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Mit Wieland verband sie eine Liebelei, von Goethe erhielt sie den Ritterschlag der Klassik, ihren Enkeln Bettine und Clemens Brentano war sie eine wohlmeinende Großmutter. Die 1730 geborene Sophie La Roche war wahrhaftig "die Zierde unsers Säkulums" (J. M. R. Lenz). Furore machte sie mit ihrem Roman "Geschichte des Fräuleins von Sternheim" (1771). Ihre eigene "Geschichte" ist keineswegs weniger interessant: Ein unduldsamen Vater, der ihre Bildung schon früh befördert, unglückliche Lieben, eine Vernunftheirat, der Wechsel aus der bürgerlichen in die höfische Sphäre, das Leben als…mehr

Produktbeschreibung
Mit Wieland verband sie eine Liebelei, von Goethe erhielt sie den Ritterschlag der Klassik, ihren Enkeln Bettine und Clemens Brentano war sie eine wohlmeinende Großmutter. Die 1730 geborene Sophie La Roche war wahrhaftig "die Zierde unsers Säkulums" (J. M. R. Lenz). Furore machte sie mit ihrem Roman "Geschichte des Fräuleins von Sternheim" (1771). Ihre eigene "Geschichte" ist keineswegs weniger interessant: Ein unduldsamen Vater, der ihre Bildung schon früh befördert, unglückliche Lieben, eine Vernunftheirat, der Wechsel aus der bürgerlichen in die höfische Sphäre, das Leben als Schriftstellerin und als Gastgeberin eines Salons, der sie zur "großen Dame" des geistigen Lebens in Deutschland macht. Armin Strohmeyr hat diesen Roman eines Lebens anlässlich ihres 200. Todestags aufgezeichnet.
Autorenporträt
Armin Strohmeyr, geboren 1966. Studium der deutschen und französischen Literaturwissenschaft und der Musikwissenschaft, promovierte über den androgynen Geschwisterkomplex im Werk Klaus Manns. Lebt als Autor und Publizist in Berlin.
Kultur- und literaturgeschichtliche Features für verschiedene Rundfunkanstalten.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.12.2006

Die redliche Frau am Hofe
Wielands Freundin: Das Leben der Sophie von La Roche
Im Morgengrauen des 22. Juli 1784 macht sich eine kleine Gruppe von Wanderern und Bergführern von Chamonix aus auf den Weg, um eine Flanke des Mont Blanc zu besteigen. Der Alpentourismus kommt gerade erst in Mode, riesige Gletscher und jähe Schluchten versprechen das ersehnte Risikoerlebnis des Erhabenen.
Die kleine Expedition dieses Tages, die sich bis an die Ränder des überwältigenden „Eismeers” heranwagt, ist indes von besonderer Art. In ihrer Mitte befindet sich eine Dame von über fünfzig Jahren, die von sechs kräftigen Männern in einer Sänfte durch die atemberaubende Naturszenerie getragen wird. In ihrem „Tagebuch einer Reise durch die Schweiz” wird sie von diesem Abenteuer berichten. Es handelt sich dabei um die Erfolgsschriftstellerin Sophie von La Roche, einer der ersten Frauen, die vom Schreiben leben konnten.
Die beispiellose Tour auf den Mont Blanc und der Sturm auf den Parnass sind eng miteinander verbunden. Sophie von La Roches Leben steht nämlich von Anfang an im Zeichen von Ambition und Ehrgeiz: Den unersättlichen Bildungshunger der Arzttochter stillt vor allem ihr erster Verlobter Gian Lodovico Bianconi, den sie aber nicht heiraten darf, weil der streng pietistische Vater den italienischen Uomo universale als Katholiken zurückweist.
Die zweite Verlobung mit ihrem Vetter Wieland führt ebenfalls nicht zur Ehe, bringt aber beide zum Schreiben: Er gesteht, dass er ohne sie „kein Dichter geworden wäre”; sie entdeckt hingegen in ihm die „schöne Wissenschaft” und verdankt ihm die Herausgabe des empfindsamen Briefromans „Geschichte des Fräuleins von Sternheim”. Die Ehe mit Georg Michael Frank La Roche, einem unehelichen Sohn des Grafen Stadion, eröffnet dann die mondäne Sphäre der Hofkultur, die Sophie in Mainz, vor allem aber in Warthausen und dann in Ehrenbreitstein um der Musen willen so sehr genießt.
Als die steile politische Karriere ihres Mannes aufgrund seiner religionskritischen „Briefe über das Mönchswesen” schlagartig endet, besteht Sophie von La Roche die schwerste Probe ihres Lebens. Neben ihren Pflichten als Hausfrau, Mutter, Gattin und Hofdame muss sie durch rastlose schriftstellerische Produktivität die kinderreiche Familie ernähren. In rascher Folge publiziert sie Romane, moralische Erzählungen, Reisejournale und redigiert die selbst gegründete Zeitschrift „Pomona für Teutschlands Töchter”.
Diese schier endlose Reihe von Herausforderungen erzählt Armin Strohmeyr in einer lebendigen, eingängigen Biografie. Vor allem die über Jahrzehnte gepflegte, ebenso enge wie schwierige Verbindung mit Wieland sowie der literarisch empfindsame Zirkel in Ehrenbreitstein, wo Goethe, Heinse, die Jacobis, Lavater oder Merck ein- und ausgehen, werden plastisch dargestellt. Auch das vielfältige Werben um die Tochter Maximiliane, der Werthers Lotte ihre braunen Augen verdankt und die schließlich einen Brentano heiratet, mit dem sie Sophie von La Roche zur Großmutter der Romantiker Clemens Brentano und Bettine von Arnim macht, gewinnt schön an Kontur.
Vor allem in der ersten Hälfte finden sich aber auch überflüssige poetische Ausschweifungen, in denen Strohmeyr einen nah ans Geschehen heranrückenden Erzähler sprechen lässt. Der gibt dann ganz unvermittelt oder nach Floskeln wie „so könnte es gewesen sein” freimütig Auskunft, was Sophie gerade denkt und fühlt, wie sie die vor der Kutsche vorbeiziehende Landschaft wahrnimmt oder einfach woher der Wind weht. Bei allem Respekt vor darstellerischer Belebung, droht solch nichtssagendes Geplänkel die Glaubwürdigkeit alles Übrigen in Mitleidenschaft zu ziehen.
Statt solcher Erdichtung hätte man sich mehr Auskunft über die kaum bekannten Schriften gewünscht, die dem Debütroman folgten. Solche Texte sind jetzt in einem von Helga Meise herausgegebenen „Lesebuch” (Helmer Verlag, Königstein 2005) leicht zugänglich, das Strohmeyr offenbar übersehen hat. Entsprechend arglos schließt er sich dem beliebten Vorbehalt an, die unter ökonomischem Druck entstandenen Werke seien gegenüber dem Erfolgsbuch „Fräulein von Sternheim” von minderer Qualität. Eine eher literaturkritische als ausschließlich biografische Beschäftigung mit Sophie von La Roches Erzählungen und Reisebüchern hätten dieses bisher wenig überprüfte Urteil fundieren, vielleicht aber auch relativieren können. ALEXANDER KOŠENINA
ARMIN STROHMEYR: Sophie von La Roche. Eine Biografie. Reclam Verlag, Leipzig 2006. 304 Seiten, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Alexander Kosenina lobt Armin Strohmeyers Biografie der Bestsellerautorin Sophie von La Roche zunächst gutwillig für seinen flüssigen Stil und seine "lebendige" Darstellung des bewegten Lebens der mit Wieland befreundeten Hofdame. Auch den gesellschaftlich-künstlerischen Kontext der Schriftstellerin stelle diese Biografie eindrücklich vor Augen, indem sie eingehend den literarischen Zirkel, der auch von Goethe oder Merck besucht wurde, ins Bild rückt, so der Rezensent anerkennend. Was ihn stört, sind die Passagen, in denen Strohmeyer die Empfindungen und Reflexionen La Roches mit zu erfassen versucht. Statt dieser "poetischen" Einlassungen hätte sich Kosenina eine nicht nur auf lebensgeschichtliche Details stützende Lektüre der Romane und Erzählungen der Autorin gewünscht. Vielleicht hätte damit auch das Standardurteil, La Roches fieberhafte Textproduktion habe dem Vergleich mit ihrem Debütroman nicht standhalten können, eine Relativierung oder auch nur eine besser belegte Grundlage erfahren, resümiert der Rezensent enttäuscht über diese verpasste Chance.

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