebenswelt. Böhlau Verlag Köln, Weimar, Wien 2002. 350 Seiten, 29,90 Euro.
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