Marktplatzangebote
6 Angebote ab € 2,00 €
  • Buch mit Leinen-Einband

Ein diskreter junger Mann begehrt eine ungewöhnliche Frau. Doch wie kann er ihre Liebe wecken? Er verführt sie zu einem Trip in höhere Sphären: zu einem psychedelischen Abenteuer zwischen Traum und Alptraum.

Produktbeschreibung
Ein diskreter junger Mann begehrt eine ungewöhnliche Frau. Doch wie kann er ihre Liebe wecken? Er verführt sie zu einem Trip in höhere Sphären: zu einem psychedelischen Abenteuer zwischen Traum und Alptraum.
Autorenporträt
Amélie Nothomb, 1967 in Kobe geboren, hat ihre Kindheit und Jugend als Tochter eines belgischen Diplomaten in Japan und China verbracht. Nach Abschluß ihres Philologiestudiums hat sie beschlossen, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Sie lebt in Brüssel. Die Autorin schreibt, seit sie siebzehn ist.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.08.2011

Die Boeing im Eiffelturm
Amélie Nothomb spielt mit menschlichen Ängsten

Es gibt viele Gründe, warum Beziehungen scheitern - und mindestens so viele Möglichkeiten, damit umzugehen. Zoïle wählt einen ungewöhnlichen Weg, seine Frustration zu bewältigen. Das liegt vielleicht daran, dass die Umstände, die seiner Liebe zu Astrolabe keinen Raum erlaubten, ebenfalls nicht alltäglich waren. Und dass eine Liebesgeschichte von Amélie Nothomb, die schon in früheren Romanen bewiesen hat, dass es für sie kein Tabu gibt, nicht gewöhnlich sein kann.

"Winterreise" ist der jüngste Roman der 1967 geborenen Belgierin, die seit Jahren wie am Fließband schreibt, jeden Tag mindestens vier Stunden, aber stets nur ein Werk pro Jahr veröffentlicht. Viele ihrer Bücher sind autobiographisch geprägt: Sie erzählen das Leben einer Diplomatentochter, die überall und nirgends zu Hause ist. In "Winterreise" erteilt Amélie Nothomb aber Zoïle das Wort. Der Heizungsfachmann soll erzählen, warum er sich am Pariser Flughafen Roissy Charles de Gaulle befindet, mit dem Plan im Kopf, in vier Stunden eine vollbesetzte Boeing 747 in den Eiffelturm zu steuern.

Natürlich ist es eine Frau, die Zoïle in diese Verzweiflung getrieben hat. Vom ersten Moment an hatte er sich in die junge Astrolabe verliebt, die zusammen mit der behinderten Aliénor in einer ungeheizten Dachwohnung überwintert, in dicke Schichten Kleider gehüllt, mit Brandwunden von geplatzten Wärmeflaschen an den Händen. Astrolabe will weder Hilfe annehmen noch mit ihrem Verehrer ausgehen. Sie hat mit der "Bekloppten", wie Zoïle die an einer Form von Autismus leidende, sehr begabte Frau nennt, einen Vertrag abgeschlossen: Sie wird sie nie alleinlassen. Das sind denkbar ungünstige Voraussetzungen für eine Beziehung, auch wenn Astrolabe sich zu dem philologisch gebildeten Zoïle hingezogen fühlt. Ihr Pflichtbewusstsein und die Unselbständigkeit von Aliénor lassen keinen Platz für Zweisamkeit.

Amélie Nothomb versteht es, ernste Situationen auf einmal ins Groteske kippen zu lassen. Ihr Sätze sind einfach und klar und wirken nicht selten apodiktisch. Das ist unterhaltsam. Aber auch wenn Zoïle seine Angebetete Astrolabe bisweilen "Meine Kälte-Fata-Morgana" nennt, so bleibt er seiner Überzeugung treu, dass sie "die Güte an sich" ist - die er um jeden Preis besitzen will. Er hört Schubert, schreibt schwärmerische Briefe und lädt die beiden Frauen schließlich zu den elektronischen Klängen von Aphex Twin auf eine ungewöhnliche Reise ein. Aber auch das bringt ihm Astrolabe nicht näher. Am Ende gibt es für Zoïle nur einen Ausweg: "Wenn selbst das Prunkstück der Menschheit nicht mehr taugt, sollte man mit der Gesamtheit aufräumen."

Dafür gäbe es, besonders in der Phantasie einer Amélie Nothomb, mehrere Möglichkeiten. Sie wählt eine, die man in Zeiten, in denen Bahnhöfe und Flughäfen von Polizisten patrouilliert werden, regelmäßig Terrorverdächtige festgenommen und Anschläge vereitelt werden, aber nicht lesen möchte. Amélie Nothomb mag es, in menschliche Abgründe zu tauchen und zu provozieren - das hat sie zuletzt mit ihrem Roman "Reality-Show" bewiesen, in dem sich die Teilnehmer einer Fernsehshow in ein zum Spaß eingerichtetes Konzentrationslager begaben. Aber die Leichtigkeit, mit der sie Zoïles Plan rechtfertigt, ihn ins Flugzeug steigen und dort die bald Sterbenden begrüßen lässt, ist geschmacklos. Dass Zoïle von sich selbst behauptet, er sei kein Terrorist - "um sich von dem Abschaum zu unterscheiden, der einen Vorwand für seinen Hass brauche" -, ändert daran auch nichts.

NINA BELZ.

Amélie Nothomb: "Winterreise". Roman.

Aus dem Französischen von Brigitte Große. Diogenes Verlag, Zürich 2011, 128 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als tabulose und provozierende Autorin hat Nina Belz Amelie Nothomb kennen-, und wie es scheint, auch schätzen gelernt. Mit dem jüngsten Roman der belgischen Autorin jedoch sieht sie sich zwar streckenweise gut unterhalten, am Ende aber ziemlich auf die Füße getreten. Er handelt von Zoile, der sich heftig in eine junge Frau verliebt, diese Liebe aber trotz gegenseitiger Zuneigung nicht leben kann, weil sich die Gewählte ganz der Betreuung einer Autistin verschrieben hat. Das führt den Protagonisten schließlich zu der Verzweiflungstat, ein vollbesetztes Flugzeug in den Eifelturm zu steuern. In heutigen Zeiten findet Belz das aber schlichtweg "geschmacklos", auch wenn der Roman durch die mitunter groteske und in seiner durch seine Knappheit nicht selten apodiktischen Schreibweise Unterhaltungspotenzial hat, wie sie einräumt.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Amélie Nothomb ist Kult: Ihre Romane haben Millionenauflagen. In ihren Romanen geht es morbide und makaber zu, jedenfalls nicht moralisch und schon gar nicht brav.« Martin Ebel / Tages-Anzeiger Tages-Anzeiger