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Obgleich im Leben eine sehr bekannte Erscheinung, ist der Commis doch noch niemals zum Gegenstand einer schriftlichen Erörterung gemacht worden. Er ist vielleicht zu alltäglich, zu unschuldig, zu wenig blass und verdorben, zu wenig interessant, der junge schüchterne Mann mit der Schreibfeder und der Rechentafel in der Hand, um den Herrn Dichtern als Stoff zu dienen. Mir indessen dient er gerade. Auch wenn der Begriff Commis heutzutage nicht mehr aktuell erscheint, sind doch die Germers, Helblinge, Meiers vom Land und aus der Stadt in jedem Büro noch immer dieselben: Als kleine Angestellte…mehr

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Produktbeschreibung
Obgleich im Leben eine sehr bekannte Erscheinung, ist der Commis doch noch niemals zum Gegenstand einer schriftlichen Erörterung gemacht worden. Er ist vielleicht zu alltäglich, zu unschuldig, zu wenig blass und verdorben, zu wenig interessant, der junge schüchterne Mann mit der Schreibfeder und der Rechentafel in der Hand, um den Herrn Dichtern als Stoff zu dienen. Mir indessen dient er gerade. Auch wenn der Begriff Commis heutzutage nicht mehr aktuell erscheint, sind doch die Germers, Helblinge, Meiers vom Land und aus der Stadt in jedem Büro noch immer dieselben: Als kleine Angestellte fechten sie stille Kämpfe mit Vorgesetzten, beäugen sich untereinander, sehnen die Mittagspause herbei und freuen sich aufs Wochenende, an dem sie für einmal der stickigen Büroluft entkommen. Selten ist das Leben in und um die Büros schöner beleuchtet und beobachtet worden als in Robert Walsers Prosastücken.
Autorenporträt
Geboren am 15.4.1878 in Biel, gestorben am 25.12.1956 in Herisau (Appenzell-Ausserrhoden), dort auf dem Dorffriedhof begraben. Die Mansarden und die kleinen Anstellungen in Zürich ließ Robert Walser 1905 hinter sich und folgte seinem gefeierten Maler-Bruder Karl nach Berlin. Seine produktivsten und anfänglich auch erfolgreichsten Jahre als Schriftsteller endeten jedoch in einer psychischen Krise, die zum Rückzug in eine konsequente Subjektivität wurde. Noch häufiger als in Zürich wechselte er in Bern die Wohnungen, seine Isolation wuchs, seine Schrift wurde immer winziger und verlor sich in den bleistiftgeschriebenen Mikrogrammen. Nach mehreren Selbstmordversuchen trat Walser von sich aus in die Heilanstalt Waldau bei Bern ein, wo er an seinem »mannigfaltig zerschnittenen Ich-Buch« weiterschrieb. Erst als er gegen seinen Willen in die Anstalt von Herisau überführt wurde, legte er seinen Bleistift für immer weg. Er starb auf einem seiner geliebten Spaziergänge, am Weihnachtsabend 1

956.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.12.2011

Im Büro mit
Robert Walser
In „Schreibstuben“ kannte er sich aus wie kein anderer Dichter, schließlich hat Robert Walser das Büroleben als junger Bank- und Verlagsangestellter strikt beobachtet. „Der Commis“, ein Essay von 1902, ist die fast pedantische, dabei aber hintersinnige Beschreibung von Tätigkeit und Charakter der „Handlungsgehilfen“ in der Moderne. „Ein guter Rechner ist meistens ein guter Mensch“ – das lässt sich kurzschließen mit der Einschätzung, dass Künstler „so ziemlich alle für liederlich“ gehalten werden. Die unterkühlte Ironie, mit der Walser in Kurztexten die Arbeitswelt der „Herren und Angestellten“, des „Sekretärs“ oder der „Verkäuferin“ vorführt, ergreift leise auch den Leser, der etwa vom „Poetenleben“ anderes erwartet als Hinweise auf ein „ausgezeichnetes Wirken auf Löschpapier“. Poet! – sei „ehrlich, fleißig, pflichtbewusst“!
Wolfgang Schreiber
Robert
Walser:
Im Bureau. Aus dem Leben der Angestellten. Insel Verlag, Berlin 2011, 145 Seiten, 7 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zwei Prosastücke von Robert Walser sind nun als Hörbuch erschienen und Rezensent Kai Sina kann sie beide unbedingt empfehlen. In "Im Bureau" wirft Walser einen kritischen, bisweilen satirischen Blick auf die Entfremdung des modernen Büromenschen, berichtet Sina. Dem Rezensenten begegnen hier Streber, die bis zum psychischen Zusammenbruch arbeiten, um dann als "defekte Maschine" ausgesondert zu werden oder Zeittotschläger, die von den Kollegen mit offen zu Tage tretendem Hass aus dem Betrieb gedrängt werden. Stefan Suske trifft in seiner Lesung mit klarem Ausdruck und kühler Distanz genau den richtigen Ton, um den erbarmungslosen Funktionalismus des Büros zu vermitteln, lobt Sina. Auch der Essay der Herausgeber Reto Sorg und Lucas Marco Gisi hat dem Kritiker ausnehmend gut gefallen.

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