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"Sacco di Roma", Tambora, 9/11, Tsunami - die Weltgeschichte ist voller Ereignisse, in deren Zusammenhang immer aufs Neue vom drohenden Weltuntergang gesprochen wurde. Endzeitängste sind jedoch ein besonderes Phänomen der abendländischen, christlichen Kultur. Mit diesem Buch liegt erstmals eine umfassende Ideengeschichte der Apokalypse vor. Von den biblischen Propheten bis zu den heutigen Tageszeitungen ist die christliche Kultur geprägt vom Glauben an ein unerbittliches Ende. Johannes Fried spannt den Bogen seiner Erzählung von der vorchristlichen Antike über das Zeitalter der Aufklärung bis…mehr

Produktbeschreibung
"Sacco di Roma", Tambora, 9/11, Tsunami - die Weltgeschichte ist voller Ereignisse, in deren Zusammenhang immer aufs Neue vom drohenden Weltuntergang gesprochen wurde. Endzeitängste sind jedoch ein besonderes Phänomen der abendländischen, christlichen Kultur. Mit diesem Buch liegt erstmals eine umfassende Ideengeschichte der Apokalypse vor. Von den biblischen Propheten bis zu den heutigen Tageszeitungen ist die christliche Kultur geprägt vom Glauben an ein unerbittliches Ende. Johannes Fried spannt den Bogen seiner Erzählung von der vorchristlichen Antike über das Zeitalter der Aufklärung bis hin zur jüngsten Gegenwart. Sowohl Geistesgeschichte wie auch Populärkultur und Wissenschaft bieten eine unerschöpfliche Vielfalt an faszinierenden Beispielen. Es stellt sich heraus, dass sich die Endzeitvisionen nicht mit fortschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnissen verflüchtigen - vielmehr sind sie tief verwurzelt in unserem unbewussten Weltbild und bis heute aktuell.
Autorenporträt
Johannes Fried war bis zu seiner Emeritierung Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Frankfurt. 1995 erhielt er den Preis des Historischen Kollegs (Historikerpreis) und 2006 den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa. Bei C.H.Beck sind von ihm u. a. erschienen: Das Mittelalter (2009), Karl der Große (2014) und Der Schleier der Erinnerung (2012).
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Auch was Weltuntergangsfantasien angeht, ist das christliche Abendland ungemein kreativ gewesen. Nirgendwo sonst auf der Welt neigt man so stark dazu, jedes katastrophale Ereignis gleich als "apokalyptisch" zu charakterisieren. Aber "Apokalypse" heißt "Enthüllung" und auch "Offenbarung". Im christlichen Geschichtsdenken markiert der Jüngste Tag - der titelgebende "dies irae", Tag des Zorns - kein absolutes Ende, sondern einen Neuanfang; die Errichtung des Reiches Gottes auf den Trümmern der alten, sündigen Welt. Der Mittelalterhistoriker Johanns Fried ist ein Experte auf dem Gebiet apokalyptischen Denkens und hat mit diesem Essay dessen umfassende Ideengeschichte geschrieben. Anhand zahlreicher Beispiele verfolgt er sein Thema von den Propheten des Alten Testaments bis in unsere Gegenwart, wo Menschen in den Flammen der brennenden Twin Towers die Fratze des Antichrist erblickt haben wollen. "Wellen von Hass rollen über die Erde, unvorstellbare Grausamkeiten, Seuchen dringen vor", schreibt Fried im Tonfall mittelalterlicher Apokalyptik. Auf wen oder was aber könnte nun die Hoffnung sich stützen, dass die Zeichen des Untergangs kein Ende, sondern eine Wende signalisieren? Frieds Buch zeigt, wie aktuell geschichtsphilosophisches Denken sein kann.

© BÜCHERmagazin, Ulrich Baron (ub)

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rudolf Neumaier gerät ins Nachdenken über die Apokalypse heute mit Johannes Frieds neuem Buch. Frieds Geschichte der Apokalypse lehrt Neumaier, wie Kapazitäten von Descartes über Ockham bis Newton das Weltende sahen. Als hätte der Autor jahrzehntelang dazu recherchiert, kommt ihm das Buch vor, wissenschaftlich stark und mit Verve vorgetragen. Auch wenn er bei Fried den Eindruck bekommt, der Hauptantrieb der christlichen Wohlfahrt sei die Angst vor dem Jüngsten Tag gewesen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.03.2016

Ist nicht die Welt selbst das Weltgericht?

Eschatologie ohne Ende und mit vielen Ermäßigungen: Der Mediävist Johannes Fried schreibt eine Geschichte des Weltuntergangs, die bis in die Gegenwart führt.

Die Vorstellung des Weltuntergangs, des Gerichts über die Lebenden und die Toten, der Schaffung eines neuen Himmels und einer neuen Erde, sie ist etwas Christliches, mit starken Wurzeln in der hebräischen Bibel. Die antiken Mythen kennen so etwas nicht. In der "Völuspá" liest man von vergleichbaren Dingen, aber sicherlich hat der Dichter, der ihr die Form gab, die in der Älteren Edda überliefert ist, allerhand Christliches dazugetan; immerhin wird mit einem germanischen Kern zu rechnen sein. Dem Islam dagegen ist eschatologisches Denken fremd, und auch den Hochkulturen des Mittleren und des Fernen Ostens. Das Ende alles Irdischen vor Augen zu haben, ja, es ist etwas sehr Europäisches. Das wird es sein, was Johannes Fried, den wohl berühmtesten der deutschen Mittelalter-Historiker, bewogen hat, eine "Geschichte des Weltuntergangs" zu schreiben.

"Dies irae" lautet der Haupttitel, Tag des Zorns. Man hört die Schläge, mit denen Mozart und Verdi den Totenhymnus des Thomas von Celano vertont haben, die Angst Gretchens, als sie im Dom, zwischen den Einflüsterungen des Bösen Geistes, die Verse singen hört. Es liegt etwas Dringliches, etwas Grausiges in den Worten; und der Leser spürt ziemlich rasch, dass dem Autor an dieser Dringlichkeit liegt, dass ihm mehr vorschwebt, als bloß ein wichtiges Kapitel der Ideengeschichte neu darzustellen.

Die ersten Christen und auch Paulus lebten in der Naherwartung des Herrn: Sie glaubten, dass er noch zu ihren Lebzeiten zurückkehren werde, um sein Reich zu errichten. Die Enttäuschung dieser Erwartung und die Zerstörung des Tempels durch die Römer 70 nach Christus haben das eschatologische Denken erst richtig in Gang gesetzt. Und schon begann die Spekulation, wann denn die Welt untergehen werde, auch wenn nach dem Jesus-Wort galt, allein der Vater kenne den Tag. Nach einer verbreiteten Spekulation sollte das Ende der Welt sechs- oder siebentausend Jahre nach ihrer Erschaffung kommen, denn die Schöpfung hatte ja sechs Tage in Anspruch genommen oder auch sieben; vor Gott aber sind tausend Jahre wie ein Tag. Wann aber war die Welt erschaffen worden? Ein großes Rechnen setzte ein, die Komputistik als Kalenderwissenschaft nahm ihren Aufschwung und auch die Astronomie, denn das Ende der Zeiten sollte sich durch Himmelserscheinungen ankündigen. Vor fünfzehn Jahren schon hat Fried das apokalyptische Denken als Anstoß für die "Entstehung der modernen Naturwissenschaft im Mittelalter" beschrieben, in seinem Buch "Aufstieg aus dem Untergang". Darauf kommt er jetzt zurück.

Doch vollzieht sich der Weg zum Weltuntergang und zum Jüngsten Gericht mit mathematischer Gewissheit? Paulus spricht von einer aufhaltenden Kraft (griechisch: "katechon"). Und Fried glaubt, dass die Kaiserkrönung Karls des Großen in diesem Zusammenhang zu sehen ist. Verbreitet war der Glaube, dass die Geschichte nur vier große Reiche kenne, deren letztes das römische sei. Wenn nun dieses Reich durch Karl weiterlebe, so wirke das dem Ende der Zeiten entgegen. Auch das hat Fried schon früher, in seiner Biographie Karls, vorgetragen; Fachgenossen haben mit guten Argumenten widersprochen.

Unzweifelhaft aber wird das christliche Mittelalter vom Denken an den Jüngsten Tag bewegt, bei den Rabbinen tritt das Motiv nun zurück. Für Luther stehen Weltende und Gericht unmittelbar bevor. Dass die römische Kirche eine Kalenderreform durchführt, obschon doch die irdische Zeit bald abgelaufen ist, zeigt ihm, dass der Papst an die Wiederkehr Christi nicht glaubt. Aber auch Isaac Newton, der Held der Aufklärer, ist ein leidenschaftlicher Apokalyptiker, der viel intellektuelle Energie in dieses Thema steckt.

Das Ende dieser Welt ist eine Schreckensvorstellung, aber nicht ohne Trost, für die zumindest, die auf Erden zu kurz kommen. Im "Palästinalied" schreibt Walther von der Vogelweide von dem "schrecklichen Gericht" - man glaubte, es werde im Heiligen Land stattfinden -, aber: Der Witwe wird dann ihr Recht werden, die Waise kann wie der Arme Klage erheben über die Gewalt, die sie erleiden mussten. "Wohl ihm dort, der hier seine Schuld bezahlt hat!" Und damit ist der Punkt berührt, der Fried über die wissenschaftliche Behandlung des Gegenstandes hinaus zu bewegen scheint: "Der Satz des Glaubensbekenntnisses: venturus (...) iudicare vivos et mortuos (er - Christus - wird kommen, zu richten die Lebenden und die Toten), was bedeutet er nun? Ohne Eschaton, ohne die Vision der Flammen, ohne Gefahr für Leib und Seele verflüchtigt sich das einstmals stärkste Movens christlicher Ethik."

Fried beobachtet in unserer Gegenwart überall Zeichen für ein Fortwirken eschatologischen Denkens oder Empfindens. Er spießt die Meldung der "Rhein-Neckar-Zeitung" "Diabetes muss kein Weltuntergang sein" auf, die Frage des "Zeit"-Magazins: "Geht die Welt schon wieder unter?" und zitiert Woody Allen, dem ein Quantenphysiker klargemacht habe, dass das Universum aus dem Nichts gekommen sei und ins Nichts verschwinden werde: "Letzten Endes führe ich ein trauriges Leben ohne Hoffnung (...), ohne Ziel oder jegliche Bedeutung." Dann aber stellt Fried fest: "Die Sinnfrage darf man jetzt nicht mehr stellen, jedenfalls nicht in der Weise, wie sie einst aufgeworfen war."

Es wäre interessant, zu erfahren, ob der Westen die großen ökologischen Probleme der Welt ernster nimmt als andere Kulturen, die von apokalyptischen Vorprägungen frei sind. Dazu erfahren wir bei Fried leider nichts. Aber er schwankt auch in seiner Beurteilung der westlichen Lage. Mal geht ihm das Reden vom Weltuntergang gegen den Strich, zum Beispiel das des Weltklimarates: "Er schürt auf seine Weise in apokalyptischem Tonfall seit Jahrzehnten die Angst." Doch dann sieht der Autor selbst die Welt untergehen, physisch wie moralisch: "Skrupellose Ausbeutung der Erde, die Zerstörung der Regenwälder, das Anwachsen der Wüsten beschwören und beweisen das Erkalten der Liebe, von dem Jesus gesprochen hatte."

Man spürt des Autors ernste Sorge um den Zustand der gegenwärtigen Welt, aber er kommt aus dem Gewirr bedenklicher Beobachtungen nicht recht heraus. Er spricht von "nacktem Materialismus und Gottlosigkeit" heute, aber tut nicht genug, das intellektuell auszufalten. Um apokalyptische Momente im Pop wahrzunehmen, bedarf es eines teilnehmend geschulten Sinnes, allein mit Textzitaten ist wenig getan. Und auch Wagners "Götterdämmerung" ist gründlich missverstanden (was dem Autor aber geradewegs in seine Argumentation läuft), wenn ihr Schluss als "die Machtübernahme der Menschen, gegen die dem Untergang ausgelieferten Götter, gieriger Menschen, eines Hagen und Co." beschrieben wird. Johannes Fried ist ein großer Historiker, aber als Zeitdiagnostiker oder Präparator aktueller Befunde sind ihm Grenzen gezogen.

STEPHAN SPEICHER

Johannes Fried: "Dies irae". Eine Geschichte des Weltuntergangs.

Verlag C.H. Beck, München 2016. 350 S., 44 teils farb. Abb., geb., 26,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.09.2016

Tag des
Posaunenklangs
Johannes Fried und seine
Geschichte vom Weltuntergang
Im Glaubensbekenntnis der katholischen Kirche, dem Credo, ist am Ende vom ewigen Leben die Rede und weiter vorne von Christus, der kommen wird „zu richten die Lebenden und die Toten“. Nur an dieser Stelle kann man das dezent versteckte Grauen heraushören, das den Leser im Titel von Johannes Frieds Geschichte der Apokalypse frontal anschreit: „Dies irae“ – der Tag des Zorns. Jener Tag, an dem „laut wird die Posaune klingen, durch der Erde Gräber dringen, alle hin zum Throne zwingen“.
Wenn nicht mehr das gesamte Christentum, so doch immer noch die katholische Sektion glaubt laut ihrem Katechismus an ein „Ende der Welt“, obgleich die kirchliche Dogmatik die Bibel ausnahmsweise weich spült und die Johannes-Offenbarung keinesfalls mehr als „Voraussage kosmischer Ereignisse“ sehen will. In der Offenbarung des Johannes Fried klingt am Ende ein Staunen durch, vielleicht sogar Enttäuschung: Der Glaube an den Weltuntergang ist selbst untergegangen. Wer heute vom Ende des Planeten Erde spricht, kommt in aller Regel aus den der Theologie so fernen Naturwissenschaften. Ist die Geschichte jetzt wirklich am Ende? Apokalyptischer Reiter, ick hör dir trapsen.
Johannes Fried, Jahrgang 1942, hat in Frankfurt Mittelalterliche Geschichte gelehrt und offenbar seit Jahrzehnten einen Zettelkasten zum Thema Apokalypse kultiviert. Für die Verve, mit der er ihn nun ausgeschlachtet und verwertet hat, hätte er erneut eine Auszeichnung für wissenschaftliche Prosa verdient, wie er sie bereits vor zehn Jahren mit dem Sigmund-Freud-Preis erhielt.
Nostradamus ist bei ihm nur eine Randfigur, und Endzeitschwadroneure wie der bayerische Wahrsager Mühlhiasl kommen bei Fried ebenso wenig vor wie Berichte über düstere Marienerscheinungen. Fried beschäftigt sich vielmehr mit Kapazitäten, die im eschatologischen Diskurs der vergangenen Jahrhunderte satisfaktionsfähig waren. Mit Gelehrten wie dem franziskanischen Philosophen Wilhelm von Ockham und Nikolaus von Kues sowie mit René Descartes und Isaac Newton.
Seit den Anfängen der Christenheit schwelte die Weltuntergangserwartung. „Wellen gleich schlug sie bald höher, bald weniger hoch, bald stürmischer, bald sanfter durch die Seele der Gläubigen und ließ sie handeln, Werke der Buße verrichten“, schreibt Fried. Stets hing die Apokalypse mit dem Erwarten des Antichrist zusammen: Im Jahr 1578 etwa machte Fried vier Zeitungen aus, die berichteten, in Babylon sei der Antichrist geboren worden. An manchen Stellen vermitteln Frieds Quellen den Eindruck, die Angst vorm Jüngsten Tag und dem letzten Gericht sei der wichtigste Antriebsmotor des christlichen Wohlfahrtswesens gewesen. Die Geschichte ließ sich zwiefach erzählen: Entweder schürten Prediger Angst, riefen zur allgemeinen Demut auf und festigten dadurch hergebrachte Hierarchien. Oder sie erschütterten diese Hierarchien, indem sie wie Jan Hus und Savonarola in Klerikern den Antichrist sahen, gegen den vorzugehen sei. Hus wurde verbrannt, Savonarola gehängt.
All die Untergangs-Beschwörungen landeten zum Glück „im Säurebad der Aufklärung“. Und heute fragt man sich, ob für eine Apokalypse die Erdkugel verbrennen muss, oder ob’s reicht, wenn aus einer Dystopie wie Huxleys „Schöne neue Welt“ Wirklichkeit wird.
RUDOLF NEUMAIER
Johannes Fried: Dies Irae. Eine Geschichte des Weltuntergangs. Verlag C. H. Beck, München 2016. 352 Seiten, 26,95 Euro. E-Book 21,99 Euro.
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"Die brillant geschriebene Studie stellt nicht weniger als die erste umfassende Kulturgeschichte der Apokalypse dar."
Michael Fischer, Faz 30. März 2016