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Als seine Gebete erhört werden und sein jüngerer Sohn eine schwere Krankheit übersteht, wird Versicherungsagent Alderman plötzlich erleuchtet und tritt einer christlichen Sekte bei. Er beginnt, die Familie mit Moralpredigten, Kirchenbesuchen und Gebeten zu quälen. Als die Freundin seines siebzehnjährigen Sohnes Arthur schwanger wird, kommt es zur Konfrontation.

Produktbeschreibung
Als seine Gebete erhört werden und sein jüngerer Sohn eine schwere Krankheit übersteht, wird Versicherungsagent Alderman plötzlich erleuchtet und tritt einer christlichen Sekte bei. Er beginnt, die Familie mit Moralpredigten, Kirchenbesuchen und Gebeten zu quälen. Als die Freundin seines siebzehnjährigen Sohnes Arthur schwanger wird, kommt es zur Konfrontation.
Autorenporträt
Patricia Highsmith, geboren 1921 in Fort Worth/Texas, wuchs in Texas und New York auf und studierte Literatur und Zoologie. Erste Kurzgeschichten schrieb sie an der Highschool, den ersten Lebensunterhalt verdiente sie als Comictexterin, und den ersten Welterfolg erlangte sie 1950 mit ihrem Romanerstling 'Zwei Fremde im Zug', dessen Verfilmung von Alfred Hitchcock sie über Nacht weltberühmt machte. Patricia Highsmith starb 1995 in Locarno.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.12.2006

Was Menschen tun und sich antun

Patricia Highsmith gilt heute als eine der bedeutendsten amerikanischen Autorinnen des vergangenen Jahrhunderts. In der großen Werkausgabe bei Diogenes sind nun die weniger bekannten Romane "Der Geschichtenerzähler", "Leute, die an die Tür klopfen" und ihr letztes, postum erschienenes Buch "Small g - eine Sommeridylle" erschienen.

Von Jochen Schimmang

Patricia Highsmith hat in Gesprächen mehrfach betont, daß sie die Menschen nicht besonders mochte. In der Rezeption hat sich folgerichtig das Bild von der misanthropischen Schriftstellerin durchgesetzt, die in die Abgründe der menschlichen Seele vordrang. Dieses Bild ist gewiß nicht falsch, aber zu eindimensional. Es übersieht die Sympathie, ja die Zärtlichkeit, die die Autorin für ihre Figuren empfunden haben muß und die der Schlüssel für das Verständnis der Tiefen ihres Charakters ist. Selbst ein auf den ersten Blick so dümmlicher Gimpel wie Adams, der Missionar des American way of life in "Das Zittern des Fälschers", ist keine bloße Schießbudenfigur. Man muß sehr viel können, um an solcher Stelle so souverän das Klischee zu vermeiden wie Patricia Highsmith.

Dieses Können bewährte sich nicht nur an den Psychopathen, Schizophrenen oder anderweitig in einem Wahnsystem Befangenen, denen ihr besonderes Interesse galt, sondern auch an vergleichsweise "normalen" Menschen. Arthur etwa, in dem 1983 erschienenen Roman "Leute, die an die Tür klopfen", ist ein ganz normaler Siebzehnjähriger aus der amerikanischen Provinz, der erfolgreich seinen Highschool-Abschluß macht und naturwissenschaftlich besonders begabt ist.

Katastrophe als Befreiung.

Es liegt nicht an ihm, daß er seinen Weg zunächst nicht so fortsetzen kann, wie er eigentlich vorgezeichnet ist: mit einem Stipendium an einer guten Universität. Es liegt auch nicht an der Tatsache, daß er seine Freundin Maggie geschwängert hat, die aus einem liberalen Elternhaus kommt und mit Wissen und Beistand ihrer Eltern abtreiben läßt. Vielmehr liegt es am Einbruch einer der vielen Spielarten amerikanischer Erweckungsbewegungen in Arthurs Familie. Sein Vater wird das Opfer jenes geldgeilen Missionarswesens, das im Mittelwesten der Staaten so erfolgreich ist - damals wie heute. Damals: Das ist das Amerika der Reagan-Jahre, in dem dieser Roman angesiedelt ist. Heute: Es macht nicht die geringsten Schwierigkeiten, ihn ins Amerika der Bush-Administration zu übersetzen.

Arthurs Geschichte ist lange Zeit nichts anderes als ein Entwicklungsroman, der die schwierigen Bildungsprozesse seines jugendlichen Helden schildert. Treiben manche Highsmith-Romane erkennbar vom ersten Satz an auf die Katastrophe zu, so bricht in diesen das Unglück plötzlich und um so wuchtiger ein. Arthurs jüngerer Bruder, ebenfalls fromm geworden, erschießt seinen Vater, weil er diesen bei seiner Doppelmoral ertappt hat. In diesem Fünfzehnjährigen kommt der religiöse Fundamentalismus ganz zu sich selbst und der jugendliche Täter zunächst in ein Erziehungsheim. Auf Arthur selbst hat die Katastrophe eher eine befreiende Wirkung. Endlich tyrannisiert ihn sein Vater nicht mehr und legt ihm Steine in den Weg, und endlich ist er von seinem unerträglichen Bruder befreit. Diese Gefühle können wir als Leser ohne weiteres nachvollziehen, und sie erscheinen uns alles andere als monströs. Denn Arthur ist ein durchaus liebesfähiger junger Mann, der nach dem Tod seines Vaters seine Mutter zurückgewinnt, die er zu verlieren drohte, und seiner geliebten Großmutter noch näher kommt. Patricia Highsmith kennt die Grundregel, daß jeder Affekt berechtigt ist und es keine unkorrekten Gefühle gibt.

Vor allem aber beschreibt sie, was Menschen tun. Ihre Romane sind voller detailliert geschilderter Alltagshandlungen: wie jemand seine Einkäufe im Auto verstaut, wie ein anderer Steaks brät, wie Menschen handwerklichen Tätigkeiten nachgehen oder einen verwilderten Garten wiederherrichten. Sie versäumt auch nie, den Wochentag und die Tageszeit anzugeben: "Tags darauf um elf Uhr morgens hatte Mrs. Lilybanks ihre Teepause beendet und sich anschließend auf dem Sofa im Wohnzimmer kurz hingelegt . . ." Da sind wir ziemlich am Anfang des Romans "Der Geschichtenerzähler" aus der "mittleren Periode" der Autorin, 1965 erschienen.

Sydney Bartleby, der männliche Protagonist, ist ein bis dato erfolgloser junger Schriftsteller, der mit seiner Frau in einem Dorf in Suffolk wohnt. Man braucht eine Weile, um die starken unterschwelligen Aggressionen zu erkennen, die die beiden gegeneinander hegen, und ist trotzdem noch überrascht, als Sydney seine Frau plötzlich schlägt. Dann verreist sie nach Absprache mit ihm für eine Weile mit unbekanntem Ziel, die beiden machen also "Urlaub voneinander". Dann kommt sie einfach nicht wieder und wird vermißt; Sydney gerät in den Verdacht, sie getötet zu haben, tut einiges, um diesen Verdacht zu erhärten, die alte Mrs. Lilybanks stirbt in seiner Gegenwart, und am Ende . . . - wer den Roman noch nicht kennt, soll um die Spannung hier nicht betrogen werden.

Jenseits von Gut und Böse.

Es ist ein altes Modell: Ein Schriftsteller auf der Suche nach einem guten Stoff spielt probehalber eine Geschichte durch, die dann auf andere Art Wirklichkeit wird und ihn beinahe vernichtet. Was Sydney Bartleby im Lauf dieses Prozesses lange Zeit empfindet, ließe sich als Angstlust beschreiben. Aus der befreit er sich am Ende durch eine wirklich böse Tat, aber der Leser ist von der Autorin längst auf einen Pfad geführt worden, der jenseits von Gut und Böse verläuft, und seine volle Sympathie gilt dem Protagonisten. Bekanntlich gehörte Nietzsche zu den Autoren, die Patricia Highsmith gründlich studiert hat.

Ihr letzter Roman "Small g", postum erschienen, ist tatsächlich eine Idylle, wie es der Untertitel anzeigt. Er spielt im Schwulen- und Lesbenmilieu von Zürich, und am Ende steht wieder eine Befreiung. Damit die junge schöne Luisa sich befreien kann und sogar reich wird, muß allerdings erst durch einen Unglücksfall die böse Hexe Renate sterben. Auch die aber ist vielschichtiger, als es im Märchen der Fall ist, und die Autorin hat ihr erkennbar Züge von sich selbst verliehen.

Die Werkausgabe mit den Romanen und Storys der großen Schriftstellerin Patricia Highsmith ist damit - beinahe, ein Band steht noch aus - abgeschlossen. Auf die Frage, was man denn davon lesen solle, läßt sich eine bündige Antwort finden: auf jeden Fall alles.

- Patricia Highsmith: "Der Geschichtenerzähler". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Matthias Jendis. Mit einem Nachwort von Paul Ingendaay. Diogenes Verlag, Zürich 2006. 372 S., geb., 21,90 [Euro].

- Patricia Highsmith: "Leute, die an die Tür klopfen". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Manfred Allié. Mit einem Nachwort von Paul Ingendaay. Diogenes Verlag, Zürich 2006. 522 S., geb., 22,90 [Euro].

- Patricia Highsmith: "Small g". Eine Sommeridylle. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Matthias Jendis. Mit einem Nachwort von Paul Ingendaay. Diogenes Verlag, Zürich 2006. 462 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hohe Anerkennung zollt Rezensent Jochen Schimmang diesem 1983 erschienenen Roman von Patricia Highsmith, der nun im Rahmen der Werkausgabe in deutscher Übersetzung vorliegt. Er würdigt die Fähigkeit der Autorin, die Abgründe der menschlichen Seele zu erkunden, ihre präzise Schilderung alltäglicher Begebenheiten und ihre genaue, nie klischeehafte Figurenzeichnung. Dass sie diese Kunst nicht nur im Blick auf Psychopathen und Schizophrene, sondern auch im Blick auf vergleichsweise "normale" Menschen souverän beherrscht, verdeutlicht für Schimmang vorliegendes Buch mustergültig. Die Geschichte über einen jungen Highschool-Abgänger, der seine Freundin ungewollt schwängert und dessen Bruder und Vater sich der Sekte einer religiösen Erweckungsbewegung anschließen, wirkt auf ihn über weite Strecken wie ein Entwicklungsroman. Die Katastrophe - der Bruder erschießt den Vater, weil er ihn bei seiner Doppelmoral ertappt hat - scheint ihm dann unvermutet, aber um so wuchtiger einzutreten. Sein Fazit: unbedingt lesenswert.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Der Roman Leute, die an die Tür klopfen - von vielen Kritikern als Auseinandersetzung mit dem Amerika von Ronald Reagan empfunden - beweist eines: wie mitreißend ein Thriller sein kann, der ohne äußere Gewalttätigkeit auskommt; die Gewalt, die Menschen einander antun, wird auf diese Weise noch greller ins Licht gerückt." (Titel) "Diese beißende Anklage des gegenwärtigen Amerikas des mittleren Westens hat sehr viel mehr mit Patricia Highsmith' Ediths Tagebuch gemeinsam als mit ihren Ripley-Büchern." (The Times Literary Supplement) "Obwohl Patricia Highsmith' neustes Buch kein Kriminalroman ist, hat es die unbarmherzige, von lautlosem Grauen geprägte Eigenart der Ripley-Bücher." (The Observer)