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Vorsicht! Dieses Buch ist für Jugendliche unter 16 Jahren nicht geeignet. Es enthält explizite Darstellungen sexueller Handlungen und einschlägiges Vokabular. An 77 Beispielen, die von der Grünen Bonellia über den Grasfrosch und das Seepferdchen bis zum nordafrikanischen Dickschwanzskorpion und zur argentinischen Schwarzkopfruderente reichen, verrät Tobias Niemann faszinierende Tricks und spektakuläre Stellungen zur Neukombination der Gene. Zur Nachahmung sind sie allerdings nur bedingt empfohlen. Das Bonellia-Weibchen ist tausendmal größer als das Männchen. Zur Befruchtung ihrer Eier schluckt…mehr

Produktbeschreibung
Vorsicht! Dieses Buch ist für Jugendliche unter 16 Jahren nicht geeignet. Es enthält explizite Darstellungen sexueller Handlungen und einschlägiges Vokabular. An 77 Beispielen, die von der Grünen Bonellia über den Grasfrosch und das Seepferdchen bis zum nordafrikanischen Dickschwanzskorpion und zur argentinischen Schwarzkopfruderente reichen, verrät Tobias Niemann faszinierende Tricks und spektakuläre Stellungen zur Neukombination der Gene. Zur Nachahmung sind sie allerdings nur bedingt empfohlen. Das Bonellia-Weibchen ist tausendmal größer als das Männchen. Zur Befruchtung ihrer Eier schluckt das ein Meter große Weibchen das einen Millimeter winzige Männchen einfach herunter: eine Art Ganzkörperoralverkehr. Beim Nordoppossum, dem bekanntesten amerikanischen Beuteltier, verfügt das Weibchen gleich über zwei Vaginae. Das Männchen, in diesem Fall nicht minder gut ausgestattet, hält einen zweizipfeligen Penis parat. Die Fledermäuse, diese fliegenden Kobolde der Nacht, lieben sich kopfüber und a tergo: Kamasutra kopfüber. Beim possierlichen Seepferdchen wird Papa schwanger und bebrütet die Eier. Jeden Morgen kommt seine Frau zu Besuch und fordert ihn zu einem ausgiebigen Tänzchen auf. Ergebnis dieses Rollentauschs ist ein Leben in Treue und Harmonie.
Autorenporträt
Tobias Niemann, geb. 1964, ist Diplom-Biologe und hat in Neurowissenschaften promoviert. Seit 1998 ist er freiberuflicher Autor und seit 2005 Geschäftsführer eines interdisziplinären Forschungszentrums für Neurowissenschaften in Göttingen.

Der Illustrator Günter Mattei, geb. 1947 in Österreich, lebt seit 1971 hauptsächlich in München und ist im In- und Ausland tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.04.2010

Natürliche Unsitten
Tobias Niemann erstellt einen Sexreport der Tiere

Der Klappentext gibt sich reißerisch: für Jugendliche unter 16 Jahren nicht geeignet wegen expliziter Darstellungen sexueller Handlungen. Diese folgen dann in der Tat, und zwar in einer Vielfalt, die das Kamasutra eher beschränkt dastehen lässt, handeln allerdings von Fortpflanzungsformen im Tierreich. Der Biologe Thomas Niemann hat die skurrilsten Erfindungen der Evolution in Sachen Fortpflanzung vom Kolibakterium über den Mistwurm bis zum Australischen Riesentintenfisch zusammengetragen.

Das Kuriositätenkabinett der Fortpflanzungsformen umfasst anatomische Merkwürdigkeiten ebenso wie seltsame Verhaltensstrategien. Die männliche Sandviper etwa hat zwei Penes (den korrekten Plural gewöhnlich nur im Singular verwendeter Fachausdrücke lernt der Leser gleich mit). Zum Einsatz kommt, wer bei der Kopulation der Geschlechtsöffnung der Partnerin am nächsten ist.

Bei der Grünen Bonellia, einem Igelwurm in Form einer eingelegten Gurke, ist das Männchen nur einen Millimeter, das Weibchen hingegen bis zu einem Meter groß. Für die Befruchtung schluckt das Weibchen eine Handvoll Männchen, von denen es der eine oder andere durch die Darmwand zum Eileiter schafft, wo er seinen Samen auf ihre Eier spuckt. Danach ward nichts mehr von ihm gehört.

Das Männchen des in der Tiefsee lebenden Riesenanglers, des "vielleicht merkwürdigsten und hässlichsten aller bekannten Fische", trifft so selten auf ein Weibchen, dass es sich dann gleich an ihr festbeißt und für den Rest seines Lebens dort hängenbleibt.

Die Amazonen Molly, eine Verwandte des Guppys, hat zwar Sex, aber das männliche Sperma regt ihre Eizellen zur Entwicklung an, ohne sie zu befruchten. Ihre Nachkömmlinge sind dementsprechend alle weiblich, so dass sie sich beim Sex an nahverwandte Arten halten muss. Der Vielköpfige Schleimpilz bringt es hingegen auf fünfhundert Geschlechter, feine Abstufungen zwischen Nur-Mann und Nur-Frau.

Überhaupt ist die zumeist eindeutige Festlegung des Geschlechts wie beim Menschen keineswegs der Normalfall. Der Borstenwurm Ophryotrocha puerilis ist zuerst männlich; wenn er mehr als fünfzehn Körpersegmente hat, wird er zum Weibchen. Treffen sich zwei weibliche Würmer, wird zwecks Fortpflanzung der kleinere der beiden zum Männchen. Da die Männchen schneller wachsen als die Weibchen, wird er bald darauf wieder weiblich. Forscher haben mit den unentschiedenen Würmern einen gemeinen Versuch gemacht: Schneidet man den Weibchen das Hirn weg, überleben sie - aber als Männchen. Ein schwieriger Fall für Gleichstellungsbeauftragte, meint der Autor.

Bakteriensex ist dagegen zwar effizient, aber vergleichsweise langweilig. Statt der Geschlechter haben sie "Fruchtbarkeitsfaktoren". Über einen "Sexualpilus" tauschen sie Genmaterial aus, vermehren sich aber trotzdem durch klassische Zellteilung.

Wirklich nötig ist das ganze Spektakel um Partnersuche und Befruchtung nicht: Ein Rädertierchen namens Philodina roseola lebt seit 35 Millionen Jahren enthaltsam und ist bis heute nicht in die evolutionäre Sackgasse geraten, die Biologen den Arten prophezeien, die auf die regelmäßige Vermischung ihrer Gene verzichten. Alles in allem macht es dieser Sex-Report aus der prallen Natur nicht leichter, in Sittenfragen naturrechtlich zu argumentieren.

MANUELA LENZEN

Tobias Niemann: "Kamasutra kopfüber". Die 77 originellsten Formen der Fortpflanzung. Mit Zeichnungen von Günter Mattei. C. H. Beck Verlag, München 2010. 176 S., geb., 17,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit spürbarem Vergnügen hat sich Manuela Lenzen in die vielfältigen Fortpflanzungsarten der Tiere vertieft, deren ausgefallensten der Biologe Tobias Niemann offenbar sehr unterhaltsam in seinem Buch "Kamasutra kopfüber" versammelt hat. Und so referiert sie gutgelaunt über die Fortpflanzung von Igelwurm oder Vielköpfigem Schleimpilz, wobei sie erfreut feststellt, dass der Leser auch en passant über die lateinische Pluralbildung wichtiger Geschlechtsteile informiert wird. Interessiert hat Lenzen zudem zur Kenntnis genommen, dass im Tierreich die Geschlechtsbestimmung nicht immer eindeutig ist. Mit sichtlicher Freude referiert sie den Fall eines Borstenwurms, der, wenn man ihm im wissenschaftlichen Experiment das Hirn wegschneidet, vom Weibchen zum Männchen wird. Und schließlich enthält sie uns auch den Kommentar des Autors dazu nicht vor: "ein schwieriger Fall für Gleichstellungsbeauftragte".

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