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2 Kundenbewertungen

Der Medienmagnat Foster Lipowitz ist ein todkranker alter Mann und bereut, dass er den Markt jahrelang mit sinnfreien Popsongs, miesen Filmen und albernen Fernsehserien überschwemmt hat. Er beschließt, alles wieder gut zu machen, indem er eine Schule gründet, in der hochbegabte Kinder zu echten Künstlern erzogen werden sollen. Und da er weiß, dass Kunst von Kummer kommt, sorgt er dafür, dass seine Schüler ständig neue Schicksalsschläge zu ertragen haben. Auch Vincent, der talentierteste Schüler vonallen. Je tiefer Vincent in seinem Kummer versinkt, desto genialer werden die Texte, die er…mehr

Produktbeschreibung
Der Medienmagnat Foster Lipowitz ist ein todkranker alter Mann und bereut, dass er den Markt jahrelang mit sinnfreien Popsongs, miesen Filmen und albernen Fernsehserien überschwemmt hat. Er beschließt, alles wieder gut zu machen, indem er eine Schule gründet, in der hochbegabte Kinder zu echten Künstlern erzogen werden sollen. Und da er weiß, dass Kunst von Kummer kommt, sorgt er dafür, dass seine Schüler ständig neue Schicksalsschläge zu ertragen haben. Auch Vincent, der talentierteste Schüler vonallen. Je tiefer Vincent in seinem Kummer versinkt, desto genialer werden die Texte, die er schreibt ... Ein Roman, dessen Handlung als Satire beginnt, sich in einen bizarren Alptraum verwandelt und am Ende zu Tränen rührt.
Autorenporträt
Joey Goebel, geb. 1980 in Henderson, Kentucky, schrieb mit fünf Jahren seine erste Story, erträumte sich jedoch bald ein Leben als Punkrocker. Als Leadsänger mit seiner Band 'The Mullets' tourte er dann tatsächlich fünf Jahre lang durch den Mittleren Westen bis nach Los Angeles. Joey Goebel hat einen B.A. in Anglistik vom Brescia College in Owensboro, Kentucky.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.11.2005

Foltern macht kreativ
L.A. für Arme: Joey Goebels Satire auf die Unterhaltungsbranche

Wann hören Klappentext- und Buchumschlagdichter endlich mal auf, uns Autoren damit anzupreisen, daß diese in einem früheren Leben Seemänner, Tiertrainer oder Tankstellengehilfen waren, als verbürgte eine McJob-Existenz den Fingerabdruck des Authentischen in der Literatur? Warum sollte man wissen, daß ein fünfundzwanzigjähriger Autor, der seinen zweiten Roman veröffentlicht, schon mit fünf Jahren seine erste Story verfaßt hat und als Punkrocker mit seiner Band durch die Vereinigten Staaten getourt ist? Ist das die heimliche Bitte um mildernde Umstände bei der Beurteilung, will man das Buch interessanter machen, als es ist?

Joey Goebel aus Henderson in Kentucky hat das gar nicht nötig. Was er übers Musikgeschäft schreibt, setzt nicht zwingend eigene Erfahrung voraus, sondern solide Recherche, und wie er seine Geschichte erzählt, das hat weniger mit Punkrock zu tun als mit bestimmten erzählerischen Techniken, die er auf dem College und natürlich durch die Lektüre von Romanen erlernt hat.

Sein zweiter Roman "Vincent" - der im Original "Torture the Artist" heißt - ist ein Buch, das sich schon deshalb gut liest, weil es von einer Welt erzählt, deren Benutzeroberfläche jeder aus Fernsehen und yellow press kennt, und das ein wenig zu lang geraten ist, weil es irgendwann keinen Ausweg mehr aus dem Szenario findet, in das es sich selber kopfüber und mutig hineinbegeben hat. Goebels Idee ist überzeugender als die Mittel, sie in eine schlüssige Erzählung zu verwandeln, und deshalb werden seine Charaktere mit fortschreitender Handlung auch immer blasser und langweiliger. Das nimmt einen zwar für die Idee ein, aber schließlich fragt man sich doch, ob sie wirklich so gut war.

"Vincent" entwickelt eine amerikanische Vorstellung vom Künstlerleben aus der Retorte. Ein inzwischen moribunder Medientycoon hat die Welt mit Billigware überschwemmt: Songs, Fernsehserien, Filme, Bücher. Als Akt tätiger Reue ruft er ein Projekt namens "New Renaissance" ins Leben. Und weil er überzeugt ist, daß wahre Kunst nicht ohne Leid des Künstlers entstehen kann, soll den Hochbegabten ihr Leben zur Hölle gemacht werden, damit die Kultur nicht endgültig im Seichten ertrinkt, obwohl der einstige RTL-Chef Helmut Thoma ja behauptet hat, das sei gar nicht möglich. Ein ehemaliger Musikkritiker und Verlierertyp namens Harlan wird angeheuert, um das Wunderkind Vincent Spinetti, dessen Hang zur Selbstzerstörung der Vorname andeuten soll, per aspera ad astra zu führen, indem er etwa den Hund vergiftet und Freundinnen gegen Bares dazu bringt, das junge Genie sofort wieder zu verlassen, damit es sein Leiden zur Kunst sublimiert. Wobei Kunst in diesem Falle heißt, anständige Songs, Film- und Fernsehdrehbücher zu schreiben, anstatt alteuropäisch Bilder zu malen, Sinfonien zu komponieren oder Gedichte und Romane zu verfassen.

Goebels Entschluß, den haltlosen Harlan dabei als Ich-Erzähler einzusetzen, um ihn die alte Formel "private vices, public benefits" exekutieren zu lassen, ist eine sinnvolle Strategie, weil die Aufgabe, vierhundert Seiten im Kopf eines traumatisierten Wunderkindes aus total dysfunktionaler Familie zu verbringen, wohl auch erfahrene Autoren überforderte. Harlan ist ein guter Führer durchs Gewerbe: zynisch, ohne unangenehm zu sein, skrupulös genug, um glaubwürdig zu bleiben. Und Harlans bestes Stilmittel als Erzähler ist es, alle auftauchenden Personen einer prägnanten Kurzvorstellung zu unterziehen: Er zählt einfach ihren Lieblingsmusiker, ihre Lieblingsfernsehserie und ihren Lieblingsfilm auf.

Das Problem des Romans fängt dort an, wo die Tiraden, Sottisen und Tobsuchtsanfälle gegenüber den Mainstream-Produkten der verschiedenen Sparten aufhören - dann muß etwas kommen, was sie mühelos überstrahlt, was das Kunstprädikat verdient und einen zwar nicht an den Masterplan des Tycoons glauben läßt, aber zumindest daran, daß Vincents Produkte wirklich eine subversive Qualität haben und nicht bloß die langweilige Kehrseite jener beliebten Kulturkritik sind, welche gebetsmühlenartig Kommerzialisierung, Verflachung und Verblödung beklagt und sich gar nicht mehr die Mühe macht, die Belege dafür zu präsentieren.

Genau da gerät der Roman ins Schlingern. Was als Satire auf den Medienbetrieb angelegt ist, ist nicht grell, auch nicht spielerisch genug, und was Vincents kummer- und leidgeborene Werke dem entgegensetzen, ist wiederum auch nicht so, daß es als Rettung vor dem angeblich so geistlosen Mainstream überzeugte. Das liegt nicht nur daran, daß die Therapiemaßnahme des Tycoons sich derselben Mittel bedient, welche die von ihm diagnostizierte Krankheit ausgelöst haben; es liegt vor allem daran, daß Goebels Frontalangriff nicht gerade originell ist. Die Mächtigen im Gewerbe, die Senderchefs, Rechtsanwälte und Stars, sind eher mäßige Karikaturen und Projektionen eines vagen Ressentiments gegenüber der Unterhaltungsindustrie. Man erkennt auch die eine und den anderen, man denkt an J. Lo. und Sly Stallone, aber sonderlich subtil sind diese Parodien nicht ausgefallen.

Und wenn Vincent dann ins Sündenbabel Los Angeles zieht und Harlans Unbehagen an dem, was er ihm im Dienste der Kunst angetan hat, sich in Selbstmitleid verwandelt, ist Joey Goebel endgültig die Luft ausgegangen. Aus Intrigen werden mafiose Strukturen, aus Manipulationen Morde, und der Plot, welcher einen mit seiner charmanten Prämisse und seinen kleinen Skurrilitäten fast dreihundert Seiten lang ziemlich gut unterhalten hat, mündet in ein Finale, das denselben Mainstream-Rezepten folgt, welche die Helden vorher so erbittert bekämpft haben.

PETER KÖRTE

Joey Goebel: "Vincent". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Hans M. Herzog und Matthias Jendis. Diogenes Verlag, Zürich 2005. 434 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Letztlich hat Joey Goebels Satire auf die Unterhaltungsbranche Rezensent Peter Körte nicht wirklich überzeugt, auch wenn er sich über weite Strecken gut unterhalten fühlt. Keine Frage, dass Buch liest sich gut, schon weil es in der Oberflächenwelt der Popkultur angesiedelt ist. Auch die zugrunde liegende Idee findet Körte gar nicht mal übel. Da geht es um das künstlerische Wunderkind Vincent, das auf die Eliteschule eines Medientycoons kommt. Nachdem dieser sein Leben damit verbracht hat, die Welt mit Mainstream-Produkten zu überschwemmen, will er sich zuletzt als Förderer wahrer Kunst erweisen. Und weil er meint, große Kunst komme durch Leiden zustande, stellt er Vincent den abgehalfterten Musikkritiker Harlan als Manager zur Seite, damit er ihm das Leben zur Hölle macht. Zum Bedauern Körtes ist die Idee besser als Goebels Mittel, sie in eine schlüssige Erzählung zu verwandeln, weswegen die Charaktere mit fortschreitender Handlung "immer blasser und langweiliger" werden. Als Satire auf den Medienbetrieb ist ihm das Buch "nicht grell, auch nicht spielerisch genug". Zudem findet er, dass Vincents Werke keinesfalls Rettung vor dem angeblich so geistlosen Mainstream verheißen. Überhaupt scheint ihm Goebels Frontalangriff auf die Mächtigen im Gewerbe "nicht gerade originell". Die auftauchenden Senderchefs, Rechtsanwälte und Stars hält er nur für "mäßige Karikaturen und Projektionen eines vagen Ressentiments gegenüber der Unterhaltungsindustrie".

© Perlentaucher Medien GmbH
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»Joey Goebel erweist sich als erstaunlich waghalsiger und dabei stilsicherer, konstruktionsstarker und ideenreicher Schriftsteller. Solange sich junge Erzähler finden wie Joey Goebel, ist uns um die Zukunft nicht bange.« Elmar Krekeler / Die Welt Die Welt