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Arno Breker gehörte neben Leni Riefenstahl und Albert Speer zu den drei Vorzeigekünstlern der Nazis. Er meißelte Hitlers Traum von der arischen Herrenrasse in Stein, distanzierte sich von jüdischen Freunden und Förderern, wie seinem Galeristen Alfred Flechtheim, und war einer der privilegiertesten und einflussreichsten Künstler des Dritten Reiches. Trimborn erzählt facettenreich die spannende Geschichte eines Mannes, der um jeden Preis berühmt werden wollte, und zeigt auf, dass Brekers Verstrickungen in das NS-Regime wesentlich tiefer reichten, als bislang bekannt war. Zudem nimmt er die…mehr

Produktbeschreibung
Arno Breker gehörte neben Leni Riefenstahl und Albert Speer zu den drei Vorzeigekünstlern der Nazis. Er meißelte Hitlers Traum von der arischen Herrenrasse in Stein, distanzierte sich von jüdischen Freunden und Förderern, wie seinem Galeristen Alfred Flechtheim, und war einer der privilegiertesten und einflussreichsten Künstler des Dritten Reiches. Trimborn erzählt facettenreich die spannende Geschichte eines Mannes, der um jeden Preis berühmt werden wollte, und zeigt auf, dass Brekers Verstrickungen in das NS-Regime wesentlich tiefer reichten, als bislang bekannt war. Zudem nimmt er die erstaunliche Nachkriegskarriere des Bildhauers in den Blick, der seiner braunen Gesinnung bis ins hohe Alter treu blieb und dennoch namhafte Repräsentanten des Wirtschaftswunderdeutschlands wie Henkel, Quandt, Oetker portraitieren konnte.
Autorenporträt
Jürgen Trimborn, geboren 1971, Promotion 1997. 1995 - 2000 Lehrbeauftragter an der Universität Köln, Fachbereich Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft . Lebt als freier Autor in Köln und Ostbelgien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.11.2011

Für die Welthauptstadt Germania brauchte es Athleten im großen Format
Vom Post-Impressionisten zum erwählten Bildhauer Hitlers: Jürgen Trimborns Biographie über Arno Breker schiebt einige Fragen zu schnell beiseite

"Alles Individuelle ist mit unbeirrbarer Treffsicherheit festgehalten", sagte einst mit markiger Stimme der Sprecher der NS-Wochenschau über die impressionistisch anmutenden Porträtbüsten Arno Brekers aus den zwanziger Jahren. "Diesen leidenschaftlichen Drang zur Verkörperung des Subjektiven konnte nur ein Wandel im Weltschanschaulichen zu der Form klären, die über dem Einzelnen wieder das Allgemeingültige sieht."

Dass dieser Wandel im Werk von Arno Breker stattgefunden hat, verschweigt Jürgen Trimborn in seiner Biographie über den Lieblingsbildhauer von Adolf Hitler nicht. Aber warum der am Post-Impressionisten Aristide Maillol geschulte Breker im Dritten Reich zum Schöpfer jener plakativen muskelbepackten Helden- und Kriegerfiguren wurde, für die er bis heute verfemt ist, geht aus seiner umfangreichen Biographie dennoch nicht so recht hervor.

Zwar listet Trimborn die Lebensstationen des 1900 in Elberfeld bei Wuppertal geborenen Sohns eines Steinmetzen akribisch auf: Er schreibt von dessen Kindheit, von der Teilnahme als Wandervogel am Jugendtreffen auf dem Hohen Meißner 1913; er dokumentiert die Studienzeit an der Düsseldorfer Kunstakademie und die ersten Jahre als Künstler in Paris, wo Breker sich mit Avantgardisten wie Robert Delaunay und Jean Cocteau befreundete; er berichtet, wie Breker 1934 nach Deutschland zurückkehrte, zu Hitlers Günstling aufstieg, noch im Januar 1945 unbeirrt an seinen monströsen Figuren für die Welthauptstadt "Germania" meißelte und nach Kriegsende fortan als Bildhauer ein Schattendasein fristete.

Doch all das geschieht ohne wirkliche Annäherung an die Figur und ihren Zeitkontext. So erfährt der Leser nichts vom ästhetischen Diskurs der zwanziger und dreißiger Jahre, der sich in neoklassizistischen Bauten wie dem Palais de Chaillot in Paris, dem finnischen Parlament in Helsinki und eben der Neuen Reichskanzlei in Berlin niederschlug: weil die antikisierenden Formen nach Krieg und Wirtschaftskrise wieder Halt zu bieten versprachen und die Stile der künstlerischen Moderne sich abzunützen schienen.

Inspirierte dies Breker dazu, nach Deutschland zu gehen und zum neoklassizistischen Stil zu konvertieren, den die Nationalsozialisten später ins Monumentale trieben? "Junger Mann, ab heute arbeiten Sie nur für mich", sagte Hitler zu Breker, als dieser 1936 zwei Aktplastiken für das Olympiastadion fertigstellte. Das ist der Traum mancher Künstler. Aber Trimborn thematisiert ihn mit keiner Silbe. Und er fragt auch nicht danach, welche Rolle Brekers griechische Frau dabei spielte, dass der Bildhauer im Dritten Reich zum Staatskünstler avancierte. Freunde und Kollegen sagten über Mimina Breker, sie sei resolut, geschäftstüchtig und verhandlungsführend gewesen, im Gegensatz zu dem scheuen, etwas weltfremden und "nicht sehr intelligenten" Bildhauer.

Für Trimborn hat all das keine Bedeutung. Stattdessen wiederholt er die Schuldsprüche, die er über Breker fällt: Karrierismus, Opportunismus. So gerät Breker zum Inbegriff des moralisch Verkommenen, der in Berlin in einer arisierten Villa residierte und während des Krieges in Paris Kunstschätze stahl.

Was große Biographen, etwa Joachim Fest über Hitler oder Martin Gregor-Dellin über Wagner, vermochten: sich in eine Figur einzufühlen, sie psychologisch auszuloten, sie trotz oder gerade wegen ihrer Verfehlungen oder auch Verbrechen zu verstehen - bei Trimborn vermisst man es. Gewiss, die Erben von Breker weigern sich bis heute, in dessen nachgelassene Aufzeichnungen Einsicht zu geben. Doch entsteht nicht gleich ein neues Bild, wenn man die Legenden zerstört, die Breker nach 1945 verbreitete. Zwar kehrte er nicht auf den Rat von Max Liebermann nach Deutschland zurück; er trat 1937 auch nicht unwissentlich in die NSDAP ein; er hielt eben nicht einstigen Künstlerfreunden die Treue, die keine Sympathien für die Nationalsozialisten hegten. Aber das sagt nur wenig darüber aus, wie und warum sich im Fall Breker offenbar die Grenze verschob zwischen staatlicher Macht und Kunst.

Das Buch wirft noch andere Fragen auf: Trimborn attestiert Breker eine "braune Gesinnung bis ins hohe Alter". Doch worin bestand die? Der Autor verschweigt es. Breker nahm Liebermann die Totenmaske ab, als dieser 1935 starb. Und fünfundvierzig Jahre später schuf er eine Plastik des von den Nationalsozialisten als Juden verfemten Dichters Heinrich Heine, ganz zu schweigen von der Büste des senegalesischen Staatspräsidenten Senghor oder dem Projekt eines Monuments zur Befreiung Afrikas in den siebziger Jahren.

Dass ein unbelehrbarer Nationalsozialist dergleichen tut, ist zumindest zweifelhaft. Dasselbe gilt für das verbreitete Diktum, Breker sei "ein besserer Handwerker" denn ein wirklicher Künstler gewesen. Dem widersprach schon in den achtziger Jahren der Aachener Kunstsammler Peter Ludwig, der sich und seine Frau zu dieser Zeit von Breker porträtieren ließ. Trimborn weiß hier nur zu berichten, dass Ludwig peinlich berührt gewesen sei ob der harschen Debatte, die sich daraufhin um den "Fall Breker" erhob. So umgeht er die Frage, welche Bedeutung Breker trotz allem in der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts haben könnte.

Alles in allem ist man deshalb enttäuscht von diesem Buch, das von Fakten strotzt. Denn fast siebzig Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches löst es den dämonischen Mythos von Breker und dessen Werk nicht sachlich auf, sondern arbeitet auf seine Weise weiter an ihm.

MICHAEL BÖHM

Jürgen Trimborn: "Arno Breker". Der Künstler und die Macht. Die Biographie.

Aufbau Verlag, Berlin 2011. 712 S., geb., 29,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Weiterarbeit am "dämonischen Mythos" Arno Brekers, das ist nicht, was Michael Böhm von einer Biografie über Adolf Hitlers Leibbildhauer erhofft. Von Einfühlung in die Person und einer Annäherung an die Frage, wie aus dem post-impressionistisch geschulten Künstlerfreund von Robert Delaunay der Staatskünstler des Dritten Reichs werden konnte, entdeckt er jedoch keine Spur in Jürgen Trimborns Buch. Die Lebensstationen Brekers nachzuzeichnen und die immergleichen Schuldzuweisungen (Opportunismus, Karrierismus) zu wiederholen, wie es der Autor macht, genügt dem Rezensenten nicht. Auch findet er Trimborns Vorwurf, Breker habe seine "braune Gesinnung" lange nach 1945 weiter gepflegt, nicht hinreichend belegt.

© Perlentaucher Medien GmbH
" Ein Lehrstück in deutscher Geschichte, das die Verführbarkeit eines Menschen ebenso dokumentiert wie die Unfähigkeit der Gesellschaft, ihn nach dem Krieg zur Rechenschaft zu ziehen. " Sebastian Loskant Münstersche Zeitung 20111205