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Der ganz normale Alltagswahnsinn einer Amerikanerin in Deutschland: Obwohl Gayle Tufts seit fast 15 Jahren hier lebt, begegnen ihr im"Land von Frieden, Freiheit und Frauenfußballweltmeisterinnen"oft wunderliche Dinge - von der unerklärlichen Vorliebe der Deutschen für wetterfeste Kleidung bis zur merkwürdigen Tradition der Spargelzeit, in der öffentlich und schamlos nackte Gemüsephalli verzehrt werden. Unerbittlich stellt sie sich dem Trauma, aus dem Land zu stammen, das George W. Bush wiederwählte. Mit etwas Wehmut und viel Komik rückt sie der wachsenden Entfremdung von ihrer amerikanischen…mehr

Produktbeschreibung
Der ganz normale Alltagswahnsinn einer Amerikanerin in Deutschland: Obwohl Gayle Tufts seit fast 15 Jahren hier lebt, begegnen ihr im"Land von Frieden, Freiheit und Frauenfußballweltmeisterinnen"oft wunderliche Dinge - von der unerklärlichen Vorliebe der Deutschen für wetterfeste Kleidung bis zur merkwürdigen Tradition der Spargelzeit, in der öffentlich und schamlos nackte Gemüsephalli verzehrt werden. Unerbittlich stellt sie sich dem Trauma, aus dem Land zu stammen, das George W. Bush wiederwählte. Mit etwas Wehmut und viel Komik rückt sie der wachsenden Entfremdung von ihrer amerikanischen Heimat zu Leibe. Doch unterm Strich hat sie keinen Grund, unglücklich zu sein, denn sie ist im Besitz der hier wie dort gültigen Glücksformel:Love.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.03.2006

DAS LEICHTE FACH
There’s a Konzept
Miss Amerika: Gayle Tufts gelingt die Reinheitsvermeidung
Hollywood, Starbucks, Microsoft und Madonna geben sich gewiss alle erdenkliche Mühe, aber mit der Amerikanisierung der Welt geht es dennoch nicht recht voran. Das merkt der deutsche Besucher in den Vereinigten Staaten, deren erschlagende Exotik dadurch noch gesteigert wird, dass alles so vertraut aussieht. Auch einer Amerikanerin, die es nach Berlin verschlägt, ist mit süßem Kaffee, Burgern, Bagels und Cowboys nur vorübergehend geholfen. Wundersam, unverständlich, auf jeden Fall nervenaufreibend scheint nahezu alles um sie herum.
Zumindest ist es Gayle Tufts so ergangen, die in Brockton, Massachusetts, zur Welt kam, 1985 der guten alten Frontstadt einen ersten Besuch abstattete und nun schon seit fünfzehn Jahren in Berlin lebt. Ihr Buch „Miss Amerika” berichtet, was ihr dabei widerfuhr. Man lernt die USA kennen, von „A” wie „Axis of evil” bis zu „XYZ” wie „Xanax bis Zoloft”. Man erfährt, wie es auf Bühnen, in Fernsehstudios und während Autogrammstunden zugeht. Man hört vom Altern, von Gewichtsproblemen, Familienstress. Das ist alles amüsant zu lesen, aber bezaubernd wie eine Juninacht auf dem Balkon, mit Sternen, und Freunden, mit Gin Tonic und ohne Zweck, wird dieses Buch allein durch seinen Sound und eine Menschenfreundlichkeit, die weder sentimental noch zudringlich ist.
Sentimental werden Narzissten, die ihre Mitlebenden als Publikum brauchen und terrorisieren. Zudringlich wie Grabscher werden jene, die gegen alle Erfahrung an der Irrlehre festhalten, Menschen seien überall gleich und liebenswert. Vor beidem ist Gayle Tufts durch ihre Sprache gefeit, ein Deutsch, durchwebt mit amerikanischen Floskeln. Unrein ist alle Sprache, die etwas taugt, gemischt aus hoch und niedrig, Alltag und poetischen Einsprengseln, aus Worten verscheidener Zeitalter. Das „Dinglish”, mit dem Gayle Tufts berühmt wurde, macht daraus Prinzip und Manier: „I had a strange Gefühl dieses Wochenende. Ich glaube, everybody has it irgendwann. Es ist ein sehr ernstes, sehr merkwürdiges, sehr überraschendes Gefühl. I had it neulich . . .” Diese Kunstsprache verdankt sich nicht Ausdrucksnot oder Pointenversessenheit. Sie zeugt vielmehr von Skepsis gegenüber dem Selbstverständlichen, vom Misstrauen gegenüber den standardisierten Verbindungen zwischen Wort und Emotion, vom Unwillen, sich selbst allzu lange reden zu hören. Wenn die Sprache ein Haus ist, dann müssen wir uns Gayle Tufts als eine vorstellen, die das Eingesperrtsein fürchtet, der Klage darüber aber ebenso müde ist und deshalb von Dach zu Dach springt. Auf diese Weise entsteht eine Art illusionsloser Verträumtheit: Whatever is, is right, aber nicht das, was man will.
Es gibt herrliche Pointen in diesem Buch, das aus Kolumnen und Bühnentexten entstand. Im Dinglischen ist der Anlauf dazu kürzer als im Deutschen, auch spreizt der Witz sich weniger, er hat im Wechsel der Sprachen keine Zeit fürs Pirouettendrehen.
Ein Beispiel? Deutsche Männer, so heißt es, bevorzugen „Jugoslawinnen, Polinnen oder Philippinerinnen, Sie möchten keine Freundin, they want a Putzfrau. Deutsche Männer mit amerikanischen Frauen wollen mehr. Sie haben keine Angst vor starken Frauen. Wie Bette Middler über ihren Ehemann Martin von Haselberg sagt: ,I married a German. Every night I dress up as Poland and he invades me.‘ Amerikannerinnen lieben die Standhaftigkeit und Klarheit ihrer deutschen Männer. Sie haben eine unwiderstehliche Ruhe, die jederzeit ausstrahlt: ,Guten Tag, let-s have children and a Bausparvertrag.‘”
So sieht sie aus, Liebe als battlefield. Wer nach diesen Sätzen noch an die Liebe der Amerikanerinnen oder die Standhaftigkeit deutscher Männer glaubt, kann nicht lesen. Wer nach diesen Sätzen nicht mehr daran glaubt, ist ein Analphabet. Es gibt „Miss Amerika” auch als Hörbuch. JENS BISKY
GAYLE TUFTS: Miss Amerika. Mit elf Illustrationen von Yvonne Pöpperl. Gustav Kiepenheuer Verlag. Berlin 2006. 251 Seiten, 15,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Den Hinweis auf die Hörbuch-Fassung dieses aus Kolumnen und Bühnentexten entstandenen Buches vergisst Jens Bisky nicht, uns mit auf den Weg zu geben. Das hat seinen besonderen Grund, denn vor allem das "Dinglish" der aus Massachusetts stammenden Gayle Tufts, diese Kunstsprache aus Deutsch und amerikanischen Floskeln, hat es ihm angetan. Bisky sieht in ihr alles andere als Ausdrucksnot oder Pointenversessenheit: Eine "Skepsis gegenüber dem Selbstverständlichen", gegenüber "standardisierten Verbindungen zwischen Wort und Emotion", die eine "illusionslose Verträumtheit" zeitige, wie er schreibt. "Herrliche Pointen" findet Bisky trotzdem genug, nur "spreizt sich der Witz weniger". Und schafft Platz für eine "Menschenfreundlichkeit, die weder sentimental noch zudringlich" ist.

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