Produktdetails
  • Verlag: Beltz
  • ISBN-13: 9783407753106
  • ISBN-10: 3407753101
  • Artikelnr.: 20786938
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.11.2002

Wohlstand für alle
Von SZ-Autoren: Nikolaus Pipers
anschauliche Wirtschaftsgeschichte
Woher stammt der Begriff Ökonomie? Warum haben die Sumerer damit begonnen freiwillig Steuern zu zahlen und welche Rolle spielte Benedikt von Nursia für die moderne Arbeitsethik? Dass Wirtschaftsgeschichte keine trockene, langweilige Materie sein muss, dass die wirtschaftliche Entwicklung Hand in Hand mit der kulturellen ging, zeigt Nikolaus Piper, Leiter des Wirtschaftsressorts der SZ, in seiner „Geschichte der Wirtschaft”. Auf eine raffinierte Weise einfach, ohne Fachchinesisch aber mit dem Blick des Fachmanns zieht er einen Entwicklungsfaden von den Höhlenmenschen vor 10 000 Jahren bis zur globalen, weltumspannenden Wirtschaft der Gegenwart. Er erinnert daran, dass Geistesfreiheit und kaufmännische Freiheit Hand in Hand gingen, und zieht Parallelen zwischen dem ersten Börsenkrach mit Tulpenzwiebeln 1634 in den Niederlanden und dem Zusammenbruch des Neuen Marktes in Deutschland 1999. Für die gegenwärtige Wirtschaftslage empfiehlt sich als Vorbild Jakob Fugger, dessen geschäftliche und politische Macht sich dadurch erhöhte, dass er selbst Maß zu halten verstand: „er widerstand den Verlockungen des Reichtums”. Und, „wie es mit der Weltwirtschaft weitergeht, hängt ganz entscheidend davon ab, ob die Menschen lernen, mit den Grenzen der Natur umzugehen”.
SZ
NIKOLAUS PIPER: Geschichte der Wirtschaft. Mit Bildern von Aljoscha Blau. Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 2002. 168 Seiten, 16,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.11.2002

Das Problem mit den roten Blusen
Nikolaus Piper erzählt Kindern die Geschichte der Wirtschaft

Es ist nicht leicht, Kinder für die Wirtschaft zu begeistern. Natürlich: Die meisten bekommen Taschengeld und lernen irgendwann auch, damit umzugehen - das heißt zu wirtschaften. Haushalten macht zwar wenig Spaß, aber es ist klar, warum das notwendig ist und wie es geht. Anders steht es um gesamtwirtschaftliche Erscheinungen wie Markt, Wettbewerb, Globalisierung, Inflation und Arbeitslosigkeit. Auch wenn die Wirtschaft im Leben allgegenwärtig ist, bedarf es einigen Nachdenkens, um zu begreifen, wie dies alles zusammenhängt. Und das geht nicht nur Kindern so.

Um dieses Nachdenken zu erleichtern, flicht Nikolaus Piper in seinem lehrreichen, vergnüglich zu lesenden Buch drei Stränge ineinander: einen beschreibenden, einen historischen und einen konzeptionellen Ansatz. Er erklärt, nach welchen universellen Prinzipien die Wirtschaft funktioniert, er erzählt, wie sie sich seit der Steinzeit entwickelt hat, und er führt vor, wie die ökonomische Wissenschaft Stück für Stück dazu beigetragen hat, dies zu verstehen. Didaktisch hat diese Verknüpfung großen Reiz. Heikel ist allerdings der darin verborgene Geschichtsoptimismus: Er läßt eine Linearität und Zielgerichtetheit der Entwicklung der Menschheit vermuten, die es nicht gibt.

Piper bedient sich einer einfachen, lockeren Sprache und verfügt über reiche Phantasie, wie schon sein Detektivroman über "Felix und das liebe Geld" erkennen ließ. Er ist ein echter Geschichtenerzähler. Hübsch ist hier etwa das Kapitel, das plausibel machen soll, wie es dazu gekommen ist, daß Menschen miteinander Handel treiben. Der Autor erzählt ein Märchen von Geschenken und Gegengeschenken: Ein Mitglied eines Stammes von Jägern und Sammlern findet nahe einer fremden Siedlung einen Krug. Der Häuptling wünscht sich mehr davon und schickt einen Trupp aus, den Fremdlingen einige Felle zu überreichen. "Vielleicht schenken sie uns zum Ausgleich ein paar von ihren Krügen." Die Hoffnung wird nicht enttäuscht - und die Zahl der Krüge, die den Fellen gegenübersteht, ist ein Preis.

Etwas schwach ist das Kapitel zum Privateigentum. Der linksliberale Wirtschaftsressortleiter der "Süddeutschen Zeitung" unterscheidet nicht zwischen Eigentum und Besitz; die Aneignung von Privateigentum steht bei ihm zudem im Ruch von Raub und Betrug. Immerhin schreibt er: "Privateigentum bedeutet, daß jeder mit seinem Besitz tun und lassen kann, was er will, solange er nicht anderen schadet. Privateigentum ist ein Stück persönliche Freiheit." Den Beleg dafür, wie wichtig daneben Recht und Gesetze sind, findet der Autor bei den Römern: "Verträge, allgemeingültige Gesetze und eine Staatsmacht, die das Recht auch durchsetzt, bildeten die Grundlage für den Aufschwung von Handel und Zivilisation im Römischen Reich."

Märkte sind für Piper "die erstaunlichsten Entwicklungen der Menschheit. Niemand hat jemals das Prinzip des Markts erfunden, die Menschen entwickelten es unbewußt, indem sie einfach ihren eigenen Bedürfnissen nachgingen". In diesem Kapitel erfährt der Leser alles über Angebot und Nachfrage, und er lernt die ersten Wochenmärkte zur Zeit des fränkischen Königs Pippin im Mittelalter kennen.

Je näher die Erzählung an die Neuzeit rückt, desto komplexer wird die Materie. Das beginnt mit der Darstellung des französischen Merkantilismus, die Piper nutzt, um die Unzweckmäßigkeit des Protektionismus darzulegen. Es folgt ein abgewogenes Kapitel über den klassischen Liberalen Adam Smith und die "unsichtbare Hand", eine etwas bekümmerte Darstellung der Industrialisierung und ihrer Folgen, der Weltwirtschaftskrise und der Hyperinflation.

Unter dem Titel "Die falsche Hoffnung" erklärt Piper, warum die Planwirtschaft eine Sackgasse ist: wegen des Verzichts auf die Knappheitsinformation, die in den Preisen steckt. "Wenn die Frauen keine grünen Blusen mehr wollen, sondern nur noch rote, dann bleiben die grünen liegen und die Boutiquen versuchen, sie zu Schleuderpreisen loszuwerden. Deshalb werden in den Textilfabriken auch keine grünen mehr bestellt, sondern rote, und die Leiter dieser Fabriken wissen, was sie zu tun haben. Werden die Preise jedoch von einer Planbehörde festgesetzt, dann erfährt niemand aus ihnen, wie er sich zu verhalten hat." Selbst in Wirtschaftsbüchern für Kinder ist es selten, solche plastischen Erklärungen zu finden, die ohne Abstraktion auskommen. Auf Piper indes ist da Verlaß.

KAREN HORN

Nikolaus Piper: "Geschichte der Wirtschaft". Mit Bildern von Aljoscha Blau. Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 2002. 171 S., geb., 16,90 [Euro]. Ab 12 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

"ai" ist hochzufrieden mit diesem Schnelldurchlauf durch in die Wirtschaftsgeschichte. Das Buch, das sich an jugendliche Leser richtet, besteche durch fachliche Kompetenz, Vollständigkeit und Anschaulichkeit. Eingeführt werde in "alle großen Leitmotive" von zehntausend Jahren Wirtschaft und Handel, von den ersten Regulierungen des Brotpreises über Keynes und Ludwig Erhard bis hin zu den heutigen Finanzmärkten. Man erfahre, "warum Kain den Abel erschlug" und warum ein Mafiaboss kein gemeiner Räuber sei, und das alles auf 172 Seiten. Pipers Buch sei also, seines Themas gebührend, ein Musterbeispiel für gute Ökonomie, zumal dem Autor auch einige "überraschende Einsichten" zu verdanken seien. Nur eine Sache hat "ai" auszusetzen: Die Schweiz kommt nicht darin vor.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ökonomie endlich mal kinderleicht verständlich." - Stern.