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Dieses Buch bietet auf der Grundlage jahrelanger Forschung eine neue Sicht auf die spätantiken Anfänge des Mönchtums und die klösterliche Welt des Mittelalters. Gert Melville beschreibt anschaulich Klostergründungen und -reformen, Regeln und Gewohnheiten, spirituelle Strömungen und asketische Praktiken und lässt den Leser so eine faszinierende, fremd und fern erscheinende Lebensform besser verstehen. Die Geschichte der mittelalterlichen Klöster und Orden bildet ein Geflecht aus Neugründungen, Abspaltungen, Niedergängen und Reformen. Gert Melville folgt von der ausgehenden Antike bis zum Beginn…mehr

Produktbeschreibung
Dieses Buch bietet auf der Grundlage jahrelanger Forschung eine neue Sicht auf die spätantiken Anfänge des Mönchtums und die klösterliche Welt des Mittelalters. Gert Melville beschreibt anschaulich Klostergründungen und -reformen, Regeln und Gewohnheiten, spirituelle Strömungen und asketische Praktiken und lässt den Leser so eine faszinierende, fremd und fern erscheinende Lebensform besser verstehen.
Die Geschichte der mittelalterlichen Klöster und Orden bildet ein Geflecht aus Neugründungen, Abspaltungen, Niedergängen und Reformen. Gert Melville folgt von der ausgehenden Antike bis zum Beginn der Neuzeit den Gründen und Antrieben für diese Entwicklungen. Besonderes Augenmerk gilt dabei den Benediktinern, den eremitischen Bewegungen des 11. und 12. Jahrhunderts, den Regularkanonikern, den Zisterziensern und den Bettelorden. Darüber hinaus beschreibt er die wichtigsten Strukturelemente des klösterlichen Lebens wie Recht und Organisation, Bildung und Spiritualität, die Regelung des Alltags sowie die wirtschaftlichen Grundlagen und macht deutlich, inwiefern die klösterliche Welt Antrieb der kulturellen Entwicklung, in vielem aber auch ein Fluchtweg zur individuellen Perfektion war.
Autorenporträt
Gert Melville, geb. 1944, ist Professor für Mittelalterliche Geschichte an der TU Dresden und Direktor der Forschungsstelle für Vergleichende Ordensgeschichte an der Katholischen Universität Eichstätt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.2012

Anweisungen für ein gesteigertes Dasein

Von den Eremiten zu den Klöstern des Mittelalters: Der Dresdner Mediävist Gert Melville folgt der Spur der Ordensleute - und vernachlässigt den spirituellen Antrieb dieser Bewegung.

In der Spätantike änderte sich das Prestige des Asketen. Nicht zuletzt für Mitglieder der Oberschicht verloren die Vergnügen des städtischen Lebens an Anziehung. Man hatte genug von exorbitanten Gastmählern und erotischen Eskapaden. Im Zug der Völkerwanderung brach die verfeinerte städtische Kultur weitgehend zusammen. Es erschien der christliche Asket, der als Eremit, Mönch oder Nonne ein anderes Glück suchte. Die höchsten sozialen Instanzen, die Amtskirche, die Päpste und Bischöfe, die weltlichen Herrscher unterstützen das Leben dieser außergewöhnlichen religiösen Figuren, weil diese das Christentum vorbildlich zu repräsentieren schienen.

An diesem Punkt setzt Gert Melville mit seiner Studie über "Die Welt der mittelalterlichen Klöster" ein: Mit dem Erscheinen der ersten christlichen Asketen in der ägyptischen Wüste im dritten Jahrhundert nach Christus, von denen der Eremit Antonius der berühmteste wurde und auf die klösterliche Kultur des Mittelalters ausstrahlte. Melville ist allerdings an der Vorgeschichte oder an anthropologischen Erklärungen für das Phänomen der christlichen Asketen kaum interessiert, ganz so, als seien sie ein Phänomen sui generis, ohne die Vorläufer der Stoa.

Der Ton ist leicht erhaben: "Dieses Buch handelt von Menschen, die die Vollkommenheit ihrer Seele suchten und bereit waren, sich dafür der irdischen Welt zu entledigen." Die Darstellung bewegt sich in traditionellen Bahnen und schildert das Leben der christlichen Mönche und Nonnen "aus der Perspektive der Klöster", wie der Autor hervorhebt. Im Wesentlichen greift er auf spätantike oder mittelalterliche Texte zurück, die das Leben von charismatischen Gründerfiguren der monastischen Sphäre schildern, oder auf berühmte Regelwerke, welche den Alltag der Mönche und Nonnen bestimmten. Der Leser wird hauptsächlich mit der idealen oder organisatorischen Seite der klösterlichen Welt vertraut, nicht so sehr mit dem tatsächlichen Erlebnis - sei es mystische Ekstase, sei es Langeweile. Es fehlen die Berichte und Visionen, welche in der einsamen Zelle entstanden, von Mönchen und Nonnen, die nicht durchweg zu den Gründerfiguren gehörten.

Die Stärke des Buches liegt darin, dass es die wichtigen äußeren Etappen des mittelalterlichen Klosterlebens solide darstellt. In chronologischer Folge wird man mit den entscheidenden Figuren und Regeln ein wenig vertraut. Die wesentlichen Grundlagen für die christlichen Asketen wurden die Evangelien, ferner die Vita des Antonius, die Schriften des Augustinus, ebenso die Vita des Benedikt von Nursia, welche Papst Gregor der Große in seinen "Dialogen" beschrieb, und schließlich die "Regel des heiligen Benedikt" selbst, welche im sechsten Jahrhundert entstand.

Melville stellt die besagten Lebensläufe und Texte kurz vor, ohne sie umfassend zu erörtern. Die bedeutenden Unterschiede beispielsweise zwischen der Lehre der Evangelien und der Regel des Benedikt treten nicht systematisch in Erscheinung oder werden nur tröpfchenartig in den Fortgang der Darstellung eingeflochten. Deutlich wird allendings, dass es zu keinem Zeitpunkt nur einen einzigen Bezugspunkt gegeben hätte, um das klösterliche Leben zu formen. Es existierte kaum je Einigkeit unter den Mönchen und Nonnen in verschiedenen Häusern, was der rechte Weg sei. Es gab ständig Experimente, Reformen und neue Ansätze.

Es waren die fränkischen Herrscher, die im achten und neunten Jahrhundert gemeinsam mit der römischen Kurie und charismatischen Figuren wie Bonifatius versuchten, die Regel des Benedikt für Mönche und Nonnen als verbindlich einzuführen. Die Klöster sollten in die Politik des Frankenreiches eingebettet werden, und zwar nicht nur als religiöse, sondern auch als wirtschaftliche und kulturelle Stützpunkte. Gerade die Klosterinsassen wollten sich aber nie ganz von den weltlichen Machthabern oder von der Amtskirche bestimmen lassen. Christliche Asketen und Eremiten, Mönche und Nonnen blieben subversiv, schwankten zwischen Anpassung und Selbstbestimmung.

Das burgundische Kloster Cluny wurde bereits bei seiner Gründung im Jahr 910 durch Herzog Wilhelm von Aquitanien mit umfassenden Freiheiten gegenüber weltlichen Mächten ausgestattet, bald bestätigt durch König und Papst. Die neue Abtei sollte nach dem Willen des Gründers zu einem Symbol der "Unversehrtheit der katholischen Religion" werden. Der Papst erteilte Cluny schließlich auch die Erlaubnis, andere Klöster zur Besserung in Besitz zu nehmen. Es entstand innerhalb von zwei Jahrhunderten ein monastisches Imperium mit siebenhundert Niederlassungen. Der Abt von Cluny wurde steinreich, Umfang und Pracht der Klosteranlage und der Liturgie nahmen zu, zugleich spendete man reiche Almosen und pflegte die Nächstenliebe. Unter den dreihundert Mönchen waren viele Adlige, die einen Diener hatten und einen üppig gedeckten Tisch vorfanden.

Einigen Mönchen wurde die Sache zu bunt. 1098 verließen sie das Kloster Molesme und gründeten just zwischen Cluny und Dijon das Kloster Cîteaux. Es sollte der neue Orden der Zisterzienser entstehen, damit die Mönche wieder "Arme mit dem armen Christus" seien und die Regel Benedikts streng befolgt werde. Auch Cîteaux baute schnell einen Verband von Klöstern auf, der aber ganz anderes organisiert wurde als jener von Cluny: nicht mehr patriarchalisch mit einem einzigen Abt als Eigenherrn aller Klöster, sondern nach rationalem Prinzip, welches auf den Konsens zwischen den Äbten setzte. Man führte ein jährliches Generalkapitel ein, quasi als mönchisches Parlament, zu dem alle Äbte des Ordens kamen.

Anfang des dreizehnten Jahrhunderts entwickelten die neuen Bettelorden, die Franziskaner oder Dominikaner, ähnliche Strukturen und nannten auch die Vorsteher der Klöster nicht patriarchalisch Abt (Vater) oder Äbtissin, sondern sachlich Prior (Erster) oder Priorin, welche ihre Ämter nicht mehr lebenslang, sondern auf Zeit erhielten. Parallele Dinge vollzogen sich in den Städten, wo die Patrizier eine konsularische Verfassung durchsetzten.

Melville legt so sein Augenmerk auf die evolutionäre, verfassungsmäßige Entwicklung der mittelalterlichen Klöster, auf die allmähliche Aufspaltung in unterschiedliche Orden und arbeitet diese Phänomene aufschlussreich heraus. Doch der spirituelle Clou kommt zu kurz: das Durchbrechen der Endlichkeit des menschlichen Lebens durch Techniken der Selbstdisziplinierung. Auch vermisst man eine tiefere Interpretation des Ganzen: die Einsicht, dass es hier um die Auflehnung gegen die Triebe der Natur ging, um eine Auflehnung, die ihrerseits ganz neue feine Nervenreize erzeugt. Es wurden die gewöhnlichen Lebensrhythmen ausgehebelt, um zum Unendlichen vorzudringen. Der Mönch oder die Nonne konnte sich nicht einfach abends ins Bett legen und morgens aufstehen. Man betete und sang zu verschiedenen Tag- und Nachtzeiten, in genau festgelegten zeitlichen Abständen. Das Leben im Kloster wurde in höchstem Maße zu einem Artefakt - im Glücksfall zum gesteigerten Dasein, das ganz eigene Wonnen bot.

ERWIN SEITZ

Gert Melville: "Die Welt der mittelalterlichen Klöster". Geschichte und Lebensformen. Verlag C.H. Beck, München 2012. 415 S., Abb., geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die ganz eigenen Wonnen der Asketen kommen dem Rezensenten der Studie von Gert Melville ein wenig zu kurz in diesem Buch. Wenn Melville die Entwicklung der Klöster anhand bekannter mittelalterlicher und spätantiker Quellen "solide" darstellt, die Unterschiede der Orden, die vielen Reformen und verschiedenen Ansätze, auch anhand einzelner Biografien, wird Erwin Seitz zwar durchaus vertraut mit Figuren und Regeln, vermisst aber dennoch die umfassende Erörterung, die Vorgeschichte der christlichen Asketen inklusive. Auch wäre ihm der Band interessanter erschienen, hätte der Autor den vielen Nonnen und Mönchen in ihren Klosterzellen eine Stimme gegeben, auch wenn sie nicht zu den Gründerfiguren gehörten. Vor allem aber scheint Seitz die spirituelle Seite des Ganzen hier zu kurz zu kommen: das Durchbrechen der Endlichkeit zugunsten einer ganz neuen, feinen Reizbarkeit.

© Perlentaucher Medien GmbH