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Es ist Ende Oktober, die Stadt Basel ist grau und naß wie im Dezember. Weil seine Freundin Hedwig für drei Monate nach Paris verreist ist, sitzt Kommissär Peter Hunkeler wieder einmal im verrauchten Milchhüsli und trinkt ein paar Feierabendbiere. Es ist schon früher Morgen, als er auf dem Heimweg dem alten Hardy begegnet. Hunkeler setzt sich zu ihm und raucht eine Zigarette. Aber der sonst so gesprächige Hardy bleibt unerwartet stumm. Seine Kehle ist eine klaffende Wunde. Medien und Stadtpolizei sind sich einig: hinter dem Mord steckt eine Schmugglerbande aus Albanien. Aber das ist Hunkeler zu…mehr

Produktbeschreibung
Es ist Ende Oktober, die Stadt Basel ist grau und naß wie im Dezember. Weil seine Freundin Hedwig für drei Monate nach Paris verreist ist, sitzt Kommissär Peter Hunkeler wieder einmal im verrauchten Milchhüsli und trinkt ein paar Feierabendbiere. Es ist schon früher Morgen, als er auf dem Heimweg dem alten Hardy begegnet. Hunkeler setzt sich zu ihm und raucht eine Zigarette. Aber der sonst so gesprächige Hardy bleibt unerwartet stumm. Seine Kehle ist eine klaffende Wunde. Medien und Stadtpolizei sind sich einig: hinter dem Mord steckt eine Schmugglerbande aus Albanien. Aber das ist Hunkeler zu einfach - mit seinen eigenen Methoden folgt er einer heißen Spur und wird prompt vom Dienst suspendiert. Er räumt sein Büro und setzt allein auf sein untrügliches psychologisches Gespür. Es führt ihn ins Basler Rotlichtmilieu und in dunkle, unbekannte Abgründe der Schweizer Vergangenheit. Kommissär Hunkeler ist längst eine Kultfigur. Und im Herbst 2004 kommt der rauhbeinige Individualist mit dem Charme eines Flaneurs auf die Leinwand: mit Mathias Gnädinger als kongenialem Spürhund in den Verfilmungen von Das Paar im Kahn und Tod einer Ärztin.
Autorenporträt
Hansjörg Schneider wurde 1938 in Aarau geboren. Er gehört zu den meistgespielten deutschsprachigen Dramatikern und schrieb zahlreiche Romane und Erzählungen. Für sein Schaffen wurde Hansjörg Schneider mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. erhielt er 1998 für 'Das Wasserzeichen' den Phantastikpreis der Stadt Wetzlar und 2005 den Friedrich-Glauser-Preis. Hansjörg Schneider lebt in Basel.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.09.2004

Rotmilchmilieu
Ein neuer Fall für Hansjörg Schneiders Basler Kommissär

Je undurchschaubarer die Verhältnisse sind, desto größer ist die Sehnsucht nach Einfachheit. Gegen das Leiden an der Komplexität der Welt hilft manchmal nur der Rückzug. Das weiß auch Peter Hunkeler, Hansjörg Schneiders melancholischer Basler Kommissär, der nun seinen fünften Fall löst. Das Feierabendbier mit flüchtigen Bekannten, eine Umarmung mit einer Fremden oder ein Wochenende im Elsaß, wo er ein Häuschen besitzt: seine Refugien erkundet der Kommissär mit sentimentalischem Blick, wehmütig und nachdenklich zugleich.

Der Oktober in Basel ist grau und neblig. Hunkelers Freundin Hedwig ist für drei Monate nach Paris verreist. Hunkeler mischt sich im "Milchhüsli", einer verrufenen Kneipe, unter die Nachtvögel, die Einsamen und die Gestrandeten. Warum er unbedingt in Kaschemmen herumsaufen müsse, wird er später von seinem Vorgesetzten gefragt, warum nicht in der Kunsthalle, wo es gediegener zugehe? Auf dem Heimweg vom "Milchhüsli", spät in der Nacht, entdeckt Hunkeler den alten Herumtreiber Hardy ermordet auf einer Bank. Er soll in Drogengeschäfte verwickelt gewesen sein; Polizei und Medien machen eine albanische Schmugglerbande für das Verbrechen verantwortlich. Doch Hunkeler recherchiert weiter, zuerst im Rotlichtmilieu. Die entscheidende Spur führt jedoch tief in ein dunkles Kapitel der Schweizer Vergangenheit: der Umgang mit den Fahrenden und Jenischen und das "Hilfswerk für die Kinder der Landstraße".

Hunkeler ist, ähnlich wie Friedrich Glausers Wachtmeister Studer, ein Einzelgänger, der hinter seiner rauhbeinigen Art eine weiche Seele versteckt. Amtsmüde, erschöpft, aber gar nicht abgebrüht, leidet er an der Ungerechtigkeit der Welt. Er vertraut eher auf seine Intuition als auf Aktenstudium und Kriminaltechnik. Man glaubt ihn zu kennen, diesen schwerfälligen, grantigen Kommissär, und erwartet von ihm keine Überraschungen. Seine Vorgänger sind Legion, nicht erst seit dem Wallander-Boom. Aber Hansjörg Schneider schreibt, als gäbe es sie alle nicht. Vielleicht macht dies den Charme des Buches aus: Geradlinig und unironisch erzählt es eine Geschichte, die alle schon einmal gehört haben. Die Geschichte des verletzbaren Außenseiters, der unnachgiebig seinen Kampf gegen das nie recht greifbare Böse führt.

Eine raffinierte und logische Gestaltung des Plots ist allerdings nicht die Stärke des Schweizers: Allzuoft kommt dem Kommissär der Zufall zu Hilfe, Spannung und Glaubwürdigkeit gehen dabei verloren. Für diese Schwäche entschädigt allerdings die subtile Beschreibung atmosphärischer Details. Schneider ist ein aufmerksamer Erzähler, der sich respektvoll den alltäglichen Dingen nähert und ihnen eine zarte Poesie entlockt. Lakonisch und präzise entwirft er ein Stimmungsbild Basels, skizziert er die Gäste der Kneipen, das Nebeneinander von Alteingesessenen und Zugezogenen. Zu einem Kreis der Verdächtigen fügt sich Schneiders Spektrum schillernder Figuren jedoch nicht. Die klassische Frage nach dem "Whodunnit" bildet nur ein leises Hintergrundrauschen. Das Verbrechen entpuppt sich als verzweifelte Tat gebrochener, an einer grausamen Lebenswirklichkeit gescheiterter Existenzen. Ihre Verurteilung stellt die Ordnung der Welt nicht wieder her.

Schneiders fünfter Kriminalroman um Kommissär Hunkeler ist ein verhaltener Abgesang auf diese Gattung, den man mit leichter Nostalgie liest. Das Stadium der Unschuld ist zwar verloren, aber Hunkeler, dieser sympathische Held, hat sein Bestmögliches getan. Vor der Resignation schützt den Kommissär die Verbundenheit mit den Erfolglosen: den einsamen, verlorenen Nachtvögeln im "Milchhüsli", mit denen er sein Feierabendbier trinkt.

ANDREA NEUHAUS

Hansjörg Schneider: "Hunkeler macht Sachen". Roman. Ammann Verlag, Zürich 2004. 303 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Ein Verbrecherjäger mit Vorliebe für ländliche Beschaulichkeit, aber - oha! - "Leichen so zahlreich wir in Shakespeares Königsdramen". Rezensentin Beatrice Eichmann-Leutenegger stellt gleich mal klar, dass es hier zur Sache geht, auch wenn der Kommissär Hunkeler am liebsten mit seinen Katzen am Ofen sitzt. Ein Serienmörder treibt sein Unwesen und Hunkeler ermittelt wieder mal gegen alle Konventionen. Das findet die Rezensentin prima, aber bei zwei Sachen weiß sie nicht so recht: dass Autor Hansjörg Schneider tatsächliche Geschehnisse, bei denen das "Schweizerische Hilfswerks für die Kinder der Landstraße" eine unrühmliche Rolle spielte, verwurstet, und dass er die wirklichen Schriftsteller Werner Lutz und Jürg Federspiel in einer Szene auftreten lässt. Darf man das? Schwerer aber wiegt ihrer Meinung nach, dass der Autor durch zu "ein Zuviel an Erklärungen" ein bisschen die Spannung rausnimmt (was man allerdings auch ein wenig der Rezensentin vorwerfen möchte, die schon verrät, dass der Albaner nicht der Mörder ist). Dennoch hat Eichmann-Leutenegger noch eine Menge Lob für das Buch übrig: Schauplätze, Figuren, Stimmungen - alles präzise gezeichnet. Und dazu Hunkeler, den man "einfach mögen" muss.

© Perlentaucher Medien GmbH