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Vom Ausgang des Mittelalters bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation beschreibt dieses Werk mehr als drei Jahrhunderte deutscher Geschichte. Erstmals wird darin das Alte Reich als Staat der deutschen Nation dargestellt.
An der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit entwickelten sich auch im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation gesamtstaatliche Strukturen. Fürstenstaaten, Reichsstädte, Reichskreise und Bündnisse ergänzten sich mit der kaiserlichen Spitze zu einer Handlungsgemeinschaft - dem komplementären Reichs-Staat. Dieses hierarchische System mit starken föderativen…mehr

Produktbeschreibung
Vom Ausgang des Mittelalters bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation beschreibt dieses Werk mehr als drei Jahrhunderte deutscher Geschichte. Erstmals wird darin das Alte Reich als Staat der deutschen Nation dargestellt.

An der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit entwickelten sich auch im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation gesamtstaatliche Strukturen. Fürstenstaaten, Reichsstädte, Reichskreise und Bündnisse ergänzten sich mit der kaiserlichen Spitze zu einer Handlungsgemeinschaft - dem komplementären Reichs-Staat. Dieses hierarchische System mit starken föderativen Elementen überdauerte die drei kriegerischen Jahrhunderte der Frühen Neuzeit und wurde trotz schwerer innerer Konflikte erst durch Napoleon zerschlagen.Georg Schmidt beschreibt zum ersten Mal die Geschichte des Alten Reiches in der Perspektive von Gesamtstaatlichkeit und nationaler Integration. Unabhängig von den unterschiedlichen Lebensbedingungen und Herrschaftsverhältnissen, betrachteten viele Deutsche das Reich als Staat der deutschen Nation. Ihre Hoffnungen und Wünsche, die sich auf das Alte Reich als nationalen Rahmen richteten, stehen deshalb im Zentrum der Darstellung. Besonders in den Aufbruchsphasen und Krisenzeiten wie der Reformation, dem Dreißigjährigen oder dem Siebenjährigen Krieg gewannen nationale Wertvorstellungen an Gewicht. Die Deutschen grenzten sich von anderen Nationen ab, beschworen ihre Einigkeit, ihre ruhmreiche "germanische" Vergangenheit und die "teutsche Freiheit". Dieser frühneuzeitliche Nationalismus war ständeübergreifend, teilweise auch massenmobilisierend und aggressiv. Er wirkte integrierend und ausgrenzend, trug also bereits wesentliche Züge des modernen Nationalismus.

Georg Schmidt eröffnet eine neue Sicht auf das Alte Reich, dessen föderative Staatlichkeit im Zeitalter der europäischen Integration überraschend aktuell erscheint.

Zum Autor/Herausgeber: Georg Schmidt, geboren 1951, ist Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Neben Darstellungen zum Städtetag in der Reichsverfassung und zum Wetterauer Grafenverein hat er zuletzt den Band "Der Dreißigjährige Krieg" (41999) in der Reihe C.H.Beck Wissen veröffentlicht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.1999

Die Wormser Republik
Das Reich fast ohne Kaiser / Von Karl Otmar von Aretin

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation war ein merkwürdiges Gebilde. Offiziell war es die Fortsetzung des Römischen Reiches. Praktisch war der Kaiser schon seit langem ein deutscher König. Das Reich, dessen erwählter Herr er war, verfügte zum einen über die deutschen Kernlande. Als reine Lehensordnung gehörte außerdem Reichsitalien zum Reich. Diese Teilgebiete nahmen an der Ende des fünfzehnten Jahrhunderts einsetzenden Verfassungsentwicklung des Reiches nicht teil und werden daher von Georg Schmidt in seiner Geschichte des Alten Reiches nicht berücksichtigt. Durch die Heiratspolitik der Habsburger bestand die Gefahr, dass dieses Reich in die Wirren der europäischen Politik verstrickt, das heißt in den Kampf verwickelt wurde, den sich Spanien und Frankreich gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts in Italien lieferten. Diese Gefahr bestand insbesondere, weil Kaiser Maximilian I. sich in den Streit um das zum Reich gehörende Herzogtum Mailand einmischte.

Gegen die weit gespannten Ziele habsburgischer Politik begann der Kurerzbischof und Erzkanzler des Reiches, Berthold von Henneberg, eine vom Kaiser weitgehend unabhängige Organisation des Reiches durchzusetzen. Da auf dem Reformreichstag von Worms 1495 eine Reihe von Reichsgrundgesetzen beschlossen wurden, beginnt Schmidt seine Darstellung mit diesem Jahr. Es zeichnete sich ab, was Schmidt mit dem Begriff "komplementärer Reichsstaat" bezeichnet. Das ist zwar kein Begriff aus der Zeit, auch wenn er bei einigen Staatsrechtslehrern des achtzehnten Jahrhunderts auftaucht. Er umschreibt aber, was Schmidt plastisch werden lassen möchte: jenen deutschen Kernstaat, der von der Verfassungsentwicklung des sechzehnten Jahrhunderts erfasst wurde und schließlich im Reichsgrundgesetz des Westfälischen Friedens 1648 seine endgültige, Reichsverfassung genannte Form fand. Die Geschichte dieses Reichsstaates zwischen 1495 und 1806 ist ein Inhalt dieses Buches.

Darüber hinaus will der Autor die Bedeutung aufzeigen, die das Nationalgefühl in diesem Prozess hatte. Die Abwehr gegen die imperialen Ziele Kaiser Maximilians I. und seines Enkels Karl V., der von vielen in Deutschland als ein Fremder angesehen wurde, hat bei der Entstehung des Reichsstaates wie bei der Entwicklung des Nationalgefühls eine wichtige Rolle gespielt. Entscheidend aber war die Reformation. Luthers Auftreten wurde im ganzen Reichsstaat als Befreiung von welscher Vorherrschaft und von dem als Antichrist bezeichneten Papst empfunden.

Schmidt bezieht sich auf Flugschriften, Gedichte und Pamphlete und erschließt viele vernachlässigte Quellen. War es anfangs der Papst, so wurde es später der Widerstand gegen die Eroberungskriege Ludwigs XIV., der das deutsche Nationalgefühl förderte. Die Abwehr der Türken einte schon im sechzehnten Jahrhundert die Deutschen, Katholiken und Protestanten. Nach dem Siebenjährigen Krieg, schreibt Schmidt, habe Friedrich der Große ein preußisch-evangelisches Nationalgefühl im Reich wachgerufen, das in den Reichsstaat nicht zu integrieren war und so zum Ende des Reiches wesentlich beitrug.

Im Westfälischen Frieden sieht Schmidt indes das einigende Element des in drei gleichberechtigte Konfessionen geteilten Deutschland. Die juristische Lösung des Konfessionsproblems, 1624 zum Normaljahr zu erklären und die konfessionellen Verhältnisse, wie sie in diesem Jahr bestanden, festzuschreiben, gehört zu den genialen Leistungen des Westfälischen Friedens. So wurden der innere Frieden und das Fortbestehen des Reichsstaates gesichert. Man wird dem Verfasser zustimmen, wenn er den viel geschmähten Kaiser Leopold I. dafür rühmt, dass es ihm gelang, das wache Misstrauen gegen den habsburgisch-katholischen Kaiser zu überwinden, wodurch er schließlich zum Kaiser aller Deutschen wurde.

Die Stärke des Buches sind die breiten theoretischen Erwägungen. Sie sind gescheit und originell und darauf ausgerichtet, die Thesen vom komplementären Reichsstaat und den verschiedenen Phasen der Entstehung eines deutschen Nationalgefühls zu illustrieren. Schmidts Ausführungen über den starken Einfluss der beiden obersten Reichsgerichte, Reichskammergericht und Reichshofrat, auf das Freiheitsempfinden der Untertanen bilden eine besonders gelungene Partie.

Eine Schwäche zeigt sich in der Behandlung der Ereignisgeschichte. Die knapp gehaltenen Abschnitte sind für den interessierten Laien streckenweise fast unverständlich, weil Begriffe wie etwa "der geistliche Vorbehalt" nicht erklärt, Zusammenhänge nicht erläutert beziehungsweise auseinander gerissen werden. Ein Beispiel dafür ist die so genannte Ryswiker Klausel (1697), die als ein Erfolg des Kaisers zur Rekatholisierung des Reiches beschrieben wird. Tatsächlich erzwang sie Ludwig XIV., der verhindern wollte, dass die von Frankreich in den 1697 zurückzugebenden Reunionsgebieten und die während der Besetzung der Pfalz errichteten katholischen Kirchen evangelisch wurden. Die Klausel betraf ausschließlich nur diese Gebiete. Das Corpus evangelicorum - da hat Schmidt Recht - sah darin einen Bruch des Westfälischen Friedens. Für den Zusammenhang wäre es jedoch wichtig gewesen zu erwähnen, dass nach dem Aussterben der reformierten kurpfälzischen Linie des Hauses Wittelsbach 1685 die aggressiv katholische Linie Pfalz-Neuburg in Heidelberg an die Regierung kam. Deren Politik machte die Klausel erst zum Skandal. Man könnte leider mehrere Passagen nennen, in denen zu knappe Informationen die Bedeutung eines Ereignisses für den Leser nicht mehr erkennen lassen.

Ob der Begriff des Reichsstaates, der fast auf jeder Seite verwendet wird, sehr glücklich gewählt ist, sei einmal dahingestellt. Mit Begriffen hat Schmidt gelegentlich seine semantischen Probleme, wenn er zum Beispiel von der "Verstaatung der mindermächtigen Reichsstände" schreibt. Für eine historisch interessierte Leserschaft noch ärgerlicher ist der Umstand, dass Schmidt nicht erläutert, was genau er unter einem "komplementären Reichsstaat" versteht. Man muss es erschließen. Es fehlt eine Darstellung der Kanäle, mit denen der Kaiser seinen Einfluss im Reich geltend machte. Das System der geistlichen Fürsten, über die des Kaisers treueste Klientel, die Reichsritterschaft, zu politischer Bedeutung gelangte, wird ebenso wenig erwähnt wie der recht erhebliche Einfluss, den die Kaiser über die Reichsstädte, die Reichsgrafen und die minder mächtigen Fürsten im Reich ausübte.

Das ist umso unbegreiflicher, als Schmidt ein vorzügliches Kapitel dem Einfluss des Kaisers als Garanten der Freiheit der Untertanen widmet, was zum Besten zählt, was je darüber geschrieben wurde. Erst eine Darstellung dieser Zusammenhänge hätte verständlich gemacht, warum mit der Säkularisation das Reich nicht nur für einen katholischen Kaiser unregierbar wurde, sondern auch das Ende aller minder mächtigen Reichsstände gekommen war.

Der Eindruck, den dieses Buch hinterlässt, ist daher zwiespältig. Auf der einen Seite stehen vorzügliche Kapitel, die sicher der Erforschung des Alten Reiches wichtige Impulse geben werden. Auf der anderen Seite stehen erhebliche Mängel in der Behandlung der Ereignisgeschichte, für die die Ryswiker Klausel hier nur als ein Beispiel für zahlreiche andere genannt wurde. In dieser Hinsicht wird das Werk seinem Titel "Geschichte des Alten Reiches" nicht gerecht.

Georg Schmidt: "Geschichte des Alten Reiches". Staat und Nation in der Frühen Neuzeit 1495-1806. Verlag C. H. Beck, München 1999. 459 S., geb., 78,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Die Stärke des Buchs, so der Rezensent Karl Otmar von Aretin, seien die "breiten theoretischen Erwägungen", aber als eine "Geschichte des Alten Reichs" will er es nicht anerkennen: Dazu setze Schmidt zuviel voraus und gebe zu knappe Informationen, die das Buch auch für ein gebildetes Laienpublikum schwer nachvollziehbar machten. Ein Begriff wie der "geistliche Vorbehalt" etwa werde gar nicht erläutert. Von anderen Passagen ist Aretin dagegen angetan: Das Kapitel über den Kaiser als Garanten der Freiheit seiner Untertanen zählt er zum Besten, was über das Thema geschrieben wurde. Auch über die Entstehung eines deutschen Nationalgefühls - mit dem Kaiser und gegen ihn - scheint in dem Band einiges zu erfahren zu sein.

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