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"Endlich wieder ein großer deutscher Roman!" Gerd Scobel 54 Stunden im August - Eines der wichtigsten Bücher in dieser Saison.
Im heißen Sommer 1988 hielten zwei Geiselnehmer aus Gladbeck die Republik in Atem. Peter Henning hat einen großen Roman über diese 54 Stunden geschrieben, in denen unser Land ein anderes wurde. Er präsentiert die ungeheuren Fakten jener Tage und legt einen erzählerischen Querschnitt durch die westdeutsche Gesellschaft am Vorabend einer Zeitenwende. Am 16. August 1988 überfallen zwei Kleinkriminelle die Filiale der Deutschen Bank in Gladbeck und lösen damit die wohl…mehr

Produktbeschreibung
"Endlich wieder ein großer deutscher Roman!" Gerd Scobel
54 Stunden im August - Eines der wichtigsten Bücher in dieser Saison.

Im heißen Sommer 1988 hielten zwei Geiselnehmer aus Gladbeck die Republik in Atem. Peter Henning hat einen großen Roman über diese 54 Stunden geschrieben, in denen unser Land ein anderes wurde. Er präsentiert die ungeheuren Fakten jener Tage und legt einen erzählerischen Querschnitt durch die westdeutsche Gesellschaft am Vorabend einer Zeitenwende. Am 16. August 1988 überfallen zwei Kleinkriminelle die Filiale der Deutschen Bank in Gladbeck und lösen damit die wohl spektakulärste Geiselnahme der deutschen Nachkriegsgeschichte aus. Verfolgt von einer Journalistenhorde, fliehen sie brandschatzend durchs Land. Vor laufenden Kameras töten sie, liefern sich Schießereien mit der Polizei und werden in Köln von heute namhaften Journalisten interviewt, während die Geiseln in Lebensgefahr schweben - ein Sündenfall des Journalismus und ein Offenbarungseid der Polizei. Peter Henning erzählt von Männern und Frauen, die hineingezogen werden und binnen 54 Stunden an den Rand ihrer Existenz gebracht werden. Da ist zum Beispiel der junge RTL-Journalist Thomas Bertram, der über den Fall berichten soll, während sein neugeborener Sohn zu sterben droht. Oder die erfolgreiche Romance-Autorin Brigitte Fischer, die durch das Drama begreift, was ihren Mann, der als Kriegsreporter ums Leben kam, umtrieb. Der leitende SEK-Beamte Rolf Kirchner muss mit ansehen, wie die Einsatzleitung den Geiselbus davonfahren lässt, und gerät in eine Sinnkrise. Und der Fotograf Peter Ahrends wird nach der Entführung nie wieder in seinem Beruf arbeiten.

"Zeitgeschichte derart klug und spannend zu erzählen ist schon eine Kunst. Darüber hinaus noch einen Roman zu schreiben mit grandiosen Dialogen, brillanter Komposition und großer Beobachtungsgabe - das ist absolut lesenswerte, große Kunst." Gert Scobel

"Peter Henning hat das berühmte Geiseldrama von Gladbeck detailgenau als exemplarisches Gewaltverbrechen der Mediengesellschaft dargestellt." Dieter Wellershoff
Autorenporträt
Peter Henning, geb. 1959 in Hanau, arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist. Er hat Romane und Erzählungen publiziert, die sowohl ausgezeichnet worden sind als auch von der Kritik viel Lob ernteten. 2009 erschien "Die Ängstlichen" (atb 2681-9), "Der Roman zur Zeit", so Der Spiegel. Jetzt als Taschenbuch: "Tod eines Eisvogels" (atb 2741-0).www.peter-henning.com
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.09.2013

Bühne frei für die Täter

Vor 25 Jahren hielt das Geiseldrama von Gladbeck das Land in Atem und löste eine heftige Mediendebatte aus. Jetzt hat Peter Henning einen Roman über das Ereignis geschrieben.

Der Jahrestag hat sie erneut an die Oberfläche gespült: die Trauer, die Bilder, die Fassungslosigkeit angesichts des Versagens von Polizei und Politik, das ungläubige Staunen über die schonungslose Inszenierung durch die Medien und nicht zuletzt das unangenehme Gefühl, selbst von den Ereignissen gebannt gewesen zu sein. Damals, als Deutschland TV glotzte, als sich am 16. August 1988 aus einem Bankraub das sogenannte "Geiseldrama von Gladbeck" entsponnen hatte.

"Geiseldrama" - das Wort verrät das Bedürfnis, schrecklichen Ereignissen eine ästhetische Dimension zu zuschreiben. Schon wegen dieser Neigung war zu erwarten, dass sich irgendwann ein Autor diesem literarischen Stoff widmen würde. Und es lag nahe, dass die Literatur sich die mediale Aufmerksamkeit eines Jahrestages nicht entgehen lassen würde. Peter Henning hat sich des Themas angenommen, mit dem Gespür des renommierten Journalisten und anerkannten Schriftstellers. Henning nähert sich den Ereignissen als Chronist.

Drei Kapitel geben die Chronologie der Geiselnahme vor, für jeden Tag eines. Zudem strukturieren zwei Dutzend Pressemeldungen den Text. Sie sollen wie ein Geiselnahme-Liveticker durch den Roman laufen und den Leser mit den wesentlichen Informationen versorgen. Damit steht der Rahmen des Romans. Das eigentliche Bild indes entwirft Henning, indem er aus der Vielzahl der damals beteiligten Personen acht auswählt. Aus der Sicht des Oktetts beleuchtet er abwechselnd die Geschehnisse. Und da er seinen Figuren bis in ihre jeweilige Lebenswelt folgt, fächert sich seine Erzählung in ein Panorama synchroner Privatsphären auf.

Die Personenwahl folgt einem funktionalen Prinzip. Für jeden maßgeblichen Aspekt des Ereignisses benennt der Autor eine repräsentative Person. Die beiden Entführer zeichnen laut Klappentext für die "spektakulärste Geiselnahme der deutschsprachigen Nachkriegsgeschichte" verantwortlich. Der "Offenbarungseid der Polizei" personalisiert sich im Kriminalbeamten Kirchner. Der TV-Journalist Bertram verkörpert die jagende "Journalistenhorde". Den "Sündenfall des Journalismus" stellt der Agenturfotograf Ahrens dar. Hinzu kommen Adam, der Fahrer des gekidnappten Busses, sowie die zufällig involvierte Taxifahrerin Chris.

Die heikle Lust, die Leiden anderer zu betrachten, ruht auf den Schultern der Passantin Brigitte und des Fernsehzuschauers Marc. Dass der Roman die fragwürdige politische Dimension der Geiselnahme außen vor lässt (F.A.Z. vom 14. August), lässt sich verschmerzen. Aber eine zweite Leerstelle erscheint doch gravierend: Warum erzählt der Roman nicht aus der Perspektive einer der Geiseln? Warum gibt er deren Lebensgeschichten keinen Raum? Während er umgekehrt die beiden Geiselnehmer zu Perspektivfiguren erhebt und ihren Biographien einen prominenten Platz zubilligt? Die Auslassung bringt die Erzählkonstruktion in Schräglage. Schlimmer noch, wenn man alle anderen Positionen akribisch besetzt, degradiert sie die Geiseln zu Randfiguren.

Überhaupt erweist sich die Entscheidung, aus der Täterperspektive zu erzählen, als Kardinalfehler des Romans. Es ist schwer zu ertragen, Banküberfall und Geiselnahme über knapp achtzig Seiten hinweg aus der Sicht der beiden Verbrecher geschildert zu bekommen. Zumal Henning punktuell daran scheitert, eine Sprache für die beiden Geiselnehmer zu finden. Das führt zu bedrückenden Momenten. Während des Banküberfalls rast in billiger Analogie das Adrenalin "wie eine abgeschossene Flipperkugel" durch den Körper des "in tausend Spielstunden gestählten Flipperkönigs von Gladbeck-Ellinghorst". Die Gedanken überschreiten nie das Niveau von: "Als die Marion die Pistole nimmt, hätte ich sie knutschen können." Und die irritierende Täterparodie kulminiert im seitenlang wiedergegebenen Gespräch darüber, welche Sprache wohl in Portugal gesprochen wird. Kurz darauf fallen die für Silke Bischoff tödlichen Schüsse. Warum errichtet der Roman den Tätern diese Plattform, obwohl die Pressemeldungen ausgereicht hätten, um den Verlauf der Geiselnahme ins Gedächtnis zu rufen?

Über die Fragwürdigkeit dieses Erzählstranges ließe sich vielleicht sogar hinwegsehen, wenn alle Parallelgeschichten zu überzeugen wüssten. Gegen Hennings Vorliebe für krisengeschüttelte Existenzen kann man nichts haben. Auch ein Strauß dahinwelkender Leidensblumen kann Charme entfalten. Aber im Fall des Journalisten Bertram verdichtet sich das Alltagsgrau zur Zumutung für den Leser. Gleichzeitig mit den Gladbecker Ereignissen erleidet Bertrams Freundin eine Frühgeburt. Der Säugling fängt sich einen Infekt ein und ringt im Folgenden mit dem Tod. Der Kurzschluss zwischen dem Überlebenskampf des Kindes und dem der Geiseln soll die Leser offensichtlich fordern.

Aber Bertram macht alles noch schlimmer. Als eine Seelsorgerin das Krankenzimmer betritt, um das Elternpaar auf den möglichen Tod ihres Kindes vorzubereiten, beschäftigt den Journalisten die sinnfällige Frage: "Wie wird eine Frau mit solchen Händen Seelsorgerin in einem Kinderkrankenhaus, wo sie Nottaufen abhalten, verstorbene Kinder segnen muss und verzweifelten Eltern Trost spenden soll, statt in der TV-Werbung als Handmodel Geld zu verdienen?" Ein solcher Gedanke eines Vaters, während sein Kind mit dem Leben kämpft, tut weh. Aber Bertram legt gleich noch nach: Munter belügt und betrügt er seine Frau. Noch im Krankenhaus hat er Sex mit seiner Geliebten. Als die ihm mitteilen will, dass sie schwanger von ihm ist, geht er nicht einmal ans Telefon. Stattdessen lässt er sie zugunsten einer dritten sitzen.

Dieser Roman wirkt, als wäre er mit seinen eigenen hohen Ansprüchen überfordert. Eklatant tritt das hervor, wenn die Montagetechnik dazu zwingt, innerhalb weniger Zeilen von einer Welt zur anderen zu springen. In der Regel gelingt Henning das schwierige Unterfangen, aber im entscheidenden Moment eben nicht. Vom Mord an dem fünfzehnjährigen Emanuele de Giorgi leitet der Roman zu einer synchron ablaufenden Szene in Hanau über. Dort besprüht ein junges Paar eine Hauswand. Henning löst das so: Der Fünfzehnjährige bricht schwerverletzt zusammen. Darauf sinniert der Fotograf Ahrens, dass er vor Schreck seine Kamera im Bus vergessen habe. Drei Sterne markieren den Szenenwechsel. Die parallele Erzähleinheit beginnt lautmalerisch mit: "Fffffffftttt". Offenbar soll so gleichzeitig der letzte Atemzug des Jungen wie das Sprühen der Farbe angedeutet werden. Geht es noch zynischer? Passagen wie diese bringen einen gegen den Roman auf und lassen einen alles vergessen, was über sechshundert Seiten geglückt ist.

Mit solchen (vom Autor gewollten?) Bürden hat der Roman schon von der Titelzeile an zu leben. "Ein deutscher Sommer" stellt sich beherzt in eine Reihe mit Hans Magnus Enzensbergers "Ein kurzer Sommer der Anarchie" und dem berühmten Episodenfilm "Deutschland im Herbst". Vielleicht soll der Geiselnahme von Gladbeck so eine vergleichbare historische Bedeutung zugeschrieben werden wie dem Beginn der Diktatur in Spanien und dem Terror der RAF. Vielleicht will der Titel markieren, dass der Roman in der Liga großer Erzählungen und Filme spielt. Sicher hätte ein etwas zurückhaltenderer Ton die Fallhöhe minimiert.

CHRISTIAN METZ

Peter Henning: "Ein Deutscher Sommer". Roman.

Aufbau Verlag,

Berlin 2013. 576 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.07.2013

Der kitschige Buchhalter
Peter Henning verhebt sich in seinem Roman „Ein deutscher Sommer“ am Gladbecker Geiseldrama
Wozu etwas erfinden, wenn die Geschichten auf der Straße liegen? Peter Henning, Jahrgang 1959, Romancier und Journalist, entschied sich für Reality-TV in Buchformat und wählte das Gladbecker Geiseldrama von 1988 als Stoff. „Ein deutscher Sommer“ heißt seine dickleibige Chronik, die pünktlich zum fünfundzwanzigjährigen Jubiläum des spektakulären Ereignisses erscheint.
  Henning hat eifrig recherchiert, Zeitzeugen befragt, in Archiven gestöbert, neben den beiden Tätern Rösner und Degowski etliche weitere involvierte Personen porträtiert, eine ganze Kompanie von Figuren hinzuerfunden und sie wie Eisenspäne um das magnetische Zentrum – Banküberfall und Geiselnahme – angeordnet. Es war das erste Verbrechen, bei dem Reporter live dabei waren und durch ihre sensationslüsterne Berichterstattung die Arbeit der Polizei behinderten – bestens geeignet für eine harsche Medienkritik, muss sich Henning gedacht haben.
  Der Autor zielt auf eine Mischung aus Truman Capotes „Kaltblütig“, Nicolas Borns „Die Fälschung“ und einem Feuchtwangerschen Gesellschaftsroman. Breitwandpanorama, hart, blutig, nah dran: Da gibt es nicht nur die beiden Schwerverbrecher, die im Adrenalinrausch 54 Stunden lang durch die Republik rasen und zwei Menschen auf dem Gewissen haben. Hinzu kommen neun weitere Helden und etliche Nebenfiguren. Für alle – so das schlichte Grundmuster – werden die Tage zwischen dem 16. und 18. August zu einem Wendepunkt. Der RTL-Nachwuchsjournalist Thomas Bertram etwa findet nach Anfällen von Größenwahn plötzlich zu einer moralischen Haltung und muss gleichzeitig die dramatische Frühgeburt seines Sohnes verkraften. Einen ähnlichen Erkenntnisschub erlebt auch der Bremer Fotograf Peter Ahrens, der zum Botschafter zwischen Bankräubern und Geiseln wird. Die hochneurotische Bestsellerautorin Brigitte macht eine Kehrtwendung, und der Busfahrer Adam, freiwilliger Chauffeur der Bankräuber, lernt eine neue Frau kennen und entscheidet sich, nach Polen zurückzukehren. Eine Schlüsselrolle spielt der SEK-Einsatzleiter Rolf Kirchner, dem seine Vorgesetzten zwei Mal in die Parade fahren und für den sich Gladbeck zu einem privaten Waterloo auswächst.
  Das sind noch längst nicht alle Schicksale: Etliche weitere Knoten werden geschürzt, festgezurrt und buchhaltermäßig zerschlagen: immer wieder Schock, Einkehr und der Impuls, das eigene Leben zu ändern. Auf die Dauer wirkt das ziemlich banal. Peter Henning mangelt es an kritischer Distanz, er lässt sich von seinem Sujet mitreißen, bläht es pompös auf, treibt die Figuren ins Klischeehafte.
  Vor allem aber findet er keine Sprache. Was zupackend und kraftvoll sein soll, wirkt oft lasch mit einem Schlag ins Kitschige, und wenn Frauen ins Spiel kommen, klingt das so: „Im Alter von 14, als ihre Scham sich bereits mit goldbraunen Haaren bedeckte und ihre Brüste sich zu straffen mandaringroßen Gebilden rundeten . . .“. Wie bitte? Brüste so groß wie Beamte im kaiserlichen China?  
  Dem Buch steht ein Zitat von Nicolas Born voran, der in seinem Beirut-Roman „Die Fälschung“ (1979) das Dilemma zwischen Gier der Medien, faktischer Wahrheit und subjektiver Wahrnehmung auf beklemmende Weise ausleuchtete. Wer aber Born aufschlägt und sich dessen präzise Sprache vergegenwärtigt, dem kommt Hennings „Deutscher Sommer“ noch kläglicher vor.
MAIKE ALBATH
Peter Henning: Ein deutscher Sommer. Roman. Aufbau Verlag, Berlin 2013. 607 Seiten, 22,99 Euro.
Henning bläht sein Sujet pompös
auf, und treibt die Figuren
weit hinein ins Klischeehafte
Das Publikum immer im Visier: Die Geiselnehmer in ihrem Fluchtfahrzeug am 18. August 1988 in der Kölner Innenstadt.
FOTO: DPA/PICTURE ALLIANCE/HARTMUT REEH
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Fallhöhe haben sich Autor und Roman selbst zuzuschreiben, findet Christian Metz, der sich kaum wundert, dass die hochgesteckten Ansprüche eines historischen Romans mit der Geschichte der Gladbecker Geiselnahme nicht erreicht werden. Wenn der Autor mit seiner Montagetechnik die Figurenperspektiven und Geschehen ziemlich arglos aneinanderreiht, auch noch mehr als einmal danebengreift und unerträglich zynisch wird, wird Metz ärgerlich. Und dass Peter Henning den Tätern viel Raum, den Opfern jedoch kaum eine Stimme zugesteht, findet er schlichtweg geschmacklos.

© Perlentaucher Medien GmbH
" "Ein deutscher Sommer" ist ein starkes Buch. Ein erschütterndes Lehrstück, nicht nur für Journalisten. " Andrea Ritter STERN 20131010